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Full text of "14/600 - Tierschutzbericht 1999 "Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes""

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Deutscher Bundestag 

14. Wahlperiode 


Drucksache 14/600 

11. 03. 99 


Unterrichtung 

durch die Bundesregierung 


Tierschutzbericht 1999 

„Bericht über den Stand der Entwickiung des Tierschutzes“ 


Inhaltsverzeichnis 

Seite 


Zusammenfassung und Ausblick 11 

I. Einleitung 12 

II. Rechtliche Rahmenbedingungen 13 

1 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 

(OECD) 13 

2 Europarat 13 

3 Europäische Union 14 

4 Stellung des Tierschutzes in der Wertordnung des Grundgesetzes, 

Staatszielbestimmung 15 

5 Stellung des Tieres im bürgerlichen Recht 16 

6 Tierschutzgesetz 16 

7 Verordnungsermächtigungen und Allgemeine Verwaltungsvorschrift; 

Sachverständigengutachten 17 

8 Zuständigkeit von Bund und Ländern 17 

9 Tierschutzkommission, Tierschutzbeiräte und Landestierschutzbeauf- 
tragte 18 

III. Halten von Tieren 18 

1 Allgemeine Regelungen 18 

1 . 1 Internationale Mindeststandards 18 

1.2 Europarat 19 

1.3 Europäische Union 20 

1.4 Bundesrepublik Deutschland 20 

2 Besondere Regelungen 22 

2.1 Tierhaltung im ökologischen Landbau 22 

2.2 Legehennen 23 


Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 11. März 1999, 
gemäß § 16e des Tierschutzgesetzes. 



Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Seite 

2.3 Mastgeflügel 27 

2.4 Schweine 29 

2.5 Rinder/Kälber 29 

2.6 Pferde 31 

2.7 Schafe und Ziegen 32 

2.8 Pelztiere 32 

2.9 Damwild in nutztierartiger Haltung 33 

2.10 Versuchstiere 33 

2.11 Fische 34 

2.12 Heimtiere 34 

2.13 Wildtiere 36 

IV. Zucht von Tieren, Handel mit Tieren 40 

V. Gewerblicher Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen 41 

VI. Tierheime 42 

VII. Pferdesport 43 

VIII. Ausbildung von Jagdhunden 44 

IX. Eingriffe nach dem 4. Abschnitt des Tierschutzgesetzes (soweit nicht 

bei der Tierhaltung beschrieben) 44 

X. Transport von Tieren 45 

1 Europarat 46 

2 Europäische Union 46 

3 Bundesrepublik Deutschland 50 

XI. Tierverluste durch den Straßenverkehr 52 

XII. Betäuben, Schlachten und Töten von Tieren 52 

1 Zum Begriff des „vernünftigen Grundes“ 52 

2 Schlachten und Töten von Tieren 53 

2.1 Europarat 53 

2.2 Europäische Union 53 

2.3 Bundesrepublik Deutschland 54 

3 Regulieren von Wirbeltierpopulationen 56 

XIII. Fangen von Fischen 57 

1 Angelfischerei 57 

2 Treibnetzfischerei 58 

XIV. Walfang 59 

XV. Tierversuche sowie Ersatz- und Ergänzungsmethoden 60 

1 Rechtsvorschriften 60 

1.1 Europarat 60 

1.2 Europäische Union 61 

1.3 Bundesrepublik Deutschland 61 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


Seite 

2 Die Anwendung tierschutzrechtlicher Bestimmungen anhand ausge- 
wählter Beispiele 62 

2. 1 Die ethische Abwägung bei der Begutachtung von Tierversuchen 62 

2.2 Tierschutzbeauftragte nach § 8b des Tierschutzgesetzes 62 

2.3 Besondere Aspekte bei Genehmigungs- und Anzeigeverfahren 63 

2.4 Beratende Kommissionen nach § 15 Abs. 1 und 3 des Tierschutzgesetzes 63 

2.5 Tierversuche nach § 15a des Tierschutzgesetzes 64 

3 Amtliche Daten über die Verwendung von Versuchstieren 64 

3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 64 

3.2 Entwicklungen bei der Verwendung von Versuchstieren 64 

4 Maßnahmen zur Verringerung von Tierversuchen in den einzelnen 

Rechtsbereichen, Zweitanmelderregelung 67 

4. 1 Abwasserabgabengesetz und Wasserhaushaltsgesetz 68 

4.2 Arzneimittelgesetz und Medizinproduktegesetz 69 

4.3 Bundes-Seuchengesetz 71 

4.4 Chemikaliengesetz 71 

4.5 Futtermittelgesetz 72 

4.6 Gentechnikgesetz 73 

4.7 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz 73 

4.8 Pflanzenschutzgesetz 74 

4.9 Tierseuchengesetz 75 

4.10 Wasch- und Reinigungsmittelgesetz 76 

5 Erforschung, Entwicklung und Anerkennung von Ersatz- und Ergän- 
zungsmethoden 76 

5.1 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 

(OECD) 76 

5.2 Internationale Konferenz über Harmonisierung 77 

5.3 Europarat 78 

5.4 Europäische Union 79 

5.5 Bundesrepublik Deutschland 80 

5.5.1 BMBF-Förd erschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierversuch“ 80 

5.5.2 Förderung aus anderen Mitteln 81 

5.5.3 Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergän- 
zungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) 82 

5 . 5 . 3 . 1 Dokumentation und Information 83 

5. 5. 3. 2 Bewertung und Validierung 84 

5. 5. 3. 3 Forschung 85 

6 Datenbanken 86 

XVI. Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Aus-, Fort- 
oder Weiterhildung 88 




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Seite 


Anhang 1 

Strafverfolgungsstatistik 1987 bis 1996 89 

Anhang 2 

Bestimmungen über Tierversuche für das Inverkehrbringen von Stoffen und 
Produkten 90 

Anhang 3 

Übersicht über die Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Tierschutzes 92 

Anhang 4 

Im Auftrag des BML erarbeitete Gutachten und Leitlinien 94 

1 Gutachten 94 

2 Leitlinien 94 

Anhang 5 

Spezielle Informations- und Empfehlungspapiere zum Themenbereich „Tier- 
versuche“ 95 

1 EG-Richtlinien mit Zweitanmelderregelungen 95 

2 Anhang IV des Berichts über die Multilaterale Konsultation der Vertrags- 
parteien zum Europäischen Versuchstierübereinkommen vom 27.-30. Mai 

1 997 in Straßburg 95 

Anhang 6 

Ergänzende Tabellen zu den Versuchstierzahlen 99 

Anhang 7 

Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 
(BGBl. IS. 1105, 1818) 111 


Redaktionell abgeschlossen am 10. Februar 1999 





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Abkürzungsverzei 

c h n i s 

ABI. EG 


Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 

ABM 


Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 

AbwAG 


Abwasserabgabengesetz 

AG 


Amtsgericht 

AID 


Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten e. V. 

AMK 


Agrarministerkonferenz 

ArgeVet 


Arbeitsgemeinschaft der leitenden Veterinärbeamten der Länder 

ATC-Methode 


Acute-T oxic-Class-Method 

AVID 


Arbeitskreis für veterinärmedizinische Infektionsdiagnostik 

BAnz. 


Bundesanzeiger 

BBA 


Biologische Bundesanstalt 

BGA 


Bundesgesundheitsamt 

BGB 


Bürgerliches Gesetzbuch 

BGBl. 


Bundesgesetzblatt 

BgVV 


Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin 

BMBF 


Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie 

BMG 


Bundesministerium für Gesundheit 

BML 


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 

BMVg 


Bundesministerium der Verteidigung 

BMWi 


Bundesministerium für Wirtschaft 

BST 


Bovines Somatotropin 

BVerfGE 


Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, zitiert nach Band und Seite 

BVerwGE 


Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, zitiert nach Band und Seite 

COLIPA 


Verband Europäischer Hersteller von Kosmetika 

CPMP 


Ausschuß für Arzneispezialitäten 

DAB 


Deutsches Arzneibuch 

DIMDI 


Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information 

DIN 


Deutsches Institut für Normung e. V. 

DLG 


Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. 

DRU 


Deutsche Rassekatzen-Union e. V. 

ECVAM 


European Centre for the Validation of Alternative Methods 

EDV 


Elektronische Datenverarbeitung 

EEP 


Europäische Erhaltungszuchtprogramme 

EFTA 


Europäische Freihandelsassoziation 

EG 


Europäische Gemeinschaft 

EGV 


Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft 

EMC 


Edinburgh modified enriched cage, Edinburger modifizierter erweiterter Kleinkäfig 

EU 


Europäische Union 

EuGH 


Europäischer Gerichtshof 




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EWG 


Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 

EWR 


Europäischer Wirtschaftsraum 

FAL 


Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft 

FDA 


Food and Drug Administration 

FDP-Methode 


Fixed-Dose-Procedure 

FN 


Federation Equestre Nationale, Deutsche Reiterliche Vereinigung e. V. 

FRAME 


Fund for Replacement of Animais in Medical Experiments 

GD 


Generaldirektion 

GG 


Grundgesetz 

GLP 


Gute Laborpraxis 

GMBl. 


Gemeinsames Ministerialblatt 

GVO 


Gentechnisch veränderte Organismen 

HET-CAM-Test 


Hühnereitest-Chorioallantoismembran-Test 

lATA 


International Air Transport Association 

ICH 


Internationale Konferenz für Harmonisierung 

IFOAM 


International Federation of Organic Agriculture Movements 

ILNA 


Isolated lymph node assay 

IMK 


Innenministerkonferenz 

ISO 


International Organization for Standardization 

IWC 


Internationale Walfang-Kommission 

LAL-Test 


Limulus Test auf bakterielle Endotoxine 

LD 50 


Mittlere letale Dosis 

LG 

= 

Landgericht 

LPG 


Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft 

NAMMCO 


Nordatlantische Kommission für Meeressäugetiere 

NVwZ 


Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 

OECD 


Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 

OVG 


Oberverwaltungsgericht 

PEI 


Paul-Ehrlich-Institut 

PC 


Personalcomputer 

SET 

— 

Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur 
Einschränkung von Tierversuchen 

SIAT 


Schweizer Institut für Alternativen zu Tierversuchen 

VDH 


Verband für das Deutsche Hundewesen e. V. 

VG 


V erwaltungsgericht 

VGH 


V erwaltungsgerichtshof 

WHG 


Wasserhaushaltsgesetz 

WHO 


Weltgesundheitsorganisation 

ZEBET 


Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum 
Tierversuch 




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Stichwortverzeichnis 


A 

Abgabetiere 42 
Abwasserabgabengesetz 
Siehe Gesetze 
Acute-Toxic-Class-Method 
(ATC-Methode) 72,77 

Allgemeine Verwaltungsvorschrift 17, 18, 40, 62 

Amputation 22, 33, 35, 45 

Angeln 

Siehe Fischerei 
Artenschutz 36 
Arzneibuch 69 
Arzneimittelgesetz 
Siehe Gesetze 
Auffangstationen 22 
Ausbildung zu aggressivem Verhalten 22 
Siehe auch Hunde 

B 

Beratende Kommissionen 63 
Beratungsempfehlungen 23, 27, 29, 30, 32 
Betäubung 22, 44, 52 
Bundes-Seuchengesetz 
Siehe Gesetze 
Bundeswehr 17, 63 
Bürgerliches Recht 1 6 

C 

Chemikaliengesetz 
Siehe Gesetze 

D 

Damwild 33 
Dopingmittel 22, 43 

E 

EG-Richtlinien 

- Kälberhaltung 30 

- Legehennen in Käfigbatteriehaltung 23 

- Rechtsgrundlage 14 

- Schutz biotechnologischer Erfindungen 41 

- Tiertransporte 46 

- Versuchstiere 33 

- Veterinärkontrollen 14, 46 
EG- V erordnungen 

- Ökologischer Landbau 22 

- Tiertransporte (Aufenthaltsorte) 48 

- Tiertransporte (Ausfuhrerstattung) 49 

- Tiertransporte (Straßenfahrzeuge) 48 

- Verbot von Tellereisen 32 
Enten 44 

- Europarats-Empfehlungen 1 9 
Enthornung 

Siehe Rinder 

Entnahme von Organen oder Geweben 54 


Eulen 

Siehe Gutachten 
Europäische Übereinkommen 

- Empfehlungen 14 

- Heimtiere 13, 34 

- Internationaler Transport 13,46 

- Landwirtschaftliche Tierhaltungen 13, 20, 32 

- Schlachttiere 13 

- Schutz von Versuchstieren 61 

- Ständiger Ausschuß 32 

- Versuchstiere 13, 33, 60, 61 
Europäische Union 14 

- Vertrag von Amsterdam 14 
Europarat 13 

F 

Federpicken 

Siehe Legehennen 
Ferkel 22, 29 
Fische 34, 36 
Siehe auch Schlachtung 

- Testverfahren Fischgiftigkeit 68 
Fischei-Test 68 

Fischerei 57 

- Angelfischerei 57 

- Beifang 59 

- Langleinenfischerei 59 

- Stellnetzfischerei 59 

- Treibnetzfischerei 58 
Fischzellinientest 68 

Fixed-Dose-Procedure (FDP-Methode) 77 
Fundtiere 42 
Futtermittelgesetz 
Siehe Gesetze 

G 

Gänse 

- Europarats-Empfehlungen 19 
Gefahrstoffverordnung 

Siehe Verordnungen 
Geflügel 

- Tötung von Eintagsküken 53 

- Siehe auch MastgeflügeFLegehennen 
Gehegegenehmigung 

Siehe Damwild 
Gentechnikgesetz 
Siehe Gesetze 
Gesetze 

- Abwasserabgabengesetz 68 

- Arzneimittelgesetz 69 

- Bundes-Seuchengesetz 71 

- Chemikaliengesetz 71 

- Futtermittelgesetz 72 

- Gentechnikgesetz 61, 73 

- Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz 73 

- Medizinproduktegesetz 69 




Drucksache 14/600 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- Pflanzenschutzgesetz 74 

- Tierschutzgesetz 
Siehe Tierschutzgesetz 

- Tierseuchengesetz 75 

- Wasch- und Reinigungsmittelgesetz 76 

- Wasserhaushaltsgesetz 68 
Geweihamputation 33 
Gewerblicher Rechtsschutz 41 
Gewissensfreiheit 

Siehe Grundrechte 
Greifvögel 36 
Siehe auch Gutachten 
Grundrechte 15, 88 
Grundsätze der Guten Laborpraxis 71 
Gutachten 36, 43 

- Greifvögel und Eulen 37 

- Haltung und Tötung von Pelztieren 32 

- Heimtierzucht 41 

- Körnerfressende Klein vögel 38 

- Leitlinien 39 

- Papageien 37 

- Reptilien 38 

- Säugetiere 36 

- Straußenvögel, außer Kiwis 37 

- Wildtiere 36 

- Zierfische 36, 38 

- Zirkustiere 39 

H 

Halsbrand 
Siehe Pferde 
Handel mit Tieren 40 
Heimtiere 34 

Siehe auch Europäische Übereinkommen 
Heimtierzucht 
Siehe Gutachten 
Hennenhaltungsverordnung 
Siehe Verordnungen 
Herrenlose Tiere 42 
Hufbeschlag 
Siehe Pferde 
Hunde 34 

- Aggressives Verhalten 35 

- Halten von Hunden 35 

- Haltung im Freien 35 

- Hundehaltungsverordnung 
Siehe Verordnungen 

- Jagdhunde 35, 44 

- Kampfhunde 35 

- Kupieren der Ohren 35 

- Kupieren der Rute 35 

- Tätowieren von Hundewelpen 45 

I 

Investitionsförderung 21, 30 
Isolated lymph node assay - ILNA 77 

J 

Jagd 55 
Jagdhunde 
Siehe Hunde 


K 

Kälber 29 

- Kürzen des Schwanzes 45 
Kälberhaltung 

Siehe EG-Richtlinien 
Kälberhaltungsverordnung 

Siehe Verordnungen / Tierfransport 
Kampfhunde 
Siehe Hunde 
Kaninchen 22 
Kastration 22, 57 
Katzen 34 

Kennzeichnung von Tieren 22, 44 
Klonierung 63 
Kosmetische Mittel 73 
Krustentiere 

Siehe Schlachtung 
Kupieren 
Siehe Hunde 

L 

LAL-Test 79 

Landwirtschaftliche Nutztiere 20, 3 1 
Siehe auch Zucht von Tieren 
Landwirtschaftliche Tierhaltungen 
Siehe Europäische Übereinkommen 
Langleinen 
Siehe Fischerei 
Lebensmittel 73 
Siehe auch Gesetze 

Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz 
Siehe Gesetze 

Lebensmittelzusatzstoffe 73 
Legehennen 23 

- Alternative Haltungssysteme 25 

- EG-Richtlinien 23 

- Europarats-Empfehlungen 19 

- Federpicken 24 

- Schnabelkürzen 24, 45 
Lehrfreiheit 

Siehe Grundrechte 
Leitlinien 

Siehe Gutachten 

M 

Mastgefiügel 27 

- Enten 27 

- Europarats-Empfehlungen 19 

- Gänse 27 

- Masthühner 27 

- Puten 27 
Medizinprodukte 70 
Medizinproduktegesetz 

Siehe Gesetze 

Monoklonale Antikörper 62 
N 

Nutzfische 

- Europarats-Empfehlungen 19 





Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14600 


o 

OECD 13,76 
Ökologischer Landbau 22 

P 

Papageien 

Siehe Gutachten 
Pelztiere 32 
Siehe auch Gutachten 

- Empfehlung 32 

- Europarats-Empfehlungen 1 9 

- Rahmenübereinkommen 32 

- Trilaterales Abkommen über humane 
Fangformen 33 

Pferde 31 

- Halsbrand 45 

- Hufbeschlag 3 1 

- Pferdesport 43 

- Sachkunde 3 1 

- Schenkelbrand 44 

- Trabrennsport 43 
Pflanzenschutzgesetz 

Siehe Gesetze 

Prüfung von Arzneimitteln 64 

Q 

Qualzucht 40 

- Mastgeflügel 41 


R 

Religionsfreiheit 
Siehe Grundrechte 
Reptilien 

Siehe Gutachten 
Richtlinie 61, 67 
Rinder 29 
Siehe auch Kälber 

- Enthornung 22 

- Europarats-Empfehlungen 1 9 


S 

Sachkunde 

Siehe Pferde/Tiertransport/ Schlachtung 
Sachverständigengutachten 17 
Siehe Gutachten 
Säugetiere 
Siehe Gutachten 
Schächten 15, 54 
Siehe auch Schlachtung 
Schädlingsbekämpfung 56 
Schafe 32 

- Europarats-Empfehlungen 1 9 
Schaustellung 35 
Schenkelbrand 

Siehe Pferde 
Schlachtung 52, 53, 54 
Siehe auch Schächten 

- Elektrische Treibhilfen 55 

- Fische 55 

- Krustentiere 55 


- Sachkunde 54 

- Schlachtstätte 55 
Schnabelkürzen 

Siehe Legehennen 
Schweine 29 

- Europarats-Empfehlungen 19 

- Stallsysteme 29 
Staatszielbestimmung 15 
Statistik 

Siehe Versuchstiere 
Stellnetze 
Siehe Fischerei 
Straßenverkehr 52 
Straußenvögel 

- Europarats-Empfehlungen 19 
Straußenvögel, außer Kiwis 

Siehe Gutachten 
Streunende Tiere 35 
Stromeinwirkung 22 

T 

Tätowierung 
Siehe Hunde 
Tellereisen 

Siehe EG- Verordnungen 
Tierarzneimittel 70 
Tierheime 42 
Tierschutzbeauftragte 62 

Tierschutzbeiräte und Landestierschutzbeauftragte 18 
Tierschutzgesetz 16 

- Gesetzgebungsverfahren 1 6 
Tierschutzkommission 18 
Tierschutz-Schlachtverordnung 

Siehe Verordnungen 
Tierseuchengesetz 
Siehe Gesetze 
Tiertransport 

Siehe auch Europäische Übereinkommen/EG- 
Richtlinien/EG- V erordnungen 

- „Herodes-Prämie“ 53 

- Aufenthaltsorte 48 

- Ausfuhrerstattung 49 

- Sachkunde 50 

- Transportfähigkeit Kälber 50 

- Transportschiffe 50 

- Transportverbot junger Säugetiere 51 

- Verordnung 

Siehe Verordnungen 
Tierversuche 13, 60 
Siehe auch Europäische 
Übereinkommen/Zweitanmelderregelung/ 
Versuchstiere 

- Begriff 61 

- Datenbanken 86 

- Ersatz- und Ergänzungsmethoden 60 

- Ethische Vertretbarkeit 62 

- Rechtsvorschriften 60 
Tötung 52 

- Vernünftiger Grund 52 
Trabrennsport 

Siehe Pferde 
Transgene Tiere 60, 63 





Drucksache 14/600 


- 10 - 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Treibhilfen 

Siehe Schlachtung 
Treibnetze 
Siehe Fischerei 


Verordnungen 

- Gefahrstoffverordnung 72 

- Hennenhaltungsverordnung 23 

- Hundehaltungsverordnung 35 

- Kälberhaltungs Verordnung 30 

- Tierschutz-Schlachtverordnung 55 

- Tiertransportverordnung 50 

- V erordnung über Aufzeichnungen und 
Kennzeichnung 40 

- Verordnung über Standardzulassungen von 
Arzneimitteln 70 

- Versuchstiermelde Verordnung 64 
Verordnungsermächtigungen 17 
Versuchstiere 

Siehe auch Europäische Übereinkommen/EG-Richt- 
linien 

- Statistik 60, 61, 64 

- V erordnung über Aufzeichnungen und 
Kennzeichnung 

Siehe Verordnungen 

V ersuchstiermeldeverordnung 
Siehe Verordnungen 

V erwaltungsvollzug 

Siehe Zuständigkeit von Bund und Ländern 

V et erinärkontro 1 len 
Siehe EG-Richtlinien 


Vögel 

Siehe Gutachten / Heimtiere 


W 

Walfang 59 

Wasch- und Reinigungsmittelgesetz 
Siehe Gesetze 
Wasserhaushaltsgesetz 
Siehe Gesetze 
Wegnahme von Tieren 22 
Wildtiere 36 
Siehe auch Gutachten 

- Haltung von Wildtieren 36 
Wissenschaftsfreiheit 

Siehe Grundrechte 
WTO 19,25 

Z 

Ziegen 32 

- Europarats-Empfehlungen 19 
Zierfische 

Siehe Gutachten 
Zirkustiere 39 

Siehe auch Gutachten 
Zivilprozeßordnung 16 
Zootiere 38 
Zucht von Tieren 40 
Siehe auch Qualzucht 

- Landwirtschaftliche Nutztiere 41 
Zuständigkeit von Bund und Ländern 1 7 
Zwangsvollstreckung 16 
Zweitanmelderregelung 67, 68, 69 





Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 11 - 


Drucksache 14/600 


Zusammenfassung und Ausblick 


Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag 
hiermit den 6. Bericht über den Stand der Entwicklung 
des Tierschutzes vor. Inhaltliche Schwerpunkte des Be- 
richtes sind die Darstellung der in den Zuständigkeitsbe- 
reich der Bundesregierung fallenden nationalen und der 
unter ihrer Mitwirkung betriebenen inter- und suprana- 
tionalen Rechtsetzungsvorhaben sowie die jetzt für die 
Jahre 1991 bis 1997 vorliegenden Angaben über die 
verwendeten Versuchstiere. 

Am 1. Juni 1998 ist das novellierte Tierschutzgesetz in 
Kraft getreten. Der Verabschiedung dieses Gesetzes 
waren lange, intensive und sehr kontroverse Diskussio- 
nen vorangegangen. Erst im Vermittlungsverfahren zwi- 
schen Bundesrat und Bundestag konnte im März 1998 
ein für alle Seiten tragfähiger Konsens gefunden werden. 
Die Novellierung führt in zahlreichen Bereichen zu 
spürbaren Verbesserungen des Tierschutzes. Das novel- 
lierte Gesetz enthält für jeden Tierhalter wichtige Grund- 
sätze sowie konkrete Ge- und Verbote. Voraussetzung 
für deren Beachtung und Anwendung sind ausreichende 
Kenntnisse und Fähigkeiten des Menschen im Hinblick 
auf eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltens- 
gerechte Unterbringung der in seiner Obhut stehenden 
Tiere. Daher wurde der Personenkreis, der im Umgang 
mit Tieren Sachkunde nachweisen muß, erheblich aus- 
geweitet; ebenso der Katalog der Tätigkeiten, für die 
eine tierschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich ist. Die 
Forderung nach angemessenen Kenntnissen und Fähig- 
keiten zieht sich daher auch wie ein roter Faden durch 
die Bestimmungen des novellierten Tierschutzgesetzes. 

Im Berichfszeitraum wurden darüber hinaus die 
Tierschutztransport- Verordnung und die Tierschutz- 
Schlachtverordnung erlassen. Die Kälberhaltungsverord- 
nung wurde in Anpassung an neues EG-Recht novelliert. 

Das Tiertransportrecht wurde EU- weit um wichtige 
Durchführungsbestimmungen ergänzt. Diese betreffen 
die Vorschriften über Aufenthaltsorte, an denen die vor- 
geschriebenen Ruhepausen stattfinden, den Transport- 
plan sowie Spezialfahrzeuge. 

Im Juli 1998 wurde die Richtlinie 98/58/EG zum 
Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere verabschiedet. 
Diese Rahmenvorschrift geht zurück auf das Europäi- 
sche Übereinkommen zum Schutz von Tieren in land- 
wirtschaftlichen Tierhaltungen. Auf der Basis dieser 
Richtlinie wird es künftig möglich sein, die Empfehlun- 
gen des Europarates für das Halten landwirtschaftlicher 
Nutztiere in EG-Recht umzusetzen. 

Beim Europarat wurde im Rahmen des Europäischen 
Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirt- 
schaftlichen Tierhaltungen eine völkerrechtlich verbind- 
liche Empfehlung für das Halten von Straußenvögeln 
verabschiedet. Die Beratungen über die Änderung der 
Empfehlung für das Halten von Pelztieren wurden abge- 
schlossen. Die Verabschiedung dieses Textes ist für 
Sommer 1999 vorgesehen. 


Zum Europäischen Übereinkommen zum Schulz der für 
Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwen- 
deten Wirbeltiere wurde 1997 ein Änderungsprotokoll zu 
dem Übereinkommen zur Zeichnung aufgelegt, das den 
Verfahrensablauf für die Änderung der Anhänge er- 
leichtert. Hintergrund ist insbesondere die Notwendig- 
keit, die Empfehlungen zur Versuchstierhaltung im Hin- 
blick auf neue Erkenntnisse und Erfahrungen zu aktuali- 
sieren. 

Der Bericht enthält in detaillierter Form amtliche Zahlen 
über die Verwendung von Versuchstieren in Deutsch- 
land. Die Zahlen beziehen sich auf den Einsatz von Wir- 
beltieren in Versuchen wie sie im Tierschutzgesetz defi- 
niert sind. In der Zeit von 1991 bis 1997 konnte eine 
Reduktion der Versuchstierzahlen von 2,4 auf knapp 
1,5 Millionen festgestellt werden. 

Im Berichtszeifraum wurde der Öffentlichkeilsarbeit 
große Bedeutung zugemessen. Inhalt dieser Arbeit ist die 
Information aller betroffenen und interessierten Kreise 
der Bevölkerung durch Broschüren sowie die Beant- 
wortung zahlreicher Bürgerbriefe. Dies ist eine Dauer- 
aufgabe, die auch in Zukunft fortgesetzt wird. 

Die neue Bundesregierung knüpft an das bisher Er- 
reichte an, wird aber dem Tierschutz einen höheren 
Stellenwert beimessen als ihre Vorgängerin. Ihr er- 
klärtes Ziel ist es, durch geeignete gesetzgeberische 
Maßnahmen sowie europäische Initiativen den Tier- 
schutz auf nationaler sowie europäischer Ebene ent- 
scheidend voranzubringen. 

Eines der bedeutendsten Vorhaben wird auf nationaler 
Ebene dabei sein, den Tierschutz als Staatsziel im 
Grundgesetz zu verankern. Dies entspricht nicht nur den 
getroffenen Koalitionsvereinbarungen, sondern auch den 
Vorstellungen weiter Kreise der Bevölkerung. 

Außerdem soll von den Ermächtigungen des novellierten 
Tierschutzgesetzes Gebrauch gemacht werden. Vorran- 
gig gilt es, die Verordnung über das freiwillige Prüfver- 
fahren von Stalleinrichtungen und Betäubungsanlagen 
(§ 13a) sowie die Verordnung über Verbringungsverbote 
für tierschufzwidrig behandelte Tiere in den Geltungsbe- 
reich des Tierschutzgesetzes (§12 Abs. 2) vorzubereiten 
und zu erlassen. 

Vollzug und Überwachung der tierschutzrechtlichen 
Vorschriften liegen in der Verantwortung der nach Lan- 
desrecht zuständigen Behörden. Da deren Verwaltungs- 
erfahrungen das novellierte Tierschutzgesetz maßgeblich 
mitgeprägt haben, geht die Bundesregierung davon aus, 
daß die neuen Bestimmungen rasch und effektiv umge- 
setzt werden. 

Im Bereich der Tierversuche verfolg! die Bundesregie- 
rung das Ziel, Anzahl und Belastung der benötigten 
Versuchstiere weiter zu reduzieren. Hierzu gehört die 
Förderung der Entwicklung von Ersatz- und Ergän- 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Zungsmethoden ebenso wie der engagierte Einsatz für 
deren Akzeptanz und Anwendung. Da der weitaus über- 
wiegende Teil der für die Vermarktung von Produkten 
erforderlichen Tierversuche auf internationale Rechts- 
vorschriften oder Vereinbarungen zurückgeht, ist hier 
vor allem auf dieser Ebene Überzeugungsarbeit zu lei- 
sten. 

In engem Zusammenhang mit dieser Zielsetzung steht 
die möglichst transparente Dokumentation über den 
Verwendungszweck und den Umfang der aktuell für 
wissenschaftliche Zwecke benötigten Wirbeltiere. Daher 
wird in Kürze der Entwurf für eine novellierte Verord- 
nung zur Erfassung der notwendigen Daten vorgelegt 
werden. Hierbei werden die auf supranationaler Ebene 
getroffenen Vereinbarungen berücksichtigt und anwen- 
derorientiert umgesetzt. 

Um Fortschritte und Verbesserungen bei der Haltung 
von Versuchstieren zu erreichen, wird sich die Bundes- 
regierung insbesondere auf Ebene des Europarats im 
Zusammenhang mit der Aktualisierung der entsprechen- 
den Empfehlungen engagieren. 

Ein weiteres wichtiges Anliegen der Bundesregierung ist 
es, die Haltungsbedingungen für unsere landwirtschaft- 
lichen Nutztiere spürbar zu verbessern und dabei die 
Bedürfnisse der Tiere mehr als bisher zu berücksichti- 
gen. 


I. Einleitung 

Tierschutzfragen stehen häufig im Mittelpunkt der 
öffentlichen Auseinandersetzung. Viele Bürgerinnen 
und Bürger fordern mit Nachdruck eine Verbesserung 
der Rechtsvorschriften sowie deren konsequente 
Beachtung durch die Tierhalter, aber auch eine stren- 
gere Überwachung durch die hierfür zuständigen Behör- 
den. 

Im Vordergrund des öffentlichen Interesses standen im 
Berichtszeitraum insbesondere 

- die Änderung des Tierschutzgesetzes sowie die Auf- 
nahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grund- 
gesetz, 

- der Transport von Schlachttieren, 

- die Käfighaltung von Legehennen. 

Das Engagement vieler Bürger, die sich für eine tier- 
schutzgerechte Behandlung der Tiere und für eine Ver- 
ringerung der Tierversuche einsefzen, nimmt die Bun- 
desregierung sehr ernst. Bei der Abwägung zwischen 
den ethisch und naturwissenschaftlich begründeten Ziel- 
setzungen des Tierschutzes auf der einen und den ent- 
sprechenden begründeten Ansprüchen des Menschen auf 
der anderen Seite dient als Richtschnur das Tierschutz- 


Da durch die weitgehende Harmonisierung der Tierhal- 
tungsvorschriflen und unter Berücksichtigung der Wett- 
bewerbssituation in der EU verbesserte Haltungsvor- 
schriften nur noch auf europäischer Ebene geregelt wer- 
den können, wird die Bundesregierung sich für die Ver- 
besserung der EG-rechtlichen Grundlagen für das Halten 
von Tieren einsetzen. ln einem ersfen Schritt will sie 
während der deutschen Präsidentschaft alles in ihrer 
Macht Stehende tun, um EU-weit eine Verbesserung des 
Tierschutzes bei der Legehennenhaltung zu erreichen. 
Darüber hinaus wird sie sich dafür einsetzen, daß auf der 
Grundlage der Richtlinie 98/58/EG und der entsprechen- 
den Europaratsempfehlung EU-weite Vorschriften zum 
Halten von Mastgefiügel sowie von Pelztieren geschaf- 
fen werden. 

Auch das Transportrecht bedarf im Sinne des Tierschut- 
zes weiterer Verbesserungen. Dies ist wegen der voll- 
ständigen Harmonisierung dieses Rechtsbereiches nur 
EG-rechtlich möglich. Hier sind Vorschriften über die 
Anforderungen an Schiffe für den Tiertransport dringend 
nötig. Die Bundesregierung wird die Kommission drän- 
gen, einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Bei 
den Beratungen über den Bericht der Kommission über 
die bisherigen Erfahrungen mit der bestehenden Richt- 
linie, der Ende 1999 ansteht, wird die Bundesregierung 
mit Nachdruck eine weitere Verkürzung der Transport- 
zeiten fordern. 


gesetz, das die Verantwortung des Menschen für das Tier 
als Mitgeschöpf ausdrücklich hervorhebt. 

Der Schutzbereich des Tierschutzgesetzes und damit der 
Gegenstand dieses Berichtes erstreckt sich grundsätzlich 
auf alle Tiere. 

Wildlebende Tiere stehen ebenso wie wildwachsende 
Pflanzen zusätzlich unter dem Schutz des Bundesnatur- 
schutzgesetzes. 

Auf Bundesebene liegt die Zuständigkeit für den Arten- 
schutz beim Bundesministerium für Umwelt, Natur- 
schutz und Reaktorsicherheit. 

Die Zuständigkeit des Europarates, der Europäischen 
Union sowie auch des Bundes beschränkt sich im Be- 
reich des Tierschutzes im wesentlichen auf die Rechtset- 
zung. 

Die Bundesrepublik Deutschland gehört innerhalb der 
Europäischen Union zu den Ländern mit den strengsten 
tierschutzrechtlichen Bestimmungen. Sie setzt sich 
nachdrücklich dafür ein, daß der hohe Tierschutzstan- 
dard möglichst EU -weit Berücksichtigung findet und 
auch der Vollzug tierschutzrechtlicher Bestimmungen 
weiter verbessert wird. 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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II. Rechtliche Rahmenbedingungen 


Nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG unterliegt der Tier- 
schutz der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. 
Der Bund hat mit dem Tierschutzgesetz von seiner Ge- 
setzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Tierschutz 
im Sinne des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 20 GG umfaßt Hal- 
tung, Pflege, Unterbringung und Beförderung von Tie- 
ren, Tierversuche und das Schlachten von Tieren. 

Die Durchführung des Tierschutzgesetzes und der auf 
Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen 
obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. 

Seit vielen Jahren wird jedoch im Bereich des Tierschut- 
zes über Rechtsetzungsvorhaben nicht nur auf nationaler 
Ebene, sondern auch im Europarat sowie in der Europäi- 
schen Union beraten und entschieden. Auch die Be- 
schlüsse der OECD können tierschutzrelevante Vor- 
schriften maßgeblich beeinflussen. 

Zwischen den verschiedenen Ebenen - OECD, Europa- 
rat, Europäische Union, Bund, Länder und nach Landes- 
recht zuständige Behörden - besteht eine enge Wechsel- 
wirkung. 


1 Organisation für wirtschaftiiche 
Zusammenarbeit und Entwickiung 
(OECD) 

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit 
und Entwicklung (OECD) wurde 1961 in Nachfolge der 
Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammen- 
arbeit (OEEC) durch ein völkerrechtliches Übereinkom- 
men zwischen 20 Staaten gegründet. Mittlerweile gehö- 
ren der Organisation 29 Mitgliedstaaten an (Belgien, 
Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, 
Großbritannien, Irland, Island, Hallen, Kanada, Luxem- 
burg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, 
Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Vereinigte Staa- 
ten, Japan, Finnland, Australien, Neuseeland, Mexiko, 
Tschechische Republik, Ungarn, Republik Korea und 
Polen). 

Ziel der OECD ist es, durch wirtschaftliche Zusammen- 
arbeit ihrer 29 Mitgliedsländer wie auch durch Kontakte 
mit anderen Ländern einen Beitrag zur Entwicklung der 
Weltwirtschaft zu leisten. 

Mit dem Ziel, die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen 
um den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Um- 
welt durch eine Verbesserung der Chemikaliensicherheit 
zu unterstützen und den Chemikalienkontrollmaßnahmen 
mehr Transparenz und Effizienz zu verleihen, hat die 
OECD 1971 ein Chemikalienprogramm aufgestellt, in 
dessen Rahmen auch Richtlinien zur Prüfung chemischer 
Substanzen unter anderem im Hinblick auf ihre toxischen 
Effekte für Mensch und Umwelt verabschiedet wurden. 
Da Ergebnisse von Tierversuchen in der Toxikologie von 
Chemikalien als entscheidende Parameter zur Risikoab- 


schätzung eingesetzt werden, hat die OECD 1981 in ihren 
Richtlinien tierexperimentelle Prüfmethoden einschließ- 
lich genauer Durchführungsbestimmungen festgeschrie- 
ben (OECD Guidelines for the Testing of Chemicals; 
OECD Principles of Good Laboratory Practice and Com- 
pliance Monitoring). Die Beachtung der OECD-Emp- 
fehlungen bei der Stoffprüfung garantiert die internatio- 
nale Anerkennung der Prüfergebnisse und ermöglicht so 
eine weltweite Vermarktung der Produkte. Durch diese 
Harmonisierung wird somit der Wiederholung von Tier- 
versuchen präventiv begegnet. Zudem orientiert sich auch 
die Europäische Gemeinschaft in ihren Anforderungen an 
Prüfhachweise an den von der OECD festgeschriebenen 
Normen. 

Die OECD-Richtlinien, die in unregelmäßigen Abstän- 
den aktualisiert und ergänzt werden, finden inzwischen 
über den Bereich der Industriechemikalien hinaus An- 
wendung bei der Prüfung von Pfianzenschufzmitteln, 
Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen; sie haben so- 
mit zu einer weitreichenden Harmonisierung toxikologi- 
scher Prüfmethoden geführt. 


2 Europarat 

Der Europarat umfaßt zur Zeit 40 Mitgliedstaaten. 
Neben den 15 EU-Ländem sind dies Albanien, Andorra, 
Bulgarien, Estland, Island, Kroatien, Lettland, Liechten- 
stein, Litauen, Malta, Mazedonien, Moldawien, Nor- 
wegen, Polen, Rumänien, Rußland, San Marino, die 
Schweiz, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische 
Republik, die Türkei, die Ukraine, Ungarn und Zypern. 

Schon fiüh wurden im Europarat Initiativen zur Verbes- 
serung des Tierschutzes ergriffen. Bisher wurden in 
diesem Bereich fünf völkerrechtliche Übereinkommen 
erarbeitet, nämlich 

- das Europäische Übereinkommen vom 13. Dezember 
1968 über den Schutz von Tieren beim internatio- 
nalen Transport, 

- das Europäische Übereinkommen vom 10. März 1976 
zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tier- 
haltungen, 

- das Europäische Übereinkommen vom 10. Mai 1979 
über den Schutz von Schlachttieren, 

- das Europäische Übereinkommen vom 18. März 1986 
zum Schutz der für Versuche und andere wissen- 
schaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere und 

- das Europäische Übereinkommen vom 13. November 
1987 zum Schutz von Heimtieren. 

Hinzu kommen 

- das Zusatzprotokoll vom 10. Mai 1979 zum Europäi- 
schen Übereinkommen über den Schutz von Tieren 
beim internationalen Transport, 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- das Änderungsprotokoll vom 6. Februar 1992 zu dem 
Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tie- 
ren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen sowie 

- das am 22. Juni 1998 zur Zeichnung aufgelegte Ände- 
rungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen 
zum Schutz der für Versuche und andere wissen- 
schaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere. 

Über Inhalt und Bedeutung dieser Übereinkommen wird 
in den Abschnitten III, X, XII und XV berichtet. 

Die Erarbeitung weiterer Tierschutzübereinkommen 
wird derzeit nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr 
soll die Anwendung der vorhandenen Übereinkommen 
durch multilaterale Konsultationen verbessert werden, 
wobei auch dem zwischenzeitlich erweiterten Kenntnis- 
stand der betroffenen Wissenschaftsbereiche Rechnung 
getragen wird. 

Die Bundesrepublik Deutschland ist durch Vertragsge- 
setze den oben genannten Übereinkommen sowie dem 
Zusatz- und dem Änderungsprotokoll zum Europäischen 
Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirt- 
schaftlichen Tierhaltungen beigetreten. 

Wird ein Europäisches Übereinkommen ratifiziert, so hat 
dies zur Folge, daß - soweit dies noch nicht der Fall ist - 
das nationale Recht mit den Vorschriften des Überein- 
kommens in Einklang gebracht werden muß; das deut- 
sche Tierschutzrecht wurde entsprechend angepaßt. 

Bedingt durch den politischen Umbruch in den ehemali- 
gen Ostblockstaaten ergibt sich derzeit beim Europarat 
die Notwendigkeit einer stärkeren Prioritätensetzung mit 
Blick auf die Integration Mittel- und Osteuropas. Da die 
Bundesregierung der Tierschutzarbeit beim Europarat 
große Bedeutung beimißt, sollte auch beim Aufbau in 
Mittel- und Osteuropa der Tierschutz als ethische Ver- 
pflichtung, aber auch wegen seiner Bedeutung für die 
Sicherung von Gesundheit und Produktivität, im Rah- 
men der knappen Haushaltsmittel des Europarates ange- 
messen berücksichtigt werden. 

Die Tierschutzübereinkommen mit zugehörigen Emp- 
fehlungen bilden die Ausgangsbasis für nationale und 
EG-Rechtsetzung. Die Arbeit des Europarates ist somit 
von wesentlicher Bedeutung für eine europäische Har- 
monisierung der Tierschutzvorschriften und gleichzeitig 
der Wettbewerbsbedingungen. 

Die Bundesregierung setzt sich daher für eine ausrei- 
chende finanzielle und administrative Ausstattung insbe- 
sondere des Ständigen Ausschusses des Europäischen 
Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirt- 
schaftlichen Tierhaltungen ein. 


3 Europäische Union 

Beim Europarat als internationaler Organisation ohne 
Hoheitsgewalt und bei der Europäischen Union als - im 
Bereich der Europäischen Gemeinschaft - supranationa- 
ler Organisation handelt es sich um getrennte Institutio- 
nen; zwischen ihnen besteht jedoch eine enge Zusam- 
menarbeit und Wechselwirkung. 


Im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemein- 
schaft (EG- Vertrag) ist der Tierschutz nicht ausdrücklich 
erwähnt. Nach Artikel 3 Buchstaben e und h des EG- 
Vertrages umfaßt die Tätigkeit der Gemeinschaft nach 
Maßgabe des Vertrages aber auch eine gemeinsame 
Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft und die An- 
gleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit 
dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemein- 
samen Marktes erforderlich ist. Die EG-Richtlinien zur 
Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere, zum Schutz von 
Tieren beim Transport sowie zum Schutz von Tieren 
zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung sind auf 
Artikel 43 des EG- Vertrages (Landwirtschaft) gestützt. 
Als Rechtsgrundlage für den Erlaß der Versuchstier- 
richtlinie wurde Artikel 100 des EG-Vertrages (Rechts- 
angleichung) herangezogen. 

Der Tierschutz hat während der letzten Jahre auch im 
europäischen Rahmen eine größere politische Bedeutung 
erreicht. Nicht zuletzt auf Initiative der Bundesregierung 
wurde anläßlich der Regierungskonferenz zur Reform 
der Verträge in Amsterdam der Tierschutz nunmehr im 
primären Gemeinschaftsrecht durch eine Protokollerklä- 
rung verankert. Schon in Maastricht hatte der Rat im 
Dezember 1991 auf Betreiben Deutschlands und des 
Vereinigten Königreichs eine Erklärung zum Tierschutz 
verabschiedet. 

In einer „Entschließung zu dem Wohlergehen und dem 
Status von Tieren in der Gemeinschaft“ hat das Euro- 
päische Parlament im Januar 1994 (ABI. EG Nr. C 44 
S. 206 vom 14. Februar 1994) eine umfassende Berück- 
sichtigung des Tierschutzes unter Bezeichnung konkreter 
Maßnahmen gefordert. 

Wenngleich der Tierschutz im Vertrag von Amsterdam 
nicht, wie von der Bundesregierung gewünscht, als Arti- 
kel in den EG- Vertrag aufgenommen wurde, erklären die 
Mitgliedstaaten in einem „Protokoll über den Tierschutz 
und das Wohlergehen der Tiere“, das dem EG-Vertrag 
angefügt werden soll: 

„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der 
Gemeinschaft in den Bereichen Landwirtschaft, Ver- 
kehr, Binnenmarkt und Forschung tragen die Gemein- 
schaft und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des 
Wohlergehens der Tiere in vollem Umfang Rechnung; 
sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwal- 
tungsvorschriften und Gepflogenheiten der Mitglied- 
staaten insbesondere in bezug auf religiöse Riten, 
kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.“ 

Tierschutzregelungen der EG, die das Halten landwirt- 
schaftlicher Nutztiere betreffen, werden darüber hinaus 
auch damit begründet, daß die Mitgliedstaaten - und seit 
1989 auch die Europäische Gemeinschaft selbst - Ver- 
tragsparteien des Europarats-Übereinkommens zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen 
sind. 

Für den Tierschutzbereich von Bedeutung sind auch die 
sogenannten Veterinärkontrollrichtlinien, die der Rat zur 
Verwirklichung des Binnenmarktes erlassen hat. Ihr 
wesentliches Ziel besteht darin, die bisherigen Kontrol- 
len an den Binnengrenzen der Gemeinschaft abzulösen 
und einheitliche Kontrollen der Mitgliedstaaten an den 




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Außengrenzen der Gemeinschaft einzurichten. Dieses 
Kontrollkonzept geht für den innergemeinschaftlichen 
Verkehr vom Grundsatz der Verlagerung der Kontrollen 
auf den Abgangsort aus. Es erfordert eine intensive Zu- 
sammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitglied- 
staaten untereinander und mit der Europäischen Kom- 
mission. Die Richtlinien haben insbesondere Auswir- 
kungen auf die Regelungen hinsichtlich des Transports 
von Tieren (siehe Abschnitt X). 


4 Stellung des Tierschutzes in der 
Wertordnung des Grundgesetzes, 
Staatszielbestimmung 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- 
richts liegt ein effektiver Tierschutz grundsätzlich im 
Interesse des Gemeinwohls (vgl. BVerfGE 36, 47, 57ff). 
Die Handlungsfreiheit der Staatsbürger kann durch An- 
wendung des Leitgedankens des geltenden Tierschutzge- 
setzes, Tieren nicht „ohne vernünftigen Grund“ das „un- 
erläßliche Maß“ übersteigende „Schmerzen, Leiden oder 
Schäden“ zuzufügen, eingeschränkt werden. Die Ein- 
schränkung des Verbots durch den „vernünftigen Grund“ 
und die „Unerläßlichkeit“ trägt dem Verhältnismäßig- 
keitsgebot Rechnung. Die Ausgestaltung des Tierschut- 
zes obliegt in diesem Rahmen weitgehend der eigenver- 
antwortlichen Entschließung des Gesetzgebers (vgl. 
BVerfGE 36, 47, 57f ; 48, 376, 389). 

Dem Tierschutz kommt gegenwärtig kein Verfassungs- 
rang zu. 

Diese Aussage zur verfassungsrechtlichen Stellung des 
Tierschutzes trifft das Bundesverwaltungsgericht in einer 
Entscheidung vom 18. Juni 1997 (BVerwGE 105, 73, 81). 
Die Entscheidung betrifft die Klage einer Biologiestuden- 
tin, die die Teilnahme an Tierversuchen im Rahmen der 
Ausbildung aus Gewissensgründen verweigert hat und 
dadurch für den Studienabschluß erforderliche Leistungs- 
nachweise nicht erbringen konnte. Das Bundesverwal- 
tungsgericht führt - wie schon die Vorinstanz, der VGH 
Mannheim - aus, der Tierschutz habe keinen Verfas- 
sungsrang, so daß er nicht als eine mit der Lehrfreiheit 
kollidierenden Grundrechtsnorm in die Lösung des ver- 
fassungsrechtlichen Spannungsverhältnisses zwischen der 
Lehrfreiheit und der Gewissensfreiheit der Studierenden 
einzubeziehen sei. Gestützt wird diese Aussage auf die 
Erwägung, daß bei der Novellierung des Grundgesetzes 
1994 die Aufnahme des Tierschufzes als Sfaafsziel nicht 
die erforderliche Mehrheit gefunden habe. Ferner könne 
aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG diese hervorgehobene 
Rechtsposition des Tierschutzes nicht abgeleitet werden, 
da diese Bestimmung allein die Gesetzgebungskompetenz 
regele. Auch andere Erklärungsversuche für den Ver- 
fassungsrang des Tierschutzes - die Ableitung aus Arti- 
kel 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde), Artikel 2 Abs. 1 GG 
(Sittengesetz) und Artikel 20a GG (Schutz der natürlichen 
Lebensgrundlagen) - werden abgelehnt. Allerdings erteile 
§ 10 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes keinen Freibrief zum 
Töten, da Eingriffe und Behandlungen an Tieren zu Lehr- 
zwecken nur ausgeführt werden dürfen, soweit ihr Zweck 
nicht auf andere Weise erreicht werden kann (BVerwGE 
105, 73, 82). 


Dem Bundesverfassungsgericht wurde gemäß Arti- 
kel 100 Abs. 1 GG die Frage der Verfassungsmäßigkeit 
der von § 7 Abs. 3 Tierschutzgesetz im Hinblick auf das 
vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht der Wissen- 
schaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorge- 
legt. Es lehnte eine Sachentscheidung aber mit lediglich 
der Begründung ab, das Verwaltungsgericht habe die 
Möglichkeit einer anderen Auslegung der Vorschriften 
des Tierschutzgesetzes nicht ausreichend genutzt (Be- 
schluß vom 20. Juni 1994 - 1 BvL 12/94 - NVwZ 1994, 
S. 894 ff). Nach der Auffassung des Bundesverfas- 
sungsgerichts ist die ethische Vertretbarkeit eines Tier- 
versuchs wissenschaftlich begründet darzulegen, nicht 
jedoch nachzuweisen. Die Behörde dürfe nicht die ethi- 
sche Vertretbarkeit und die wissenschaftliche Bedeutung 
des beantragten Versuchsvorhabens überprüfen, sondern 
nur eine qualifizierte Plausibilitätskontrolle der Darle- 
gungen des Antragstellers vornehmen, so daß dem An- 
tragsteller nicht ohne weiteres außerwissenschaftliche 
Beurteilungsmaßstäbe aufgedrängt werden könnten. 

Ein weiteres Spannungsverhältnis zwischen dem Tier- 
schutz und einem vorbehaltlos gewährleisteten Grund- 
recht besteht hinsichtlich der Frage, ob und inwie- 
weit das „Schächten“, das heißt das Schlachten ohne 
Betäubung gemäß religiösen Regeln, im Hinblick 
auf das Grundrecht der Religionsfreiheit des Artikels 4 
Abs. 2 GG zuzulassen ist (vgl. dazu Seite 54). 

Unter anderem die erwähnten Verfahren haben die For- 
derung nach Aufnahme eines Staatsziels „Tierschutz“ in 
das Grundgesetz nicht nur auf seiten der Tierschutzorga- 
nisationen stärker werden lassen. Auch zahlreiche Bür- 
ger haben sich mit entsprechenden Eingaben an die Bun- 
desregierung gewandt. Von seiten der Wissenschaftler 
und ihrer Organisationen wurden hingegen jedoch mas- 
sive Vorbehalte geltend gemacht. 

Ein entsprechender Vorschlag fand 1994 nicht die erfor- 
derliche Mehrheit in der Gemeinsamen Verfassungs- 
kommission. 

Weitgehende Einigkeit bestand und besteht jedoch in 
der grundsätzlichen Anerkennung der Schutzbedürftig- 
keit auch der Tiere, deren Achtung und Bewahrung allen 
Menschen aufgegeben ist. In einer Entschließung des 
Deutschen Bundestages vom 30. Juni 1994 (BT- 
Plenarprotokoll 12/238, S. 21038 A) wurde daher be- 
tont, daß mit der vom Bundestag verabschiedeten Auf- 
nahme der Staatszielbestimmung „Umweltschutz“ in das 
Grundgesetz ein grundlegender Schritt zur auch verfas- 
sungsrechtlichen Verfestigung der Verantwortung von 
Staat und Gesellschaft für die Achtung und Bewahrung 
der „natürlichen Lebensgrundlagen“ vollzogen worden 
sei. Nach der in der Entschließung niedergelegten Auf- 
fassung des Deutschen Bundestages gehören zu den 
„natürlichen Lebensgrundlagen“ nicht nur Pflanzenwelt, 
Luft, Boden und Wasser, sondern die gesamte Schöp- 
fung, also auch das Tier und alles organische Leben auf 
dieser Erde. In diesem Sinne wird in der Entschließung 
bekräftigt, daß die Staatszielbestimmung Umweltschutz 
auch den Tierschutz prinzipiell mit umfasse. Diese Auf- 
fassung wird aber in den oben erwähnten Gerichtsent- 
scheidungen nicht geteilt und ist auch nach Ansicht 
Sachverständiger fachlich nicht zutreffend. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


In der 13. Legislaturperiode wurde von verschiedenen 
Seiten weiterhin eine ausdrückliche Aufnahme des Tier- 
schutzes als Staatsziel ins Grundgesetz gefordert; so 
wurden 1997 entsprechende Gesetzentwürfe des Bundes- 
rates, der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE 
GRÜNEN und der Gruppe der PDS eingebracht, deren 
Beratung jedoch in der 13. Legislaturperiode nicht abge- 
schlossen wurde. 

In der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 ist 
eine Initiative zur Aufnahme des Tierschutzes in das 
Grundgesetz vereinbart. 

Derzeit werden erneut eingebrachte Gesetzesentwürfe 
der FDP-Fraktion, der SPD- und BÜNDNIS 90/DIE 
GRÜNEN-Fraktionen sowie der PDS-Fraktion in den 
Ausschüssen des Bundestages beraten. Auf Initiative des 
Landes Rheinland-Pfalz hat der Bundesrat beschlossen, 
den Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode 
erneut in den Bundestag einzubringen. 


5 Stellung des Tieres im bürgerlichen 
Recht 

Im Jahre 1990 wurde das Gesetz zur Verbesserung 
der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht 
(BGBl. I S. 1762) erlassen, das die formale Gleichstel- 
lung des Tieres mit Sachen im bürgerlichen Recht besei- 
tigt. Dies soll zum Ausdruck bringen, daß der Mensch 
den Tieren als empfindenden Mitgeschöpfen zu Schutz 
und Fürsorge verpflichtet ist. Demgemäß bestimmt der 
durch dieses Gesetz neu eingefügte § 90a BGB, daß 
Tiere keine Sachen sind und unter dem Schutz besonde- 
rer Gesetze stehen. Allerdings erhalten Tiere damit keine 
dem Menschen vergleichbare Rechtsstellung, vielmehr 
sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend 
anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. 
Dies bedeutet, daß Tiere selbstverständlich weiterhin 
veräußert oder vererbt werden können. 

Im Schadensersatzrecht wurde die Regelung eingeführt, 
daß Heilungskosten bei der Verletzung von Tieren 
grundsätzlich auch dann ein ersatzfähiger Schaden sind, 
wenn sie den Wert des Tieres erheblich überschreiten. 
Bei Entscheidungen über den Vollstreckungsschutz sind 
nach der vorgenommenen Änderung der Zivilprozeßord- 
nung nicht nur die Belange des Schuldners, sondern auch 
die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berück- 
sichtigen, wenn ein Tier Gegenstand der Zwangsvoll- 
streckung ist. Bei der Pfändung werden Heimtiere derge- 
stalt privilegiert, daß sie grundsätzlich nicht der Pfän- 
dung unterliegen, es sei denn, dies würde wegen des 
hohen Wertes des betreffenden Tieres für den Gläubiger 
eine Härte bedeuten, die auch unter Berücksichtigung 
des Tierschutzes nicht zu rechtfertigen ist. 


6 Tierschutzgesetz 

Das Tierschutzgesetz, das zuletzt im Jahr 1986 umfas- 
send novelliert worden war, hat sich grundsätzlich be- 
währt. Aufgrund der gewonnenen Vollzugs erfahrungen 
sowie zur Umsetzung von EG-Recht war jedoch eine 


weitere Novellierung erforderlich. Im Jahr 1994 schei- 
terte eine entsprechende Gesetzesinitiative des Bundes- 
rates am fehlenden Einvernehmen zwischen Bundesrat 
und Bundestag. 

Dennoch blieb das Anliegen bestehen, das Tierschutzge- 
setz aufgrund der seit der letzten umfassenden Novellie- 
rung von 1986 gewonnenen Erfahrungen fortzuschreiben 
und weiter zu verbessern. Daher hat zu Beginn der 
13. Legislaturperiode die Bundesregierung die Initiative 
zur Novellierung des Tierschutzgesetzes ergriffen. 

Das Bundeskabinett hat am 16. Oktober 1996 den Entwurf 
eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes ge- 
billigt. Der Entwurf griff vor allem diejenigen Bestim- 
mungen auf, die den Tierschutz spürbar verbessern und 
die zwischen Bundestag und Bundesrat unstreitig waren. 

Der Bundesrat nahm am 19. Dezember 1996 im ersten 
Durchgang zum Gesetzentwurf der Bundesregierung 
Stellung. Die Bundesregierung verabschiedete hierzu 
eine Gegenäußerung und leitete diese zusammen mit 
dem Gesetzentwurf sodann dem Deutschen Bundestag 
zur Beratung und Beschlußfassung zu. Am 27. Novem- 
ber 1997 verabschiedete der Deutsche Bundestag das 
Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Am 
19. Dezember 1997 beschloß der Bundesrat, den Ver- 
mittlungsausschuß einzuberufen, da die vom Bundesrat 
vorab vorgelegte Stellungnahme in dem vom Bundestag 
verabschiedeten Gesetz kaum bzw. nicht ausreichend 
berücksichtigt worden sei. 

Am 25. März 1998 einigte sich der Vermittlungsausschuß 
auf eine einvemehmliche Fassung. Der Deutsche Bundestag 
hat daraufhin das Gesetz zur Änderung des Tierschutz- 
gesetzes in der Fassung der Beschlußempfehlung des Ver- 
mittlungsausschusses am 26. März 1998 beschlossen. Dem 
hat der Bundesrat am 27. März 1998 zugestimmt. 

Das novellierte Tierschutzgesetz (BGBl. I S. 1105, 1818) 
trat am 1. Juni 1998 in Kraft. Durch die Änderungen 
wurde der Tierschutz in Deutschland maßgeblich verbes- 
sert. Gleichzeitig wurde ein Beitrag zur EU- weiten Har- 
monisierung von Tierschutzvorschriften geleistet. 

Das nunmehr beschlossene Gesetz bewirkt im wesent- 
lichen 

- eine Ausdehnung des Personenkreises, der im Um- 
gang mit Tieren Sachkunde nachweisen muß; dies ist 
ein wichtiger Beitrag zum verantwortlichen Umgang 
mit Tieren, 

- eine erhebliche Erweiterung der Tätigkeiten, so zum 
Beispiel gewerblicher Tiertransport, für die eine tier- 
schutzrechtliche Erlaubnis gefordert wird, 

- eine einheitliche Festlegung der Altersgrenze für 
Personen, die Wirbeltiere erwerben dürfen, auf 
16 Jahre, 

- EG-konforme schärfere Anforderungen bei der Ein- 
fuhr von Tieren oder tierischen Erzeugnissen aus 
Drittstaaten, 

- eine restriktivere Fassung der Vorschriften über Ein- 
griffe und Behandlungen an Tieren; so wird zum Bei- 
spiel das Kürzen der Hunderuten bis auf wenige Aus- 
nahmen untersagt. 




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- das Verbot, Tiere durch Ausbildung oder Zucht in 
tierschutzwidriger Wiese aggressiv zu machen, 

- ein grundsätzliches Verbot von Tierversuchen bei der 
Entwicklung von Kosmetika, 

- eine Ausdehnung der Regelungen über die Beteiligung 
eines Tierschutzbeauftragten in der Weise, daß nicht 
nur Versuchstiere im eigentlichen Sinne, sondern alle 
Wirbeltiere, die zu wissenschaftlichen Zwecken gehal- 
ten werden, seiner Obhut unterstellt werden, 

- die Anzeigepflicht für Verfahren zur Herstellung, 
Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von 
Stoffen, Produkten oder Organismen, die belastend 
für die verwendeten Tiere sind, sowie 

- die Aufnahme zahlreicher Verordnungsermächtigun- 
gen, so zum Beispiel zur Erhebung statistischer Anga- 
ben über die Verwendung von Wirbeltieren über den 
Bereich der Tierversuche hinaus in weiteren tierschutz- 
relevanten Bereichen der Wissenschaft, Forschung, 
Lehre und biomedizinischen Produktion, zur Regelung 
der Ein- und Ausfuhr von Tieren und zur Durchführung 
freiwilliger Prüfungen von Stalleinrichtungen. 

Auf der anderen Seite wurden aber auch Erleichterungen 
die Durchführung von Forschungsvorhaben erleichtert, 
ohne das bisherige hohe Tierschutzniveau zu beeinträch- 
tigen. Im einzelnen wurden folgende Änderungen be- 
schlossen: 

- Die Bearbeitungsdauer von Genehmigungsverfahren 
wurde auf grundsätzlich drei Monate, im Fall von 
Finalversuchen auf zwei Monate beschränkt. 

- Der Genehmigungsvorbehalt bei nur geringfügigen 
Änderungen des genehmigten Vorhabens wurde durch 
eine Anzeigepflicht ersetzt. 

- Für Tierversuche ohne operative Eingriffe wurde der 
Zugang für bestimmte Berufsgruppen - zum Beispiel 
Biologielaboranten - erleichtert. 


7 Verordnungsermächtigungen und 
Allgemeine Verwaltungsvorschrift; 
Sachverständigengutachten 

Das Tierschutzgesetz in der novellierten Fassung vom 
25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818) ermächtigt das 
BML - teilweise ist das Einvernehmen mit anderen Res- 
sorts vorgeschrieben -, nach Anhörung der Tierschutz- 
kommission (§ 16b Abs. 1 des Tierschutzgesetzes) durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 
unter anderem in den Bereichen Ausbildung, Transport, 
Schlachten, Tierversuche, Zucht und Handel Vorschrif- 
ten zu erlassen. 

Es können auch Vorschriften zur Durchführung von 
Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen des 
Rates oder der Kommission der Europäischen Gemein- 
schaften auf dem Gebiet des Tierschutzes erlassen wer- 
den (§ 21a). 

Nach § 16d erläßt das BML mit Zustimmung des Bun- 
desrates die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die 
zur Durchführung dieses Gesefzes und der aufgrund 
dieses Gesefzes erlassenen Rechtsverordnungen erfor- 


derlich sind. Auch hierfür ist die vorherige Anhörung der 
T i erschutzkommis sion vorge schri eb en . 

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchfüh- 
rung des Tierschufzgesefzes vom 1. Juli 1988 (BAnz. 
Nr. 139a vom 29. Juli 1988) regelt eine Vielzahl von 
Einzelfragen. Sie wird von den Vollzugsbehörden 
grundsätzlich als sehr hilfreich angesehen. Im Rahmen 
der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde Überein- 
stimmung zwischen Bund und Ländern darüber erzielt, 
nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Tier- 
schutzgesetzes die Überarbeitung und Ergänzung der 
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift in Angriff zu neh- 
men, um sie einerseits der neuen Gesetzeslage anzupas- 
sen, andererseits auf weitere gesetzliche Bestimmungen 
auszudehnen. Mit diesem Vorhaben wurde im Sommer 
1998 begonnen, mit dem Inkrafttreten der Neufassung 
der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ist im Laufe des 
ersten Halbjahres 1999 zu rechnen. 

Seit 1970 wurden im Auftrag des BML von anerkannten 
Sachverständigen zahlreiche Gutachten erarbeitet. Sie 
stehen allen interessierten Kreisen, nicht zuletzt auch den 
für den Vollzug des Tierschutzgesefzes verantwortlichen 
Stellen, als Orientierungshilfe zur Verfügung (siehe An- 
hang 4 Nr. 1). Darüber hinaus wurden für weitere Berei- 
che Leitlinien erarbeitet, die den Ländern sowie allen 
Interessierten zur Verfügung sfehen (siehe Anhang 4 
Nr. 2). Die Länder begrüßen diese Gutachten und Leit- 
linien als wichtige Entscheidungshilfe für den Vollzug. 


8 Zuständigkeit von Bund und Ländern 

Für die Rechtsetzung im Bereich des Tierschutzes besitzt 
der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz 
(Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG), von der der Bund durch 
das Tierschutzgesetz Gebrauch gemacht hat. Der Bund 
hat auch die Kompetenz zur Wahrnehmung des Tier- 
schutzanliegens bei der Europäischen Union, beim 
Europarat, bei der OECD und anderen internationalen 
Organisationen, während der Vollzug und die Überwa- 
chung tierschutzrechtlicher Regelungen Länderangele- 
genheit sind. Über den Bundesrat wirken jedoch die 
Länder sowohl auf EU-Ebene als auch insbesondere auf 
Bundesebene an der Gesetzgebung mit. 

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes ob- 
liegt die Verwaltungszuständigkeit für die Durchführung 
dieses Gesefzes und der aufgrund dieses Gesefzes erlas- 
senen Rechtsverordnungen den nach Landesrecht zu- 
ständigen Behörden. Die Länder führen das Tierschutz- 
gesefz in eigener Verwaltungszusfändigkeit nach Arti- 
kel 83 des Grundgesetzes aus. Dementsprechend hat der 
Bund auch keine Finanzierungszuständigkeit im Bereich 
des Tierschutzes nach Artikel 104a Abs. 1 des Grundge- 
setzes, mit Ausnahme der Durchführung des Tierschufz- 
gesefzes für Tiere im Bereich der Bundeswehr. Für diese 
Tiere obliegf nach § 15 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes 
die Durchführung des Gesefzes den zusfändigen Dienst- 
sfellen der Bundeswehr, deren Vollzugszuständigkeit 
durch Erlasse, zuletzt durch Erlaß vom 2. Januar 1995 
(Ministerialblatt des Bundesministeriums der Verteidi- 
gung 1995 S. 61), und durch die Verordnung über die 




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Zuständigkeit der Wehrbereichs Verwaltungen für die 
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten 
nach dem Tierschutzgesetz vom 3. Juli 1990 (BGBl. I 
S. 1399) geregelt ist. 

Die Länder haben die Vollzugszuständigkeit für den 
Tierschutz in der Regel den Kreisbehörden übertragen, 
mit Ausnahme der Zuständigkeit für die Genehmigung 
von Tierversuchen. Diese Zuständigkeit ist den Mittel- 
behörden (Bezirksregierungen, Regierungspräsidenten, 
Regierungspräsidien) oder den obersten Landesbehörden 
selbst zugeordnet. 

Bund und Länder erörtern in regelmäßigen Sitzungen 
gemeinsam Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, ins- 
besondere bei der Vorbereitung von Rechtsetzungsvor- 
haben und zur Auslegung der rechtlichen Bestimmun- 
gen, um so die Ausführung der tierschutzrechtlichen 
Vorschriften zu koordinieren. 

Mit der aufgrund des § 16d des Tierschutzgesetzes erlas- 
senen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchfüh- 
rung des Tierschutzgesetzes vom 1. Juli 1988 wurden die 
Voraussetzungen für einen weitgehend bundeseinheit- 
lichen Verwaltungsvollzug geschaffen; um den einheit- 
lichen Vollzug des Tierschutzgesetzes auch im Hinblick 
auf bisher noch nicht erfaßte Bestimmungen zu gewährlei- 
sten, wird diese Verwaltungsvorschrift derzeit überarbeitet 
und ergänzt. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrifl findet 
auch im Geschäftsbereich des BMVg Anwendung. 

Die Kenntnis von Gerichtsurteilen ist eine wertvolle 
Entscheidungshilfe für den Vollzug. Der Bund hat durch 
die Entwicklung des juristischen Informationssystems 
JURIS (juris GmbH, Gutenbergstr. 23, 66117 Saar- 
brücken) die Möglichkeit geschaffen, sich unter Einsatz 
moderner Technik rasch und umfassend über die aktuelle 
Rechtsprechung und die in der Fachliteratur vertretenen 
Auffassungen zu informieren. Der Zugriff auf JURIS 
steht jedermann gegen Entgelt offen. Damit wird heute 


III. Halten von Tieren 


Tiere sind so zu halten, daß sie ihre Bedürfnisse, insbeson- 
dere ihr Bewegungs- und Beschäfligungsbedürfhis, befrie- 
digen können; sie müssen artgemäß ernährt, angemessen 
gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden. 


1 Allgemeine Regelungen 

1.1 Internationale Mindeststandards 

Der Standard des Tierschutzes variiert im internationalen 
Vergleich stark. Er ist abhängig von den unterschied- 
lichen Standortbedingungen, dem Wohlstandsniveau, 
Tradition und anderen Faktoren. 

Während in einigen anderen Rechtsbereichen (zum Bei- 
spiel im Tierseuchenrecht) relativ umfassende Regelun- 
gen bestehen, liegen im Bereich Tierschutz, soweit er 


bereits ein wesentlicher Teil der zum Tierschutzrecht 
ergangenen Urteile nachgewiesen. 

Die Möglichkeit, eine tierschutzspezifische Datenbank 
tierschutzrelevanter Gerichtsurteile zu schaffen, um eine 
noch vollständigere Übersicht zu ermöglichen, wird 
derzeit auf Länderebene geprüft. 


9 Tierschutzkommission, Tierschutz- 
beiräte und Landestierschutzbeauftragte 

Seit 1987 ist BML aufgrund § 16b des Tierschutzgeset- 
zes verpflichtet, zu seiner Unterstützung in Fragen des 
Tierschutzes eine Tierschutzkommission zu berufen und 
diese vor dem Erlaß von Rechtsverordnungen und all- 
gemeinen Verwaltungsvorschriften nach diesem Gesetz 
anzuhören. Die Tierschutzkommission kann aber auch in 
Eigeninitiative gegenüber dem Bundesminister zu Fra- 
gen des Tierschutzes Stellung nehmen. 

Die Einsetzung erfolgte durch die Tierschutzkommis- 
sions- Verordnung vom 23. Juni 1987 (BGBl. I S. 1557). 
Sie besteht aus zwölf Mitgliedern, die auf Vorschlag der 
Verbände sowie der beiden großen Kirchen vom Bun- 
desminister berufen werden. Der Berufungszeitraum 
erstreckt sich jeweils auf vier Jahre. Die dritte Bera- 
tungsperiode begann 1995. Seit ihrer konstituierenden 
Sitzung im Oktober 1987 hat die Tierschutzkommission 
insgesamt 31 Sitzungen abgehalten. Sie hat zu den ver- 
schiedenen Rechtsetzungsvorhaben ihre Voten abgege- 
ben, aber auch viele andere tierschutzrelevante Themen 
erörtert. 

Zu ihrer Beratung in Fragen des Tierschutzes haben 
inzwischen alle Bundesländer einen Tierschutzbeirat 
berufen. In Hessen und Niedersachsen gibt es außerdem 
Landestierschutzbeauftragte. 


nicht vom Geltungsbereich der Europarats-Überein- 
kommen erfaßt wird, keine internationalen Vereinbarun- 
gen vor. Die bestehenden internationalen Übereinkom- 
men enthalten keine Regelungen über handelsbeschrän- 
kende Maßnahmen zur Einhaltung der Standards. 

Um Beeinträchtigungen des Wohles insbesondere der 
Nutztiere abzubauen und aus dem hohen deutschen Tier- 
schutzniveau resultierende Wettbewerbsnachteile der deut- 
schen Landwirtschaft möglichst zu neutralisieren, ist es 
neben der Harmonisierung auf der EG-Ebene notwendig, 

- die Harmonisierung von Tierschutzstandards auf 
internationalem Niveau voranzutreiben, 

- unsere Landwirte in die Lage zu versetzen, erhöhten 
Anforderungen im Tierschutz zu entsprechen, ohne an 
Wettbewerbsfähigkeit auf dem EU-Markt und auf 
dem Weltmarkt zu verlieren. 




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- höhere Erzeugerpreise für tierschutzgerecht produ- 
zierte Inlandserzeugnisse über Produktdifferenzie- 
rung, flankiert durch Kennzeichnungsregelungen und 
Verbraucheraufklärung, zu sichern. 

Aus Gründen des Tierschutzes, der Verbraucherakzep- 
tanz und zur Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedin- 
gungen sollten Mindestanforderungen an die Haltung, 
den Transport und die Schlachtung landwirtschaftlicher 
Nutztiere gestellt werden. Die Anforderungen der ent- 
sprechenden Europarats-Übereinkommen samt konkrete- 
rer Empfehlungen sind auch über Europa hinaus als 
rechtlich bindende Mindeststandards, zumindest aber als 
Verhaltenskodizes, anzustreben. 

Bereits jetzt können die EG-Vorschriften zu tierschutz- 
begründeten Beschränkungen des internationalen Han- 
dels führen. Die EG-Richtlinien über die Haltung von 
Schweinen und Kälbern, den Transport von Tieren sowie 
den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung 
oder Tötung sehen vor, daß die entsprechenden Anforde- 
rungen auch in Drittstaaten zu beachten sind, falls die 
Tiere oder das Fleisch in die Europäische Union ver- 
bracht werden sollen. Damit ist für in die oder durch die 
Gemeinschaft exportierende Drittstaaten ein erheblicher 
Druck zur Anpassung ihrer Tierschutzstandards an EG- 
Recht gegeben. 

Gleichwohl lassen sich Handelshemmnisse aufgrund der 
Nichteinhaltung der EU-Tierschutzstandards nicht mit 
den geltenden WTO-Bestimmungen vereinbaren. Anläß- 
lich der Verabschiedung der Richtlinie über den Schutz 
landwirtschaftlicher Nutztiere wurde 1998 intensiv dis- 
kutiert, inwieweit Einfuhren aus Drittstaaten in die EU 
von der Einhaltung von den in der EU geltenden Tier- 
schutzstandards abhängig gemacht werden dürfen. Eine 
entsprechende Vorschrift in der Richtlinie wurde als 
nicht WTO-konform abgelehnt. 

Die Kommission wurde in diesem Zusammenhang auf- 
gefordert, eine Strategie auszuarbeiten, wie im multilate- 
ralen Handel für das Wohlergehen von Nutztieren ge- 
sorgt werden kann. Die Kommission prüft im Hinblick 
auf die Festlegung der Verhandlungsziele der EG für die 
nächste Runde der WTO-Verhandlungen, ob der Tier- 
schutz in die WTO-Regeln einbezogen werden kann. 


1.2 Europarat 

Das Europäische Übereinkommen vom 10. März 1976 
zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhal- 
tungen zielt auf eine europaweite Harmonisierung der 
Tierschutzbestimmungen hinsichtlich Haltung, Pflege 
und Unterbringung von Tieren, die zur Erzeugung von 
Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten, Fellen oder zu anderen 
landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten 
werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses 
Übereinkommen bereits 1978 ratifiziert (Gesetz vom 
25. Januar 1978 - BGBl. 1978 II S. II3). Vertragspar- 
teien sind alle EU-Mitgliedstaaten sowie Bosnien- 
Herzegowina, Kroatien, Malta, Mazedonien, Norwegen, 
Island, die Schweiz, Slowenien, die Tschechische Repu- 
blik, Zypern und die EG. Ungarn hat das Übereinkom- 
men am 9. Dezember 1998 gezeichnet. 


Da die Bestimmungen dieses völkerrechtlichen Vertra- 
ges relativ allgemein gehalten sind, ist im Rahmen des 
Übereinkommens ein Ständiger Ausschuß eingerichtet 
worden, dem die Ausarbeitung und Annahme von de- 
taillierten Empfehlungen an die Vertragsparteien obliegt. 
Mitglieder dieses Ausschusses sind Beauftragte der 
jeweiligen Vertragsparteien (Regierungsvertreter). Die 
einschlägigen internationalen Tierschutz-, Tierärzte- und 
Tierhalterverbände nehmen als Beobachter an den 
Beratungen teil. Empfehlungen sind bislang für die Hal- 
tung von Haushühnem (Legehennen und Masthühner), 
Schweinen, Rindern, Pelztieren, Schafen und Ziegen 
sowie von Straußenvögeln verabschiedet worden. An 
Empfehlungen für die Haltung weiterer Mastgeflügelar- 
ten und Nutzfischen wird derzeit gearbeitet. Die Emp- 
fehlungen für die Haltung von Enten und Gänsen sollen 
voraussichtlich noch im Jahr 1999 verabschiedet werden. 
Mit der Überarbeitung der Empfehlung für die Haltung 
von Schweinen wurde begonnen. Die Empfehlung für 
die Haltung von Pelztieren wurde überarbeitet. Die über- 
arbeitete Fassung soll im Jahr 1999 verabschiedet wer- 
den. 

Für die Annahme dieser Empfehlungen ist Einstimmig- 
keit im Ständigen Ausschuß erforderlich. Die Empfeh- 
lungen müssen von den Vertragsparteien des Überein- 
kommens durch Rechtsetzung oder Verwaltungspraxis - 
hierzu gehören auch Beratungsempfehlungen - umge- 
setzt werden. 

Da die Europäische Gemeinschaft selbst Vertragspartei 
dieses Übereinkommens ist, ist auch sie zu entsprechen- 
der Umsetzung verpflichtet. Dies bedeutet, daß die Emp- 
fehlungen des Ständigen Ausschusses in der Regel die 
fachliche Grundlage für die jeweiligen Kommissionsvor- 
schläge darsfellen. 

Im Februar 1992 wurde ein Änderungsprotokoll zum 
Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren 
in landwirtschaftlichen Tierhaltungen zur Zeichnung 
aufgelegt. Es wurde inzwischen durch acht Vertragspar- 
teien, darunter Deutschland, ratifiziert und von weiteren 
fünf Vertragsparteien gezeichnet. Von der EG wurde es 
genehmigt, die Genehmigungsurkunde wird aber erst 
hinterlegt, wenn alle EU-Mitgliedstaaten dem Ände- 
rungsprotokoll beigetreten sind. Dies tritt in Kraft, nach- 
dem alle Vertragsparteien des Übereinkommens auch 
Vertragspartei dieser Zusatzvereinbarungen geworden 
sind. 

Mit dem Änderungsprotokoll wurde das Übereinkom- 
men zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen 
Tierhaltungen an die Weiterentwicklung der Tierhaltung 
angepaßt. Sein Anwendungsbereich wurde im Hinblick 
auf bestimmte Entwicklungen in den Tierhaltungsme- 
thoden, insbesondere im Bereich der Biotechnologie, 
sowie auf das Töten von Tieren im landwirtschaftlichen 
Betrieb erweitert. 

Das Änderungsprotokoll zum Übereinkommen trägt zur 
weiteren Harmonisierung des unterschiedlichen Tier- 
schutzrechtes in den Mitgliedstaaten des Europarates bei. 
Die materiellen Anforderungen der vorliegenden völker- 
rechtlichen Vereinbarung sind bereits Bestandteil der 
Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland. 




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1.3 Europäische Union 

Insbesondere das Europäische Parlament, aber auch 
einzelne Mitgliedstaaten, nicht zuletzt die Bundesrepu- 
blik Deutschland, setzen sich bei der Haltung landwirt- 
schaftlicher Nutztiere mit Nachdruck für EU-weite Tier- 
schutzmindestanforderungen ein. 

Im November 1991 hat der Ministerrat je eine Richtlinie 
über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern 
und Schweinen verabschiedet (Richtlinie 91/629/EWG, 
ABI. EG Nr. L 340 S. 28, des Rates vom 19. November 
1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von 
Kälbern, zuletzt geändert durch Richtlinie des Rates vom 
20. Januar 1997 (97/2/EG), und die Richtlinie des Rates 
vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für 
den Schutz von Schweinen, 91/630/EWG, ABI. EG 
Nr. L 340 S. 33). 

Zur Richtlinie 88/166/EWG des Rates vom 7. März 1988 
zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum Schutz 
von Legehennen in Käfigbatteriehaltung (ABI. EG 
Nr. L 74 S. 83) ist die Europäische Kommission ihrer 
Verpflichtung, dem Ministerrat einen Bericht sowie 
geeignete Änderungsvorschläge vorzulegen, im März 
1998 nach intensivem Drängen nachgekommen. 

Im Juni 1998 hat der Rat der Richtlinie 98/58/EG des 
Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaft- 
licher Nutztiere zugestimmt. Diese Richtlinie ging zu- 
rück auf einen Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 
1992. Aufgrund der Subsidiaritätsdiskussion, die in die- 
sem Bereich insbesondere von Frankreich geführt wurde, 
war die Beratung dieses Richtlinienvorschlags längere 
Zeit blockiert. 

Mit dieser Richtlinie werden einerseits die Bestimmungen 
des Europäischen Übereinkommens vom 10. März 1976 
zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhal- 
tungen durch Einführung harmonisierter Regeln für die 
Behandlung, Haltung und Pflege der Tiere in Gemein- 
schaftsrecht umgesetzt, und andererseits wird eine 
Rechtsgrundlage für die Umsetzung der aufgrund des 
Europäischen Übereinkommens vom Ständigen Ausschuß 
verabschiedeten tierartspezifischen Empfehlungen für die 
Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere geschaffen. 

Die Richtlinie sieht in bezug auf Drittlandimporte vor, 
daß die Kommission bis zum 30. Juni 1999 einen Bericht 
über den Umfang der Importe sowie über die Tier- 
schutzbestimmungen der Ursprungsländer vorlegt, aus 
dem die möglichen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten 
der Tierhalter in der Gemeinschaft hervorgehen (vgl. 
dazu auch Seite 19). Die Umsetzung in nationales Recht 
muß bis zum 31. Dezember 1999 von den Mitgliedstaa- 
ten vollzogen werden, es sei denn, der Rat faßt aufgrund 
des genannten Berichtes der Kommission zur Wettbe- 
werbssituation einen anderslautenden Beschluß. 

Um den Tierschutz zu verbessern und dennoch die Wett- 
bewerbsverhältnisse nicht zu Lasten der landwirtschaftli- 
chen Tierhalter zu verschlechtern, hat die Bundesregie- 
rung großes Interesse an einer EU-weiten Konkretisie- 
rung und rechtsverbindlichen Umsetzung der Europa- 
ratsempfehlungen. Besonders aktuell ist dieser Bedarf im 
Bereich der Mastgefiügelhaltung. 


1.4 Bundesrepublik Deutschland 

Haltungssysteme gelten dann als tiergerecht, wenn das 
Tier erhält, was es zum Gelingen von Selbstaufbau 
und Selbsterhaltung benötigt, und ihm die Bedarfs- 
deckung und die Vermeidung von Schäden durch die 
Möglichkeit adäquaten Verhaltens gelingt. Ein ent- 
sprechendes ethologisches Konzept für die naturwis- 
senschaftliche Beurteilung der in § 2 des Tierschutz- 
gesetzes definierten Haltungsanforderungen wurde 
von der Untergruppe „wissenschaftliche Grundlagen“ 
der Fachgruppe „Verhaltensforschung“ der Deutschen 
Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. entwickelt 
(Bammert, J. et al., 1993: Bedarfsdeckung und Scha- 
densvermeidung - Ein ethologisches Konzept und 
seine Anwendung für Tierschutzfragen. Tierärztliche 
Umschau 48, 269 bis 280). 

In Ergänzung zu diesem Bedarfsdeckungs- und Scha- 
densvermeidungskonzept wurden in jüngster Zeit wis- 
senschaftliche Grundlagen zur Erfaßbarkeit von Befind- 
lichkeiten bei Tieren erarbeitet, auf deren Grundlage 
intersubjektiv nachvollziehbare Aussagen zu Wohlbefin- 
den oder Leiden bei Tieren möglich sein sollen. Dabei 
wird davon ausgegangen, daß Emotionalität zu den 
Grundeigenschaften von Tieren gehört. Die emotionale 
Wertung der Umwelt und der eigenen Bewältigungsfä- 
higkeit leisten einen Beitrag zur erfolgreichen Nutzung 
der Umwelt zur Bedarfsdeckung oder zum Vermeiden 
von Schäden. Die dabei entstehenden Befindlichkeiten 
wie Freude, Trauer oder Angst sind zwar nicht direkt 
zugänglich und nur subjektiv erfahrbar, sie treten aber in 
Verbindung mit bestimmtem Verhalten und physiologi- 
schen Vorgängen auf Von diesen kann bei guter Kennt- 
nis der Biologie des einzelnen Tieres oder der jeweiligen 
Tierart unter Beachtung der jeweiligen Situation mit nur 
geringer Irrtumswahrscheinlichkeit auf die Befindlich- 
keit beim Tier geschlossen werden, solange lediglich mit 
den psychischen Dimensionen „angenehm - unange- 
nehm“ und „sicher - unsicher“ gearbeitet wird (Fach- 
gruppe Verhaltensforschung der Deutschen Veterinär- 
medizinischen Gesellschaft e. V., Befindlichkeiten von 
Tieren - ein Ansatz zu ihrer wissenschaftlichen Beurtei- 
lung, Tierärztliche Umschau 52, 15 bis 22 und 67 bis 72 
[1997]). 

In Übereinstimmung mit diesem erweiterten Bedarfsdek- 
kungs- und Schadensvermeidungskonzept bestimmt § 2 
des Tierschutzgesetzes, die zentrale Vorschrift für Hal- 
tung, Pflege und Unterbringung von Tieren, folgendes: 

„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 

1. muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen 
entsprechend angemessen ernähren, pflegen und 
verhaltensgerecht unterbringen, 

2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Be- 
wegung nicht so einschränken, daß ihm Schmerzen 
oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt 
werden, 

3. muß über die für eine angemessene Ernährung, 
Pflege und verhaltensgerechfe Unterbringung des 
Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten 
verfügen.“ 





Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


Nach § 2a Abs. 1 des Tierschutzgesetzes ist das BML 
ermächtigt, 

„durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bun- 
desrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich 
ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach 
§ 2 näher zu bestimmen und dabei insbesondere Vor- 
schriften zu erlassen über Anforderungen 

1. hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit oder der 
Gemeinschaftsbedürfnisse der Tiere, 

2. an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige 
Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren sowie 
an die Beschaffenheit von Anbinde-, Fütterungs- 
und Tränkvorrichtungen, 

3. hinsichtlich der Lichtverhältnisse und des Raum- 
klimas bei der Unterbringung der Tiere, 

4. an die Pflege einschließlich der Überwachung der 
Tiere; hierbei kann das Bundesministerium auch 
vorschreiben, daß Aufzeichnungen über die Ergeb- 
nisse der Überwachung zu machen, aufzubewahren 
und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzu- 
legen sind, 

5. an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die 
Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben und 
an den Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten 
bei Personen, die gewerbsmäßig Tiere halten, be- 
treuen oder zu betreuen haben.“ 

Die Grundsätze des § 2 des Tierschutzgesetzes muß 
jeder Tierhalter berücksichtigen. Soweit die Vorausset- 
zungen des § 17 Nr. 2 Buchstabe b oder § 18 Abs. 1 
Nr. 1 des Tierschutzgesetzes vorliegen, kann ein Verstoß 
gegen diese Grundsätze geahndet werden, ohne daß es 
des Erlasses besonderer Durchführungsverordnungen 
bedarf 

Es ist jedoch in einzelnen Bereichen notwendig, be- 
stimmte Mindestvoraussetzungen, deren Einhaltung für 
den Schutz der Tiere unverzichtbar ist, sowie Anforde- 
rungen, die für das Wohlbefinden bestimmter Nutztier- 
kategorien wesentlich sind, näher zu regeln. Dem wurde 
bereits in einigen Bereichen der landwirtschaftlichen 
Nutztierhaltung (Legehennen, Schweine, Kälber) Rech- 
nung getragen. 

Neben der Möglichkeit, durch Rechtsvorschriften den 
Tierschutz in der Tierhaltung zu verbessern, wird der 
Einführung freiwilliger Prüfverfahren nach amtlichen 
Kriterien von serienmäßig hergestellten Aufstallungssy- 
stemen und Stalleinrichtungen zum Halten landwirt- 
schaftlicher Nutztiere, wie es in § 13a des Tierschutzge- 
setzes vorgesehen ist, eine entscheidende Rolle beige- 
messen. 

Zur fachlichen Vorbereitung der entsprechenden Rechts- 
verordnung hat BML den im Jahr 1998 eingerichteten 
Fachausschuß Tiergerechtheit der DLG gebeten, allge- 
meine Anforderungen an freiwilllige Prüfungen der 
Tiergerechtheit zu erarbeiten. Der Fachausschuß Tierge- 
rechtheit der DLG setzt sich zusammen aus unabhängi- 
gen Fachleuten aus Hochschule, Bundesforschung und 
Beratung. 

Die Anforderungen sollen über die in den bisher erlasse- 
nen Gesetzen und Verordnungen definierten Mindestan- 


forderungen hinausgehen. Dazu werden konkrete Vor- 
gaben hinsichtlich der Kriterien, der Methodik und des 
Umfanges der Prüfverfahren sowie Anforderungen an 
die Sachkunde der Gutachter gemacht. Dies soll sicher- 
stellen, daß bei freiwilligen Prüfverfahren Aspekte der 
Tiergerechtheit wissenschaftlich fundiert und in ausrei- 
chendem Maße Berücksichtigung finden. Zur Beurtei- 
lung der Tiergerechtheit sollen insbesondere Kriterien 
der Ethologie und Tiergesundheit herangezogen werden. 
Je nach zu prüfender Technik können weitere Parameter, 
wie zum Beispiel Leistung, Kondition und Hygiene, 
Beachtung finden. 

Um den Anreiz zur Durchführung derartiger freiwil- 
liger Prüfungen zu erhöhen, wurde in § 16 des Tier- 
schutzgesetzes ein Absatz 7 aufgenommen, demzufolge 
die zuständige Behörde befugt ist, unter definierten 
Voraussetzungen eine gutachterliche Stellungnahme 
über Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen zu 
verlangen, es sei denn, es liegt ein erfolgreicher Ab- 
schluß einer freiwillligen Prüfung im Sinne des § 13a 
Tierschutzgesetz vor. 

Der Bundesrat hat in seiner Entschließung vom 24. No- 
vember 1995 (Drucksache 573/95 - Beschluß -) den 
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und For- 
sten gebeten, die nutztierartige Haltung von Straußen- 
vögeln grundsätzlich zu verbieten. Da eine solche Re- 
gelung als unverhältnismäßig angesehen wurde, schlug 
BML vor, auf der Basis des § 13 Abs. 3 des Tierschutz- 
gesetzes eine Verordnung zum Halten von Straußen- 
vögeln zu erlassen. 

Der von BML vorgelegte Entwurf einer Rechtsverord- 
nung zum Schutz von Tieren bestimmter wildlebender 
Arten, der neben Straußenvögeln auch andere wild- 
lebende Tiere umfaßte, wurde dann aber vom Bundes- 
rat insbesondere deswegen abgelehnt, weil aufgrund 
der Novellierung des Tierschutzgesetzes die gewerbs- 
mäßige Haltung wildlebender Tierarten nunmehr einem 
Erlaubnisvorbehalt nach § 11 des Tierschutzgesetzes 
unterliegt. 

Bei der landwirtschaftlichen Investitionsförderung, die 
in erster Linie der Verbesserung der Leistungs- und 
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dient, ist die 
Einbeziehung von Tierschutzanforderungen möglich. 
Da § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Gemein- 
schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und 
des Küstenschutzes“ in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 21. Juli 1988 (BGBl. I S. 1055), zuletzt 
geändert durch Gesetz vom 8. August 1997 (BGBl. I 
S. 2027), auch die Berücksichtigung von Tierschutz- 
belangen vorsieht, sind auch Investitionskosten zur 
Verbesserung des Tierschutzes im Zusammenhang mit 
Agrarstrukturinvestitionen grundsätzlich förderungs- 
fähig. Auch die einschlägigen Vorschriften der Verord- 
nung (EG) Nr. 950/97 des Rates vom 20. Mai 1997 
ermöglichen Beihilfen für Investitionen zur Verbesse- 
rung der Hygienebedingungen in der Tierhaltung und 
die Einhaltung von Tierschutzvorschriften. So wurde 
1994 auch die Möglichkeit der Förderung von Tier- 
schutzinvestitionen bei der Geflügelhaltung, sofern 
diese nicht zu einer Ausweitung der Produktionskapa- 
zitäten führen, eingeführt. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


In § 3 des Tierschutzgesetzes wurden folgende Ver- 
botstatbestände, die bei der Haltung von Tieren von 
Bedeutung sind, neu aufgenommen oder umformuliert: 

Niemand darf 

- einem Tier, an dem Eingriffe und Behandlungen vor- 
genommen worden sind, die einen leistungsmindem- 
den körperlichen Zustand verdecken, Leistungen ab- 
verlangen, denen es wegen seines körperlichen Zu- 
standes nicht gewachsen ist; 

- an einem Tier im Training oder bei sportlichen Wett- 
kämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnah- 
men, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder 
Schäden verbunden sind und die die Leistungsfähig- 
keit von Tieren beeinflussen können, sowie an einem 
Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen 
Veranstaltungen Dopingmittel anwenden; 

- ein Tier ausbilden oder trainieren, wenn damit erheb- 
liche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier 
verbunden sind; 

- ein Tier zu einem derartig aggressiven Verhalten 
ausbilden oder abrichten, daß dieses Verhalten 

a) bei ihm selbst zu Schmerzen, Leiden oder Schäden 
führt oder 

b) im Rahmen jeglichen artgemäßen Kontaktes mit 
Artgenossen bei ihm selbst oder einem Artgenos- 
sen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder 
Schäden führt oder 

c) seine Haltung nur unter Bedingungen zuläßt, die 
bei ihm zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden 
oder Schäden führen; 

- ein Gerät verwenden, das durch direkte Stromeinwir- 
kung das artgemäße Verhalten eines Tieres, insbeson- 
dere seine Bewegung, erheblich einschränkt oder es 
zur Bewegung zwingt und dem Tier dadurch nicht un- 
erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, 
soweit dies nicht nach bundes- oder landesrechtlichen 
Vorschriften zulässig isf. 

Das Verbot der Anwendung von Dopingmitteln wurde in 
die neue Nummer la des § 3 übernommen. Es bezieht 
sich im Gegensatz zu den verbandsintemen Regelungen 
auf Substanzen, deren Wirkungen mit Schmerzen, Lei- 
den oder Schäden für das Tier verbunden sein können. 

Nach § 5 des Tierschutzgesefzes darf an einem Wirbel- 
tier in der Regel ein mit Schmerzen verbundener Eingriff 
nicht ohne Betäubung vorgenommen werden. Seit der 
Novellierung des Tierschutzgesetzes ist die Betäubung 
nicht nur bei einem warmblütigen Tier, sondern auch bei 
Amphibien und Reptilien dem Tierarzt Vorbehalten. 

Im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutz- 
tierhaltung ist von unmittelbarer praktischer Bedeutung, 
daß das Tierschutzgesetz die Verwendung elastischer 
Ringe für das Enthomen von Rindern sowie beim Am- 
putieren und Kastrieren verbietet. Elastische Ringe sind 
nur noch für das Kürzen des Schwanzes von unter acht 
Tage alten Lämmern zulässig. Nach der Novellierung 
des Tierschutzgesetzes kann die zuständige Behörde seit 
dem 1. Juni 1998 das Kürzen des bindegewebigen End- 


stückes des Schwanzes von unter drei Monate alten 
männlichen Kälbern mittels elastischer Ringe erlauben. 

Für das betäubungslose Enthomen von Rindern wurde 
bereits 1986 das Höchstalter von vier Monaten auf sechs 
Wochen herabgesetzt. Die Altersgrenze für das betäu- 
bungslose Kastrieren männlicher Rinder, Schweine, 
Ziegen und Schafe wurde - sofern kein von der norma- 
len anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund 
vorliegt - mit der letzten Novelliemng des Tierschutzge- 
setzes einheitlich auf vier Wochen herabgesetzt. Beim 
Kaninchen ist das betäubungslose Kastrieren nunmehr 
verboten. Ferner ist im Gesetz eine Reihe weiterer Ein- 
griffe aufgeführt, bei denen keine Betäubung vorge- 
schrieben ist. Neu sind die Bestimmungen über das Ab- 
schleifen der Eckzähne von Ferkeln, sofern dies zum 
Schutz des Muttertieres oder der Wurfgeschwister uner- 
läßlich ist, sowie die Regelungen zur Kennzeichnung 
von Tieren. Zur Kennzeichnung von Tieren siehe Ab- 
schnitt IX. 

Von der Ermächtigung des § 16a Nr. 2 des Tierschutzge- 
setzes (Wegnahme von Tieren bei unzureichenden Hal- 
tungsbedingungen) konnte nur in Einzelfällen Gebrauch 
gemacht werden, da insbesondere für exotische Tiere 
Möglichkeiten für eine tiergerechte Unterbringung nur in 
geringem Maße bestehen. Die Einrichtung von „Auf- 
fangstationen“ in den einzelnen Bundesländern scheiterte 
bisher an den fehlenden Mitteln. Nach der Novelliemng 
des Gesetzes ist es nunmehr möglich, diese Tiere zu 
veräußern und in bestimmten enggefaßten Fällen Tiere, 
die nicht anderweitig untergebracht werden können bzw. 
die nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, 
Leiden oder Schäden weiterleben können, töten zu las- 
sen. Dieser letzten aller Möglichkeiten müssen geeignete 
Schritte vorausgegangen sein, eine tierschutzgerechte 
Unterbringungsmöglichkeit - auch überregional - zu 
finden. 


2 Besondere Regelungen 

2.1 Tierhaltung im ökologischen Landbau 

Für die Tierhaltung im ökologischen Landbau sollen in 
Zukunft EU-weit verbindliche Mindestanforderangen 
gelten. Diese müssen eingehalten werden, wenn tierische 
Agrarerzeugnisse sowie für den Verzehr bestimmte Er- 
zeugnisse, die Bestandteile tierischen Urspmngs enthal- 
ten, als aus ökologischem Landbau stammend gekenn- 
zeichnet werden sollen. 

Die Europäische Kommission hat am 26. Juli 1996 einen 
Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rafes zur Ein- 
beziehung der tierischen Erzeugung in den Geltungsbe- 
reich der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates 
vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und 
die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftli- 
chen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABI. EG Nr. L 198 
S. 1), der sogenannten „EG-Öko- Verordnung“, vorge- 
legt. Die vorgesehenen Regelungen beziehen sich beson- 
ders auf Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel und 
Bienen. Sie beinhalten Grandregeln des ökologischen 
Landbaus in den Bereichen fiächengebundene Tierhai- 




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tung, Gewährleistung des Tierschutzes (zum Beispiel 
Verbot systematischer Eingriffe an Tieren und Vermei- 
dung von Streß bei Transport und Schlachtung) und 
besondere Regeln der Haltung, Fütterung und tierärztli- 
chen Pflege. Mit dem Inkrafttreten der neuen Verord- 
nung soll in ökologisch wirtschaftenden Betrieben euro- 
paweit ein einheitliches Niveau der tiergerechten Hal- 
tung umgesetzt werden. 

Bis zur endgültigen Annahme dieses Vorschlages sind 
bei der Erzeugung von Zutaten tierischen Ursprungs, die 
in Produkten mit überwiegend pflanzlichen Zutaten Ver- 
wendung finden, bei Fehlen einzelstaatlicher Vorschrif- 
ten die Tiere nach den international anerkannten Metho- 
den ökologischer Erzeugung (zum Beispiel IFOAM- 
Richtlinien) zu halten, wenn diese Produkte als aus dem 
ökologischen Landbau stammend gekennzeichnet werden 
sollen. 

Die verschiedenen Verbandsrichtlinien schreiben zum 
Teil Haltungsanforderungen im ökologischen Landbau 
fest, die über die tierschutzrechtlichen Mindestnormen 
hinausgehen. Eine gewissenhaft praktizierte ökologische 
Tierhaltung kann insofern zur Weiterentwicklung des 
Tierschutzes beitragen sowie für die konventionelle 
Landwirtschaft wichtige Impulse geben. Da ein Teil der 
Verbraucher bereit ist, tierffeundlichere Haltungsbedin- 
gungen über den Kaufpreis der Erzeugnisse zu honorie- 
ren, bietet sich darüber hinaus für manche Landwirte die 
Möglichkeit, Marktnischen zu nutzen und einer besonde- 
ren Nachfrage durch ein besonderes Angebot Rechnung 
zu tragen. Die Bundesregierung wird durch geeignete 
Maßnahmen vorrangig den Absatz und die Vermarktung 
fördern. 

2.2 Legehennen 

Im Dezember 1996 wurden in Deutschland 42,4 Millio- 
nen Legehennen gehalten; fast 80 % hiervon in Betrie- 
ben mit mehr als 3 000 Tieren. Wenn auch in den letzten 
Jahren kontinuierlich rückläufig, so dominiert in diesen 
Betrieben dennoch weiterhin die Käfighaltung (1997 mit 
89,7 % der Haltungsplätze). Diese Haltungsform hat sich 
wegen ihrer wirtschaftlichen und hygienischen Vorteile 
weltweit durchgesetzt; aus verhaltenswissenschaftlicher 
und tierschutzfachlicher Sicht wird sie allerdings erheb- 
lich kritisiert. 

Ein einseitiges nationales Verbot der derzeit praktizier- 
ten Käfighaltung würde aber aufgrund des starken Wett- 
bewerbs im Eiersektor innerhalb der EU die deutsche 
Gefiügelwirtschaft in ihrer Existenz gefährden und dar- 
über hinaus lediglich das Tierschutzproblem in Mitglied- 
staaten mit weniger restriktiven Vorschriften verlagern. 

Die Bundesregierung hatte sich aus diesem Grund be- 
reits Ende der siebziger Jahre für eine EG-weite Rege- 
lung zum Schufz der Legehennen eingesefzt. 

Die Richtlinie 86/113/EWG des Rates vom 25. März 
1986 zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum 
Schutz von Legehennen in Käfigbatteriehaltung (ABI. 
EG Nr. L 95 S. 45), die wegen eines Formfehlers zu- 
nächst aufgehoben, dann aber in ihrem materiellen Teil 
unverändert als Richtlinie 88/166/EWG des Rates vom 


7. März 1988 (ABI. EG Nr. L 74 S. 83) erneut erlassen 
wurde, legt unter anderem eine Mindestbodenfiäche von 
450 cm^ je Legehenne fest. Nach einer Übergangszeit für 
besfehende Anlagen gilt dies seit 1. Januar 1995 für alle 
Käfige in der EU. 

1986 wurde von dem aufgrund des Europäischen Über- 
einkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaft- 
lichen Tierhaltungen beim Europarat gebildeten Ständi- 
gen Ausschuß eine Empfehlung für das Halten von 
Legehennen angenommen. Während es im Bereich der 
Käfighaltung von Legehennen nicht möglich war, über 
die gleichzeitig erarbeiteten EG-Mindestanforderungen 
hinauszugehen, konnten neue Bestimmungen für die 
Boden- sowie Auslaufhaltung von Legehennen in die 
Empfehlung aufgenommen werden. 

Die Bundesrepublik Deutschland hat die Verpflichtung 
zur Umsetzung sowohl der Empfehlung als auch der 
EG-Richtlinie mit Bestimmungen des Tierschutzgeset- 
zes, mit der Verordnung zum Schutz von Legehen- 
nen bei Käfighaltung (Hennenhaltungsverordnung) vom 
10. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2622) sowie durch zu- 
sätzliche Beratungsempfehlungen erfüllt (aid-Informa- 
tionen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Bera- 
tung Nr. 3 vom 5. Februar 1988). 

Die auf das Tierschutzgesetz gestützte Hennenhaltungs- 
verordnung geht aus Tierschutzgründen über die Min- 
destanforderungen der EG-Richtlinie hinaus. Sie enthält 
größere Käfigmindestflächen für Hennen mit einem 
Durchschnittsgewicht von mehr als 2 kg (550 cm^) und 
ist für besfehende Anlagen schon am 1. Januar 1993 in 
Kraft getreten. 

Da sich die Geflügelwirtschaft insbesondere durch die 
Anforderung größerer Käfigmindestfiächen für schwere 
Hennen gegenüber Konkurrenfen in anderen EU- 
Mifgliedsfaaten benachteiligt fühlte, wurden im Hin- 
blick darauf Klagen erhoben, denen aber kein Erfolg 
beschieden war. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein 
entsprechendes Verfahren im Dezember 1993 ausge- 
setzt, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes 
der Europäischen Gemeinschaften zu der Frage einzu- 
holen, ob die Richtlinie 88/166/EWG den Mitglied- 
staaten Freiraum für strengere Anforderungen hinsicht- 
lich der in der Richtlinie festgelegten Mindestkäfig- 
fiächen einräumt (BVerwG 3 C 28.91). Der Europäi- 
sche Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Oktober 
1995, Rechtssache C-128/94, Slg. 1995 1-5389, ent- 
schieden, daß die entsprechende Bestimmung der 
Richtlinie dahin auszulegen ist, daß sie den Mitglied- 
staaten nicht verbietet, in bezug auf die Käfigboden- 
fiäche für Legehennen in Käfigbatferiehaltung national 
strengere Vorschriften zu erlassen. 

Das Land Nordrhein- Westfalen hat im April 1990 beim 
Bundesverfassungsgericht einen Normenkontrollantrag 
gegen die Hennenhaltungsverordnung eingereicht, der 
vom Land Niedersachsen unterstützt wird. Diese Länder 
bezweifeln, daß die Verordnung den Anforderungen des 
Tierschutzgesetzes an eine artgemäße und verhaltensge- 
rechte Tierhaltung genügt. Das Bundesverfassungsge- 
richt wird in Kürze über den Normenkontrollantrag ent- 
schieden. 




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Nach den Bestimmungen der EG-Richtlinie 88/166/ 
EWG sollte die Kommission vor dem 1. Januar 1993 
einen Bericht vorlegen, um dem Fortschritt in der Ent- 
wicklung tierschutzgerechter Haltungs formen durch 
geeignete Vorschläge Rechnung zu tragen; dies ist eine 
Art Revisionsklausel. Der Wissenschaftliche Veterinär- 
ausschuß hat schon 1992 einen Bericht über den Tier- 
schutz bei Legehennen in verschiedenen Haltungssyste- 
men vorgelegt und diesen mit seinem am 30. Oktober 
1996 verabschiedeten Bericht aktualisiert. 

Der Wissenschaftliche Veterinärausschuß kommt in sei- 
nem Bericht von 1996 unter anderem zu folgenden 
Schlußfolgerungen: 

- Essentielle Bedürfnisse der Legehennen sind die Be- 
reitstellung von Futter und Wasser, der Schutz vor 
Raubtieren und extremen klimatischen Bedingungen. 

- Legehennen haben ein ausgeprägtes Bedürfnis, ihre 
Eier in Nesfer zu legen und Nesfbauverhalten zu zei- 
gen. Außerdem bevorzugen sie sehr deutlich das Vor- 
handensein von Einstreu zum Picken, Scharren und 
Staubbaden. Durch entsprechende Einstreu kann das 
Federpicken reduziert werden. 

- Legehennen haben das Bedürfnis zum Aufbaumen. 
Vorhandene Sitzstangen werden gern genutzt; das 
Aufbaumen beugt dem Knochenschwund vor, so daß 
es zu weniger Knochenbrüchen beim Ausstallen und 
Transport kommt. 

- Als Nachteile der gegenwärtigen Käfigbatterien ge- 
genüber guten Altemativsy Sternen nennt der Wissen- 
schaftliche Veterinärausschuß: 

- Nestbau- und Eiablageverhalten, Aufbaumen, 
Scharren, Sandbaden und die Mehrzahl der Bewe- 
gungsabläufe sind nicht möglich, 

- Auftreten von stereotypem Verhalten, 

- Beeinträchtigungen des Federkleides, 

- Knochenschwäche durch Bewegungsmangel. 

- Als Vorteile gegenüber guten Altemativsystemen 
werden genannt: 

- Die Tiere werden von ihren Ausscheidungen ge- 
trennt, so daß ein Befall mit Endoparasiten weit- 
gehend ausgeschlossen ist, 

- die Tiere befinden sich in kleinen Gruppen mit sta- 
biler Rangordnung, 

- die Gefahr des Auftretens von Kannibalismus ist 
gering. 

- Um die Vorteile der Käfighaltung zu erhalten und die 
Defizite in bezug auf das Verhalten der Tiere zu über- 
winden, werden modifizierte und angereicherte Käfi- 
ge entwickelt. 

- Als Vorteile der Altemativsysteme gegenüber der ge- 
genwärtigen Käfighaltung nennt der Wissenschaft- 
liche Veterinärausschuß: 

- Die Tiere zeigen ein größeres Verhaltensrepertoire 
und 

- sie haben infolge der ausreichenden Bewegung 
stabilere Knochen. 


Nachteile der Altemativsysteme: 

- Die Gefahr des Federpickens und Kannibalismus 
ist groß, wenn die Schnäbel nicht gekürzt sind; 

- das Risiko des Befalls mit Ekto- und Endoparasiten 
ist höher als in Käfighaltungssystemen und 

- aufgrund der größeren Bewegungsmöglichkeit 
kommt es während der Legeperiode häufiger zu 
Knochenbrüchen. 

- Das Schnabelkürzen (vgl. auch Seite 74) sollte so 
schnell wie möglich verboten werden, da es sowohl 
während des Eingriffs als auch danach schmerzhaft 
für die Tiere isf. Es darf nicht bei erwachsenen Tieren 
durchgeführt werden. 

- Angaben zum Platzbedarf von Legehennen können 
kaum gemacht werden, da es zu viele Variablen in 
den Haltungssystemen gibt. 

- Die Forschung auf dem Gebiet des Tierschutzes bei 
Legehennen ist erst relativ jung. Einige Nachteile der 
Altemativsysteme können im Rahmen von Praxisver- 
suchen getilgt werden. Andere Probleme, insbesonde- 
re das Hauptproblem des Federpickens und des Kan- 
nibalismus, müssen weiter erforscht werden. 

Die Kommission hat im März 1998 eine Mitteilung über 
den Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungs- 
systemen sowie einen Vorschlag für eine Richtlinie des 
Rates zur Festlegung von Mindestanfordemngen zum 
Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssy- 
stemen (KOM- Vorschlag) vorgelegt. Hierzu war sie 
aufgmnd der Richtlinie 88/ 166/EWG zur Haltung von 
Legehennen verpflichtet. 

Der Vorschlag beinhaltet folgende Elemente: 

Es werden Anfordemngen an das Halten von Legehen- 
nen in verschiedenen Systemen geregelt. Die Regelun- 
gen zur Nichtkäfighaltung sind allerdings unvollständig. 
So fehlen Angaben zur Mindestfiäche, die den Tieren zur 
Verfügung sfehen muß. Regelungen zur Freilandhaltung 
fehlen ganz. 

Der Vorschlag sieht unter anderem vor, daß 

1. alle Legehennenhaltungssysteme, die ab 1. Januar 
1999 in Betrieb genommen werden, Nester, Sitzstan- 
gen und Sandbäder haben müssen, 

2. in mehretagigen Systemen ohne Käfige (Volieren) 
sowie in Bodenhaltung mindestens die Hälfte der Bo- 
denfläche eingestreut sein muß. Das Schnabelkürzen 
ist in diesen Haltungssystemen erlaubt, 

3. sogenannte „ausgestaltete“ Käfige (enriched cages) 
zusätzlich zu den Anfordemngen der Nummer 1 min- 
destens 50 cm hoch sein müssen. Eine Mindestfiäche 
wird nicht vorgegeben. Das Schnabelkürzen ist in die- 
sen Haltungssystemen verboten, 

4. die Mitgliedstaaten die Verwendung von Käfigen 
ohne Nester und Sandbäder zulassen können, wenn 
diese mindestens 800 cm^ Fläche pro Huhn haben und 
mindestens 50 cm hoch sind. Amtlich zugelassene 
Vorrichtungen, mit denen der Abrieb der Krallen si- 
chergestellt ist, müssen vorhanden sein. Das Schna- 
belkürzen ist in diesen Haltungssystemen verboten. 




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Drucksache 14/600 


Alle Anlagen müssen die genannten Anforderungen ab 

1 . Januar 2009 erfüllen. 

Käfighaltungen, die am 1. Januar 1999 nicht älter als 
zehn Jahre sind, können mit Zustimmung der Mitglied- 
staaten bis zum 31. Dezember 2008 unter folgenden 
Voraussetzungen weiter benutzt werden: 

1. Die Bestimmungen der geltenden Legehennen-Richt- 
linie gelten weiter (unter anderem 450 cm^ Mindest- 
fiäche pro Tier). Zusätzlich wird ab 1. Januar 1999 
das Schnabelkürzen verboten. 

2. Ab 1. Januar 2004 wird eine Mindestfiäche von 
550 cm^ pro Henne gefordert. 

3. Anlagen, die am 1. Januar 1999 älter als zehn Jahre 
sind, dürfen mit Zustimmung der Mitgliedstaaten 
längstens bis zum 31. Dezember 2003 benutzt wer- 
den, sofern sie die Voraussetzungen der Nummer 1 
erfüllen. 

Als flankierende Maßnahme soll künftig die Angabe des 
jeweiligen Haltungssystems obligatorischer Bestandteil 
der Eierkennzeichnung für EU-Ware sein. Zudem soll 
bei der nächsten WTO-Verhandlungsrunde die Aufnah- 
me des Tierschutzes in die WTO-Vorschriften angestrebt 
werden. Die konkreten Vorschläge der Kommission 
hierzu bleiben abzuwarten. 

Der Rat hat im September 1998 eine erste Orientie- 
rungsdebatte zu dem Vorschlag geführt. Dabei wurden 
folgende Positionen vertreten: 

• Sieben Mitgliedstaaten hielten den KOM-Vorschlag 
für noch nicht ausgereift und verfrüht. Dabei wiesen 
sie insbesondere auf die noch bestehenden Probleme 
in den alternativen Haltungssystemen (Hygienemän- 
gel und Kannibalismus) hin. 

Ferner forderten sie, in jedem Fall wirtschaftliche 
Aspekte bei der Umstellung zu berücksichtigen. 

• Die anderen Mitgliedstaaten begrüßten den KOM- 
Vorschlag, da dringender Handlungsbedarf bestehe, 
um die Legehennenhaltung im Sinne des Tierschutzes 
EU-weit zu verbessern. 

Mittelfristig forderten einige Mitgliedstaaten ein 
gänzliches Verbot der Käfighaltung. 

Alle Mitgliedstaaten forderten eine EU-weit geltende 
Regelung, die Absicherung des europäischen Marktes 
gegenüber Importen aus Drittstaaten sowie finanzielle 
Unterstützung bei der Umstellung auf alternative Hal- 
tungssysteme. 

Einige Mitgliedstaaten haben im Sonderausschuß Land- 
wirtschaft einen „stand-still“ bei den Tierschutzvor- 
schriften in der Legehennenhaltung gefordert. Der An- 
stieg der Produktionskosten würde wesentlich höher 
ausfallen als die von der Kommission angegebenen 
10 bis 15 %. Aus wirtschaftlichen und arbeitstechnischen 
Gründen sowie unter Umweltschutzaspekten sei der 
Vorschlag als Rückschritt zu werten. Eine Verschärfung 
der Vorschriften im Vorgriff auf die WTO-Runde sei 
abzulehnen, da ein Schutz der europäischen Produktion 
vor billigen Drittlandimporten nicht sichergestellt wer- 
den könne. Das in Aussicht gestellte Investitionshilfe- 
programm sei im übrigen in der Praxis kaum realisierbar. 


Die anderen Mitgliedstaaten hingegen forderten eine 
Verbesserung des Tierschutzes in der Legehennenhal- 
tung. Es gehe nicht nur um Tierschutz, auch unter wirt- 
schaftlichen Aspekten müsse dem Imageverlust der Ver- 
edelungswirtschaft entgegengewirkt werden. Der von der 
Kommission errechnete Anstieg der Produktionskosten 
sei nachvollziehbar. Allerdings müßten für Importpro- 
dukte die gleichen Bedingungen gelten wie für EU- 
Erzeugnisse. 

Der Bundesrat hat zu dem KOM-Vorschlag am 10. Juli 
1998 einen Beschluß gefaßt (Drucksache 295/98 [Be- 
schluß]). Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag grund- 
sätzlich. Gleichzeitig fordert er jedoch ein EU-weites 
Verbot der herkömmlichen Käfighaltung. Daher bittet er 
die Bundesregierung, „sich bei den Beratungen in Brüs- 
sel dafür einzusetzen, daß die herkömmliche Käfighal- 
tung nach angemessener Übergangs Ifi st EU-weit verbo- 
ten wird, wobei ein ergänzender Außenschutz sicherzu- 
stellen ist und die Entwicklung praxisrelevanter Alterna- 
tiven auf EU-Ebene forciert wird.“ Außerdem fordert er, 
daß Mindestnormen ftir die alternativen Haltungssyste- 
me festgelegt werden. 

Der federführende Emährungsausschuß des Deutschen 
Bundestages hat am 23. Juni 1998 einstimmig eine im 
wesentlichen gleichlautende Empfehlung angenommen 
(Drucksache 13/11371). 

Beim Deutschen Bauernverband hat sich eine Arbeits- 
gruppe mit der Weiterentwicklung der Legehennenhaltung 
befaßt. In der Arbeitsgruppe waren Verbände, Praxisver- 
treter, Hersteller von Haltungseinrichtungen, Wissen- 
schaftler und das Land Niedersachsen vertreten. Die Ar- 
beitsgruppe kommt in ihrer Stellungnahme zu dem 
Schluß, daß alle derzeit eingelührten Haltungssysteme 
weiterentwickelt werden müssen. An der herkömmlichen 
Käfighaltung würden die eingeschränkte Bewegung der 
Tiere, das Fehlen eines Nestes sowie einer Scharrmög- 
lichkeit nachhaltig kritisiert. Daher soll der herkömmliche 
Käfig dahingehend weiterentwickelt werden, daß die 
Gruppengröße je Käfig erhöht wird, eine Rückzugsmög- 
lichkeit zur Eiablage geboten wird und eine vertikale 
Strukturierung vorhanden ist. Ferner sollte die Aktivitäts- 
möglichkeit der Henne durch entsprechende Beschäfti- 
gung (zum Beispiel Scharrmöglichkeit) erhöht werden. 
Auch die Boden- und Freilandhaltung bedürfen weiterer 
Verbesserungen, die insbesondere die Vermeidung von 
Federpicken und Kannibalismus sowie die Verbesserung 
der Hygiene und Produktionsdaten betreffen. 

Der Berichterstatter des Ausschusses für Landwirtschaft 
und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlamen- 
tes, MdEP Heinz Kindermann, begrüßt den KOM- 
Vorschlag grundsätzlich als Schritt in die richtige Rich- 
tung. Er fordert kein Verbot jeglicher Käfighaltung, 
plädiert allerdings dafür, den herkömmlichen Käfig in 
einer Übergangszeit als „Ausnahme von dem neu zu 
schaffenden ausgestalteten Käfig“ zu betrachten. Da 
dieser neue Käfigtyp noch nicht am Markt sei, schlägt 
der Berichterstatter jedoch längere Übergangszeiten als 
die Kommission vor. 

Darüber hinaus fordert er konkretere Anforderungen an 
alternative Haltungssysteme. Dennoch votierte das Eu- 




Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


ropäische Parlament fiir ein Verbot der Käfighaltung 
innerhalb von zehn Jahren und schloß sich damit dem 
Votum des mitberatenden Umweltausschusses an. 

Ein von der österreichischen Präsidentschaft vorgelegter 
Vorschlag wird unter der deutschen Präsidentschaft wei- 
terentwickelt. Der Vorschlag untergliedert sich in einen 
Abschnitt zur „Nichtkäfighaltung“ und einen Abschnitt 
zur Käfighaltung. Ziel der Beratungen im ersten Halb- 
jahr 1999 muß sein: 

1. Nachhaltige Verbesserung des Tierschutzes fiir alle 
Formen der Legehennenhaltung EU-weit. 

2. In allen Haltungssystemen müssen den Legehennen 
Nest, Sitzstange und Scharrmöglichkeit, mit oder oh- 
ne Einstreu, zur Verfügung stehen. Das bedeutet ein 
Verbot der herkömmlichen Käfige. 

3. Vergrößerung der Nutzfläche (das heißt die für die 
Hennen begehbare Fläche). 

Weitere Anfoderungen an die Legehennenhaltung: 

- Bei einfacher Bodenhaltung, Mindestanforderungen 
an Nester, Sitzstangen und Versorgungseinrichtungen, 

- bei strukturierter Bodenhaltung 

- Anforderungen wie einfache Bodenhaltung, 

- Begrenzung der Anzahl der Ebenen, 

- bei Freilandhaltung 

- Anforderungen wie Bodenhaltung, 

- Größe und Anordnung der Auslauföffnungen, 

- Größe und Ausgestaltung des Auslaufs, 

- bei „ausgestalteten“ Käfigsystemen 

- Mindestanforderungen an Nester, Sitzstange und 
V ersorgungseinrichtungen. 

Die Umsetzung dieser Vorgaben muß schrittweise erfol- 
gen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß 

- der Zeitbedarf für die Umstellung bei den einzelnen 
Vorgaben unterschiedlich ist und 

- die „ausgestalteten“ Käfigsysteme in der Praxis noch 
erprobt werden müssen. 

Nach einer angemessenen Übergangsffist müssen jedoch 
alle Anforderungen erfüllt werden. 

Die Richtlinie muß zu gegebener Zeit überprüft werden. 

Einen entsprechenden Vorschlag hat die deutsche Präsi- 
dentschaft im Januar 1999 eingebracht. 

Die Möglichkeit einer Investitionsbeihilfe bei vorzeitiger 
Umstellung der Systeme muß geprüft werden. 

Die Bundesregierung wird alles tun, um das Vorhaben 
unter der deutschen Präsidentschaft zum Abschluß zu 
bringen. 

Das Institut für Tierzucht und Tierverhalten der 
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) 
sieht in modifizierten Legekäfigen eine Möglichkeit, den 
Anforderungen des Tierschutzes wesentlich besser ge- 
recht zu werden, als dies in herkömmlichen Käfigbatte- 
rien der Fall ist: 


„Im Vergleich zu herkömmlichen Käfigen ergibt sich 
derzeit aufgrund detaillierter Verhaltenserhebungen für 
kleine Altemativkäfige: 

- Für jedes Tier muß mehr Gitterboden zur Verfügung 
stehen. 

- Für relativ ungestörtes Legeverhalten muß ein mit 
Wänden ummanteltes Nest angeboten werden. 

- Nesteinlagen oder Einstreunester erhöhen den Anteil 
der im Nest abgelegten Eier. 

- Je kleiner die Tiergruppe, desto größer muß je Tier 
der Nestbodenanteil sein. 

- Um den Schmutzeieranteil gering zu halten, dürfen 
die Nester nachts nicht zur Verfügung stehen. 

- Vor der Bereitstellung von Nestern sollten die Hennen 
an den Gebrauch des Staubbadebereichs gewöhnt 
sein. 

- Für Flügelschlagen und Beinstreckbewegungen muß 
der Käfig bei erhöhter Sitzstange höher sein. 

- Das Staubbad muß während der Legestunden ver- 
schlossen sein. 

- Sitzstangen sollten für weiße Hennen mindestens 
12 cm und für braune Hennen 14 cm Länge je Tier 
betragen. 

Offene Fragen 

Trotz der optimistischen Einschätzung für die praktische 
Legehennenhaltung, mit modifizierten Käfigen eine ver- 
haltenserweitemde Alternative zu herkömmlichen Käfi- 
gen zu finden, ergeben sich noch eine ganze Reihe offe- 
ner Fragen. Es gilt vor allem, in umfangreicheren Ver- 
suchen zu klären, inwieweit die Aussagen über das er- 
reichte Niveau entsprechend wiederholbar sind. Die Be- 
antwortung der Fragen hängt unter anderem von den 
Ergebnisschwankungen zwischen den einzelnen Jahren 
ab. Auch ist nur wenig bekannt, wie die Situation in 
mehrstöckigen Käfigblöcken ist und wie die unter- 
schiedlichen Hennenherkünfle reagieren. Darüber hinaus 
ist das Ergebnis der Praxisversuche, die zur Zeit in 
Schweden laufen, zur Übertragbarkeit der Forschungs- 
ergebnisse in die Praxis abzuwarten. 

Des weiteren sind noch detaillierte Untersuchungen zur 
Frage, welches das geeignetste Staubbadematerial ist, 
vorzunehmen. Dieses berührt nicht nur die Bevorzugung 
bestimmter Materialien durch die Tiere, sondern auch 
die Luftqualität des Stalles, weil die Materialien bei 
gleicher Aktivität der Tiere unterschiedliche Staubmen- 
gen abgeben und somit die Qualität der Stalluft wie auch 
die Keimbesiedlung des Staubes beeinflussen können. 
Das Verschleudern des Materials aus dem Staubbadebe- 
reich hat zur Folge, daß ein Nachfüllen während der 
Legeperiode notwendig wird. Zusätzlicher technischer 
Aufwand ist unumgänglich, um den Arbeitseinsatz zu 
reduzieren. Diese Fragen dürften jedoch langfristig keine 
unüberwindlichen Probleme darstellen. 

An den Käfigen selbst sind darüber hinaus noch kon- 
struktive Veränderungen vorzunehmen, um die Gefie- 
derqualität zu verbessern und den Schmutzeieranteil zu 
verringern. Trotz des gestiegenen Anteils nichtperfo- 





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rierter Bodenflächen, durch die der Kot nicht schwer- 
kraftbedingt aus dem Tierbereich gelangt, wird der mo- 
difizierte Käfig, gemessen an Einstreu- und Auslaufhal- 
tungen, als deutliche Verbesserung der Hygienesituation 
für die Hennen angesehen. Im Vergleich zur herkömm- 
lichen Käfighaltung stellt dieser modifizierte Käfig je- 
doch in gewissem Umfang eine Verschlechterung der 
Hygiene dar. 

Die Erfolge mit alternativen Käfigen motivierten Wis- 
senschaftler aus mehreren Ländern, 1997 einen gemein- 
samen Forschungsantrag bei der EU zu stellen, um die 
noch vorhandenen Nachteile schneller in den Griff zu 
bekommen. Er wurde jedoch abgelehnt. Eine finanzielle 
Unterstützung der Prüfung alternativer Käfige auf Pra- 
xistauglichkeit durch die EU ist bisher nicht erreicht 
worden. 


Schlußbetrachtung 

Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist durch Ver- 
wendung modifizierter Käfige die Aussicht auf das Er- 
reichen der gesetzten Ziele deutlich gestiegen. Dieser 
Käfig stellt immer noch eine Begrenzung der Hennen auf 
einen relativ engen Raum dar und somit auch weiterhin 
eine Käfighaltung, jedoch bietet er Vorteile gegenüber 
der Großgruppenhaltung (Bodenhaftung usw.), in wel- 
cher tierbedingte Verletzungen bei weitaus mehr Tieren 
Vorkommen. Darüber hinaus ist der heutige Stand der 
Technik der Kotbehandlung in der herkömmlichen Kä- 
fighaltung mit ihrer geringeren Belastung der Umwelt so 
weit fortgeschritten, daß die Übernahme in modifizierte 
Käfige leicht möglich ist. Inwieweit sich die hervorra- 
genden Arbeitsbedingungen der herkömmlichen Käfig- 
haftung bewahren lassen, ist derzeit schwierig zu beant- 
worten. Die Übersichtlichkeit des Haftungssystems wird 
vermutlich reduziert werden, weil den Hennen unter 
anderem bessere, jedoch weniger leicht vom Betreuer 
einsehbare Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. 
Die Produktionskosten je Ei werden jedoch etwas höher 
sein als in der herkömmlichen Käfighaltung, weil je Stall 
weniger Hennen gehalten werden und der Hennenplatz je 
Käfig zusätzlich teurer ist.“ Zitatende 

Nicht nur durch Rechtsvorschriften, sondern auch durch 
ein entsprechendes Verbraucherverhaften kann die Praxis 
der Legehennenhaftung entscheidend beeinflußt werden. 

Die EG- Vermarktungsvorschriften wurden bereits 1985 
dahin gehend geändert, daß auf Eiern der Klasse A und 
auf entsprechenden Kleinpackungen das Haltungssystem 
der Legehennen angegeben werden darf Freilandhal- 
tung, intensive Auslaufhaltung, Boden- und Volieren- 
haftung wurden in der EG- Verordnung entsprechend 
definiert (Verordnung (EWG) Nr. 1274/91 der Kommis- 
sion vom 15. Mai 1991 mit Durchführungsvorschriften 
für die Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates über 
bestimmte Vermarktungsnormen für Eier, ABI. EG 
Nr. L 121 S. 11, zuletzt geändert durch Verordnung 
(EWG) Nr. 505/98 der Kommission vom 3. März 1998, 
ABI. EG Nr. L 63 S. 16). Inzwischen wurden auch Kä- 
figeier in die fakultative Kennzeichnungsregelung einbe- 
zogen (Verordnung (EG) Nr. 2401/95 der Kommission 
vom 12. Oktober 1995 - ABI. EG Nr. L 246 S. 6). Bei 


Lose- Verkäufen sind derartige Angaben über die Hal- 
tungsform nur zulässig, wenn die einzelnen Eier entspre- 
chend gekennzeichnet werden. 

Tierschutzinteressierte Verbraucher können sich also 
beim Kauf über die Haltungsform der Legehennen in- 
formieren und eine entsprechende Auswahl treffen. Bei 
Eiern, die ohne derartige Informationen angeboten wer- 
den, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß 
es sich um Eier aus Käfighaltung handelt. 

2.3 Mastgeflügel 

Als Mastgefiügel werden in Deutschland vor allem 
Masthühner, Truthühner (Puten), Enten und Gänse ge- 
halten. Im Dezember 1996 waren dies ca. 43,4 Millionen 
Masthühner, 7,1 Millionen Truthühner, 2,1 Millionen 
Enten und 0,6 Millionen Gänse. 

Der aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen 
eingesetzte Ständige Ausschuß des Europarates erarbei- 
tet derzeit Empfehlungen für das Haften von Enten, 
Gänsen und Puten. 

Eine Empfehlung für das Haften von Masthühnem wur- 
de im November 1995 angenommen. Sie wurde mit der 
bereits 1986 verabschiedeten Empfehlung für das Haften 
von Legehennen zusammengefaßt und für die Praxis 
bekanntgemacht (Ausbildung und Beratung im Agrar- 
bereich/Informationen für die Agrarberatung - 10/96 
(aid)/„Neue Europaratsempfehlung: Tierschutz in der 
Masthühnerhaltung“) . 

Die Empfehlung für das Haften von Straußenvögeln wur- 
de im April 1997 angenommen und trat im Oktober 1997 
in Kraft. Diese Empfehlung enthält Regelungen zur Be- 
treuung und Versorgung der Tiere sowie zu ihrer Unter- 
bringung einschließlich Richtwerte über den Platzbedarf 
Außerdem sind detaillierte Anforderungen an die Qualifi- 
kation des Betreuers enthaften. Die Empfehlung wurde 
allen Behörden und Verbänden zugänglich gemacht. Sie 
kann außerdem beim BML angefordert werden. 

Im Hinblick auf die sich ausweifende und sehr unter- 
schiedlich beurteilte nutztierartige Strauß enhaltung hat 
BML fiühzeitig die Sachverständigengruppe „Vögel“ 
mit der Erstellung eines Gutachtens über Anforderungen 
an eine tierschutzgerechte Straußenhaltung beauftragt. 
(Näheres siehe im Abschnitt III. 2. 13.) Das Gutachten 
ergänzt in der Praxis die Regelungen der Empfehlung. 

BML hat eine Sachverständigengruppe mit Vertretern 
der Tierzuchtwissenschaft, Veterinärmedizin sowie der 
Gefiügelwirtschaft und -praxis mit der Ausarbeitung 
einer Empfehlung zur artgemäßen und verhaltensge- 
rechten Geflügelmast (Masthühner) beauftragt. In ihrer 
Stellungnahme vom April 1993 hat die Sachverständi- 
gengruppe festgesteift, daß hinsichtlich der Höchstbe- 
satzdichte ein Bereich von 30 bis 37 kg je Quadratmeter 
diskutiert werde, sich eine wissenschaftlich fundierte 
Festlegung unter dem Aspekt des Tierschutzes derzeit 
aber nicht treffen ließe. 

Insbesondere in Tierhaftungsbereichen, die nach wirt- 
schaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtet werden müs- 




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sen und für die bisher keine rechtsverbindlichen Vorga- 
ben bestehen, ist die Umsetzung tierschutzrechtlicher 
Mindestanforderungen für die für den Vollzug zuständi- 
gen Behörden häufig schwierig und gegebenenfalls mit 
langwierigen verwaltungsrechtlichen Auseinanderset- 
zungen verknüpft. Dieses trifft insbesondere die Bun- 
desländer, in denen traditionsgemäß eine intensive Ver- 
edelungswirtschaft betrieben wird. So werden in Nieder- 
sachsen über 50 % der in der Bundesrepublik gehaltenen 
Jungmasthühner und knapp 50 % der Mastputen gehal- 
ten. Nach intensiven und ausführlichen Diskussionen mit 
Wissenschaftlern, Tierhaltern, dem niedersächsischen 
Tierschutzbeirat, der Niedersächsischen Geflügelwirt- 
schaft Landesverband e. V. und Behördenvertretem wur- 
den insbesondere für die vorgenannten Tierarten Min- 
destanforderungen erarbeitet. Diese legen zum einen 
Anforderungen an die Pflege und Betreuung der Tiere, 
die Lüftungseinrichtungen, die Beleuchtung und das 
Lichtprogramm, die Besatzdichte etc. fest; dabei ist die 
Höhe der Besatzdichte zum Teil an Kenntnisse und 
Fähigkeiten des Tierhalters sowie unter anderem an die 
tierärztliche Betreuung geknüpft. Zum anderen werden 
Eigenkontrollmaßnahmen und deren Dokumentation 
verlangt. Besonders hervorzuheben ist, daß der Einfall 
von natürlichem Tageslicht bei Neubauten einvemehm- 
lich festgelegt wurde. 

Zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Er- 
nährung, Landwirfschaft und Forsfen und der Nieder- 
sächsischen Geflügelwirtschaft Landesverband e. V. ist 
die Umsetzung und Einhaltung der Anforderungen 
schriftlich vereinbart worden. Die Umsetzung der Hal- 
tungsanforderungen und der Eigenkontrollmaßnahmen 
wird durch die Veterinärbehörden stichprobenartig kon- 
trolliert sowie im Rahmen der Schlachtgeflügel- 
Untersuchung überwacht. Die Nichteinhaltung der An- 
forderungen zieht behördliche Maßnahmen nach sich, ln 
den Vereinbarungen ist die ständige wissenschaftliche 
Weiterentwicklung fixiert. Hierfür ist eine Arbeitsgruppe 
berufen, die die gefundenen Kompromisse unter Berück- 
sichtigung der Praxiserfahrungen und neuer wissen- 
schaftlicher Erkenntnisse aufarbeitet. Hierbei stehen 
insbesondere eine weitere Strukturierung in den Mastge- 
flügelhaltungen, eine verstärkte Berücksichtigung der 
Vitalität der Tiere bei Zucht und Fütterung und auch die 
Problematik des Auftretens von Federpicken und Kanni- 
balismus im Vordergrund. Der Vereinbarung zur Jung- 
hühnermast sind zwischenzeitlich weit über 80 % der 
Tierhalter beigetreten. Die neuere Putenvereinbarung ist 
von den Erzeugergemeinschaften bereits akzeptiert wor- 
den, das Beitrittsverfahren läuft derzeit. 

Das Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz des 
Landes Mecklenburg- Vorpommern hat am 12. Septem- 
ber 1996 eine „Verwaltungsvorschrift zur Durchführung 
von Kontrollen der Funktionssicherheit von Zwangs- 
lüftungseinrichtungen in Anlagen der Tierhaltung“ be- 
kanntgemacht. Das dortige Landesveterinär- und Lebens- 
mitteluntersuchungsamt hat ein „Merkblatt zur Hyper- 
thermieprophylaxe bei der Broilermast“ herausgegeben. 

Die Bundesregierung stimmt mit den Agrarministern der 
Länder und mit der Gefiügelwirtschaft überein, daß 
letztlich nur eine EU- weite Regelung der Masthühner- 


haltung zu einer insgesamt befriedigenden Lösung der 
Probleme führen kann. BML hat die Europäische Kom- 
mission auf die Notwendigkeit diesbezüglicher Gemein- 
schaftsregelungen hingewiesen und um die Vorlage 
eines wissenschaftlichen Berichtes zur Mastgefiügelhal- 
tung gebeten. Grundlage von EG-Vorschriften könnten 
die Empfehlungen zur Geflügelhaltung sein, die derzeit 
beim Europarat erarbeitet werden. 

Parallel zu den Beratungen im Ständigen Ausschuß beim 
Europarat hat sich eine nationale Arbeitsgruppe bemüht, 
Empfehlungen für die Enten- und Putenhaltung zu er- 
arbeiten. Bedauerlicherweise sind diese Bemühungen an 
unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen den einzelnen 
Sachverständigen inzwischen gescheitert. 

ln den letzten Jahren hat die Intensivhaltung von 
Moschusenten in Deutschland an Bedeutung gewonnen. 
Die geschlachteten Tiere wurden ursprünglich unter der 
Bezeichnung „Flugente“ vermarktet. Um eine Irrefüh- 
rung der Verbraucher hinsichtlich der Haltungsbedin- 
gungen der Enten zu vermeiden, wurde diese Angabe 
inzwischen durch „Barbarieente“ ersetzt (Verordnung 
[EWG] Nr. 1538/91 der Kommission vom 5. Juni 1991 
mit ausführlichen Durchführungsvorschriften zur Ver- 
ordnung [EWG] Nr. 1906/90 des Rates über bestimmte 
Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, ABI. EG 
Nr. L 143 S. 11, zuletzt geändert durch Verordnung [EG] 
Nr. 1000/96, ABI. EG Nr. L 134 S. 9). 

ln den besfehenden Haltungssysfemen treten vielfach 
Probleme auf, insbesondere Kannibalismus und Verlet- 
zungen durch die scharfen Krallen der Moschusenten, 
denen häufig durch Schnabel- und Krallenkürzen be- 
gegnet wird, ln einer vom BML in Auftrag gegebenen 
und 1992 vorgelegten Untersuchung der Bundesfor- 
schungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und der Uni- 
versität Leipzig zu Problemen „der Intensivhaltung von 
Moschusenten und Möglichkeiten zur Vermeidung des 
Schnabelstutzens“ konnte das Problem der gegenseitigen 
Verletzungen auch durch verminderte Besatzdichte, 
Angebot von Einstreu, Beschäftigungsmöglichkeiten, 
Auslauf mit Bademöglichkeit und verschiedene Be- 
leuchtungsprogramme nicht überwunden werden. Die 
Wissenschaftler kamen daher zu dem Schluß, daß nach 
derzeitigem Kenntnisstand bei der Haltung dieser Tierart 
noch nicht auf geringfügiges und fachgerechtes Kürzen 
der Schnabel- und Krallenspitzen verzichtet werden 
kann, um gegenseitige, zum Teil schwerwiegende Ver- 
letzungen zu vermeiden. 

Es gibt jedoch Hinweise, wonach durch eine geeignete 
Zuchtauswahl, eine geringere Besatzdichte sowie geeig- 
nete Futterzusammensetzung das Problem des Kanniba- 
lismus verringert werden könnte. Das Kürzen der Kral- 
lenspitzen ist nach der Novellierung des Tierschutzge- 
setzes, soweit durchblutetes und innerviertes Gewebe 
betroffen ist, nur aufgrund einer tierärztlichen Indikation 
erlaubt. 

Auch beim Kauf von Geflügelfleisch können tier- 
schutzinteressierte Verbraucher Informationen über die 
Haltung der Tiere berücksichtigen. Nach den oben ge- 
nannten Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch kön- 
nen die Haltungsformen „Extensive Bodenhaltung, 




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Auslaufhaltung, Bäuerliche Auslaufhaltung und Bäuer- 
liche Freilandhaltung“ bei Masthühnem, Truthühnern, 
Enten, Gänsen und Perlhühnern auf dem Etikett ange- 
geben werden, sofern die in der Verordnung jeweils 
festgelegten Mindestanforderungen, insbesondere an den 
Zugang zu Ausläufen, Besatzdichten und Mastdauer, 
eingehalten werden. 

2.4 Schweine 

Die Schweinehaltung stellt einen der wichtigsten Be- 
triebszweige unserer Landwirtschaft dar. Im April 1998 
wurden in Deutschland 25,2 Millionen Schweine gehal- 
ten. 

Im Rahmen des Europäischen Übereinkommens zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen 
wurde 1986 beim Europarat eine Empfehlung für das 
Halten von Schweinen angenommen. Die Verpflichtung 
zur Umsetzung der Empfehlung wurde mit Bestimmungen 
des Tierschutzgesetzes, mit Beratungsempfehlungen 
(AID-Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung 
und Beratung Nr. 17, vom 8. Juli 1988 und AID- 
Informationen für die Agrarberatung Nr. 3, März 1994) 
sowie mit der Verordnung zum Schutz von Schweinen bei 
Stallhaltung ( Sch weinehaltungs Verordnung) erfüllt. Die 
Sch weinehaltungs Verordnung wurde am 30. Mai 1988 
erlassen (BGBl. I S. 673). In Anpassung an die zwischen- 
zeitlich verabschiedete Richtlinie 91/630/EWG des Rates 
vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für 
den Schutz von Schweinen (ABI. EG Nr. L 340 S. 33) 
wurde die Verordnung in einigen Punkten geändert und 
am 18. Februar 1994 neu bekanntgemacht (BGBl. I 
S. 311). Die zweite Verordnung zur Änderung der 
Schweinehaltungsverordnung, mit der neueren Entwick- 
lungen in der Fütterungstechnik Rechnung getragen wird, 
wurde im August 1995 verkündet (BGBl. I S. 1016). 

Die Schweinehaltungsverordnung enthält insbesondere: 

- Mindestanforderungen an die Beschaffenheit der Stall- 
böden; unter anderem darf der Liegebereich nicht abge- 
setzter Ferkel überhaupt nicht, der von Zuchtschweinen 
nicht voll perforiert sein; 

- Mindestanforderungen hinsichtlich der je Tier verfüg- 
baren Stallfläche, Fütterungs- und Tränkvorrichtun- 
gen; 

- ein Verbot der Halsanbindung; ab 1996 (für bestehen- 
de Ställe ab 2006) wird jegliche Form der Anbindung 
verboten; 

- eine Vorschrift, wonach sichergestellt sein muß, daß 
sich die Schweine auch in einstreulosen Ställen täg- 
lich mehr als eine Stunde mit Stroh, Rauhfutter oder 
anderen geeigneten Gegenständen beschäftigen kön- 
nen; 

- eine Festlegung, wonach Ferkel in der Regel minde- 
stens während der ersten drei Lebenswochen bei der 
Sau belassen werden müssen; 

- die Vorschrift, wonach Sauen in der Zwischenwurf- 
zeit jeweils insgesamt vier Wochen lang nicht in An- 
bindehaltung und während dieser Zeit in Kastenstän- 
den nur gehalten werden dürfen, wenn sie täglich freie 
Bewegung erhalten. 


In institutsübergreifenden Projekten der FAL konnte 
festgestellt werden, daß Außenklimaställe unter der Vor- 
aussetzung eines sehr guten Managements ein tierge- 
rechtes Haltungsverfahren sind. Im Wettbewerb „land- 
wirtschaftliches Bauen“, den BML 1997/98 mit dem 
Titel „Offene Stallsysteme für Schweine oder Geflügel“ 
ausgeschrieben hatte, wurden mehrere Betriebe mit Au- 
ßenklimaställen ausgezeichnet (aid-Heft „Außenklima- 
ställe für Schweine“, 1998). 

In einem weiteren Projekt der FAL wurde gezeigt, daß 
die Mistmatratze sogenannter Tiefstreuverfahren unter 
bestimmten klimatischen Voraussetzungen eine Bela- 
stung für die Tiere darstellen kann. In diesen Fällen muß 
für eine ausreichende Kühlung der Schweine gesorgt 
werden. 

Die in jüngster Zeit zunehmenden Großgruppenhaltun- 
gen von Mastschweinen bietet den Tieren die gewünsch- 
te Raumstruktur für die einzelnen Funktionskreise. Dar- 
über hinaus treten geringere Schadgasemissionen auf. 
Außerdem werden bei diesen Verfahren hohe Tierlei- 
stungen erzielt. 

In letzter Zeit wurde von einigen Experten das in den 
USA häufig praktizierte Frühabsetzen der Ferkel (segre- 
gated early weaning - SEW -) propagiert. Daher wurde 
gefordert, die Bestimmung, daß Ferkel frühestens mit 
21 Tagen abgesetzt werden dürfen, in der Schweinehal- 
tungsverordnung zu streichen. Nachdem jedoch auch der 
Wissenschaftliche Veterinärausschuß bei der Kommis- 
sion in seinem im September 1997 vorgelegten Bericht 
von dieser Methode abrät, wurden diese Bestrebungen 
nicht weiter verfolgt. Vielmehr sollen zunächst die ande- 
ren Voraussetzungen des SEW untersucht werden (unter 
anderem strikte Trennung der Altersgruppen, strikte 
Einhaltung der Hygienebestimmungen), bevor über die 
Notwendigkeit des Frühabsetzens für den Erfolg dieser 
Methode erneut entschieden wird. Als weitere Probleme 
bei der Schweinehaltung haben die Länder im Rahmen 
ihre Berichtspfiicht aufgrund der Richtlinie 91/630/EWG 
folgende Bereiche benannt: 

- bauliche Mängel, 

- Mängel bei Pflege und Fütterung, 

- zu hohe Besatzdichte, 

- fehlende Beschäftigungsmöglichkeit, 

- keine ausreichende Beleuchtung, 

- fehlende Möglichkeit zur zeitweise freien Bewegung 
für Sauen in der Zwischenwurfzeit, 

- Einrichtungsmängel und 

- kein Zugang zu Wasser. 

Insgesamt wurden 26 753 Betriebe im Zeitraum 1996 bis 
1997 überprüft. 

2.5 Rinder/Kälber 

Im Juni 1998 wurden in Deutschland rd. 15,2 Millionen 
Rinder, darunter 2,4 Millionen Kälber gehalten. 

Der beim Europarat aufgrund des Europäischen Über- 
einkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaft- 




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liehen Tierhaltungen eingesetzte Ständige Ausschuß hat 
1988 eine Empfehlung für das Halten von Rindern 
angenommen. Diese wurde - ohne Anhänge - in den 
AID -Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbil- 
dung und Beratung, 42. Jahrgang Nr. 5 vom 15. Januar 
1993, veröffentlicht. Im Juni 1993 wurde die Rin- 
derempfehlung mit einem speziellen Anhang für Kälber 
vervollständigt. 

Auf EU-Ebene wurde im November 1991 die Richtlinie 
91/629/EWG des Rates über Mindestanforderungen für 
den Schutz von Kälbern (ABI. EG Nr. L 340 S. 28) ver- 
abschiedet. Danach dürfen Kälber nicht in ständiger 
Dunkelheit gehalten werden; eine künstliche Beleuch- 
tung muß mindestens der normalen natürlichen Be- 
leuchtung zwischen 9.00 und 17.00 Uhr entsprechen. 
Kälbern unter zwei Wochen muß Einstreu zur Verfügung 
stehen. Die Verwendung von Maulkörben ist verboten. 
Die Tiere müssen mindestens einmal täglich kontrolliert 
und gefüttert werden. 

Eine Abkehr von der Einzelboxenhaltung war seinerzeit 
nicht mehrheitsfähig. Die Kälber müssen aber auch in 
Boxen die Möglichkeit zu gegenseitigem Sichtkontakt 
haben. Hinsichtlich der Breite der Boxen mußte eben- 
falls ein Kompromiß in Kauf genommen werden. Da- 
nach sollen die Boxen eine Mindestbreite von 90 cm mit 
einer Abweichung von ± 10 % oder eine Mindestbreite 
vom 0,8fachen der Widerristhöhe aufweisen. 

Bei Gruppenhaltung muß Kälbern mit einem Gewicht 
bis zu 150 kg ein Mindestplatzgebot von 1,5 m^ zur Ver- 
fügung stehen. 

Die Mitgliedstaaten mußten die Richtlinie bis spätestens 
1. Januar 1994 umsetzen. Hinsichtlich der Mindestmaße 
der Buchten oder Stände kann jedoch für besfehende 
oder vor 1998 gebaute Einrichtungen eine Übergangs- 
ffist bis Ende 2003 oder - bei letzteren - bis Ende 2007 
gewährt werden. 

Es ist ausdrücklich vorgesehen, daß auf nationaler Ebene 
strengere Regelungen erlassen werden dürfen. 

Die nationale Verordnung zum Schutz von Kälbern bei 
Stallhaltung (Kälberhaltungsverordnung) vom 1 . Dezem- 
ber 1992 (BGBl. I S. 1977) dient der Umsetzung der 
Richtlinie und beruht im wesentlichen auf einem Ver- 
ordnungsentwurf von 1988, dem der Bundesrat bereits 
im Februar 1989 zugestimmt hatte, der aber seinerzeit 
wegen einer von der EG-Kommission verhängten Warte- 
ffist nicht verkündet werden konnte. Ausführlich darge- 
sfellt wird die Verordnung in den AID-Informationen, 
Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Beratung, 
42. Jahrgang Nr. 5, vom 15. Januar 1993. 

Die Kälberhaltungsverordnung geht aus Tierschutzgrün- 
den in einigen wesentlichen Bereichen über die EG- 
Mindestanforderungen hinaus: 

- über acht Wochen alte Kälber dürfen grundsätzlich 
nur noch in Gruppen gehalten werden; 

- ab einem Alter von acht Tagen müssen die Kälber 
Rauhfuttergaben erhalten; 

- Kontrolle und Fütterung der Kälber müssen minde- 
stens zweimal täglich erfolgen; 


- für Kälber unter acht Wochen sowie für Kälber in 
sehr kleinen Beständen, die nicht in Gruppen gehalten 
werden müssen, werden größere Boxen- und Stand- 
maße vorgeschrieben, die den Tieren erlauben, in 
Seitenlage ihre Beine auszustrecken; 

- durch geeignete bauliche Einrichtungen muß der 
Einfall von natürlichem Licht sichergestellt sein. 

Durch angemessene Übergangsregelungen sowie ein 
gestaffeltes Inkrafttreten werden unzumutbare Härten bei 
der Umsetzung vermieden. Darüber hinaus sollen even- 
tuell auftretende Wettbewerbsprobleme durch entspre- 
chende Maßnahmen der Investitionsförderung im Rah- 
men der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der 
Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ ausgeräumt oder 
zumindest verringert werden. 

Auf nachhaltiges Drängen mehrerer Mitgliedstaaten hat 
die Kommission am 24. Januar 1996 einen Vorschlag 
zur Änderung der Kälberhaltungsrichtlinie vorgelegt. 

Der Vorschlag konnte am 17. Dezember 1996 grund- 
sätzlich angenommen werden und wurde als Richtlinie 
97/2/EG des Rates vom 20. Januar 1997 zur Änderung 
der Richtlinie 91/629/EWG über Mindestanforderungen 
für den Schutz von Kälbern (ABI. EG Nr. L 25 S. 24) 
formell verabschiedet. Nach dieser Richtlinie müssen die 
über acht Wochen alten Kälber künftig grundsätzlich in 
Gruppen gehalten werden. Bei Boxenhaltung müssen die 
Kälber in Seitenlage ihre Beine ausstrecken können. 
Diese Regelung findet auf neue Ställe ab 1. Januar 1998 
Anwendung; ab 3 1 . Dezember 2006 müssen alle Kälber- 
haltungen der EU, mit Ausnahme sehr kleiner Betriebe, 
diese Anforderungen erfüllen. 

Daneben wurde der Anhang der Kälberhaltungsrichtlinie 
durch Entscheidung der Kommission 97/ 182/EG vom 
24. Februar 1997 zur Änderung des Anhangs der Richt- 
linie 91/629 über Mindestanforderungen für den Schufz 
von Kälbern (ABI. EG Nr. L 76 S. 30) geändert. Mit 
dieser Änderung wurde im wesentlichen festgelegt, daß 
künftig Kälber nicht mehr angebunden gehalten werden 
dürfen, die tägliche Futterration genügend Eisen enthal- 
ten muß, um Gesundheit und Wohlbefinden der Kälber 
zu gewährleisten. Zudem müssen Kälber ab der zweiten 
Lebenswoche wiederkäuergerechtes Rauhfutter erhalten. 

Die novellierte EG-Kälberhaltungsrichtlinie dient der 
weiteren Verbesserung der Kälberhaltung. Hierbei ent- 
sprechen die Vorgaben des EG-Rechts weitgehend den 
Zielen und Inhalten unserer Kälberhaltungsverordnung 
aus dem Jahre 1992. Um dies in Brüssel zu erreichen, 
mußten jedoch bei bestimmten Vorschriften lange Über- 
gangsfristen hingenommen werden. 

Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Kälber- 
haltungsverordnung vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 
S. 3326), die am 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist, 
werden die Bestimmungen zur Kälberhaltung an die 
neue EG-Rechtslage angepaßt. 

Da aus Tierschutzgründen aufgrund der Kälberhaltungs- 
verordnung vom 1. Dezember 1992 bereits strengere 
Anforderungen an die Kälberhaltung in Kraft waren als 
im Gemeinschaftsrecht vorgesehen und bereits ab der 
achten Lebenswoche der Kälber eine grundsätzliche 





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Gruppenhaltung sowie bei Einzelhaltung Boxenmaße 
vorgeschrieben sind, die es den Kälbern erlauben, in 
Seitenlage ihre Beine auszustrecken, ergibt sich aufgrund 
der Änderungsrichtlinie insgesamt gesehen ein nur rela- 
tiv geringer Änderungsbedarf Dieser betrifft insbeson- 
dere folgende Bereiche: 

- der Anwendungsbereich wird auf alle Kälberhaltun- 
gen ausgedehnt, 

- Kälber dürfen grundsätzlich nicht mehr angebunden 
gehalten werden, 

- die Mindestbodenfläche bei Gruppenhaltung wird 
nach Gewicht gestaffelt festgelegt und 

- ein durchschnittlicher Mindesthämoglobingehalt im 
Blut von 6 mmol/1 muß eingehalten sein. 

Im Rahmen ihrer Berichtspflicht aufgrund der Richtlinie 
91/629/EWG meldeten die Länder für den Zeitraum von 
1996 bis 1997 die Überprüfung von 588 von den ins- 
gesamt 693 reinen Kälbermastbetrieben. Die häufigsten 
Beanstandungen waren hierbei: 

- bauliche Mängel, 

- Mängel bei Pflege und Fütterung, 

- zu hohe Besatzdichte, 

- Einrichtungsmängel, 

- kein ständiger Zugang zu Trinkwasser, 

- keine ausreichende Beleuchtung, 

- keine Gruppenhaltung und 

- Anbindehaltung. 

2.6 Pferde 

Im Dezember 1996 wurden in der Bundesrepublik 
Deutschland rd. 652 000 Pferde gehalten. 

Nur wenige davon dienen noch, wie zum Beispiel in der 
Forstwirtschaft, als Arbeitspferde. Der größte Teil der 
Pferde ist für die Freizeitreiterei bestimmt. Gleichwohl 
gelten auch Reitpferde aus systematischen Gründen noch 
als landwirtschaftliche Nutztiere im Sinne des Tier- 
schutzgesetzes. 

Empfehlungen oder Richtlinien zur tierschutzgerechten 
Haltung von Pferden sind bisher weder auf Europarats- 
noch auf EU-Ebene vorgesehen. Die generellen Bestim- 
mungen des Tierschutzgesetzes - insbesondere der §§ 2 
und 3 - gelten selbstverständlich auch für die Pferde- 
haltung. 

Wer gewerbsmäßig einen Reit- oder Fährbetrieb unter- 
hält, bedarf nach § 1 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c 
des Tierschutzgesetzes d er Erlaubnis der zuständigen 
Behörde. Hierbei wird neben der Sachkunde und Zuver- 
lässigkeit auch geprüft, ob die der Tätigkeit dienenden 
Räume eine den Anforderungen des § 2 des Tierschutz- 
gesetzes entsprechende Ernährung, Pflege und Unter- 
bringung der Tiere ermöglichen. Darüber hinaus unter- 
liegen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes alle 
Nutztierhaltungen der Aufsicht durch die zuständige 
Behörde. 


Auf der Grundlage der bereits 1991 von der Deutschen 
Reiterlichen Vereinigung e. V. (FN) und der Deutschen 
Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. (DVG) vor- 
gelegten „Richtlinien zur Beurteilung von Pferdehaltun- 
gen unter Tierschutzgesichtspunkten“ wurden von der 
Sachverständigengruppe tierschutzgerechte Pferdehal- 
tung die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen 
unter Tierschutzgesichtspunkten“ vom 10. November 
1995 erarbeitet. Diese liegen als Broschüre vor und kön- 
nen beim BML bezogen werden. Außerdem sind sie über 
das Internet (http:www.bml.de - Stichwort Tierschutz -) 
abrufbar. 

Die Probleme bei der Erarbeitung dieser Leitlinien haben 
deutlich gemacht, daß die in Abhängigkeit von der je- 
weiligen Nutzungsform sehr differenzierten Anforderun- 
gen an die Pferdehaltung derzeit schwerlich im Rahmen 
einer Verordnung geregelt werden können. Aufgrund der 
sehr unterschiedlichen Nutzungsformen und Beanspru- 
chungen der Pferde muß notwendigerweise mit einer 
Fülle von Vorgaben gearbeitet werden, die Sachverstän- 
dige zum Teil unterschiedlich bewerten. 

Ungeachtet dessen sind die „Leitlinien zur Beurteilung 
von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ 
nicht nur Grundlage der Selbstkontrolle der Pferdehalter, 
sondern werden nach Absprache mit den Ländern auch 
von den für die Durchführung des Tierschutzgesetzes 
zuständigen Behörden, insbesondere bei der Erfüllung 
der in den §§ 11 und 16 des Gesetzes genannten Auf- 
gaben, als Orientierungshilfe für die Entscheidung von 
Einzelfällen anerkannt. 

Aus der Sicht des Tierschutzes haben die Hufpfiege 
und der Hufbeschlag für Pferde eine besondere Bedeu- 
tung. Sowohl die nicht sachgerechte Durchführung als 
auch die Unterlassung der Hufpfiege oder des Hufbe- 
schlages können das Wohlbefinden der Pferde erheb- 
lich beeinflussen und zu Schmerzen, Leiden oder Schä- 
den führen. 

Die bei einer BML-Anhörung anwesenden Hufbe- 
schlagschmiedemeister, die jeweils auch in der beruf- 
lichen Ausbildung tätig sind, machten deutlich, daß 
sowohl die erforderliche praktische Unterweisung der 
Auszubildenden, die Gesellen- und Meisterprüfung als 
auch die Anerkennung als Lehrschmiede derzeit mit 
großen Problemen behaftet sind. Es ist eine Regelung 
erforderlich, die einen qualitativ guten Hufbeschlag 
gewährleistet. 

Federführend in dieser Frage ist das Bundesministerium 
für Wirtschaft (BMWi). Dieses hat das Bundesinstitut 
für Berufsbildung beauftrag!, Lösungsaltemativen zu 
erarbeiten. 

Das Bundesinstituts für Berufsbildung hat hierzu eine 
Sachverständigengruppe gebildet, in der sowohl Hufbe- 
schlagschmiede als auch Tierärzte sowie die betroffe- 
nen Verbände einschließlich des Tierschutzes beteiligt 
sind. Diese Arbeitsgruppe hat im Sommer 1997 Vor- 
schläge zur Verbesserung der Situation in dem Bereich 
des Hufbeschlags vorgelegt. Die Beratungen über eine 
geeignete Ausbildungsordnung dauern gegenwärtig 
noch an. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


2.7 Schafe und Ziegen 

Im Juni 1998 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 
etwa 2,9 Millionen Schafe, darunter 1,7 Millionen weib- 
liche Zuchtschafe, und schätzungsweise 100 000 Ziegen 
gehalten. 

Während in den alten Bundesländern die Erzeugung von 
Lammfleisch im Vordergrund steht, hatte in der ehema- 
ligen DDR die Wollproduktion große Bedeutung. Auf- 
grund der geänderten Preis-Kosten-Verhältnisse haben 
sich bei den Schafbeständen der neuen Bundesländer 
erhebliche strukturelle Veränderungen ergeben. Inzwi- 
schen haben sich dort die Bestände auf zahlenmäßig 
niedrigerem Niveau weitgehend stabilisiert. 

Obwohl die Schafhaltung für viele landwirtschaftliche 
Betriebe einen mehr oder weniger großen Beitrag zum 
Betriebseinkommen leistet, wird sie oft - ebenso wie die 
Ziegenhaltung - nur als Hobby oder zur Selbstversor- 
gung betrieben. 

Für das Halten von Schafen und Ziegen gibt es bisher 
weder auf EG- noch auf nationaler Ebene spezielle tier- 
schutzrechtliche Vorschriften. Die generellen Bestim- 
mungen des Tierschutzgesetzes gelten selbstverständlich 
auch für Schafe und Ziegen. 

Im November 1992 hat der aufgrund des Europäischen 
Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirt- 
schaftlichen Tierhaltungen beim Europarat eingerichtete 
Ständige Ausschuß sowohl eine Empfehlung für das 
Halten von Schafen als auch eine Empfehlung für das 
Halten von Ziegen angenommen. Diese Tierschutzemp- 
fehlungen entsprechen der Praxis gutgeführter Betriebe. 
Sie wurden allen betroffenen Stellen in deutscher Über- 
setzung zugesandt und in den AID-Informationen für die 
Agrarberatung Nr. 6 (Juni 1994) ausführlich besprochen. 
Die Empfehlungen dienen den Schaf- und Ziegenhaltem 
sowie den zuständigen Behörden als Leitlinie und sollen 
später auch in EG-Recht umgesetzt werden. 

2.8 Pelztiere 

Pelztiere werden in der Regel nicht zu den Heimtieren 
gezählt, ihre Haltung ist in Deutschland allerdings auch 
nicht als landwirtschaftlicher Betriebszweig anerkannt. 
Mit Ausnahme von etwa 40 Nerzfarmen, wenigen 
Fuchs- und Nutriahaltungen und einer unbekannten Zahl 
von Chinchilla-Zuchten unterschiedlichster Größe sind 
hierzulande keine Pelztierhaltungen mehr angesiedelt. 

Der auf Grund des Europäischen Übereinkommens zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen 
eingesetzte Ständige Ausschuß beim Europarat hat eine 
Empfehlung für das Halten von Pelztieren erarbeitet, die 
im Oktober 1990 angenommen wurde und derzeit auf- 
grund einer Revisionsklausel überarbeitet wird. Die 
Europäische Gemeinschaft sowie alle EU-Mitgliedstaa- 
ten sind Vertragsparteien des Europäischen Überein- 
kommens und insoweit zur Umsetzung dieser Empfeh- 
lung verpflichtet. Mit der Verabschiedung der überar- 
beiteten Empfehlung wird im Jahr 1999 zu rechnen sein. 

Die Bundesregierung hält eine EU- weite Regelung der 
Pelztierhaltung für angezeigf. Im Rahmen der Richtlinie 


98/58/EG ist eine entsprechende EG-Regelung zu erwar- 
ten (siehe Abschnitt III. 1.3). Die Bundesregierung wird 
dabei darauf hinwirken, daß möglichst hohe tierschutz- 
rechtliche Mindestanforderungen durchgesetzt werden. 

Solange eine Rechtsvorschrift noch nicht erlassen ist, 
kann die Empfehlung des Ständigen Ausschusses sowie 
das vom BML in Auftrag gegebene Gutachten zur tier- 
schutzgerechten Haltung und Tötung von Pelztieren in 
Farmen vom 26. September 1986 den Pelztierhaltem, 
den Überwachungsbehörden sowie den Gerichten als 
Orientierung dienen. 

Die Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 
4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der 
Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren 
von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Teller- 
eisen oder den internationalen humanen Fangnormen 
nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABI. EG 
Nr. L 308 S. 1) - Tellereisenverordnung - verbietet 
neben der Verwendung von Tellereisen in der Europäi- 
schen Union ab dem 1. Januar 1995 auch die Einfuhr 
von Pelzen bestimmter Tierarten in die Gemeinschaft aus 
Ländern, in denen Tellereisen verwendet werden. 

Ausgenommen von dem Importverbot können nur die 
Länder werden, in denen entweder die Verwendung von 
Tellereisen verboten ist oder die dortigen Fangmethoden 
international vereinbarten humanen Fangformen entspre- 
chen. 

Nach zweimaliger Verschiebung der Umsetzung des 
Importverbotes hätte es zum 1. Januar 1997 in Kraft 
treten müssen. Zu diesem Zeitpunkt waren die durch die 
Europäische Kommission geführten Verhandlungen über 
ein Rahmenübereinkommen, welches die international 
vereinbarten humanen Fangformen festlegen soll, zwi- 
schen den hauptbetroffenen Parteien Kanada, der Russi- 
schen Föderation, den USA und der Europäischen Union 
aber noch nicht abgeschlossen. Der Entwurf des Über- 
einkommens konnte somit nicht abschließend durch den 
Rat gebilligt werden. Es war daher zum genannten 
Stichtag nicht möglich, die Länder zu bestimmen, die 
vom Importverbot hätten befreit werden können. 

Nachdem sowohl der Umweltrat als auch der Allgemeine 
Rat das Ende 1996 von der Kommission ausgehandelte 
Rahmenübereinkommen für nachbesserungswürdig hiel- 
ten, hat die Kommission mit Kanada und der Russischen 
Föderation Nachverhandlungen geführt und Ende Mai 
1997 ein Rahmenübereinkommen vorgelegt, dem der 
Allgemeine Rat am 22. Juli 1997 zugestimmt hat. 
Gleichzeitig wurde vom Rat auch die sogenannte „Frei- 
stellungsliste“ gebilligt, das heißt die Liste der Staaten, 
die zukünftig von dem in der Tellereisenverordnung 
fesfgelegten Einfuhrverbot für Pelze in die Europäische 
Union ausgenommen sind. 

Zusammen mit der von der Kommission bereits im Ja- 
nuar 1997 erlassenen Durchführungsverordnung zur Tel- 
lereisenverordnung isf nunmehr mit Wirkung ab dem 
1. Dezember 1997 ein Importverbot für alle nicht in der 
Freistellungsliste aufgeführten Staaten in Kraft getreten. 
Der EU-Ministerrat hat am 11. Dezember 1997 mit qua- 
lifizierter Mehrheit einem (mit dem Rahmenüberein- 
kommen mit Kanada und der Russischen Förderation) 




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vergleichbaren Abkommen zwischen der EU und den 
USA zugestimmt. Durch eine Entscheidung der Kom- 
mission vom 2. März 1998 wurden die USA rückwir- 
kend zum 1. Dezember 1997 in die o. g. Freistellungs- 
liste aufgenommen, so daß auch sie vom Einfuhrverbot 
der Tellereisenverordnung ausgenommen sind. 

Am 22. April 1998 Unterzeichnete die Russische Föde- 
ration das bereits im Februar 1998 von der EG und Ka- 
nada signierte trilaterale Abkommen über humane Fang- 
formen. 

Auf seiner Sitzung am 13. Juli 1998 hat der Rat der Eu- 
ropäischen Union den Abschluß einer internationalen 
Vereinbarung in Form einer vereinbarten Niederschrift 
über Normen für humane Fangmethoden zwischen der 
Europäischen Gemeinschaft und den USA gebilligt. 

2.9 Damwild in nutztierartiger Haltung 

Zum Umfang der Damwildhaltung liegen zwar keine 
Statistiken vor, schätzungsweise werden aber in etwa 
4 300 Gehegen ca. 88 000 Damhirsche nutztierartig ge- 
halten, wobei etwa 75 % dieser Tiere in benachteiligten 
Gebieten zu finden sind. 

Damhirsche sind nicht domestiziert, es handelt sich um 
gefangen gehaltene Wildtiere zur Fleischerzeugung 
(nutztierartige Haltung). 

Auch für das Halten von Damwild gelten die Grundsätze 
des § 2 des Tierschutzgesetzes. Die Einrichtung, Erwei- 
terung und der Betrieb von Gehegen zur Haltung von 
Damwild unterliegen neben baurechtlichen Bestimmun- 
gen dem Genehmigungsvorbehalt nach § 24 des Bun- 
desnaturschutzgesetzes. Die zuständige Behörde prüft 
vor Erteilung dieser Genehmigung auch, ob die Voraus- 
setzungen für eine tierschutzgerechte Haltung, Pflege 
und Unterbringung gegeben sind. Nach der Novellierung 
des Tierschutzgesetzes unterliegt die Damwildhaltung 
zusätzlich dem tierschutzrechtlichen Erlaubnisvorbehalt 
nach § 11 Tierschutzgesetz. Sind die tierschutzrecht- 
lichen Gesichtspunkte, zum Beispiel auch hinsichtlich 
der Sachkunde und der Zuverlässigkeit des Halters, aus- 
reichend nach den Bestimmungen des Naturschutzrechts 
der Länder bei der Erteilung der Gehegegenehmigung 
geprüft worden, kann die Erlaubnis nach § 11 in der 
Regel ohne erneute materielle Prüfung erteilt werden. 

Der zuständigen Behörde dient bei der Beurteilung von 
Damwildhaltungen als Entscheidungshilfe das im Auf- 
trag des BML erstellte Gutachten über die tierschutzge- 
rechte Haltung von Damwild in Gehegen zum Zwecke 
der Fleischproduktion einschließlich der Gewinnung von 
Nebenprodukten vom 2. November 1979. 

Die Gutachten enthalten Tierschutzmindestanforderun- 
gen an 

- die Gehegegröße (Mindestgröße 1 Hektar), 

- die Mindestfiäche für ein erwachsenes Tier (1 000 m^), 

- die Gehegeausstattung (zum Beispiel Sicht- und Wit- 
terungsschutz, Schlupfe, Flucht- und Ausweichmög- 
lichkeiten) und 

- die Sozialstruktur im Gehege (zum Beispiel Mindest- 
zahl 5 erwachsene Tiere je Gehege). 


Zur ordnungsgemäßen Betreuung gehört die tägliche 
Kontrolle des Geheges. Auch die nutztierartige Dam- 
wildhaltung unterliegt der Aufsicht durch die zuständige 
Behörde nach § 16 des Tierschutzgesetzes. 

Bei der nutztierartigen Haltung von männlichen Damhir- 
schen ist vielfach für das Geweih eine generelle Aus- 
nahme vom Amputationsverbot gefordert worden, um 
die Verletzungsgefahr für Mensch oder Tier zu verrin- 
gern. Eine Geweihamputation ist jedoch nach § 6 Abs. 1 
Nr. 1 des Tierschutzgesetzes nur im begründeten Einzel- 
fall nach tierärztlicher Indikation zulässig, nicht aber zur 
Anpassung an bestimmte Haltungssysteme. Bei Damhir- 
schen führt diese Amputation zur Einschränkung we- 
sentlicher Funktionskreise des Verhaltens und als Folge 
davon zu Verhaltensstörungen und anderen Erkrankun- 
gen. Damwild kann auch dann nutztierartig gehalten 
werden, wenn den Damhirschen das Geweih belassen 
wird. Dies setzt allerdings voraus, daß die Gehege ent- 
sprechend gestaltet werden. Verursachen geweihtragende 
Damhirsche Schäden, so weist dies in der Regel auf 
Mängel im Haltungssystem hin. 


2.10 Versuchstiere') 

Das Europäische Übereinkommen vom 18. März 1986 
zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftli- 
che Zwecke verwendeten Wirbeltiere enthält in Artikel 5 
allgemeine Anforderungen an die Tierhaltung, die hin- 
sichtlich einiger Tierarten in Form von Leitlinien des 
Anhangs A konkretisiert werden. Diese Leitlinien sind 
zwar nicht rechtsverbindlich, sollten jedoch sowohl von 
den Tierhaltern als auch von den Behörden bei der Be- 
urteilung entsprechender Tierhaltungen herangezogen 
werden. 

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkom- 
men 1988 gezeichnet und mit dem Gesetz zu dem Euro- 
päischen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum 
Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche 
Zwecke verwendeten Wirbeltiere vom 11. Dezember 
1990 (BGBl. II 1990 S. 1486) ratifiziert; weitere Ver- 
tragsparteien des am 1. Januar 1991 völkerrechtlich in 
Kraft getretenen Übereinkommens sind: Belgien, Finn- 
land, Griechenland, die Niederlande, Norwegen, Schwe- 
den, die Schweiz, Spanien und Zypern. Das Überein- 
kommen wurde zudem von Dänemark, Frankreich, Ir- 
land, der Türkei, dem Vereinigten Königreich und der 
Europäischen Gemeinschaft gezeichnet. 

Mit der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. No- 
vember 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwal- 
tungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für 
Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwen- 
deten Tiere (ABI. EG Nr. L 358 S. 1) sind die allgemei- 
nen Bestimmungen über die Tierhaltung aus dem Euro- 
päischen Übereinkommen in EG-Recht übernommen 
worden (Artikel 5 der Richtlinie). Gleichzeitig wurde der 
Anhang A des Übereinkommens als Anhang II der 


') Hierunter fallen in diesem Zusammenhang auch Wirbeltiere, die 
nach § 4 Abs. 3 für die Tötung zu wissenschaftlichen Zwecken, für 
Eingriffe und Behandlungen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, nach § 10 
oder nach § 10a bestimmt sind. 




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Richtlinie übernommen; auch als Anhang der EG- 
Richtlinie sind diese Bestimmungen aber nicht verbind- 
lich (Anhang II, Nr. 6 der Präambel, Satz 5). 

Für die Haltung von Versuchstieren gelten ebenfalls die 
Bestimmungen des § 2 des Tierschutzgesetzes. Seit In- 
krafttreten der Gesetzesnovelle am 1. Juni 1998 sind alle 
für wissenschaftliche Zwecke gehaltenen Wirbeltiere den 
gleichen Schutzvorschriften unterstellt. Wer solche Wir- 
beltiere züchtet oder hält, bedarf nach § 1 1 Abs. 1 Satz 1 
Nr. 1 des Tierschutzgesetzes der Erlaubnis der zuständi- 
gen Behörde. Außerdem unterliegen diese Tierhaltungen 
nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 des Tierschutzgesetzes der Über- 
wachung durch die zuständige Behörde. 

Bei der Überwachung der Tierhaltungen dienen den 
Behörden als Entscheidungshilfe 

- die bereits erwähnten Leitlinien für die Unferbringung 
und Pflege von Tieren des Anhangs A zum Europäi- 
schen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum 
Schulz der für Versuche und andere wissenschaftliche 
Zwecke verwendeten Wirbeltiere und 

- die Veröffentlichung der Gesellschaft für Versuchs- 
tierkunde (GV-SOLAS) „Planung und Struktur von 
Versuchstierbereichen tierexperimentell tätiger Insti- 
tutionen“. 

BML hat im Mai 1993 in Zusammenarbeit mit dem 
Bundesgesundheitsamt und mit finanzieller Unterstüt- 
zung der Europäischen Kommission einen internationa- 
len Workshop über Versuchstierhaltung ausgerichtet. 
Ziel der Veranstaltung war eine im Hinblick auf Tier- 
schutzaspekte kritische Durchsicht der Empfehlungen 
des Europarates und der EU zur Haltung bestimmter 
Versuchstierarten. Der Abschlußbericht „The Accom- 
modation of Laboratory Animais in Accordance with 
Animal Welfare Requirements“ ist beim BML, Refe- 
rat 321, zu beziehen. 

Der Workshop hat maßgeblich dazu beigetragen, daß auf 
Ebene des Europarates die Beratungen über die Aktuali- 
sierung der Leitlinien in Anhang A des Übereinkom- 
mens aufgenommen wurden. 

Anläßlich der Dritten Multilateralen Konsultation zum 
Versuchstierübereinkommen (1997) wurde nach kriti- 
scher Prüfung des Abschlußberichtes und nach einge- 
hender Erörterung der Problematik eine Entschließung 
zur Unterbringung und Pflege von Versuchstieren verab- 
schiedet, die die Empfehlungen des Anhangs A bis zu 
dessen abschließender Überarbeitung ergänzen soll. In 
der Entschließung werden unter anderem Empfehlungen 
zur Anreicherung der Haltungsbedingungen für Ver- 
suchstiere durch Gruppenhaltung und Angebot von Be- 
schäftigungsmaterial gegeben (siehe Anhang 5). 

Um die Überarbeitung der technischen Anhänge zu er- 
leichtern und den hierfür erforderlichen adminisfrativen 
Aufwand zu reduzieren, wurde zudem ein Zusafzproto- 
koll zu dem Übereinkommen erarbeitet. Nach Inkraft- 
treten dieses Protokolls können Änderungen der techni- 
schen Anhänge des Übereinkommens anläßlich Multila- 
teraler Konsultationen beschlossen werden, wenn minde- 
stens zwei Drittel der Vertragsparteien entsprechend 
votieren. Die Änderungen treten zwölf Monate nach der 


Beschlußfassung in Kraft, sofern nicht zwischenzeitlich 
von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien Vor- 
behalte geäußert wurden. Voraussetzung für das Inkraft- 
treten des Zusatzprotokolls ist die Ratifikation seitens 
aller Vertragsparteien des Übereinkommens. 

Bisher haben Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, 
die Niederlande, Schweden und das Vereinigte König- 
reich das Zusatzprotokoll gezeichnet. Schweden hat es 
auch ratifiziert. 


2.11 Fische 

Weltweit nimmt die Haltung von Nutzfischen unter 
kontrollierten Bedingungen zu Mastzwecken zu. In 
Deutschland werden verschiedene Arten von Süßwasser- 
fischen in konventionellen Erdteichen oder in künst- 
lichen Behältnissen gezüchtet und für den menschlichen 
Verzehr aufgezogen. Dabei wird bei der intensiven 
Fischzucht teilweise mit hohen Besatzdichten gearbeitet, 
die verschiedentlich als tierschutzwidrig kritisiert wer- 
den. 

Die in § 2 Tierschutzgesetz geforderte artgemäße Hal- 
tung von Tieren ist für Fische schwer zu definieren; das 
gilt insbesondere für den Raumbedarf Bei vielen 
Fischarten (zum Beispiel Aal, Forelle, Seezunge, Wels) 
führt eine zu geringe Besatzdichte zu Aggressionen, 
Bißverletzungen und Streß. Einige Fischarten nutzen nur 
einen kleinen Teil des angebotenen Raumes, ziehen sich 
zu größeren Aggregationen zusammen und benutzen 
einander als „Substrat“, um sich darin zu verkriechen 
(zum Beispiel Aal, Seezunge). 

Die tierschutzgerechte Haltung von Fischen setzt ein 
umfangreiches, artspezifisches Fachwissen voraus. 

Der aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen 
eingesetzte Ständige Ausschuß beim Europarat hat be- 
reits 1992 mit fachlichen Vorbereitungen für den Ent- 
wurf einer Empfehlung für das Halten von Nutzfischen 
angefangen. Inzwischen wurde mit den Beratungen eines 
ersten Entwurfs begonnen. 


2.12 Heimtiere 

In Anlehnung an Artikel 1 Abs. 1 des Europäischen 
Übereinkommens vom 13. November 1987 zum Schutz 
von Heimtieren werden Tiere, die der Mensch insbeson- 
dere in seinem Haushalt und als Gefährten hält oder die 
für diesen Zweck bestimmt sind, als Heimtiere bezeich- 
net. Schätzungsweise werden derzeit in Deutschland 
mehr als 90 Millionen Heimtiere gehalten, insbesondere 
Zierfische, Vögel, Katzen, Hunde und Kleinnager. Die 
Zahl der in Deutschland gehaltenen Hunde beläuft sich 
schätzungsweise auf etwa 4,8 Millionen, die der Katzen 
auf etwa 5,5 Millionen. 

Das Europäische Übereinkommen enthält Grundsätze 
und Detailbestimmungen über die Haltung, die Zucht, 
den Handel und die tierschutzgerechte Tötung von 
Heimtieren, außerdem Tierschutzbestimmungen über die 




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Verwendung von Heimtieren zu Schaustellungen und 
Wettkämpfen sowie über die Behandlung streunender 
Tiere. 

Durch das Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtieren 
vom 1. Februar 1991 (BGBl. 1991 II S. 402) wurde es in 
der Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt. 

Weitere Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind 
Belgien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Luxem- 
burg, Norwegen, Portugal, Schweden, die Schweiz und 
Zypern. Österreich, Italien und die Niederlande haben es 
unterzeichnet. 

Das Übereinkommen trägt zur weiteren Harmonisierung 
des unterschiedlichen Tierschutzrechts in den Mitglied- 
staaten des Europarates bei. Die materiellen Anforderun- 
gen der vorliegenden völkerrechtlichen Vereinbarung 
sind bereits weitgehend Bestandteil des Rechts der Bun- 
desrepublik Deutschland. Abweichend vom Überein- 
kommen ist allerdings das Kupieren der Rute bei Hun- 
den in bestimmten Einzelfällen erlaubt. 

Zum Zeitpunkt der Ratifikation war von der Möglichkeit 
entsprechender Vorbehalte Gebrauch gemacht worden. 
Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes ist es nun 
möglich, diese Vorbehalte zurückzunehmen. Die hierzu 
notwendigen Schritte werden derzeit vorbereitet. 

Im März 1995 fand eine erste Multilaterale Konsultation 
der Vertragsparteien des Übereinkommens statt. Sie 
diente einer Überprüfung der bisherigen Anwendung des 
Übereinkommens. Schwerpunktthemen der Konsultation 
waren die Qualzuchtproblematik bei Hunden und Katzen 
sowie die Vermeidung des Schwanz- und Ohrenkupie- 
rens bei Hunden. Bei beiden Themen sollte vor allem 
auch eine Diskussion mit den Zuchtverbänden über 
Zuchtstandards initiiert werden, die tierschutzrelevante 
Anforderungen festschreiben. Weitere Themenbereiche 
der Konsultation waren die zunehmende Heimtierhaltung 
exotischer Tiere sowie die Kontrolle streunender Hunde 
und Katzen. 

Auch für die Haltung, Pflege und Unterbringung von 
Heimtieren gelten die grundsätzlichen Bestimmungen 
des § 2 des Tierschutzgesetzes. 

Diese Anforderungen wurden bisher für Haushunde, die 
im Freien gehalten werden, durch die Verordnung über 
das Halten von Hunden im Freien vom 6. Juni 1974 
(BGBl. I S. 1265) konkretisiert. Darin werden Regelun- 
gen für die Anbindehaltung, Zwingerhaltung, Haltung in 
Freianlagen, Schuppen, Scheunen oder ähnlichen Ein- 
richtungen getroffen. 

Insbesondere die Länder sowie die Tierschutzorganisa- 
tionen sind der Auffassung, daß eine Überarbeitung der 
Hundehaltungsverordnung dringend erforderlich ist. Ein 
entsprechender Entwurf, zu dem Sachverständige, Ver- 
bände und Organisationen gehört wurden, liegt inzwi- 
schen vor. 

Das vollständige oder teilweise Amputieren von Kör- 
perteilen oder Organen ist nach § 6 des Tierschutzgeset- 
zes grundsätzlich verboten; unter dieses Verbot fällt 
ausdrücklich auch das Kupieren der Ohren bei Hunden. 


Seit dem Inkrafttreten des novellierten Tierschutzgeset- 
zes am 1. Juni 1998 ist das Kupieren der Ruten ebenfalls 
grundsätzlich verboten. Ausgenommen ist die tierärzt- 
liche Indikation sowie das Kürzen der Ruten von Hun- 
den, die jagdlich geführt werden, soweit dies für die 
vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und 
tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen. Beim Ru- 
tenkupieren von jagdlich zu führenden Hunden gilt es, 
folgendes zu beachten: 

Der Eingriff ist in jedem Falle dem Tierarzt Vorbehalten. 
Dieser hat sich anhand allgemeiner Plausibilitätskriterien 
zu vergewissern, ob der Hund jagdlich geführt werden soll 
(oder gar bereits jagdlich geführt wird) und der Eingriff 
infolgedessen im Einzelfall gerechtfertigt ist. Je nach 
Rasse und Verwendungszweck (zum Beispiel Abstam- 
mung von jagdlich geprüften Eltern, Vorbestellung der 
Welpen durch Jagdscheininhaber oder andere Interessen- 
ten) kann es sich im Einzelfall um den gesamten Wurf 
oder aber auch nur um einzelne Wurfgeschwister handeln. 

Im übrigen sollte der Eingriff möglichst früh, jedoch erst 
dann vorgenommen werden, wenn die künftige jagdliche 
Nutzung des Hundes mit großer Wahrscheinlichkeit 
feststeht. 

Die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes können den 
immer wieder zu beobachtenden „Kupiertourismus“ 
nicht immer unterbinden. Im Rahmen des Vermittlungs- 
verfahrens zur Novellierung des Tierschutzgesetzes hat 
die Bundesregierung zugesagt, innerhalb von zwei Jah- 
ren eine auf § 12 des Gesetzes gestützte Verordnung zu 
erlassen, um das Verbringen und Halten von Tieren, an 
denen tierschutzwidrige Handlungen zum Erreichen 
bestimmter Rassemerkmale vorgenommen worden sind, 
zu verbieten. 

Als besonderes Problem der Heimtierhaltung werden in 
den letzten Jahren in der Öffentlichkeit verstärkt die 
Haltung „gefährlicher Hunde“ sowie die hiervon ausge- 
henden Gefahren für Mensch und Tier diskutiert. 

Die Probleme der von „gefährlichen Hunden“ ausgehenden 
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung kön- 
nen nicht in den Regelungsbereich des Tierschutzgesetzes 
eingeordnet und müssen daher auf anderem Wege gelöst 
werden (siehe Tierschutzbericht 1991, Bundestagsdruck- 
sache 12/224, S. 25). Hierzu sind insbesondere Regelungen 
im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts geeignet, für 
die die Länder zuständig sind. Inzwischen haben die mei- 
sten Länder entsprechende Regelungen erlassen. 

Da jedoch nicht auszuschließen ist, daß übermäßig ag- 
gressives Verhalten auch bei den betroffenen Tieren zu 
Schmerzen, Leiden oder Schäden führen kann, wurde bei 
der Novellierung des Tierschutzgesefzes folgender Ver- 
botsfatbestand aufgenommen (§ 3 Nr. 8a): 

„Niemand darf ein Tier zu einem derartig aggressiven 

Verhalten ausbilden oder abrichten, daß dieses Verhalten 

a) bei ihm selbst zu Schmerzen, Leiden oder Schäden 
führt oder 

b) im Rahmen jeglichen artgemäßen Kontaktes mit 
Artgenossen bei ihm selbst oder einem Artgenossen 
zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder 
Schäden führt oder 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


c) seine Haltung nur unter Bedingungen zuläßt, die bei 
ihm zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder 
Schäden führen.“ 

Nach den Beobachtungen der Kommunalbehörden ist ein 
steigender Trend zur Haltung von Fischen in Aquarien, 
Gartenteichen und ähnlichen Einrichtungen zu beobach- 
ten. Gerade Zierfische werden immer wieder ohne 
Grundkenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere gekauft, 
wahllos miteinander vergesellschaftet und in jedes belie- 
bige Wasser, sowohl in Aquarien als auch in Garten- 
teiche eingesetzt. Entsprechend kommt es zu hohen 
Verlusten, die durch Aufklärung - auch im Zoofachhan- 
del - reduziert werden können. 

Für diesen Bereich hat BML ein Sachverständigengut- 
achten in Auftrag gegeben. Das Gutachten über Mindest- 
anforderungen an die Haltung von Zierfischen konnte 
inzwischen abgeschlossen werden. Es wird in Kürze 
veröffentlicht. 


2.13 Wildtiere 
Grundsätzliches 

Die Meinungen über die Zulässigkeit der Wildtierhal- 
tung gehen weit auseinander. Viele Menschen lehnen die 
Haltung von Tieren wildlebender Arten grundsätzlich ab. 
Vielfach wird dies mit dem artgemäßen Bewegungsbe- 
dürfnis der Wildtiere begründet, dabei jedoch dieses 
Bewegungsbedürfnis häufig überschätzt. 

Auch wird häufig bezweifelt, daß die Halter von Wild- 
tieren das erforderliche Wissen über die Bedürfnisse der 
Tiere besitzen. Verwiesen wird dabei auf Tiere, die in 
einem schlechten Zustand dem Tierarzt vorgestellt oder 
in Tierheime abgegeben wurden. Meist handelt es sich 
hierbei um Tiere von Arten, die sehr spezielle Haltungs- 
ansprüche haben und daher vom Halter umfassende 
Kenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere verlangen. 
Häufig sind diese Halter auch keinem Fachverband an- 
geschlossen, so daß fachlich versierte Ansprechpartner 
und der für eine ausreichende Sachkunde notwendige 
Erfahrungsaustausch fehlen. 

Andererseits verfügen aber zahlreiche Tierhalter durch- 
aus über umfassendes Wissen und profunde Kenntnisse 
und haben langjährige Erfahrung in der Haltung wild- 
lebender Arten. Nicht selten sind durch diese Tierhalter 
wissenschaftliche Erkenntnisse erlangt, bestätigt, vertieft 
und umfassende Kenntnisse über die Biologie wild- 
lebender Arten bei deren Haltung gewonnen worden. 
Eine undifferenzierte Betrachtungsweise und Beurtei- 
lung der Wildtierhaltung mit dem Ruf nach einem gene- 
rellen Verbot ist deshalb nicht gerechtfertigt und wäre 
unverhältnismäßig. 

Bei der Haltung von Wildtieren sind tierschutz-, arten- 
schutz- und jagdrechtliche Bestimmungen zu beachten. 
Die Tierschutzanforderungen sind in § 2 des Tierschutz- 
gesetzes festgelegt. Die Anforderungen, die an eine 
tierschutzgerechte Haltung gestellt werden müssen, wur- 
den in den im Auftrag des BML erstellten Gutachten 
weiter ausgeführt (siehe Anhang 4 Nr. 1). 


Auf die tierschutzrechtlichen Erfordernisse wird auch im 
Bundesnaturschutzgesetz in der Fassung der Bekannt- 
machung vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2994), in 
der Bundesartenschutzverordnung in der Fassung der 
Bekanntmachung vom 18. September 1989 (BGBl. I 
S. 1677, 2011), zuletzt geändert durch Verordnung vom 
9. Juli 1994 (BGBl. I S. 1523), und der Bundeswild- 
schutzverordnung vom 25. Oktober 1985 (BGBl. I 
S. 2040) hingewiesen. Nach der Bundesartenschutzver- 
ordnung dürfen Tiere der zahlreichen besonders ge- 
schützten Arten nur dann gehalten werden, wenn sie 
keinem Besitzverbot unterliegen und der Halter nach 
§ 10 der Bundesartenschutzverordnung über 

- die erforderliche Zuverlässigkeit, 

- ausreichende Sachkunde und 

- die erforderlichen Einrichtungen für eine tierschufz- 
gerechte Haltung 

verfügt. 

Auf Grund jagdrechtlicher Bestimmungen ist das Halten 
heimischer Greifvögel der in Anlage 4 der Bundeswild- 
schutzverordnung aufgeführten Arten nur unter den Vor- 
aussetzungen des § 3 der Bundeswildschutzverordnung 
zulässig. 

Das Halten gefährlicher wilder Tiere durch Privatperso- 
nen wird in einigen Ländern durch sicherheits- und ord- 
nungsrechtliche Vorschriften geregelt; sie dienen dem 
Schutz der Allgemeinheit vor möglichen Schäden durch 
solche Tiere. Nach § 121 des Gesetzes über Ordnungs- 
widrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 
19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert 
durch Gesetz vom 26. Juni 1998 (BGBl. I S. 156, 340), 
kann mit einer Geldbuße belegt werden, wer ein gefähr- 
liches Tier einer wildlebenden Art sich frei umherbewe- 
gen läßt oder es als Verantwortlicher für die Beaufsichti- 
gung eines solchen Tieres unterläßt, die nötigen Vor- 
sichtsmaßnahmen zu treffen, um Schäden durch das Tier 
zu verhüten. 

Dem Tierschutz für herrenlose wildlebende Tiere, die in 
einer zunehmend technisierten Umwelt (Verkehr, mo- 
derne Land- und Forstwirtschaft) Gefahren ausgesetzt 
sind, sollte vermehrt Beachtung geschenkt werden. Hier- 
bei ist beispielhaft zu denken an 

- Verletzungen und Todesfälle im Straßenverkehr (sie- 
he auch Abschnitt XI), 

- Verletzungen und Todesfälle durch landwirtschaft- 
liche Maschinen, 

- Verfangen und langsames Verenden in schadhaften 
oder umgefallenen Forstgattem. 

Gutachten über tierschutzgerechte Haltung 
von Wildtieren 

Das 1977 verabschiedete Säugetiergutachten und das 
1978 verabschiedete Gutachten über die tierschutzge- 
rechte Haltung sonst freilebender Tiere - Wild - in Ge- 
hegen oder ähnlichen Einrichtungen wurden überarbeitet 
und liegen nunmehr in aktualisierter, neuer Fassung als 
BML-Broschüre vor (Mindestanforderungen an die tier- 
schutzgerechte Haltung von Säugetieren vom 10. Juni 




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1996 sowie Leitlinien für eine tierschutzgerechte Hal- 
tung von Wild in Gehegen vom 27. Mai 1995). 

Die Sachverständigengruppe „Tierschutzgerechte Hal- 
tung von Vögeln“ hat sich zuerst mit der Haltung von 
Straußen befaßt. Am 10. Juni 1994 wurden die Mindest- 
anforderungen an die Haltung von Straußenvögeln, 
außer Kiwis, verabschiedet. Das Gutachten liegt nun- 
mehr in der ergänzten Fassung vom 10. September 1996 
vor. 

Die Gutachter gingen davon aus, daß, unabhängig davon, 
wo die Straußenvögel gehalten werden, die Anforderun- 
gen des Gutachtens zu erfüllen sind. Besondere Anforde- 
rungen, die einer nutztierartigen Haltung entgegenkom- 
men, wurden abgelehnt. Die Gutachter sind der Auffas- 
sung, daß nicht der Zweck der Haltung, sondern die 
Bedürfnisse des Tieres für die Festlegung der Mindest- 
anforderungen Vorrang haben. 

Eine ständige oder überwiegende Stallhaltung oder Ein- 
zelhaltung wird als tierschutzwidrig beurteilt. 

Darauf aufbauend wird im Gutachten insbesondere zu 
folgenden Sachverhalten Stellung genommen: 

- Flächenbedarf, Gruppengröße, Gruppenzusammenset- 
zung, 

- Anforderungen an die Einfriedung, 

- Gehegeeinrichtung, Bodenbeschaffenheit, 

- Anforderungen an den Stall, Flächenbedarf, Tempe- 
ratur, Trocknungseinrichtung, 

- Maßnahmen bei Kälte und Nässe, Einschränkung des 
Stallaufenthaltes, Trockengehege für die Sicherung 
des Auslaufes, 

- Anforderungen an die Fütterung, Gesundheitsvorsor- 
ge, Aufzucht, 

- Umgang mit Straußen, Transport von Straußen, 

- Eingriffe einschließlich Federgewinnung, Tötung von 
Straußen, ausgenommen Schlachten. 

In den Schlußbemerkungen wird dargelegt, daß viele 
Fragen des Haltens von Straußenvögeln in Mitteleuropa 
noch ungeklärt sind und die Mindestanforderungen bei 
Vorliegen neuer Erkenntnisse fortgeschrieben werden 
sollen. 

Für die Strauß enhaltung außerhalb von Zoos wird emp- 
fohlen, sie von einem Sachkundenachweis abhängig zu 
machen. 

Als Mitunterzeichner haben die Tierärztliche Vereini- 
gung für Tierschutz e. V. eine Erklärung zur nutztierarti- 
gen Haltung und der Deutsche Tierschutzbund e. V. 
bestimmte Differenzen zu Protokoll gegeben. Insbeson- 
dere wird die nutztierartige Haltung abgelehnt. 

Das Gutachten über Mindestanforderungen an die Hal- 
tung von Papageien wurde am 10. Januar 1995 verab- 
schiedet. Es wurde als BML-Broschüre veröffentlicht. 

Papageien sind als Heimtiere sehr beliebt und sowohl bei 
versierten Züchtern als auch in Haushalten zu finden. 
Viele dieser Tiere sind menschengeprägt und werden 
einzeln gehalten, obwohl das ihrem natürlichen Verhal- 


ten widerspricht. Aufgrund hoher Lebenserwartung der 
Papageien und häufiger Probleme, einzeln gehaltene 
Tiere zu vergesellschaften, sind diese Haltungen in ab- 
sehbarer Zeit nicht vollständig abzuschaffen. Künftig 
sind Papageien artgeprägt und an den Menschen ge- 
wöhnt aufzuziehen und in der Regel mindestens zu zweit 
zu halten. 

Als tierschutzwidrig wird die Anbindehaltung beurteilt. 

Im Gutachten werden die Papageien in vier Gruppen - Sit- 
tiche, kurzschwänzige Papageien, Aras sowie Loris und 
andere nektartrinkende Arten - eingeteilt. Die den Grup- 
pen zugehörenden Gattungen sind jeweils genannt. 

Die Gutachter haben sich weiterhin zu folgenden Sach- 
verhalten geäußert: 

- Natürlicher Lebensraum, soziale Bindung, 

- Raumbedarf, Schutzraum, Temperaturansprüche, 

- Anforderungen an das Material für Käfige oder Volie- 
ren, 

- Ansprüche an das Futter und die Fütterung, 

- Haltung im Zoofachhandel, 

- Transport im Inland, 

- Haltung im Rahmen von Ausstellungen, Bewertungs- 
schauen sowie Vogelmärkten und Vogelbörsen. 

Der Deutsche Tierschutzbund e. V., der unter anderem 
größere Käfige fordert und die Papageienhaltung auf 
wissenschaftlich geleitete Einrichtungen beschränkt wis- 
sen will, hat als Mitunterzeichner entsprechende Diffe- 
renzen zu Protokoll gegeben. 

Auch ein Gutachten über Mindestanforderungen an die 
Haltung von Greifvögeln und Eulen wurde erarbeitet, am 
10. Januar 1995 verabschiedet und als BML-Broschüre 
veröffentlicht. 

Greifvögel und Eulen stellen hohe Anforderungen an 
Haltung, Pflege und Unterbringung. Besonders proble- 
matisch ist die Haltung von Vögeln, die krank oder ver- 
letzt aufgefunden wurden und nicht an den Menschen 
gewöhnt sind; diese Vögel müssen an Auffang- oder 
Pfiegestationen abgegeben werden. 

Die Gutachter haben sich unter anderem zu folgenden 
Sachverhalten geäußert: 

- Haltungsarten - Volieren- oder falknerische Haltung -, 

- Flugverhalten der Vögel als Voraussetzung für eine 
Unterbringung in bestimmten Volierenarten, 

- Volierengröße und Inneneinrichtung, 

- Ernährung - in der Regel sind keine lebenden Beute- 
tiere erforderlich -, 

- Voraussetzungen für die falknerische Haltung (grund- 
sätzliche Bedingung: Freifiug jeden zweiten Tag), 

- Besonderheiten der Haltung kranker oder verletzter 
Greifvögel; Aufzucht verlassener Jungtiere, 

- Euthanasie nicht rehabilitierbarer verletzter Vögel aus 
Tierschutzgründen und ethischen Erwägungen. 

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. und der Deutsche 
Naturschutzring e. V. haben als Mitunterzeichner Diffe- 




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renzen zu Protokoll gegeben. Unter anderem wird eine 
Beschränkung der Greifvogelhaltung auf wissenschaft- 
lich geführte Einrichtungen gefordert, Haltungsformen 
der falknerischen Haltung werden gänzlich abgelehnt 
(Deutscher Tierschutzbund e. V.) oder nur unter der 
Voraussetzung einer zeitlichen Befristung vorüberge- 
hend akzeptiert. 

Das Gutachten über Mindestanforderungen an die Hal- 
tung körnerfressender Kleinvögel wurde 1996 abge- 
schlossen und als BML-Broschüre veröffentlicht (Min- 
destanforderungen an die Haltung von Kleinvögeln, 
Teil 1, Kömerfresser, vom 10. Juli 1996). 

Die Sachverständigengruppe „Terrarientiere“ hatte sich 
dahin gehend geeinigt, zunächst Mindestanforderungen 
an die Haltung von Reptilien zu erarbeiten. Dieses Gut- 
achten wurde am 10. Januar 1997 abgeschlossen und 
liegt als BML-Broschüre vor. 

Reptilien werden sowohl von Züchtern als auch in Haus- 
halten als Hobbytiere gehalten. Diese Tiere stellen spezi- 
fische Ansprüche, die von denen der Säugetiere und 
Vögel erheblich abweichen können. So stehen besonders 
Klima und Beleuchtung im Vordergrund. Räumliche 
Anforderungen sind eher zweitrangig, Beschäftigungs- 
angebote für die Tiere sind nicht erforderlich. 

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. und der Deutsche 
Naturschutzring e. V. haben als Mitunterzeichner Diffe- 
renzen zu Protokoll gegeben. 

Das Gutachten zu Mindestanforderungen an die Haltung 
von Zierfischen (Süßwasser) konnte 1998 abgeschlossen 
werden. Es wird in Kürze veröffentlicht. 

Abschließend muß die engagierte und zeitaufwendige 
Arbeit aller Sachverständigen besonders gewürdigt wer- 
den. Sie haben die Erarbeitung der Gutachten neben 
ihren beruflichen Aufgaben übernommen und stellen 
dafür einen erheblichen Teil ihrer Freizeit zur Verfü- 
gung. 


Spezifisches zur Haltung von Tieren in Zoos 

Zoos können insbesondere folgende Aufgaben wahmeh- 
men: Erholungsfunktion, Verwirklichung pädagogischer 
Ziele, Wissenschaft und Artenschutz. 

Die Bezeichnungen „Zoo“, „Zoologischer Garten“, 
„Tiergarten“, „Tierpark“ und ähnliche Bezeichnungen 
dürfen nach § 25 des Bundesnaturschutzgesetzes nur mit 
behördlicher Genehmigung geführt werden; die Ein- 
richtungen bedürfen der Genehmigung nach § 24 des 
Bundesnaturschutzgesetzes. Nach der Novellierung des 
Tierschutzgesetzes unterliegen sie seit dem 1. Juni 1998 
auch dem Erlaubnisvorbehalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 
Nr. 2a sowie - soweit die Einrichtungen gewerbsmäßig 
handeln - Nr. 3 Buchstabe d des Tierschutzgesetzes. Die 
Erteilung der Erlaubnis ist gebunden an einen Sachkun- 
denachweis, an die Zuverlässigkeit der für die Haltung 
der Tiere verantwortlichen Personen und an das Vorhan- 
densein der erforderlichen Räume und Einrichtungen, die 
eine tierschutzgerechte Ernährung, Pflege und Unter- 
bringung der Tiere ermöglichen. 


Für die Haltung von Tieren in Zoos gelten die Grundsät- 
ze des § 2 des Tierschutzgesetzes. Zur Beurteilung der 
Tierhaltung in diesem Bereich dienen der zuständigen 
Behörde als Entscheidungshilfe die bereits erwähnten im 
Auftrag des BML erstellten Gutachten. 

Die Europäische Kommission hatte im Juli 1991 einen 
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung 
von Mindestnormen zur Haltung von Tieren in Zoos 
(ABI. EG Nr. C 249 S. 14) vorgelegt. 

Die Bundesregierung bezweifelte, daß in diesem Bereich 
eine Rechtsgrundlage für EG-Vorschriften besteht. Der 
Bundesrat hat im Dezember 1991 die Bundesregierung 
gebeten, darauf hinzuwirken, daß vom Erlaß der Richt- 
linie abgesehen wird (Drucksache 583/91 - Beschluß -). 

Die Kommission hatte ihren Richtlinienvorschlag offi- 
ziell zurückgezogen und eine Empfehlung des Rates für 
die Haltung von Wildtieren in Zoos vorgeschlagen, die 
gegenüber dem Richtlinienvorschlag einige wesentliche 
Änderungen aufwies. Zu dieser Empfehlung konnte im 
zuständigen Umweltministerrat politisches Einverneh- 
men erzielt werden. Die abweichenden Auffassungen 
Deutschlands hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die 
Empfehlung und der Beachtung des Subsidiaritätsgrund- 
satzes wurden durch eine entsprechende Protokollerklä- 
rung zum Ausdruck gebracht. 

Das Europäische Parlament hatte in seiner Stellungnah- 
me jedoch wiederum eine Richtlinie zu diesem Bereich 
gefordert. Hierzu hat der Rat einen gemeinsamen Stand- 
punkt im Juni 1998 verabschiedet. Hiernach werden 
keine konkreten Anforderungen an die Tierhaltung ge- 
stellt. Die Richtlinie beschränkt sich auf artenschutz- 
rechtliche Aspekte und regelt im wesentlichen die Er- 
laubniserteilung für zoologische Gärten. Mit der Äuße- 
rung des Europäischen Parlamentes hierzu wird Anfang 
1999 gerechnet. 

Zu der teilweise problematischen Frage der Bestands- 
regulierung in Tiergehegen und ähnlichen Einrichtungen 
hat BML eine Gruppe von Verhaltenswissenschaftlem, 
Zoofachleuten sowie Sachverständigen des Tier- und 
Artenschutzes konsultiert. Diese stellte fest, daß eine 
Vermehrung von Zootieren grundsätzlich nur ermöglicht 
werden sollte, wenn auch für die Nachkommen eine 
artgemäße Unterbringung gesichert ist. 

Da es nur bei wenigen in Zoos gehaltenen Arten eine 
natürliche Bestandsregulierung gibt, wird dieser Forde- 
rung durch die verschiedenen Verfahren der Geburten- 
kontrolle (kontrollierte Zucht, vorübergehende Sterilisie- 
rung, zeitweises Aussetzen der Zucht, Festlegung eines 
bestimmten Zuchttumus für die einzelnen Zoos) Rech- 
nung gefragen. 

Eine besonders wichtige Funktion haben in diesem Zu- 
sammenhang die Europäischen Erhaltungszuchtpro- 
gramme (EEP), die es bisher für knapp 70 vom Aussfer- 
ben bedrohte Tierarten gibt. 

Die Notwendigkeit, lediglich eine kontrollierte Vermeh- 
rung der in den Erhaltungszuchtprogrammen stehenden 
Zootiere zuzulassen, führt zu gewissen Einschränkungen 
bei den pädagogischen Aufgaben. Es muß in Kauf ge- 




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nommen werden, daß nur einige Arten - und diese zum 
Teil auch nicht jedes Jahr - vermehrt werden. Um die 
pädagogische Aufgabe wahrzunehmen, Zeugung, Träch- 
tigkeit und Geburt von Tieren zeigen zu können, sind 
Haustierarten jedoch in der Regel ebenso gut geeignet 
wie Wildtiere. Ersteren sollte daher insoweit der Vorrang 
eingeräumt werden. 

Auch bei kontrollierter Zucht wird es nicht immer auszu- 
schließen sein, daß einzelne Tiere getötet werden müs- 
sen. Neben der tierärztlichen Indikation ist eine Tötung 
nur dann zulässig, wenn ein vernünftiger Grund vorliegt 
(§ 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes). Dies muß jeweils 
sehr sorgfältig geprüft werden (siehe Abschnitt XII. 1). 

Spezifisches zur Haltung von Tieren im Zirkus 

Das Zurschaustellen und Vorführen von Zirkustieren 
wird von manchen Kritikern aus Tierschutzgründen 
abgelehnt. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, 
daß die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Zirkus- 
tieren nicht grundsätzlich untersagt werden kann. Vor- 
aussetzung ist allerdings, daß bestimmte Mindestanfor- 
derungen erfüllt werden. 

Nach den Erfahrungen der Länder werden bei der Über- 
wachung kleiner Wanderzirkusse häufig Probleme in 
bezug auf die Haltung der Tiere, den Nachweis eines 
geeigneten Winterquartiers und die Regulierung und 
Unterbringung der Nachzucht festgestellt. Bei Verstößen 
gegen das Tierschutzgesetz können behördliche Maß- 
nahmen oft aufgrund häufiger Ortswechsel nur schwer 
durchgesetzt werden. Darüber hinaus befinden sich die 
Zirkusuntemehmen nicht selten in finanziellen Notlagen, 
so daß durch eine Verhängung von Bußgeldern keine 
Verbesserung der Situation der Tiere erreicht wird. Eine 
Wegnahme insbesondere exotischer Tiere ist ebenfalls 
problematisch, da die Möglichkeiten zu ihrer pfleglichen 
Unterbringung sehr begrenzt sind und die Tiere zum Teil 
bereits derartige Störungen in ihrem Verhalten zeigen, 
daß sie nicht mehr in bestehende Gruppen integriert 
werden können. In solchen Fällen stellt sich die Frage, 
ob nicht eine Tötung des Tieres angezeigt sein kann 
(siehe Abschnitt XII. 1). 

Das Zurschaustellen von Tieren sowie das gewerbsmä- 
ßige Zur-Verfügung-Stellen von Tieren zu Schauzwek- 
ken unterliegen nach § 1 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a und Nr. 3 
Buchstabe d des Tierschutzgesetzes einem Erlaubnisvor- 
behalt. Die Erteilung der Erlaubnis ist gebunden an einen 
Sachkundenachweis, die Zuverlässigkeit der für diese 
Tätigkeit verantwortlichen Person und an das Vorhan- 
densein der erforderlichen Räume und Einrichtungen, die 
eine tierschutzgerechte Ernährung, Pflege und Unter- 
bringung der Tiere ermöglichen. 

Die Erlaubnis kann, soweit es zum Schutz der Tiere 
erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und 
Auflagen erteilt werden. Insbesondere kann angeordnet 
werden 

1. die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Tiere sowie 
zur Führung eines Tierbestandsbuches, 

2. eine Beschränkung der Tiere nach Art, Gattung oder 
Zahl, 


3. die regelmäßige Fort- und Weiterbildung, 

4. das Verbot, Tiere zum Betteln zu verwenden, 

5. bei Einrichtungen mit wechselnden Standorten die 
unverzügliche Meldung bei der für den Tätigkeifsort 
zusfändigen Behörde, 

6. die Fortpflanzung der Tiere zu verhindern. 

Es wird von diesen Auflagen eine deutliche Verbesse- 
rung der Vollzugsmöglichkeiten erwartet. Darüber hin- 
aus ist unter Federführung von Baden- Württemberg 
eine Arbeitsgruppe des Ausschusses für Tierschufz der 
Argevet mif der Erarbeitung detaillierter Vorgaben für 
die Erlaubniserteilung und Überwachung von Zirkus- 
unternehmen befaßt. Hinzu kommt die Ermächtigung 
für das BML, in einer Rechtsverordnung die zentrale 
Erfassung von Tierschauen und Zirkusbetrieben mit 
Tierhaltung, sofern die Tätigkeit an wechselnden 
Standorten ausgeübt wird (Zirkuszentralregister), zu 
regeln (§ 16 Abs. 5 Nr. 5). 

Als eine Richtschnur für die Beurteilung von Tierhaltun- 
gen in Zirkusbetrieben können das im Auftrag des BML 
erstellte Gutachten „Mindestanforderungen an die tier- 
schutzgerechte Haltung von Säugetieren“ vom 10. Juni 
1996 sowie die übrigen in Vorbereitung befindlichen 
oder bereits veröffentlichten Gutachten über Mindestan- 
forderungen an die Haltung wildlebender Tierarten her- 
angezogen werden. 

Auf der Grundlage der Empfehlung des Schweizer Bun- 
desamtes für Vef erinärwesen vom 10. März 1983 über 
Gehegeanforderungen für Zirkustiere in Verbindung mit 
der Schweizer Tierschutzverordnung wurden im Auftrag 
des BML von Sachverständigen „Leitlinien für die Hal- 
tung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbe- 
trieben oder ähnlichen Einrichtungen“ erarbeitet. 

Diese Leitlinien, die im Oktober 1990 den zuständigen 
obersten Landesbehörden sowie den betroffenen Ver- 
bänden zugesandt wurden, sollen in erster Linie den 
Zirkusuntemehmen selbst sowie den dort für die Tier- 
haltung Verantwortlichen, darüber hinaus aber auch den 
Überwachungsbehörden und letztlich den Gerichten als 
Entscheidungshilfe dienen. 

Diese Leitlinien werden zur Zeit im Auftrag des BML 
von einer Sachverständigengmppe überarbeitet. 

Bei der Haltung von Zirkustieren ist insbesondere fol- 
gendes zu beachten: 

- Die auf das Tierschutzgesetz gestützten Anfordemn- 
gen an die Tierhaltung gelten uneingeschränkt auch 
für Zirkustiere. 

- Gmndsätzlich sollen nur Tiere im Zirkus mitgeführt 
werden, mit denen auch häufig und regelmäßig gear- 
beitet wird. Für Menschenaffen, Tümmler und Del- 
phine ist eine Haltung in Zirkussen oder ähnlichen 
Einrichtungen gmndsätzlich abzulehnen. 

- Bei der Haltung von Säugetieren, mit denen nicht 
häufig und regelmäßig gearbeitet wird, sind die An- 
fordemngen des Gutachtens „Mindestanfordemngen 
an die tierschutzgerechte Haltung von Säugetieren“ 
voll zu erfüllen. 




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- Säugetiere und Vögel, die im allgemeinen gesellig 
oder paarweise leben, dürfen nur dann einzeln im 
Zirkus gehalten werden, wenn mit ihnen häufig und 
regelmäßig gearbeitet wird und der fehlende Art- 
genosse insoweit durch eine Bezugsperson ersetzt 
wird. 

- Neben Zirkuswagen und Manege sollen für alle Groß- 
raubtiere und Affen Einrichtungen vorhanden sein, 
die zusätzliche Fläche sowie zusätzliche Reize wie 
Sonne, Regen, unterschiedliche Bodenstruktur usw. 
anbieten (Veranden oder Außengehege). Diese müs- 


IV. Zucht von Tieren, Handel mit Tieren 


Der siebte Abschnitt des Tierschutzgesetzes enthält Be- 
stimmungen zur Zucht von Tieren und zum Handel mit 
Tieren. Der behördlichen Erlaubnis bedarf nach § 11 des 
Tierschutzgesetzes, wer 

- Wirbeltiere zu Versuchszwecken oder anderen wis- 
senschaftlichen Zwecken wie Eingriffe zur Organent- 
nahme bzw. Ausbildung oder für die Tötung zu wis- 
senschaftlichen Zwecken züchten oder halten, 

- Tierbörsen zum Zwecke des Tausches oder Verkaufes 
von Tieren durch Dritte durchführen, 

- gewerbsmäßig Wirbeltiere, außer landwirtschaftliche 
Nutztiere, züchten oder halten oder mit Wirbeltieren 
handeln 

will. 

Um den bundeseinheitlichen Vollzug dieser Bestimmun- 
gen zu erreichen, sind weitere Einzelheiten in der All- 
gemeinen Verwaltungsvorschrifl zur Durchführung des 
Tierschutzgesetzes festgelegt worden; die aufgrund der 
Novellierung des Tierschutzgesetzes notwendig gewor- 
dene Neufassung dieser Vorschrift soll in Kürze dem 
Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet werden. 

Die behördliche Erlaubnis wird nur erteilt, wenn 

- die erforderliche Sachkunde und 

- Zuverlässigkeit der für die Tätigkeit verantwortlichen 
Person sowie 

- die für eine tierschutzgerechte Ernährung, Pflege und 
Unterbringung erforderlichen Räume und Einrich- 
tungen 

vorhanden sind. 

Im Berichtszeitraum waren wiederholt bei Tierbörsen 
massive Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bekannt- 
geworden. Besonders aufgefallen waren solche Veran- 
staltungen, die sich aus traditionellen Vogel - oder Tau- 
benmärkten entwickelt hatten. Aber auch einige Repti- 
lienbörsen fielen negativ auf Nicht zuletzt dank dem 
Engagement der Fachverbände sowie der Tierschutz- 
organisationen konnten in Zusammenarbeit mit den 
zuständigen Behörden die schlimmsten Auswüchse 
durch entsprechende Auflagen in Form von Börsenord- 


sen von den Tieren benutzt werden können, sobald 
der Zirkus seinen Standplatz bezogen hat. 

- Sofern nach dem Gutachten „Mindestanforderungen 
an die tierschutzgerechte Haltung von Säugetieren“ 
ein Schwimmbecken vorgesehen ist, muß eine Bade- 
möglichkeit auch bei mobilen Tierhaltungen vorhan- 
den sein. Die Badeeinrichtung darf für Tiere, mit de- 
nen häufig und regelmäßig gearbeitet wird, etwas 
kleiner sein, als im Gutachten empfohlen. Es muß 
gewährleistet sein, daß jedes Tier seiner Art und sei- 
nen Bedürfnissen entsprechend täglich baden kann. 


nungen ausgeräumt werden. Es bleibt zu hoffen, daß die 
neue Vorschrift in § 11 des Tierschutzgesetzes, wonach 
Tierbörsen zum Zwecke des Tausches oder Verkaufes 
von Tieren durch Dritte erlaubnispfiichtig sind, dauerhaft 
solche Mißstände verhindern kann. Derzeit erarbeitet 
eine Sachverständigengruppe im Auftrag des Landes 
Baden-Württemberg entsprechende Vorschläge, die zu 
gegebener Zeit von den anderen Ländern übernommen 
werden sollen. Auch die Tierärztliche Vereinigung für 
Tierschutz bereitet eine Checkliste für die Überwachung 
an Tierbörsen vor. 

Im Tierschutzgesefz werden Zucht und Handel von Ver- 
suchstieren besonders geregelt. Durch die Aufzeich- 
nungs- und Kennzeichnungspfiicht nach § 11a des Tier- 
schutzgesetzes soll sichergestellt werden, daß Tiere nur 
dann zu Tierversuchen verwendet werden, wenn sie 
hierfür gezüchfet worden sind. Die Aufzeichnungspfiicht 
ermöglichf der zusfändigen Behörde, Herkunft und Ver- 
bleib gezüchteter, gehaltener oder gehandelter Ver- 
suchstiere zu überwachen. Anhand ihrer Kennzeichnung 
lassen sich die Versuchstiere identifizieren. 

Im einzelnen werden Art und Umfang der Aufzeichnun- 
gen sowie die Kennzeichnung von Hunden und Katzen 
in der Verordnung über Aufzeichnungen über Versuchs- 
tiere und deren Kennzeichnung vom 20. Mai 1988 
(BGBl. I S. 639) festgelegt. 

Der Vollzug dieser Verordnung hat zu keinen nennens- 
werten Schwierigkeiten geführt. 

Dagegen ist die Anwendung des § 11b (Verbot von 
Qualzuchten) weiterhin problematisch. Das liegt an der 
sehr kontrovers diskutierten Frage, wann die Grenze zur 
Qualzucht erreicht oder sogar überschritten ist. 

Auf der Ebene des Europarats wurde die Qualzuchtpro- 
blematik im Rahmen des Europäischen Übereinkom- 
mens zum Schutz von Heimtieren behandelt. Sie war ein 
Schwerpunktthema der multilateralen Konsultation der 
Vertragsparteien, die im März 1995 stattfand. Hiermit 
wurde eine Diskussion mit internationalen Hunde- und 
Katzenzuchtverbänden mit dem Ziel initiiert, eine Ände- 
rung tierschutzrelevanter Zuchtstandards oder der ent- 
sprechenden Auslegung der Standards oder, wo dies 




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nötig ist, insgesamt eine Abkehr von bestimmten Rassen 
zu erreichen. Es wurde eine Resolution gefaßt, die die 
Vertragsparteien auffordert, die Diskussion mit den 
Verbänden zu intensivieren und Aufklärungsarbeit zu 
leisten. Die Bundesregierung erwartet, daß diese Diskus- 
sion auch in den anderen europäischen Staaten verstärkt 
geführt wird. Es ist deutlich, daß es auch in der Heim- 
tierzucht einen europäischen Wettbewerb gibt, der eine 
Angleichung auf möglichst hohem Tierschutzniveau 
erforderlich macht. 

Auch wenn sich die Diskussion zunächst auf die Katzen- 
und Hundezucht konzentriert hat, müssen andere Berei- 
che ebenso kritisch hinterfragt werden. 

Nachdem es bisher nicht gelungen ist, durch Appelle an 
die Verbände zu erreichen, daß diese tierschutzwidrige 
Rassestandards überdenken und Übertypisierungen ver- 
meiden, und in einer Einzelfallentscheidung das Amts- 
gericht Kassel eine Katzenzüchterin wegen vorsätzlicher 
Qualzüchtung zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt hat, 
hat BML zu dem gesamten Themenkomplex der Heim- 
tierzucht eine Sachverständigengruppe um die Erstellung 
eines Gutachtens gebeten, das sowohl den Züchtern als 
auch den Behörden als Leitlinie dienen soll. Dies soll 
nach langwierigen Diskussionen in Kürze abgeschlossen 
und veröffentlicht werden. 

Auch eine einseitige Ausrichtung auf maximale Mast- 
leistungen kann Folgen für die Tiere nach sich ziehen, 
die die Grenzen des Vertretbaren erreichen und in man- 
chen Fällen überschreiten. So sollten auch beim 
Mastgeflügel gesundheitliche Aspekte in der Züchtung 
stärkeres Gewicht erhalten. BML hat die verantwort- 
lichen Zuchtuntemehmen hierauf bereits hingewiesen. 
Sowohl im Bereich der Zucht von Masthähnchen als 
auch von Puten wurden entsprechende Bemühungen 
zugesagt. 

Die Zucht von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und 
Pferden wird durch das Tierzuchtgesetz geregelt. Eines 
der Ziele dieses Gesetzes ist es, die Züchtung der Tiere 
so zu fördern, daß „die Leistungsfähigkeit der Tiere 
unter Berücksichtigung der Vitalität erhalten und verbes- 


sert wird“. Die behördliche Anerkennung der Zuchtorga- 
nisationen durch die Länder beinhaltet auch eine Prüfung 
des Zuchtprogramms im Hinblick auf dieses genannte 
Ziel. 

Auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Tierzucht be- 
stimmen in erster Linie wirtschaftliche Überlegungen 
den notwendigen Handlungsbedarf Weil die angestrebte 
Leistungsfähigkeit nur von gesunden und widerstandsfä- 
higen Tieren erzielt werden kann, stimmen wirtschaftli- 
che und tierschutzethische Ziele weitgehend überein, ln 
der landwirtschaftlichen Nutztierzucht wird dementspre- 
chend niemals ausschließlich nach Leistungskriterien 
selektiert. Vielmehr werden gleichzeitig immer auch 
Merkmale wie Fruchtbarkeit und Exterieur berücksich- 
tigt. 

Erbfehler, die das Fehlen oder die Veränderung von 
Körperteilen oder Organen nach sich ziehen, sind in der 
Regel züchterisch unerwünscht, und ihnen wird nach 
Möglichkeit züchterisch entgegengewirkt. Bei Schwei- 
nen sind nach der Verordnung über die Leistungsprüfun- 
gen und die Zuchtwertfeststellung bei Schweinen Erb- 
mängel in der Zuchtleistungsprüfung zu erfassen. Bei 
Rindern wird derzeit eine Änderung der Verordnung 
über die Leistungsprüfungen und die Zuchtwertfeststel- 
lung vorbereitet, die unter anderem notwendig geworden 
ist, um Bestimmungen der EG zur Berücksichtigung von 
Erbfehlern beim Rind umzusetzen. 

Im Spannungsfeld zwischen Ansprüchen von Wirt- 
schaftlichkeit und Tiergerechtheit müssen mögliche 
Problembereiche der Nutztierzucht sorgfältig beobachtet 
werden. Außer der geschilderten möglichen staatlichen 
Einflußnahme im Rahmen der Anerkennung von Zucht- 
organisationen nehmen auch die Tierzuchtorganisationen 
ihre Selbstverantwortung wahr. 

Unabhängig hiervon hat BML die Deutsche Gesellschaft 
für Züchtungskunde gebeten, eine Arbeitsgruppe aus 
Vertretern der Zuchtorganisationen und der Tierärztli- 
chen Vereinigung für Tierschutz e. V. einzusetzen mit 
dem Ziel, Vorschläge für den Bereich der landwirt- 
schaftlichen Nutztierzucht zu erarbeiten. 


V. Gewerblicher Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen 


Auch für den gewerblichen Rechtsschufz gilt der Grund- 
satz, daß Tiere nicht als Sachen, sondern als Mitgeschöp- 
fe anzusehen sind, aber dennoch die für Sachen gelten- 
den Vorschriften auf Tiere Anwendung finden. Die 
rechtliche und ethische Beurteilung des gewerblichen 
Rechtsschutzes im Zusammenhang mit Tieren muß da- 
her vor dem Hintergrund der Gestaltung des Eigentums- 
rechtes am Tier erfolgen. Da es legitim ist, Tiere zu 
besitzen, mit ihnen zu handeln oder sie zu bestimmten 
Zwecken zu nutzen, wird ein gewerblicher Rechtsschutz 
bestimmter Tiere als mit dem Grundsatz des Tierschutz- 
gesetzes (Verantwortung des Menschen für das Tier als 
Mitgeschöpf) vereinbar angesehen. 


Im Zusammenhang mit der Biotechnologie wird die 
Behandlung des geistigen Eigentums bei Tieren im all- 
gemeinen und insbesondere die Praxis der Patentertei- 
lung kontrovers diskutiert. Die Richtlinie 98/44/EG des 
Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 
über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfin- 
dungen (ABI. EG Nr. L 213 S. 13 vom 20. Juli 1998) 
regelt unter anderem die Grenzen der Patentierbarkeit bei 
Tieren. Gemäß dieser Richtlinie sind genetisches Mate- 
rial, Mikroorganismen, mikrobiologische Verfahren, 
Pflanzen und Tiere grundsätzlich patentierbar. Von der 
Patentierbarkeit ausgenommen sind Pfianzensorten, 
Tierrassen und im wesentlichen biologische Verfahren 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


zur Züchtung von Pflanzen und Tieren, das heißt Verfah- 
ren, die vollständig auf natürlichen Phänomenen wie 
Kreuzung oder Selektion beruhen. 

Aus ethischen Gründen von der Patentierbarkeit ausge- 
nommen sind Verfahren zur Veränderung der geneti- 


VI. Tierheime 


Die wesentliche Aufgabe eines Tierheims besteht darin, 
Fund- und Abgabetiere aufzunehmen und pfleglich un- 
terzubringen, bis sie dem Eigentümer zurückgegeben 
werden können. Wenn dieser nicht zu ermitteln ist, gilt 
es, die Tiere in ein neues Zuhause zu vermitteln. Darüber 
hinaus sind viele Tierheime bereit, bei Notlagen in un- 
bürokratischer Weise zu helfen. 

Unter dem Begriff „Fundtier“ versteht man Tiere, die 
dem Eigentümer entlaufen oder sonst seinem Besitz 
entzogen sind. 

Bei „herrenlosen Tieren“ handelt es sich häufig um 
ausgesetzte Tiere. Nach § 3 Nr. 3 des Tierschutzgeset- 
zes ist es zwar verboten, ein im Haus, Betrieb oder 
sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszuset- 
zen, um sich seiner zu entledigen. Obwohl ein Verstoß 
gegen diese Bestimmung mit einem Bußgeld von bis zu 
50 000 DM geahndet werden kann, kommen herrenlose 
Tiere besonders zu Reisezeiten vermehrt in die Tier- 
heime. 

Eine weitere Kategorie von Tieren in Tierheimen stellen 
- mit steigender Tendenz - die „Abgabetiere“ dar. Hier- 
mit sind solche Tiere gemeint, die der Eigentümer aus 
unterschiedlichen Gründen - wie etwa Wohnungswech- 
sel, Krankenhausaufenthalt oder anderen, insbesondere 
familiären Gründen - nicht mehr halten kann oder, was 
auch häufiger vorkommt, nicht mehr halten will. Häufig 
wird versucht, solche Tiere in einem Tierheim unterzu- 
bringen. Eine Aufnahmepflicht für solche Tiere, die ja 
rechtlich gesehen noch ihren Eigentümern gehören, die 
für das Wohlergehen der Tiere verantwortlich sind, be- 
steht nicht. Jeder, der ein Tier erwerben will, sollte daher 
vorher sehr gründlich prüfen, ob er bereit und in der 
Lage ist, diesem Tier bis an sein Lebensende dauernd 
angemessene Pflege und Unterbringung zu gewähren. 

Für die rechtliche Behandlung von Fundtieren gelten die 
einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetz- 


schen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden 
dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen 
für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie 
die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere. Die 
Richtlinie muß bis zum 30. Juli 2000 in deutsches Recht 
umgesetzt werden. 


buches, insbesondere die §§ 965 bis 976, jeweils in Ver- 
bindung mit § 90a BGB. Danach ist der Finder ver- 
pflichtet, dem Eigentümer des Tieres oder, wenn dieser 
ihm nicht bekannt ist, der zuständigen Behörde unver- 
züglich den Fund anzuzeigen. Er ist berechtigt und auf 
Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet, den 
Fund an die zuständige Behörde abzuliefem. 

Die zuständigen Gemeinden übertragen die Verwahrung 
der Fundtiere meist den örtlichen Tierschutzvereinen. 
Die Aufwendungen für die pflegliche Unterbringung der 
Fundtiere sind den Tierheimen zu ersetzen. Für die Ver- 
sorgung von Abgabetieren besteht dagegen in der Regel 
keine direkte Kostenübemahmepfiicht seitens der Ge- 
meinde. Hier können die Tierheime die Aufnahme eines 
solchen Tieres aus Platz- oder Kostengründen verwei- 
gern oder von der Entrichtung einer Aufwandsentschädi- 
gung abhängig machen. Durch eine Aufnahmeverweige- 
rung ist aber letztendlich den betroffenen Tieren nicht 
gedient, zumal sie dann häufig einem ungewissen 
Schicksal ausgesetzt werden. Hier muß nach tierfreund- 
licheren Lösungsansätzen gesucht werden. 

Für Tierheime besteht keine Finanzierungszuständigkeit 
des Bundes. Nach Artikel 83 GG führen die Länder 
Bundesgesetze grundsätzlich als eigene Angelegenheit 
aus. Nach Artikel 104a Abs. 1 GG tragen der Bund und 
die Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der 
Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Dies gilt auch 
für das Tierschutzgesetz. Daher sind sämtliche Kosten, 
die sich aus dem Vollzug des Tierschutzgesetzes erge- 
ben, von den Ländern zu tragen. 

Im Ausland aufgefundene vernachlässigte Heimtiere 
sollten nur in Ausnahmefällen in deutsche Tierheime 
verbracht werden. Zu unterstützen sind daher die Bemü- 
hungen deutscher Tierschutzorganisationen, in anderen 
europäischen Ländern vor Ort „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu 
leisten. 




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VII. Pferdesport 


Für den Pferdesport finden sich bereits im Tierschutz- 
gesetz unmittelbar anwendbare Regelungen: 

So ist es nach § 3 dieses Gesetzes unter anderem verbo- 
ten, 

- einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlan- 
gen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich 
nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine 
Kräfte übersteigen, 

- ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit 
erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das 
Tier verbunden sind, 

- ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Wer- 
bung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, so- 
fern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das 
Tier verbunden sind, 

- an einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähn- 
lichen Veranstaltungen Dopingmittel anzuwenden. 

Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes sind fol- 
gende Verbotstatbestände hinzugekommen: 

- das Verbot, einem Tier, an dem Eingriffe und Be- 
handlungen vorgenommen worden sind, die einen lei- 
stungsmindemden körperlichen Zustand verdecken, 
Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines 
körperlichen Zustandes nicht gewachsen ist und 

- das Verbot, an einem Tier im Training oder bei 
sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstal- 
tungen Maßnahmen anzuwenden, die mit erheblichen 
Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und 
die die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen 
können. 

Im Oktober 1992 wurden auf Anregung des BML die 
Leitlinien „Tierschutz im Pferdesport“ verabschiedet. An 
diesem Papier haben alle Pferdesportverbände, die Bun- 
destierärztekammer (vormals Deutsche Tierärzteschaft), 
die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft, Tier- 
schutzverbände, Praktiker, Wissenschaftler und Behör- 
denvertreter mitgearbeitet. Den Leitlinien „Tierschutz im 
Pferdesport“ wird das „Bedarfsdeckungs- und Schaden- 
vermeidungs-Konzept“ für den tierschutzgerechten Um- 
gang mit Pferden zugrunde gelegt. 

Die Leitlinien sollen sowohl für alle, die mit Pferden 
Umgang haben, zur Selbstkontrolle geeignet sein als 
auch den für den Vollzug des Tierschutzgesetzes zustän- 
digen Behörden als Orientierungshilfe für die Entschei- 
dung in Einzelfällen dienen können. Sie sind im Internet 


unter der Anschrift http:www.bml.de - Stichwort Tier- 
schutz - abrulbar und werden darüber hinaus als Bro- 
schüre vom BML zur Verfiigung gestellt. 

Der Verhaltens- und tierschutzgerechte Umgang mit 
Pferden bei der Ausbildung, beim Training und bei der 
Nutzung verlangt ein hohes Maß an Wissen und Können. 
Deshalb ist es unerläßlich, bei der Aus- und Fortbildung 
von Reitern, einschließlich Freizeitreitem, Trainern und 
Pferdepfiegem, auch Erkenntnisse der Verhaltenslehre 
zu vermitteln. 

Im Berichtszeitraum gerieten einige Methoden und ins- 
besondere bestimmte Ausrüstungsgegenstände, die im 
Trabrennsport zum Einsatz kamen, in das Blickfeld der 
Behörden. Die in mehreren Medien dargestellten Miß- 
stände veranlaßte den Hauptverband für Traberzucht und 
Rennen e. V. (HVT), eine verbandsinteme Tierschutz- 
kommission einzusetzen. Diese Kommission hat den 
Auftrag, die Liste der zulässigen Ausrüstungsgegen- 
stände unter Tierschutzaspekten zu überprüfen. Im Er- 
gebnis wurde eine inzwischen verbindliche Posilivlisle 
1998 in die Trabrennordnung aufgenommen und im 
Rennkalender veröffentlicht. Folgende Hilfsmittel stehen 
weiterhin in der Kritik: die Verwendung von Ziehwatte 
(Ohrenstöpsel), der Overcheck, mit dem der Kopf des 
Pferdes so gehalten wird, daß ein Angaloppieren er- 
schwert wird, sowie besonders das Zungenband. 

Die Tierschutzreferenten der Länder regten an, diese 
Hilfsmittel unter Tierschutzgesichtspunkten von unab- 
hängiger Seite überprüfen zu lassen. Diese Überprüfung 
hat inzwischen stattgefunden. Das Ergebnis wird in Kür- 
ze in der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift ver- 
öffentlicht. 

Offengeblieben ist die abschließende Beurteilung des 
Zungenbandes. Während der HVT den Einsatz des Zun- 
genbandes auch aus Gründen des Tierschutzes für uner- 
läßlich hält, wird von anderer Seite darauf hingewiesen, 
daß durch die Fixierung der Zunge Quetschungen durch 
das Gebiß vorprogrammiert seien. Es soll versucht wer- 
den, diese Frage in ergänzenden Untersuchungen zu 
klären. 

Das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e. V. hat 
inzwischen die Untersuchung der zweijährigen Pferde 
vor dem ersten Renneinsatz verbindlich in die Rennord- 
nung aufgenommen. Bisher wurde diese Untersuchung 
aufgrund einer Vereinbarung mit der Bundestierärzte- 
kammer durchgelührt. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


VIII. Ausbildung von Jagdhunden 


Es besteht Einigkeit darüber, daß brauchbare Jagdhunde 
für die weidgerechte Durchführung der Jagd auch unter 
Tierschutzgesichtspunkten unerläßlich sind. Wie zur 
Wasserarbeit brauchbare Jagdhunde auszubilden sind, 
insbesondere, ob hierbei lebende Enten eingesetzt wer- 
den dürfen, ist weiter umstritten. 

Während bei den Jagdeignungs- oder Jagdgebrauchshun- 
deprüfungen die Hunde nicht an der lebenden Ente geprüft 
werden, sehen bestimmte verbandsinteme Zuchtprüfungen 
vor, daß die Hunde zur Wasserarbeit auch hinter lebenden 
Enten, die zu diesem Zweck flugunfähig gemacht werden, 
ausgebildet und geprüft werden. 

Offensichtlich ist, daß den zur Ausbildung von Jagdhun- 
den eingesetzten lebenden Enten häufig Schmerzen, 
Leiden oder Schäden zugefügt werden. Entscheidend für 
die tierschutzrechtliche Beurteilung dieser Methode ist 
die Frage, ob hierzu ein die Rechtswidrigkeit ausschlie- 
ßender vernünftiger Grund vorliegt. Diese Frage ist zu 
verneinen, sofern andere adäquate Methoden zur Hunde- 
ausbildung vorliegen und sich diese unter Praxisbedin- 
gungen bewährt haben. 

Strafrechtlich wurde die bisherige Methode nicht be- 
anstandet. Das Schöffengericht Stolzenau hat 1993 
entschieden, daß die Ausbildung von Jagdhunden hinter 
zu diesem Zweck flugunfähig gemachten lebenden 
Enten keinen Straftatbestand im Sinne des § 17 des 
Tierschutzgesetzes darstelle, da derzeit andere Ausbil- 
dungsmethoden noch nicht genügend erprobt oder nicht 
genügend praktikabel seien. Das Oberlandesgericht 
Celle hat - 2 Ss 147/93 - dieses Urteil bestätigt. 

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein kommt 
in einem Urteil vom 17. März 1998 (Az.: 4 L 219/94) 


wie auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Be- 
schluß vom 6. November 1996, Az.: - 11 TG 4486/96 -) 
zu dem Ergebnis, daß das Ausbilden und Prüfen von 
Jagdhunden an zu diesem Zweck flugunfähig gemachten 
lebenden Enten einen Verstoß gegen das Hetzverbot des 
Tierschutzgesetzes (§ 3 Nr. 8) darstellt, und bestätigt 
eine entsprechende Untersagungsverfügung durch die 
zuständige Behörde. 

Die gegenteilige Auffassung vertritt das Oberverwal- 
tungsgericht Münster in seinem Urteil vom 30. Juli 1998 
(Az.: 20 A 592/96) und hebt eine Allgemeinverfügung 
auf, die die Verwendung der lebenden Ente bei der Hun- 
deausbildung verbietet. 

Nach Mitteilung der Länder wird derzeit wie folgt ver- 
fahren: 

ln den Stadtsfaaten sowie im Saarland werden keine 
Hunde zur Wasserarbeit hinter der lebenden Ente ausge- 
bildet oder geprüft; in Hessen isf diese Ausbildungs- und 
Prüfungsmethode per Erlaß verboten, ln Rheinland-Pfalz 
besfehen Zweifel, ob die Ausbildung und Prüfung von 
Jagdhunden unter Verwendung lebender Enten mit den 
Bestimmungen des Tierschutzgesetzes vereinbar ist. ln 
Sachsen-Anhalt und Sachsen werden Hunde hinter der 
lebenden Ente ausgebildet und geprüft, ln den übrigen 
Ländern wurden öffentlich-rechtliche Vereinbarungen 
getroffen, bei denen auch die Verwendung lebender 
Enten vorgesehen ist, wobei jedoch durch geeignete 
Rahmenbedingungen Belangen des Tierschutzes Rech- 
nung getragen wird, ln Bayern wurde eine Kommission 
eingesefzf, die die fachlichen und rechtlichen Aspekte 
der Jagdhundeprüfung prüfen und Empfehlungen über 
das weitere Vorgehen ausarbeiten soll. 


IX. Eingriffe nach dem 4. Abschnitt des Tierschutzgesetzes 
(soweit nicht bei der Tierhaltung beschrieben) 


Nach § 5 Abs. 1 darf an einem Wirbeltier ohne Betäu- 
bung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht 
vorgenommen werden. Die Betäubung warmblütiger 
Wirbeltiere sowie von Amphibien und Reptilien ist von 
einem Tierarzt vorzunehmen. Nach Absatz 2 ist eine 
Betäubung nicht erforderlich, 

- wenn bei vergleichbaren Eingriffen am Menschen 
eine Betäubung in der Regel unterbleibt oder der mit 
dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger isf 
als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträch- 
tigung des Befindens des Tieres oder 

- wenn die Betäubung im Einzelfall nach tierärztlichem 
Urteil nicht durchführbar erscheint. 


Nach § 5 Abs. 3 Nr. 7 ist eine Betäubung nicht erforder- 
lich für die Kennzeichnung von Schweinen, Schafen, 
Ziegen und Kaninchen durch Ohrtätowierung, für die 
Kennzeichnung anderer Säugetiere innerhalb der ersten 
zwei Lebenswochen durch Ohr- und Schenkeltätowie- 
rung sowie die Kennzeichnung landwirtschaftlicher 
Nutztiere einschließlich von Pferden durch Ohrmarke, 
Flügelmarke, injizierten Mikrochip, ausgenommen bei 
Geflügel, durch Schlagstempel beim Schwein und durch 
Schenkelbrand beim Pferd. Letztere Methode war in 
den letzten Jahren stark in die Kritik geraten, nachdem 
mehrere Anzeigen gegen Brandmeister von den Gerich- 
ten unterschiedlich bewertet wurden. Neuere Untersu- 
chungen scheinen jedoch zu belegen, daß der ordnungs- 




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gemäß durchgefiihrte Schenkelbrand fiir das Pferd nicht 
belastender als andere Kermzeichnungsmethoden, wie 
zum Beispiel der injizierte Mikrochip, ist. Verboten ist 
hingegen der Halsbrand. 

Zu der Regelung über das betäubungslose Tätowieren 
von Hundewelpen war es zu unterschiedlichen Ausle- 
gungen gekommen. Nachdem zwei unabhängige Gut- 
achter bestätigt hatten, daß eine Betäubung bei Hunde- 
welpen in der Regel nicht erforderlich ist, da der mit der 
Tätowierung verbundene Schmerz geringer ist als die 
Beeinträchtigung des Befindens der Welpen durch die 
Betäubung, hat BML der betäubungs losen Tätowierung 
von Welpen unter zwölf Wochen in Auslegung des § 5 
Abs. 3 Nr. 7 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 1 Tier- 
schutzgesetz zugestimmt. Dem haben sich die für den 
Tierschutz zuständigen Referenten der Länder mehrheit- 
lich angeschlossen. 

§ 6 des Tierschutzgesetzes regelt das Amputieren von 
Körperteilen und das vollständige oder teilweise Ent- 
nehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben 
eines Wirbeltieres. 

Das Amputationsverbot gilt insbesondere nicht, wenn 
der Eingriff im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation 
geboten ist oder bei jagdlich zu führenden Hunden für 
die vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und 
tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen (vgl. Ab- 
schnitt IIL2.12 Seite 52). 

Darüber hinaus gilt das Amputationsverbot nicht für das 
Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen 
Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen, sofern kein 
von der normalen anatomischen Beschaffenheit abwei- 
chender Befund vorliegt, sowie zur Kennzeichnung von 
Tieren nach § 5 Abs. 3 Nr. 7. 

Das Amputationsverbot gilt auch nicht für bestimmte 
Eingriffe bei landwirtschaftlichen Nutztieren, sofern der 
Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des 
Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere 
unerläßlich ist. 

Bei Eingriffen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Tier- 
schutzgesetzes (Entnehmen von Organen oder Geweben 
zum Zwecke der Transplantation oder des Anlegens von 
Kulturen oder zur Untersuchung isolierter Organe, Ge- 


X. Transport von Tieren 

Die mit dem Transport verbundene plötzliche Änderung 
der Umweltfaktoren stellt für die meisten Tiere eine 
große Belastung dar. 

Die Beförderung führt in der Regel zu 

- Trennung von vertrauten Pfiegem, Artgenossen und 
Stallungen, 

- ungewohnten Belastungen beim Be- und Entladen, 

- Einschränkung der Bewegungsmöglichkeit, 


webe oder Zellen) sind unter anderem bestimmte perso- 
nelle Voraussetzungen, bestimmte Aufzeichnungs- 
pfiichten sowie eine Anzeigepfiicht zu beachten (vgl. 
Abschnitt XV.). 

Werden Organe oder Gewebe von einem Tier entnom- 
men, das vorbehandelt wurde, handelt es sich um einen 
Teil eines Tierversuchs im Sinne des § 7 Abs. 1 des 
Tierschutzgesetzes, wenn die Vorbehandlung der Tiere 
Versuchszwecken dient und mit Schmerzen, Leiden oder 
Schäden verbunden sein kann. 

Zudem gilt das Amputationsverbot nicht zur Verhinde- 
rung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit 
tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - wenn zur 
weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Un- 
fruchtbarmachung vorgenommen wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 
Nr. 5). Solche Eingriffe sind von einem Tierarzt vorzu- 
nehmen. Es ist hier davon auszugehen, daß der verant- 
wortungsvolle Tierarzt einen entsprechenden Eingriff 
nur vomimmt, wenn dies aufgrund der Haltungsbedin- 
gungen zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflan- 
zung notwendig und erfolgversprechend ist. Hierzu ist in 
der Regel eine Einzelfallentscheidung erforderlich. Eine 
generelle Kastrationspflicht ist hiermit wohl nicht ver- 
einbar. 

Neu geregelt wurde mit der Novellierung des Tier- 
schutzgesetzes das Schnabelkürzen beim Geflügel. Die 
bisherige Regelung hatte durch die nicht hinreichend 
bestimmte Verwendung des Begriffes „Homteile“ zu 
unterschiedlichen Interpretationen geführt, so daß die 
Vorschrift einerseits weit ausgelegt und damit vielfach 
angewendet wurde. Bei einer engen Auslegung war 
hingegen das in bestimmten Fällen zur Vermeidung von 
Federpicken und Kannibalismus unerläßliche Schnabel- 
kürzen beim Geflügel rechtskonform nicht durchführbar. 
Der Eingriff isf daher nun einem Erlaubnisvorbehalt 
unterworfen. 

Das gleiche gilt für das Kürzen des Schwanzes von 
bis zu drei Monate alten Kälbern, wenn der Eingriff 
zur Verhütung der Schwanzspitzen entzündung uner- 
läßlich ist. Zur Erlaubniserteilung sind detaillierte 
Vorgaben in der neugefaßten Allgemeinen Verwal- 
tungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzge- 
setzes vorgesehen. 


- Rangauseinandersetzungen mit unbekannten Artge- 
nossen, 

- unregelmäßiger Fütterung, Tränke und Pflege. 

Daher muß darauf geachtet werden, daß den Tieren keine 
vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt 
werden. 

Die Bundesregierung wird sich weiterhin für eine Ver- 
besserung der Sifuation der Tiere sowie für eine nach- 
haltige Verkürzung der Transportzeiten einsetzen. Insbe- 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


sondere im Bereich der Schlachttiertransporte besteht 
nach wie vor dringender Handlungsbedarf. Tieren ge- 
bührt eine verantwortungsbewußte und tierschutzge- 
rechte Behandlung von der Haltung über den Transport 
bis zur Schlachtung. Die Tatsache, daß die besonders 
schlimmen Mißstände meist außerhalb unserer Grenzen 
festgestellt wurden, verdeutlicht, wie notwendig hier 
internationale sowie supranationale Vorschriften sind. 

Selbstverständlich wäre es im Sinne des Tierschutzes 
besser, die Tiere jeweils im Herkunftsland zu schlachten 
und dann das Fleisch in die Bestimmungsländer zu 
transportieren. Dem steht die Forderung einiger Staaten 
entgegen, lebende Tiere einzuführen. Von diesen wird 
geltend gemacht, daß dort die notwendigen und den 
strengen Hygienevorschriflen der EU entsprechenden 
Schlacht- und Kühlkapazitäten nicht in ausreichendem 
Maße vorhanden seien. Außerdem verlangten die Beson- 
derheiten des Marktes in einigen Ländern die Vermark- 
tung lebender Schlachttiere. 

Der immer wieder vorgetragenen Anregung, Schlacht- 
tiere möglichst nur bis zum nächstgelegenen Schlachthof 
zu transportieren, steht auch im Binnenmarkt entgegen, 
daß es nicht möglich ist, rechtsverbindlich vorzuschrei- 
ben, daß Schlachttiere in jedem Falle dem nächstgelege- 
nen Schlachthof zugeführt werden müssen. Aus Wett- 
bewerbs- und Praktikabilitätsgründen ist hier ein gewis- 
ser Spielraum erforderlich. 

1 Europarat 

Das Europäische Übereinkommen vom 13. Dezember 
1968 über den Schutz von Tieren beim internationalen 
Transport enthält umfassende, völkerrechtlich verbindli- 
che Bestimmungen für den grenzüberschreitenden 
Transport von Tieren. 

Einhufer sowie Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine 
sind, bevor sie für internationale Transporte verladen 
werden, von einem amtlichen Tierarzt des Versandlandes 
zu untersuchen, der festzustellen hat, ob sie transportfä- 
hig sind. Der amtliche Tierarzt stellt ein Zeugnis aus, in 
dem die Identität der Tiere, ihre Transportfähigkeit und 
das Transportmittel sowie die Art des verwendeten Fahr- 
zeugs angegeben wird. Die Tiere müssen über angemes- 
senen Raum verfügen und, sofern nicht besondere Ver- 
hältnisse Gegenteiliges erfordern, sich niederlegen kön- 
nen. Die Tiere müssen unter den vom amtlichen Tierarzt 
gebilligten Bedingungen verladen werden. Während des 
Transports sind die Tiere in angemessenen Zeitabständen 
mit Wasser und geeignetem Futter zu versorgen. Die 
Tiere dürfen dabei in der Regel nicht länger als 24 Stun- 
den ohne Futter und Wasser bleiben. 

Das Übereinkommen enthält in differenzierter Form 
Vorschriften über den Transport von 

- Einhufern und Tieren der Gattung Rind, Schaf Ziege 
und Schwein, soweit sie Haustiere sind, 

- Hausgeflügel und Hauskaninchen, 

- Haushunden und Hauskatzen, 

- anderen Säugetieren und Vögeln sowie von 

- kaltblütigen Tieren. 


Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Überein- 
kommen 1973 ratifiziert (Gesetz vom 12. Juli 1973 - 
BGBl. 1973 II S. 721). Vertragsparteien sind alle EU- 
Mitgliedstaaten sowie Island, Norwegen, Rumänien, 
Rußland, die Schweiz, die Tschechische Republik, die 
Türkei und Zypern. 

Da die Bestimmungen des Übereinkommens nicht in 
allen Bereichen genügend präzise sind, mußten in Er- 
gänzung hierzu insbesondere international anerkannte 
Vorgaben für den Platzbedarf der jeweiligen Tierarten 
erarbeitet werden. 

Seit 1987 wurden beim Europarat Empfehlungen für den 
Transport von Pferden, Schweinen, Rindern, Schafen, 
Ziegen sowie Geflügel verabschiedet. Diese Texte wur- 
den in deutscher Übersetzung den zuständigen obersten 
Landesbehörden sowie den betroffenen Wirtschaftskrei- 
sen übermittelt. 


2 Europäische Union 

Das Europäische Übereinkommen soll im Rahmen einer 
Multilateralen Konsultation überarbeitet werden. Hierbei 
sollen insbesondere rechtliche Fragen im Verhältnis zum 
Tiertransportrecht der EG geklärt werden. Zudem soll 
die Anwendung der Konvention flexibilisiert werden. 
Hierzu ist beabsichtigt, die Regelung als Rahmenkon- 
vention auszugestalten, wobei die allgemein anerkannten 
und justitiabien Detailbestimmungen der entsprechenden 
Empfehlungen als verbindliche Anhänge angefügt wer- 
den. Gleichzeitig soll neuen wissenschaftlichen Erkennt- 
nissen Rechnung getragen werden. Eine Arbeitsgruppe 
hat entsprechende Vorarbeitetn bereits aufgenommen. 

Im November 1991 hat der Agrarministerrat mit der 
Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren 
beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 
90/425/EWG und 91/496/EWG (ABI. EG Nr. 340 S. 17) 
den Rahmen für die künftige Regelung des Tiertrans- 
portes verabschiedet. Notwendige Detailbestimmungen 
hat der Agrarministerrat mit der Richtlinie 95/29/EG des 
Rates vom 29. Juni 1995 zur Änderung der Richtlinie 
91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Trans- 
port (ABI. EG Nr. L 148 S. 52) verabschiedet. Hierbei 
waren bis zuletzt die Regelungen über einzuhaltende 
Fütterungs-, Tränk- und Ruheintervalle für Pferde, Rin- 
der, Schafe, Ziegen und Schweine (Nufzfiere) umsfriffen. 

Die EG-Transportrichtlinie unterwirft auch die tierschutz- 
rechtlichen Kontrollen den in den einschlägigen Veteri- 
närkontrollrichtlinien (Richtlinien 89/608/EWG, 90/425/ 
EWG und 91/496/EWG) niedergelegten Grundsätzen. 

Nach Artikel 8 der EG-Transportrichtlinie tragen die Mit- 
gliedstaaten dafür Sorge, daß die zuständigen Behörden 
gemäß den in der Richtlinie 90/425/EWG für die Kon- 
trollen festgelegten Grundsätzen und Regeln die Einhal- 
tung der Anforderungen der vorliegenden Richtlinie durch 
folgende nichtdiskriminierende Kontrollen gewährleisten: 

a) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren beim 
Transport auf der Straße; 

b) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren bei der 
Ankunft am Bestimmungsort; 




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c) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren auf 
Märkten, an Versandorten sowie an Aufenthalts- und 
Umladeorten; 

d) Kontrollen der Angaben auf den Begleitdokumenten. 

Ferner können Verdachtskontrollen vorgenommen wer- 
den, und es wird klargestellt, daß Kontrollen, die in nicht- 
diskriminierender Weise von den allgemeinen Ordnungs- 
kräften im Rahmen ihrer Aufgaben vorgenommen wer- 
den, von der EG-Transportrichtlinie unberührt bleiben. 

Diese Kontrollen müssen eine repräsentative Auswahl 
der Tiere erfassen, die pro Jahr in einen Mitgliedstaat 
transportiert werden. Die Mitgliedstaaten sind ver- 
pflichtet, der Kommission einen jährlichen Bericht über 
durchgeführte Kontrollen sowie die hierauf ergriffenen 
Maßnahmen vorzulegen. 

In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahre 
1997 nach Mitteilung der für die Durchführung des Tier- 
schutzgesetzes zuständigen obersten Landesbehörden 
folgende Tiertransportkontrollen durchgeführt: 

a) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren 

während des Transports auf der Straße: 11 068 

b) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren 

bei der Ankunft am Bestimmungsort: 316 237 

c) Kontrollen von Transportmitteln und Tieren 

auf Märkten, an Versandorten sowie an 
Aufenthalts- und Umladeorten: 37 391 

d) Kontrollen der Angaben auf den Begleit- 
dokumenten: 295 794 

Hierbei wurden folgende Zuwiderhandlungen festgestellt: 

- Transport transportunfähiger Tiere, 

- gemeinsamer Transport unverträglicher Tiere, 

- Überschreitung der Transporthöchstdauer, 

- zu hohe oder zu geringe Ladedichte, 

- unzulängliche Versorgung der Tiere während des 

Transports, 

- Mängel der Transportmittel, 

- fehlende Abtrennung der Tiere, 

- unzulängliche Reinigung und Desinfektion der Trans- 
portmittel, 

- Mängel bei der Transportplanung, 

- unzulängliche Begleitdokumente, 

- Nichtmitführung von Futter, 

- unsachgemäßer Umgang mit den Tieren, 

- tierschutzwidrige Verwendung elektrischer Treibhilfen, 

- unzureichende Einstreu, 

- Mängel bei der Belüftung. 

Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben im 
Einzelfall die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und 
die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen 
Maßnahmen getroffen; hierzu zählen insbesondere: 

- Belehrungen, 

- mündliche Verwarnungen, 


- schriftliche Verfügungen, 

- Ordnungswidrigkeitenverfahren, 

- Strafanzeigen, 

- Beschlagnahme der Tiere, 

- Zurückweisung bei der Grenzkontrolle. 

Durch den Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen 
werden zeitliche Verzögerungen im innergemeinschaft- 
lichen Tiertransport vermieden. 

Für Einfuhren aus Drittstaaten wurde ein einheitliches 
Außenregime festgelegt. An Drittlandsgrenzen sind auch 
weiterhin systematische Kontrollen durchzuführen. 

Die Einfuhr von Tieren aus Drittstaaten in die EU ist 
nach Artikel 1 1 der EG-Transportrichtlinie nur zulässig, 
wenn sich der Verantwortliche schriftlich zur Einhaltung 
der Anforderungen der Richtlinie verpflichtet und nach- 
weisen kann, daß er die notwendigen Vorkehrungen 
getroffen hat. Für den Einführer gelten nach Passieren 
der EU-Außengrenze die gleichen personellen, sach- 
lichen und sonstigen Bestimmungen wie für jeden inner- 
gemeinschaftlichen Transport. 

Die EG-Transportrichtlinie schreibt vor, daß bei Einfuh- 
ren aus Drittstaaten die Richtlinie 91/496/EWG (Veteri- 
närkontrollen Drittland) insbesondere hinsichtlich der 
Durchführung der Kontrollen und der sich daran an- 
schließenden Maßnahmen anwendbar ist. Hieraus erge- 
ben sich insbesondere folgende Verpflichtungen: 

- der Einführer muß dem Veterinärpersonal der Grenz- 
kontrollstelle, der die Tiere gestellt werden sollen, 
einen Werktag im voraus Menge und Art der Tiere 
sowie den Zeitpunkt mitteilen, an dem die Tiere vor- 
aussichtlich eintreffen; 

- Tiertransporte dürfen die Grenzstation erst verlassen, 
nachdem die tierschutzrechtliche Grenzkontrolle ab- 
geschlossen ist; 

- Tiere, die nicht transportfähig sind, dürfen nicht in die 
Gemeinschaft verbracht werden. 

Für den Fall, daß bei Drittlandsgrenzkontrollen festge- 
stellt wird, daß die Vorschriften der Gemeinschaft nicht 
eingehalten worden sind, gibt die Richtlinie 91/496/ 
EWG der zuständigen Behörde einen umfassenden Maß- 
nahmenkatalog an die Hand. 

So kann die zuständige Behörde nach Anhörung des 
Einführers oder seines Vertreters folgende Maßnahmen 
anordnen: 

- die Unterbringung, Fütterung oder Tränkung und, falls 
erforderlich, die Pflege der Tiere oder 

- die Rücksendung des betreffenden Transportes, sofern 
hiergegen keine gesundheitlichen Bedenken oder Be- 
denken im Hinblick auf den erforderlichen Schutz von 
Tieren bestehen. 

Ist aufgrund tierschutzrechtlicher Erwägungen eine 
Rücksendung der Tiere nicht möglich, kann der amtliche 
Tierarzt nach Schlachttieruntersuchung die Schlachtung 
der Tiere genehmigen oder die Tötung der Tiere und 
gegebenenfalls deren unschädliche Beseitigung anord- 
nen. 





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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Die EG-Transportrichtlinie enthält insbesondere folgen- 
de wichtige Regelungen: 

- Innerhalb der Europäischen Union wird grundsätzlich 
der Tiertransport von Nutztieren in Normalfahrzeugen 
auf acht Stunden begrenzt. Anschließend müssen die 
Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden. Eine 
Fortsetzung des Transports ist dann erst nach einer 
Ruhepause von mindestens 24 Stunden zulässig. 

- Die Mitgliedstaaten dürfen in Normalfahrzeugen 
durchgeführte Schlachttiertransporte, die in dem be- 
treffenden Mitgliedstaat beginnen und dort enden, ab- 
solut auf acht Stunden beschränken; solche Transporte 
dürfen danach nicht mehr fortgesetzt werden. 

Ein länger als acht Stunden dauernder Transport von 
Nutztieren ist nur in Spezialfahrzeugen zulässig, die 
besondere Anforderungen erfüllen. Hierbei sind fol- 
gende Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie 
Fahrt- und Ruhezeiten einzuhalten: 

- Jungtieren ist nach einem Transport von neun 
Stunden eine einstündige Ruhepause zu gewähren, 
während der sie getränkt und gefüttert werden 
müssen. Nach dieser Ruhepause kann der Trans- 
port für weitere neun Stunden fortgesetzt werden. 

- Schweine und Pferde können für eine maximale 
Dauer von 24 Stunden transportiert werden. Beim 
Transport von Schweinen muß eine ständige Ver- 
sorgung mit Wasser gewährleistet sein; Pferde 
müssen alle acht Stunden getränkt und gefüttert 
werden. 

- Die übrigen Nutztiere (Rinder, Schafe und Ziegen) 
müssen nach einem Transport von 14 Stunden eine 
einstündige Ruhepause erhalten, damit sie getränkt 
werden können. Danach kann der Transport für 
weitere 14 Stunden fortgesetzt werden. 

Nach einem solchen Transport in Spezialfahrzeugen 
müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt wer- 
den sowie eine Ruhepause von 24 Stunden erhalten; 
erst dann darf der Transport in Spezialfahrzeugen 
fortgesetzt werden. 

- Tiertransportuntemehmen benötigen künftig eine tier- 
schutzrechtliche Erlaubnis. Dieser Erlaubnisvorbehalt 
gilt grundsätzlich auch für Transporteure aus Dritt- 
staaten. Das Personal, das mit den Tieren umgeht, 
muß die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten 
nachweisen. 

- Vor Beginn eines über acht Stunden dauernden 
grenzüberschreitenden Nutztiertransports muß ein 
Transportplan erstellt und der zuständigen Behörde 
vorgelegt werden, aus dem die Fahrtroute, die Ruhe- 
zeiten und die Möglichkeit zum Füttern und Tränken 
der Tiere hervorgehen müssen. Während des Trans- 
ports müssen insbesondere die erforderlichen Anga- 
ben über das Ruhen, Tränken und Füttern der Tiere in 
den Transportplan eingetragen werden. Der vollstän- 
dig ausgefüllte Transportplan muß nach Abschluß des 
Transports der zuständigen Behörde zur Kontrolle 
vorgelegt werden. 

- Bei der Ausfuhr von Tieren in Drittstaaten werden 
Transporte, die bis zum Erreichen der EU-Außen- 


grenze bereits länger als acht Stunden unterwegs wa- 
ren, beim Verlassen des Gemeinschaftsgebietes noch- 
mals von amtlichen Tierärzten kontrolliert. 

- In Anlehnung an die auf Grund des Europäischen 
Übereinkommens vom 13. Dezember 1968 über den 
Schutz von Tieren beim internationalen Transport er- 
lassenen Empfehlungen für den Transport von Tieren 
werden präzise Vorschriften an die einzuhaltenden 
Ladedichten festgelegt. 

- Bei Verstößen gegen Bestimmungen der EG-Richt- 
linie müssen die Mitgliedstaaten die festgestellten 
Mißstände abstellen, Strafverfahren einleiten und ge- 
gebenenfalls die Erlaubnis für den Transport von Tie- 
ren entziehen. Die Mitgliedstaaten sind auch ver- 
pflichtet, bei der Ahndung von Verstößen gegenseitig 
Amtshilfe zu leisten. 

Die Verordnung (EG) Nr. 1255/97 des Rates vom 
25. Juni 1997 zur Festlegung gemeinschaftlicher Anfor- 
derungen für Aufenthaltsorte und zur Anpassung des 
im Anhang der Richtlinie 91/628/EWG vorgesehenen 
Transportplans (ABI. EG Nr. L 174 S. 1) legt die erfor- 
derlichen Anforderungen an Aufenthaltsorte, in denen 
Nutztiere während langer Transporte entladen, unterge- 
bracht und versorgt werden müssen, fest. Die Verord- 
nung bestimmt insbesondere, daß die zuständigen Be- 
hörden der Mitgliedstaaten nur solche Aufenthaltsorte 
zulassen dürfen, die die Kriterien des Anhangs über 
einzuhaltende seuchenrechtliche, baulich-technische und 
betriebliche Anforderungen erfüllen. 

Bei Nutztierfemtransporten sind seit 1. Januar 1999 die 
Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 zu 
beachten. Nach Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) 
Nr. 1255/97 müssen ab diesem Zeitpunkt Aufenthalts- 
orte, an denen die beim Transport von Nutztieren einzu- 
haltenden Ruhepausen bei Überschreitung der zulässigen 
Transportintervalle eingelegt werden sollen, den ein- 
schlägigen Gemeinschaftsbestimmungen entsprechen. 
Nur an solchen zugelassenen Aufenthaltsorten darf die 
24stündige Ruhepause eingelegt werden. 

Darüber hinaus sieht die Verordnung (EG) Nr. 1255/97 
eine Ergänzung des bestehenden Transportplanes um 
genaue Angaben über den Zeitpunkt des Ab- und Bela- 
dens sowie das Versorgen der Tiere vor. Zudem müssen 
eventuelle Abweichungen von dem Transportplan be- 
gründet werden. 

Die Verordnung (EG) Nr. 411/98 des Rates vom 16. Fe- 
bruar 1998 mit zusätzlichen Tierschutzvorschriften für 
Straßenfahrzeuge zur Beförderung von Tieren während 
mehr als acht Stunden (ABI. EG Nr. L 52 S. 8) enthält 
die notwendigen Detailvorschriften über Spezialfahr- 
zeuge. Insbesondere werden Festlegungen getroffen über 
die 

- zu verwendende Einstreu, 

- Fütterung, 

- Zugangsmöglichkeit zu den Tieren, 

- Belüftung, 

- Abtrennung sowie 

- Tränkung. 





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Drucksache 14/600 


Besondere Bedeutung kommt hier den Bestimmungen 
über die Lüftung zu. Hierzu wird bestimmt, daß die 
Fahrzeuge über ein angemessenes Belüftungssystem 
verfügen müssen, das so beschaffen ist, daß die Voraus- 
setzungen für das Wohlbefinden der Tier ständig gege- 
ben sind. Um dieses Ziel zu erreichen, muß entweder ein 
Zwangslüftungssystem, dessen technische Details noch 
bestimmt werden müssen, oder ein Belüftungssystem, 
das sicherstellt, daß im Innern des Fahrzeugs für alle 
Tiere eine Temperaturspanne zwischen 5 °C und 30 °C 
eingehalten wird, vorhanden sein, wobei je nach Außen- 
temperatur eine Toleranzmarge von -I-5 °C zulässig ist. 
Die Temperatur muß mit einer geeigneten Kontrollein- 
richtung überwacht werden. Die Bestimmungen der Ver- 
ordnung (EG) Nr. 411/98 sind ab 1. Juli 1999 anzuwen- 
den. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die Bestimmungen 
der EG-Transportrichtlinie. 

Mit Verordnung (EG) Nr. 615/98 des Rates vom 
18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur 
Ausfuhrerstattungsregelung in bezug auf den Schutz 
lebender Rinder beim Transport (ABI. EG Nr. L 82 
S. 19), die seit 1. September 1998 anzuwenden ist, wird 
die Auszahlung der Exporterstattungen von der Einhal- 
tung tierschutzrechtlicher Bestimmungen bis zur Abfer- 
tigung der Tiere zum freien Verkehr im Empfängerdritt- 
land abhängig gemacht. 

Diese Verordnung sieht bei Rinderexporten unter ande- 
rem eine systematische Ausfuhruntersuchung zum Zeit- 
punkt des Verlassens des Gemeinschaftsgebiets vor. 
Hierbei ist zu beurteilen, ob 

- die Rinder transportfähig sind, 

- das Transportmittel den geltenden Anforderungen ent- 
spricht und 

- Vorkehrungen zur Betreuung der Rinder während des 
Transports getroffen sind. 

Entsprechend einer beim Verlassen des Gemeinschafts- 
gebiets durchzuführenden Risikoanalyse kann der amt- 
liche Tierarzt hierbei auf den Zollpapieren den Vermerk 
anbringen „Kontrolle bei der Entladung der Tiere im 
Drittland erforderlich“. In diesen Fällen muß nach Arti- 
kel 3 Abs. 1 in Verbindung mit Absatz 3 zweiter Spiegel- 
strich eine Kontrolle im Drittland stattfinden. Daneben 
sind alle Tiere beim Entladen im Drittland zu kontrollie- 
ren, die nach Verlassen des Gemeinschaftsgebietes in ein 
anderes Transportmittel verladen wurden (Artikel 3 Abs. 1 
in Verbindung mit Absatz 3 erster Spiegelstrich). 

Darüber hinaus finden in Drittstaaten Zufallskontrollen 
nach Artikel 4 statt. 

Die Kontrollen in Drittstaaten werden von durch die 
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) 
zugelassenen Kontroll- und Überwachungsgesellschaften 
(KÜGs) oder - soweit erforderlich und möglich - durch 
die BLE selbst durchgeführt. 1998 waren vier KÜGs zu 
diesem Zweck zugelassen: 

- Controll Union International, Bremen; 

- German Control, Hamburg; 

- ICCS, International Commodity Control Services, 
Hamburg; 

- SGS Control-Co.m.H., Hamburg. 


Im Jahr 1999 wurde bisher nur die ICCS, Hamburg, 
zugelassen. 

Diese KÜGs, die bereifs seit über zehn Jahren in 
Drittstaaten zollrechtliche Überwachungsmaßnahmen 
durchführen, besfätigen auf den Zollpapieren den ord- 
nungsgemäßen Zustand der Tiere bei der Ankunft im 
Drittland. Die Kosten für diese Untersuchung hat (mit 
Ausnahme einer Kontrolle nach Artikel 4) der Exporteur 
zu tragen. Diese Bestätigung muß der Exporteur beim 
Hauptzollamt Hamburg- Jonas, das für die Auszahlung 
der Exportersfattungen zuständig ist, einreichen. 

Der Exporteur ist dafür verantwortlich, erforderlichen- 
falls eine KÜG mit der Durchführung der Kontrollen im 
Drittland zu beauftragen. 

Die bei der Durchführung der Ausfuhruntersuchung 
insbesondere an italienischen und österreichischen Aus- 
gangsstellen aufgetretenen Anlaufschwierigkeiten konn- 
ten inzwischen überwunden werden; ein praxisgerechtes 
Kontrollverfahren, bei dem zeitliche Verzögerungen so- 
weit wie möglich vermieden werden, wurde inzwischen 
entwickelt. 

Die Kommission hat entsprechend einer Ratsentschlie- 
ßung den Vorschlag für eine Entschließung des Rates zur 
Änderung des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG in 
bezug auf die Ruhezeiten von Schweinen an den Aufent- 
haltsorten (KOM (98) 478 endg.) vorgelegt. Der Vor- 
schlag sieht vor, daß beim Transport von Schweinen 
unter bestimmten technischen Voraussetzungen von der 
in der EG-Transportrichtlinie vorgesehenen Entlade- 
pfiicht nach einem Transport von 24 Stunden abgesehen 
werden kann. 

Der Bundesrat begrüßt in seiner Entschließung vom 
6. November 1998 (Drucksache 766/98 - Beschluß) die 
vorgeschlagene Regelung zwar grundsätzlich, hält den 
Vorschlag aber in der vorliegenden Form für nicht aus- 
reichend und auch nicht für durchführbar, weil 

- die erforderlichen Aufenthaltsorte, an denen die 
Schweine auf dem Fahrzeug verbleiben sollen, nicht 
vorhanden sind, 

- die Vorgaben an Raumbedarf und Ausstattung der 
Fahrzeuge nicht ausreichen und 

- der Vorschlag auf andere Zuchttiere ausgedehnt wer- 
den sollte. 

Zudem spricht sich der Bundesrat für die Wiederauf- 
nahme der Beratungen um die tiergerechte Durchführung 
von Langsfreckentransporten aus. Hierbei soll sich die 
Bundesregierung bei Schlachttiertransporten für eine 
zeitliche Obergrenze von acht Stunden einsetzen. 

Darüber hinaus stellt der Bundesrat fest, daß bisher in 
Deutschland keine Aufenthaltsorte nach Verordnung 
(EG) Nr. 1255/97 zugelassen sind. Daher könnten ab 
1. Januar 1999 keine Tiertransporte mehr durchgeführt 
werden, bei denen Ruhepausen vorgeschrieben sind. 

Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat in Zusam- 
menarbeit mit der FAL, der Fachhochschule Weihen- 
stephan sowie der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rin- 
derzüchter e. V. ein Forschungsvorhaben durchgeführt, 
in dem einerseits die Belastungen von Rindern bei Fern- 




Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


transporten sowie mögliche Alternativen zum Abladen 
der Tiere untersucht wurden. Erste Ergebnisse deuten 
darauf hin, daß bei Einhaltung geeigneter Rahmenbedin- 
gungen beim Rindertransport ein Verzicht auf das Ab la- 
den der Tiere nach einem Transport von 29 Stunden 
weniger belastend ist. 

Bei der Beratung des Kommissionsvorschlags wird sich 
die Bundesregierung mit Nachdruck dafür einsetzen, 
zumindest auch für Zuchtrinder eine vergleichbare Aus- 
nahme vom Entladegebot - wie für Schweine vorge- 
schlagen - zu erreichen. 

Die im Mittelmeer zur Verladung aus der EU stammen- 
der Rinder eingesetzten Transportschiffe weisen unter 
dem Aspekt des Tierschutzes zum Teil erhebliche Defi- 
zite auf Diese betreffen insbesondere die Ladeeinrich- 
tungen (schiffseigene Rampen) sowie konstruktionsbe- 
dingte Verletzungsgefahren. Eine weitere Nutzung der 
Schiffe ist aus Sicht des Tierschutzes nur vertretbar, 
wenn die festgestellten Mängel umgehend beseitigt wer- 
den. 

Besondere Schwierigkeiten bestehen nach wie vor bei 
der Auswahl geeigneter Transportschiffe. Die aus Mit- 
teleuropa kommenden Rinder werden überwiegend in 
italienischen, französischen, kroatischen oder sloweni- 
schen Häfen in Schiffe verladen, die den Transport bis 
zum Bestimmungshafen des Drittlandes übernehmen. 
Nach der EG-Transportrichtlinie müssen diese Schiffe 
bestimmte Anforderungen erfüllen. Werden die Tiere in 
einen EU-Hafen verladen, hat der zuständige amtliche 
Tierarzt zu überprüfen, ob die Anforderungen der EG- 
Transportrichtlinie erfüllt sind. 

Um tierschutzwidrige Zustände und Wettbewerbsverzer- 
rungen zu vermeiden, müssen bei Verladung der Rinder 
in einem Drittland (zum Beispiel Kroatien oder Slowe- 
nien) die gleichen Anforderungen durchgesetzt werden 
wie beim Verladen innerhalb der EU. Nach den bis- 
herigen Erfahrungen ist dies letztlich nur befriedigend 
möglich, wenn tierschutzkonforme Schiffe nach EU- 
Kriterien zugelassen und in einer Positivliste aufgeführt 
werden. Bisher haben sich die Kommissionsdienststellen 
im Rahmen ihrer insoweit bestehenden Außenvertre- 
tungskompetenz (Generaldirektion XXIV, Amt für Le- 
bensmittel- und veterinäre Fragen) darauf beschränkt, 
Schiffe, die anläßlich einer Inspektionsreise angetroffen 
werden und nicht den Anforderungen der EG-Trans- 
portrichtlinie genügen, auf eine Negativliste zu setzen. 
Anhand des Transportplans wird sichergestellt, daß sol- 
che Schiffe nicht zum Einsatz kommen. 

Bei diesem Vorgehen ist jedoch nicht auszuschließen, 
daß die Speditionen zumindest vorübergehend auf noch 
schlechtere, bisher nicht inspizierte Schiffe ausweichen. 
Auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bestehen 
gegen dieses sehr stark vom Zufall abhängige Verfahren 
erhebliche Bedenken. Daher ist sowohl unter fachlichen 
Aspekten als auch aus Gründen der Rechtssicherheit eine 
systematische Beurteilung aller Schiffe, die letztlich zu 
einer Positivliste der geeigneten Schiffe führen soll, 
unverzichtbar. 

Der bereits vorbereitete entsprechende Kommissionsvor- 
schlag wird dringend erwartet. 


Nach Artikel 13 der Änderungsrichtlinie obliegt es der 
Kommission, dem Rat vor dem 31. Dezember 1999 
einen Bericht über die Erfahrungen der Mitgliedstaaten 
seit der Umsetzung dieser Richtlinie sowie gegebenen- 
falls Vorschläge, über die der Rat mit qualifizierter 
Mehrheit befindet, vorzulegen. Die Bundesregierung 
wird die Kommission an ihre Verpflichtung zu gegebe- 
ner Zeit erinnern und ihre Forderung nach Verkürzung 
der Transportzeiten, insbesondere für Schlachttiere, 
Vorbringen. 


3 Bundesrepublik Deutschland 

Mit der Verordnung zum Schutz von Tieren beim Trans- 
port vom 25. Februar 1997 (BGBl. I S. 348), die am 
1. März 1997 in Kraft getreten ist, wird der Tiertransport 
umfassend und im Detail geregelt; die Bestimmungen 
der EG-Transportrichtlinie wurden in nationales Recht 
umgesetzt sowie die bisher geltenden nationalen tier- 
schutzrechtlichen Transportbestimmungen abgelöst, zu- 
sammengefaßt und aktualisiert. Die Verordnung gilt 
grundsätzlich für den Transport aller Tiere, außer für 
Transporte von Tieren im privaten Rahmen. 

Hierbei werden die vorliegenden Regelungen EG-kon- 
form umgesetzt. Von der EG-rechtlich eingeräumten 
Möglichkeit, den innerdeutschen Schlachttiertransport in 
Normalfahrzeugen absolut auf höchstens acht Stunden 
zu beschränken, wird Gebrauch gemacht. 

Da für den tierschutzgerechten Transport von Tieren 
besondere Kenntnisse erforderlich sind, enthält die Ver- 
ordnung eine spezielle Sachkunderegelung. Seit dem 
1. März 1998 hat jeder im Inland ansässige gewerbliche 
Beförderer dafür zu sorgen, daß ein Transport von einer 
entsprechend sachkundigen Person durchgeführt oder be- 
gleitet wird. Der Rahmen für die Aussfellung der Sach- 
kundebescheinigung sowie die für die Erteilung der 
Sachkundebescheinigung notwendigen fachlichen Kennt- 
nisse und Fähigkeiten werden in der Verordnung fest- 
gelegt. Der Ausschuß für Tierschufz der Arbeitsge- 
meinschaft der leitenden Veterinärbeamten der Länder 
(ArgeVet) hat sich bereits im Vorfeld des Erlasses der 
Tierschutztransportverordnung auf ein einheitliches 
Verwaltungsverfahren sowie die gegenseitige Anerken- 
nung der Sachkundebescheinigungen verständigt. 

Die EG-Transportrichtlinie schreibt im Anhang unter 
anderem vor, daß neugeborene Tiere, bei denen die Na- 
belwunde noch nicht vollständig verheilt ist, als nicht 
transportfähig anzusehen sind. Diese Bestimmung, die in 
allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union umzuset- 
zen ist, wurde mit der Tierschutztransportverordnung in 
nationales Recht übernommen. 

In der Agrarministerkonferenz vom 17. bis 19. Septem- 
ber 1997 in Husum haben die für den Vollzug der tier- 
schutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Länder zur 
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „abgeheil- 
ter Nabel“ beschlossen, auf dem Erlaßwege den Zeit- 
punkt des Abheilens des Nabels bei Kälbern frühestens 
auf den 14. Tag nach der Geburt festzulegen. 

Darüber hinaus hat die Agrarministerkonferenz die Bun- 
desregierung gebeten, zur zusätzlichen Absicherung 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


dieses Beschlusses ein gerichtsverwertbares Gutachten 
zur Verfügung zu stellen, mit dem ein Bezug zwischen 
dem Zeitpunkt des Abheilens der Nabelwunde und dem 
Lebensalter der Kälber wissenschaftlich belegt wird. 
Außerdem haben die Agrarminister um Prüfung gebefen, 
ob eine entsprechende Regelung im Interesse eines ein- 
heitlichen Verwaltungsvollzugs auf dem Verordnungs- 
wege geschaffen werden kann. 

Herr Prof Dr. Hartwig Bostedt, Justus-Liebig-Univer- 
sität Gießen, hat am 1. Dezember 1997 sein Gutachten 
über die Transportfähigkeit junger Kälber vorgelegt. 
Dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß frühe- 
stens ab dem 14. Lebenstag vom vollständigen Abheilen 
des Nabels ausgegangen werden kann. 

Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde im Rahmen 
der Ersten Verordnung zur Änderung der Kälberhal- 
tungsverordnung vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 

S. 3326) das in § 3 Abs. 2 Satz 1 der Tierschutztrans- 
portverordnung enthaltene Transportverbot junger Säu- 
getiere dahin gehend konkretisiert, daß insbesondere 
Kälber in einem Alter von weniger als 14 Tagen nicht 
befördert werden dürfen. Diese Änderung ist am 1. Ja- 
nuar 1998 in Kraft getreten. 

Wegen fehlender Rechtsgrundlage konnte bisher der EG- 
rechtlich vorgesehene Erlaubnisvorbehalt für gewerb- 
liche Tierbeförderer nicht in nationales Recht umgesetzt 
werden. Mit dem Gesetz zur Änderung des Tierschutz- 
gesetzes vom 25. Mai 1998 (BGBl. 1 S. 1094) wurde 
eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen. 

Mit der ersten Verordnung zur Änderung der Tier- 
schutztransportverordnung soll von der neuen Ermächti- 
gung Gebrauch gemacht und die Tierschutztransportver- 
ordnung an die neue EG-Rechtslage angepaßt werden. 
Der Änderungsbedarf betrifft insbesondere folgende 
Bereiche: 

- das gewerbsmäßige Befördern von Nutztieren wird 
einem Erlaubnisvorbehalt unterworfen, 

- die Einfuhr von Tieren und Fleisch sowie die Ausfuhr 
von Tieren werden kanalisiert und 

- die unmittelbar geltenden EG-Vorschriften über Spe- 
zialfahrzeuge und Aufenthaltsorte werden in die Ver- 
ordnung eingebunden. 

Der Bundesrat hat der Änderungsverordnung am 5. Fe- 
bruar 1999 mit folgenden Maßgaben zugestimmt: 

1. Der Anwendungsbereich wird beschränkt auf ge- 
werbliche Transporte. 

2. Im Hinblick auf den Erlaubnisvorbehalt wird bei ge- 
werblichen Transporteuren aus Drittländern auf 
eine besondere Verpflichtungserklärung verzichtet, da 


Drittlandsausländer bei der Einfuhr ohnehin eine Erklä- 
rung mitführen müßten, in der sie sich zur Einhaltung 
der Tierschutztransportbestimmungen verpflichten. 

3. Unter Hinweis auf das Verwaltungsverfahrensrecht 
wird die Regelung zum Entzug der Erlaubnis zum 
gewerblichen Tiertransport gestrafft. 

4. Ein Meldeverfahren über zugelassene Aufenthaltsorte 
wird eingeführt. 

5. Künftig können auch ausgewachsene Aale in feuchter 
Verpackung befördert werden, bisher war das nur bei 
Jungaalen (Glasaalen) erlaubt. 

6. Die Kanalisierung der Ein- und Ausfuhr von Tieren 
wird auf den gewerblichen Bereich beschränkt. 

7. Ausgehend von praktischen Erfahrungen wird der 
Platzbedarf beim Transport schwerer Puten verringert. 

8. Die Vorgaben an den Platzbedarf beim Transport von 
Schweinen werden gestrafft. 

Die Änderungsverordnung soll in Kürze verkündet wer- 
den. 

Zudem hat der Bundesrat eine Entschließung gefaßt, in 
der festgestellt wird, daß das EG-Tiertransportrecht 
zahlreiche bürokratische Vorschriften enthalte, die keine 
Verbesserung des Tiertransportes bewirken, und die 
Bundesregierung wird gebeten, 

- sich bei der Europäischen Kommission für eine Über- 
arbeitung des EG-Tiertransportrecht einzusetzen mit 
dem Ziel, die Regelungen auf ihre Praktikabilität zu 
überprüfen, 

- sich für ein mit dem für Inländer geltenden Zulas- 
sungsverfahren gewerblicher Tiertransporteure aus 
Drittländern einzusetzen und 

- sich auf EG-Ebene für eine Ausnahme vom Entlade- 
gebot bei Rinderfemtransporten einzusetzen. 

Darüber hinaus wird die Bundesregierung gebeten, bei 
einer weiteren Änderung der Tierschutztransportverord- 
nung die Platzvorgaben beim Transport schwerer 
Schweine zu überprüfen. 

Auch in Zukunft müssen die entsprechenden Rechts- 
vorschriften weiterentwickelt werden. Es gilt, Lösun- 
gen zu finden, die einerseits den Anforderungen des 
Tierschutzes gerecht werden, andererseits aber nicht 
zu unverhältnismäßigen Beschränkungen im Binnen- 
markt führen. Nach Vorlage des Berichts aufgrund 
des Artikels 13 Abs. 3 der EG-Transportrichtlinie zum 
31. Dezember 1999 besteht die Möglichkeit, die ge- 
samte Transportproblematik erneut zu beraten. Zentrale 
Forderung ist hierbei eine nachhaltige Verkürzung der 
Transportzeiten. 




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XI. Tierverluste durch den Straßenverkehr 

Neben vielen Heimtieren (Hunde und Katzen) fallen leider | Das Tierschutzgesetz enthält keine Rechtsgrundlage, aus 


in zum Teil erheblicher Zahl auch Wildtiere (Rehe, Hasen, 
Igel usw.) dem Straßenverkehr zum Opfer. Für das Jahr 
1997 weist die Verkehrsunfallstatistik insgesamt 4 303 
Unfälle auf, die durch Tiere auf der Straße verursacht 
wurden, davon 2 755 durch Wild und 1 548 durch sonsti- 
ge Tiere. Nach Auskunft des Deutschen Jagdschutz- 
Verbandes wurden im Zeitraum April 1996 bis März 1997 
insgesamt 30 500 im Straßenverkehr getötete Wildtiere, 
darunter 14 800 Rehe, 10 800 Wildschweine, 3 200 Stück 
Damwild und 1 700 Stück Rotwild, registriert. Sonstige 
Tierarten sind in dieser Zahl nicht enthalten. 

Diese bedauerlichen Unfälle werden meist durch unange- 
paßte Fahrweise und mangelnde Rücksichtnahme einzel- 
ner Kraftfahrer verursacht. Solche Verluste müssen aus 
tier- und naturschutzrechtlicher Sicht vermieden werden. 

Deswegen, aber auch um die am Straßenverkehr teil- 
nehmenden Menschen nicht zu gefährden, fordert die 
Bundesregierung die Kraftfahrer nachdrücklich auf, ihre 
Geschwindigkeit so einzurichten, daß weder Mensch 
noch Tier zu Schaden kommen. 


XII. Betäuben, Schlachten und Töten von 


1 Zum Begriff des „vernünftigen Grundes“ 

Nach seiner Zweckbestimmung in § 1 Satz 1 schützt das 
Tierschutzgesetz nicht nur das Wohlbefinden des Tieres, 
sondern auch dessen Leben. Satz 2 verbietet, Tieren 
ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schä- 
den zuzufügen. Bei einheitlicher Betrachtungsweise 
beider Sätze des § 1 des Tierschutzgesetzes ergibt sich, 
daß ein Tier nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grun- 
des getötet werden darf Verstöße hiergegen können 
nach § 17 Nr. 1 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren 
oder mit Geldstrafe geahndet werden. 

Eine Legaldefinition des Begriffs „vernünftiger Grund“ 
gibt es nicht. Der Gesetzgeber bedient sich hier zur Be- 
schreibung seiner Ziele eines unbestimmten Rechtsbe- 
griffs, da die vielfältigen Vorgänge der Lebenswirklich- 
keit nicht umfassend und abschließend dargestellt wer- 
den können. Zudem kann durch die offene Tatbestands- 
formulierung das Tierschutzrecht durch Auslegung und 
Rechtsprechung weiterentwickelt und gesellschaftlichen 
Gegebenheiten angepaßt werden, ohne daß eine Geset- 
zesänderung erforderlich wäre. 

Ein vernünftiger Grund kann dann gegeben sein, wenn 
der mit der Tötung verfolgte Zweck, die die Handlung 
auslösenden Umstände und die Wahrscheinlichkeit des 
Erfolgseintritts die Handlung des Täters erforderlich 
machen. Diese auf den ersten Blick eher abstrakten Kri- 


Tierschutzgründen regelnd in das Straßenverkehrsrecht 
einzugreifen. Die notwendigen Bestimmungen werden 
hier ausschließlich in der Straßenverkehrsordnung, für 
die das Bundesverkehrsministerium zuständig ist, getrof- 
fen. So gibt es eine Reihe von Verkehrszeichen, die auf 
bestimmte Gefährdungen durch Tiere (Wildtiere, land- 
wirtschaftliche Nutztiere) bzw. Rücksichtnahme auf 
Tiere durch angepaßte Fahrweise hinweisen. 

Darüber hinaus wurden bereits an vielen Verkehrswegen 
durch verschiedene technische oder bauliche Einrichtun- 
gen (wie zum Beispiel Wildzäune, Wildrefiektoren, 
Fahrbahnunterführungen) Vorkehrungen zum Schuf z der 
Tiere gefroffen. In besonderen Sifuationen, zum Beispiel 
bei Krötenwanderungen, werden besondere Schutzmaß- 
nahmen ergriffen, bisweilen Straßen gesperrt und der 
Verkehr dann umgeleitet. 

Letztlich muß jedoch immer wieder an die Kraftfahrer 
appelliert werden, ihrer Verantwortung gegenüber 
Mensch und Tier gerecht zu werden, damit diese im 
Straßenverkehr nicht verletzt oder getötet werden. 


Tieren 


terien sind inzwischen durch gerichtliche Entscheidun- 
gen und Bearbeitungen in der Literatur konkretisiert 
worden (siehe als Beispiel zum vernünftigen Grund: 
Fangen von Fischen, Abschnitt XIII). 

Beispielsweise kann ein vernünftiger Grund im Einzel- 
fall dann vorliegen, wenn ein krankes Tier nur durch 
eine langwierige und schmerzhafte Behandlung überle- 
ben würde. Bei erheblichen, nicht zu lindernden Schmer- 
zen oder Leiden kann sogar eine Verpflichtung zur Tö- 
tung eines Tieres bestehen, da nach allgemeiner An- 
schauung der Schutz des Wohlbefindens eines Tieres 
über den Schutz seines Lebens gestellt wird. 

Nach § 16a Nr. 2 des Tierschutzgesetzes kann die zu- 
ständige Behörde als Ultima ratio ein einem Halter fort- 
genommenes Tier unter Vermeidung von Schmerzen 
töten lassen, wenn das Tier nach dem Urteil des beam- 
teten Tierarztes nur unter nicht behebbaren Schmerzen, 
Leiden oder Schäden weiterleben kann. Auch hier hat 
der beamtete Tierarzt eine Güterabwägung vorzuneh- 
men, bei der insbesondere das Vorliegen eines vernünf- 
tigen Grundes geprüft werden muß. 

Die vielfältigen Umstände, die Anlaß zur Tötung eines 
Tieres sein können, sind einer allgemeinen Einteilung in 
rechtswidrige oder rechtmäßige Fälle nicht zugänglich. 
Nur das Abstellen auf den Einzelfall unter Einbeziehung 
aller für das Tier und seinen Halter wichtigen Faktoren 




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kann zu einer der Situation des in der Obhut des Men- 
schen lebenden Tieres angemessenen Entscheidung 
führen. 

Auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung 
stellt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Tötung 
von Eintagsküken aufgrund ihres Geschlechts. Durch die 
extreme Spezialisierung in der Hühnerzucht, auf Lege- 
linien einerseits und Mastlinien andererseits, besteht für 
den ganz überwiegenden Anfeil der männlichen Tiere 
der Legelinien in der Geflügelwirtschaft keine Verwen- 
dung; sie werden bisher aus ökonomischen Gründen 
trotz bestehender ethischer Bedenken als Eintagsküken 
getötet. Um diese unbefriedigende Situation zu ändern, 
hat BML ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben, 
dessen Ziel die Entwicklung einer praxisreifen Methode 
zur Früherkennung „männlicher Leger“ bereits in Brut- 
eiem ist. Bei diesem Verfahren soll ermöglicht werden, 
„männlich determinierte Eier“ noch vor der Bebrütung 
auszusortieren. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, daß 
ein praktikables Verfahren zur Früherkennung „männ- 
licher Leger“ in Bruteiem möglich ist. 

Der Transport junger Kälber aus Deutschland nach 
Frankreich zur Erlangung der dort gewährten Verarbei- 
tungsprämie (sogenannte „Herodes-Prämie“) führte in 
der Öffentlichkeit zu erheblichen Protesten. 

Die Regelungen für diese Prämie, mit denen ein Beitrag 
zur Stabilisierung des europäischen Rindfleischmarktes 
geleistet werden soll, bestehen seit Anfang 1993. Bislang 
konnten die Mitgliedstaaten entscheiden, ob sie diese 
Maßnahmen anwenden. In Großbritannien und Portugal 
ist dies seit längerer Zeit der Fall; Frankreich wendet die 
Verarbeitungsprämie seit Oktober 1996 an. 

Die Kommission hatte vorgeschlagen, die bisher fakul- 
tative Zahlung der Prämie in eine obligatorische Maß- 
nahme umzuwandeln. Durch hartnäckigen Widerstand 
konnte die Bundesregierung zusammen mit anderen Mit- 
gliedstaaten dies im Rat verhindern. 

Der Agrarministerrat ist dem Vorschlag der Bundes- 
regierung gefolgt und hat als Alternative eine Frühver- 
marktungsprämie für Masfkälber beschlossen. Die Mit- 
gliedstaaten haben somit die Möglichkeit, die Verarbei- 
tungsprämie für nüchterne Kälber und/oder eine Früh- 
vermarktungsprämie für Mastkälber zu gewähren. 

Nicht zuletzt aus ethischen Gründen hat die Bundesre- 
gierung dafür gekämpft, daß die Verarbeitungsprämie in 
Deutschland nicht angeboten werden muß. Hier kann für 
die weitere Aufzucht der Kälber die Frühvermarktungs- 
prämie in Anspruch genommen werden. 

Bedauerlicherweise besteht jedoch ein ausreichender 
finanzieller Anreiz zur Lieferung von Kälbern nach 
Frankreich. Die Bundesregierung hat daher auf eine 
Änderung der Verordnung gedrängt, damit solche 
Transporte künftig unterbleiben. Denkbar wäre eine 
Regelung, wonach nur für die im jeweiligen Mitglied- 
staat geborenen Kälber die Verarbeitungsprämie gewährt 
werden kann. Dies hat die Kommission unter Hinweis 
auf den einheitlichen Markt abgelehnt. 

Die Bundesregierung wird sich weiter dafür einsefzen, 
daß im Rahmen der Agenda 2000 andere, ethisch eher 


vertretbare Maßnahmen zur Wiederherstellung des 
Gleichgewichts auf dem Rindfleischmarkt durchgesetzt 
werden. 


2 Schlachten und Töten von Tieren 

In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1997 5,0 Mil- 
lionen Rinder, 38,6 Millionen Schweine, 962 911 Schafe 
und Ziegen und 18 749 Pferde geschlachtet. Bei Geflügel 
wird statistisch nur das Schlachtgewicht, welches 643 360 
Tonnen betrug, erfaßt. 

2.1 Europarat 

In der Bundesrepublik Deutschland wurden 1997 5,0 
Millionen Rinder, 38,6 Millionen Schweine, 962 911 
Schafe und Ziegen und 18 749 Pferde in gewerblichen 
sowie Hausschlachtungen geschlachtet. Bei Geflügel 
wird statistisch nur das Schlachtgewicht, welches 
643 360 Tonnen betrug, erfaßt. 

Das Europäische Übereinkommen vom 10. Mai 1979 
über den Schutz von Schlachttieren enthält Grundsätze 
und Detailbestimmungen, die dem Schutz von Einhu- 
fern, Wiederkäuern, Schweinen, Kaninchen und Geflü- 
gel, soweit sie als Haustiere gehalten werden, vor ver- 
meidbaren Schmerzen oder Leiden beim Verbringen, 
Unterbringen, Ruhigstellen, Betäuben und Schlachten 
dienen. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Über- 
einkommen unterzeichnet und 1983 ratifiziert (Gesetz 
vom 9. Dezember 1983 - BGBl. 1983 II S. 770), ebenso 
sind Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Finnland, Grie- 
chenland, Irland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Mazedo- 
nien, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, 
die Schweiz und Slowenien dem Übereinkommen bei- 
getreten; Belgien, Frankreich, das Vereinigte Königreich 
und Zypern haben es unterzeichnet. Mit Beschluß 
88/306/EWG des Rates vom 16. Mai 1988 über den 
Abschluß des Europäischen Übereinkommens zum 
Schutz von Schlachttieren (ABI. EG Nr. L 137 S. 25) 
wurde das Übereinkommen im Namen der Europäischen 
Union genehmigt. Sobald alle EU-Mitgliedstaaten das 
Übereinkommen ratifiziert haben, wird die Europäische 
Union die Genehmigungsurkunde beim Generalsekretär 
des Europarates hinterlegen. 

2.2 Europäische Union 

Auf EU-Ebene liegt hierzu die Richtlinie 93/119/EG des 
Rates vom 22. Dezember 1993 über den Schutz von 
Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung 
(ABI. EG Nr. L 340 S. 21) vor, mit der die Richtlinie 
74/577/EWG des Rates vom 18. November 1974 über 
die Betäubung von Tieren vor dem Schlachten (ABI. EG 
Nr. L 316 S. 10) abgelöst worden ist. 

Die Richtlinie enthält Mindestanforderungen hinsichtlich 
der baulichen und technischen Ausstattung und der 
Wartung der Anlagen und Geräte, die beim Umgang mit 
lebenden Schlachttieren in Schlachthöfen verwendet 
werden, sowie in bezug auf das Entladen, die Unterbrin- 
gung und Betreuung der Tiere in Schlachthöfen. Für den 




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Regelfall ist vor der Schlachtung eine Betäubung vorge- 
schrieben, und es sind bestimmte zulässige Betäubungs- 
und Tötungs verfahren festgelegt. Während sich die mei- 
sten Vorschriften der Richtlinie auf das Schlachten von 
Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen, Kaninchen und 
Geflügel im Schlachthof, bei der Hausschlachtung oder 
in anderen Schlachtstätten beziehen, gilt der allgemeine 
Grundsatz, daß die Tiere beim Ruhigstellen, Betäuben, 
Schlachten und Töten von vermeidbaren Aufregungen, 
Schmerzen und Leiden verschont bleiben müssen, für 
alle unter der Obhut des Menschen gehaltenen Tiere, die 
zur Gewinnung von Fleisch, Häuten, Pelzen oder sonsti- 
gen Erzeugnissen gehalten werden. Für das Töten land- 
wirtschaftlicher Nutztiere zum Zwecke der Seuchenbe- 
kämpfung, von Pelztieren sowie Eintagsküken sind dar- 
über hinaus spezifische Anforderungen festgelegt. 

2.3 Bundesrepublik Deutschland 

§ 4 Abs. la des Tierschutzgesetzes unterwirft das berufs- 
oder gewerbsmäßige Betäuben oder Töten von Wirbel- 
tieren einem Sachkundevorbehalt (siehe auch Seite 15). 

Nach § 4a Abs. 1 des Tierschutzgesetzes sind warmblü- 
tige Tiere beim Schlachten vor dem Blutentzug zu be- 
täuben. Ausnahmen sind nach § 4a Abs. 2 des Tier- 
schutzgesetzes nur zulässig 

- bei Notschlachtungen, 

- wenn die zuständige Behörde eine Ausnahmegeneh- 
migung für das Schlachten ohne vorherige Betäubung 
(Schächten) erteilt hat oder 

- wenn dies als Ausnahme durch Rechtsverordnung 
nach § 4b Nr. 3 bestimmt ist. 

Eine Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 darf 
nur insoweit erteilt werden, als es erforderlich ist, den 
Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religions- 
gemeinschaften im Geltungsbereich des Gesetzes zu ent- 
sprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Reli- 
gionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den 
Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. 
Diese Regelung trägt dem durch Artikel 4 Abs. 2 des 
Grundgesetzes geschützten Grundrecht auf freie Reli- 
gionsausübung Rechnung. 

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat allerdings 1989 in 
einem Urteil eine Klage auf Erteilung einer Ausnahme- 
genehmigung für die Durchführung von Schlachtungen 
nach islamischem Ritus abgewiesen und in der Begrün- 
dung seine Überzeugung ausgedrückt, „daß in der Isla- 
mischen Religionsgemeinschaft keine zwingenden Vor- 
schriften bestehen, die den Angehörigen dieser Reli- 
gionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den 
Genuß von Fleisch nicht geschächteter Tiere (hier: Rin- 
der und Schafe) untersagen.“ Die Berufung gegen dieses 
Urteil hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht 
abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Rechtsauffas- 
sung vertreten, daß die Regelung des § 4a Abs. 1 in Ver- 
bindung mit Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes im 
Hinblick auf Gläubige, die den Verzehr von Fleisch 
nicht geschächteter Tiere aus religiösen Gründen für 
verboten hielten, keinen Eingriff in deren Grundrecht auf 
ungestörte Religionsausübung darstelle. Für diesen Per- 


sonenkreis sei das Schächten von Tieren nicht Teil der 
Religionsausübung, sondern lediglich Bedingung für die 
Gewinnung eines nach ihren religiösen Begriffen ein- 
wandfreien - aber verzichtbaren - Nahrungsmittels. Die 
genannten Regelungen würden auch insoweit nicht mit- 
telbar zu einem Zwang für den einzelnen Gläubigen 
führen, die religiösen Vorschriften zu mißachten, da zum 
einen der Import von Fleisch geschächteter Tiere mög- 
lich sei und zum anderen Fleisch keinen notwendigen 
Bestandteil der menschlichen Ernährung darstelle. 

Das Berufungsgericht hat darüber hinaus hilfsweise 
ausgeführt, daß das Grundrecht der ungestörten Reli- 
gionsausübung zwar nicht unter einem Gesetzesvorbe- 
halt stehe, ein derartiges vorbehaltloses Grundrecht je- 
doch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichtes nicht schrankenlos gewährleistet sei. Die Re- 
gelung des § 4a Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes sei 
Ausdruck dieser beachtlichen immanenten Grundrechts- 
schranke, da dem Rechtsgut des Tierschutzes, dem durch 
das grundsätzliche Verbot des Schächtens Rechnung 
getragen werde, über Artikel 1 Abs. 1 GG Verfassungs- 
rang zukomme (vgl. dazu Abschnitt II. 4). Die aus dieser 
Grundrechtskonkurrenz resultierende Einschränkung des 
Grundrechts auf ungestörte Religionsausübung sei auch 
verhältnismäßig. Nur in den Fällen, in denen die Freiheit 
der Religionsausübung tangiert werde, trete das Rechts- 
gut des Tierschutzes zurück, nicht aber bereits dann, 
wenn das Schächten in bestimmten religiösen Kreisen 
lediglich eine traditionelle Schlachtmethode darstelle. 

Die Revision gegen das Urteil des Hamburgischen Ober- 
verwaltungsgerichtes wurde 1995 vom Bundesverwal- 
tungsgericht zurückgewiesen (BVerwGE 99, 1 ff ;DVB1. 
1996, 434 ff). Das BVerwG hat die Rechtsauffassung der 
Vorinstanz bestätigt und ausgeführt, daß eine individuelle 
Glaubensüberzeugung vom Bestehen eines religiösen Ver- 
botes, das Fleisch nicht-geschächteter Tiere zu essen, zur 
Feststellung einer entsprechenden zwingenden religiösen 
Vorschrift nicht ausreicht. Vielmehr müsse die Religions- 
gemeinschaft als solche Anordnungen mit dem Anspruch 
unbedingter Verbindlichkeit getroffen haben oder von 
einer ihr übergeordneten Instanz als getroffen ansehen. 

Inzwischen wurde in diesem Zusammenhang beim Bun- 
desverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde einge- 
reicht. 

Wechselwarme Wirbeltiere, also zum Beispiel Fische, 
dürfen nach § 4 Abs. 1 nur unter Betäubung oder sonst, 
soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur 
unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. 

Auch das Töten von Tieren zur anschließenden Entnah- 
me von Organen oder Geweben im Sinne des § 6 Abs. 1 
Nr. 4 des Tierschutzgesetzes darf nur unter Betäubung 
oder sonst unter Vermeidung von Schmerzen von einer 
sachkundigen Person vorgenommen werden. 

In § 13a des Tierschutzgesetzes wird BML ermächtigt, 
durch Rechtsverordnung Anforderungen an freiwillige 
Prüfverfahren zu bestimmen, mit denen nachgewiesen 
wird, daß beim Schlachten verwendete Betäubungsgeräte 
und -anlagen über die Anforderungen des einschlägigen 
Tierschutzrechts hinausgehen. Mit der fachlichen Vorbe- 
reitung dieser Verordnung wird noch in diesem Jahr 




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begonnen. Nach § 16 Abs. 7 des Tierschutzgesetzes kann 
die zuständige Behörde unter bestimmten Voraussetzun- 
gen eine gutachterliche Stellungnahme über Betäubungs- 
anlagen oder -geräte verlangen, es sei denn, es liegt ein 
erfolgreicher Abschluß einer freiwilligen Prüfung vor. 

Mit der Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusam- 
menhang mit der Schlachtung oder Tötung (Tierschutz- 
Schlachtverordnung) vom 3. März 1997 (BGBl. I 
S. 405) wird das Schlachten und Töten von Tieren um- 
fassend geregelt. Sie dient der Umsetzung der Richtlinie 
93/1 19/EG in nationales Recht. Gleichzeitig wird das 
vorkonstitutionelle Schlachtrecht (Gesetz und Verord- 
nungen aus den dreißiger Jahren) abgelöst, wobei dessen 
Bestimmungen dem aktuellen Erkenntnisstand entspre- 
chend übernommen, angepaßt oder ergänzt werden. 
Zudem wird dem Europäischen Übereinkommen vom 
10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren 
(BGBl. II S. 770) einschließlich der im Rahmen einer 
Multilateralen Konsultation der Vertragsparteien erar- 
beiteten Empfehlung zum Schlachten von Tieren Rech- 
nung getragen. 

Die Verordnung legt spezifische Anforderungen nicht 
nur für die Schlachtung oder Tötung von landwirtschaft- 
lichen Nutztieren, sondern auch von anderen Tieren fest, 
die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse bestimmt sind 
oder die auf Grund einer behördlichen Veranlassung 
getötet werden sollen. Dies schließt grundsätzlich Fische 
und Krustentiere ein. Die Verordnung findet keine An- 
wendung auf die weidgerechte Ausübung der Jagd. 

Neben dem Grundsatz, daß Tiere so zu betreuen, ruhig- 
zustellen, zu betäuben, zu schlachten oder zu töten sind, 
daß bei ihnen nicht mehr als unvermeidbare Aufregung, 
Schmerzen, Leiden oder Schäden verursacht werden, 
legt die Verordnung die zulässigen Betäubungs- oder 
Tötungsverfahren sowie die zum Schutz der Tiere erfor- 
derlichen baulich-technischen und personellen Anforde- 
rungen fest. 

Auf folgende Bestimmungen wird besonders hingewie- 
sen: 

- jeder, der ein Tier betreut, ruhigstellt oder schlachtet 
oder tötet, muß über die hierzu jeweils notwendigen 
Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Darüber hinaus 
wird das berufsmäßige Ruhigsfellen, Betäuben oder 
Schlachten von Tieren von einer Sachkundebeschei- 
nigung abhängig gemacht; 

- für Schlachtbetriebe werden die zum Schutz der Tiere 
notwendigen Bestimmungen im Hinblick auf die bau- 
liche und technische Ausstattung und den Betrieb 
- einschließlich des Betreuens der Tiere - festgelegt; 

- die zulässigen Betäubungs- und Tötungsverfahren 
werden abschließend und im Detail geregelt, wobei 
der aktuelle Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse 
sowie praktischer Erfahrungen berücksichtigt werden; 

- die nach Landesrecht zuständigen Behörden können 
weitere Betäubungs- oder Tötungs verfahren zum 
Zwecke ihrer Erprobung zulassen; Voraussetzung ist 
hier, daß sich diese Verfahren bereits im Rahmen von 
Tierversuchen als mit den Grundsätzen der Verord- 
nung vereinbar erwiesen haben. 


In Abschnitt 1 der Tierschutz- Schlachtverordnung sind 
die Vorschriften zusammengefaßt, die - soweit anwend- 
bar - unabhängig vom Ort der Betreuung oder Unter- 
bringung oder der Schlachtung oder Tötung für alle von 
der Verordnung erfaßten Tiere gelten. 

Während das Entladen der Tiere von den Transportfahr- 
zeugen in der Tierschutztransportverordnung geregelt 
wird, legt die Tierschutz-Schlachtverordnung hierzu 
lediglich die erforderlichen baulichen oder technischen 
Ausstattungen der Schlachtbetriebe fest. 

Im Gegensatz zum Schlachtbetrieb, in dem warmblütige 
Tiere gewerbsmäßig geschlachtet werden, bezeichnet der 
Begriff „Schlachtstätte“ jeden Ort, an dem ein Tier ge- 
schlachtet wird. Die Bestimmungen gelten also bei- 
spielsweise auch für das Treiben und Befördern der 
Tiere in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Rahmen 
der Hausschlachtung. 

Zum Schutz der Tiere werden bestimmte Handlungen 
verboten, die bedauerlicherweise besonders häufig zu 
verzeichnen sind. Dazu gehört unter anderem das Drehen 
oder Brechen des Schwanzes. Selbstverständlich sind 
auch nicht gesondert aufgezählte Handlungen verboten, 
die zu vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden 
führen, wie zum Beispiel der mißbräuchliche, grobe 
Einsatz des Schlagstempels als Treibhilfe. Als geeignete 
Treibhilfen können bei Schweinen vor allem Treib- 
schilde, bei anderen Tieren elastische Stöcke eingesetzt 
werden, mit denen die Tiere gelenkt und dabei allenfalls 
leicht geschlagen werden. Ein solches tierschutzgerech- 
tes Treiben ist in der Praxis durchaus möglich, wenn bei 
der baulichen Gestaltung der Treibwege auf das Tierver- 
halten Rücksicht genommen wurde, die betreuenden 
Personen sachkundig und die Tiere in nicht zu großen 
Gruppen getrieben werden. Unter diesen Voraussetzun- 
gen ist der Einsatz elektrischer Treibhilfen in der Regel 
nicht erforderlich. Werden sie dennoch eingesetzt, so 
dürfen nach einer Übergangszeit nur solche Geräte in 
zurückhaltender Weise verwendet werden, die durch eine 
automatische Abschaltung des Stromstoßes nach späte- 
stens zwei Sekunden eine unnötig lange Stromeinwir- 
kung auf die Tiere verhindern. Ein Routineeinsatz elek- 
trischer Treibgeräte ist in jedem Fall verboten. 

In Abschnitt 2 der Verordnung sind Vorschriften zu- 
sammengefaßt, die nur für Schlachtbetriebe, also für 
Orte, an denen warmblütige Tiere gewerbsmäßig ge- 
schlachtet werden, von Bedeutung sind. Sie beziehen 
sich auf die bauliche und technische Ausstattung und 
den Ablauf von Schlachtbetrieben einschließlich des 
Betreuens der Schlachttiere. 

In Abschnitt 3 werden die Vorschriften zum Aufbewah- 
ren von Fischen und anderen kaltblütigen Tieren aus der 
vorkonstitutionellen Verordnung über das Schlachten 
und Aufbewahren von lebenden Fischen und anderen 
kaltblütigen Tieren in aktualisierter Form übernommen. 
Um ein Aufbewahren im Sinne der Verordnung handelt 
es sich, wenn lebende Fische oder Krustentiere nach dem 
Fang und gegebenenfalls Transport bis zu ihrer 
Schlachtung oder Tötung gehältert oder, bei Krustentie- 
ren, in sonstiger geeigneter Weise gehalten werden. An 
Endverbraucher, ausgenommen Gaststätten und ähnliche 




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Einrichtungen, dürfen Fische nicht lebend abgegeben 
werden, um einem möglichen unsachgemäßen Umgang 
mit den Tieren vorzubeugen. 

Beim Betäuben und Schlachten oder Töten handelt es sich 
um Vorgänge, die in der Regel kaum voneinander zu 
trennen sind. Eine Betäubung kann innerhalb von Sekun- 
denbruchteilen in den Tod übergehen, während das 
Schlachten eine besondere Form des Tötens ist. Es unter- 
scheidet sich von anderen Tötungen durch den obligato- 
risch vorgenommenen Blutentzug und die Zweckbestim- 
mung der Lebensmittelgewinnung. Aus Tierschutzsicht ist 
eine Betäubung, die unabhängig von einem Entbluten in 
den Tod übergeht, besonders erstrebenswert. Sie stellt 
sicher, daß ein zwischenzeitliches Erwachen - und somit 
Entbluten der Tiere bei Bewußtsein - ausgeschlossen ist. 
Untersuchungen insbesondere bei Geflügel und Schwei- 
nen haben ergeben, daß Betäubungs verfahren, die die 
Tiere gleichzeitig töten, bei ausreichender Entblutungszeit 
keine Qualitätseinbußen des Fleisches zur Folge haben. 
Auch bestehen keine fleischhygienerechtlichen Bedenken, 
wenn den sonstigen Bestimmungen des Fleischhygiene- 
rechts Rechnung getragen wurde. 

Nur mit störungsfrei arbeitenden Geräten ist eine tier- 
schutzgerechte Betäubung zu erreichen. So stellen kor- 
rodierte oder verschmutzte Elektroden oder feucht ge- 
wordene Patronen Risiken für eine ordnungsgemäße 
Betäubung dar. Daher sind die Betäubungsgeräte und 
-anlagen arbeitstäglich zu überprüfen und gegebenenfalls 
zu warten. Bei der Überprüfung der Anlage oder des 
Gerätes vor der jeweiligen Inbetriebnahme am Schlacht- 
tag, die bei nur gelegentlich benutzten Einrichtungen 
ganz besonders wichtig ist, können solche Fehlerquellen 
ausgeschaltet werden. Die tägliche Überprüfung der 
Geräte muß durch eine sachkundige Person vorgenom- 
men werden. Bolzenschußapparate müssen nach den 
waffenrechtlichen Bestimmungen jeweils nach Ablauf 
von zwei Jahren, bei wesentlichen Funktionsmängeln 
jedoch unverzüglich, dem Hersteller oder dessen Beauf- 
tragten zur Prüfung vorgelegt werden. 

Die Person, die die Betäubung vomimmt, muß Störun- 
gen im Betrieb sofort erkennen können und ist für die 
ordnungsgemäße Reinigung des Gerätes während des 
Gebrauchs verantwortlich. Mindestens ein Ersatzgerät 
muß zu jeder Zeit einsatzbereit sein, also auch, wenn 
eines der Geräte ausgefallen ist oder sich in der Inspek- 
tion befindet. Bei Kohlendioxidbetäubungsanlagen muß 
das Ersatzgerät am Auswurf der Anlage einsatzbereit 
gehalten werden. Angesichts der geringeren Störanfäl- 
ligkeit von Wasserbadbetäubungsanlagen wird unter 
Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht 
verlangt, eine zweite Anlage vorrätig zu halten. Für den 
Fall einer Störung sollten Ersatzteile und Fachleute für 
eine Reparafur schnell verfügbar sein. 

Ausschließlich die in der Anlage 3 der Verordnung für 
die jeweiligen Tierarten genannten Betäubungs- oder 
Tötungsverfahren sind zulässig. Es werden nur diejeni- 
gen Verfahren zugelassen, mit denen nach den verfügba- 
ren Erkenntnissen bei den jeweiligen Tierkategorien eine 
tierschutzgerechte Betäubung und Tötung sichergestellt 
werden kann. Für die Erprobung neuer Verfahren besteht 
dabei genügend Freiraum, da Tierversuche, soweit ande- 


re Anforderungen unerläßlich sind, vom Anwendungsbe- 
reich der Verordnung ausgenommen sind und die zustän- 
dige Behörde darüber hinaus Ausnahmen von der Ver- 
fahrensbeschränkung zulassen kann, wenn andere Be- 
täubungs- oder Tötungs verfahren erprobt werden sollen. 

Tiere sind nach dem Betäuben zu entbluten, solange sie 
empfindungs- und wahmehmungsunfähig sind. Um dem 
Erfordernis des sofortigen Entblutens nach der Betäu- 
bung Rechnung tragen zu können, dürfen bei der 
Schlachtung von Einhufern und Tieren der Gattungen 
Rind, Schaf, Ziege und Schwein durch nur eine Person 
die Tiere erst betäubt werden, wenn diese Person den 
Entblutungsstich beim vorhergehenden Tier vorgenom- 
men hat. Der Entblutungserfolg muß in jedem Fall kon- 
trolliert werden können. Bei der Entblutung mit Hohl- 
messem kann dies beispielsweise durch den Gebrauch 
durchsichtiger Schläuche erreicht werden; in großen 
Betrieben ist auch denkbar, daß die Kontrolle durch 
automatische Wiegungen der Tiere vor und nach dem 
Entbluten erfolgt. Nach dem Entblutungsschnitt dürfen 
weitere Schlachtarbeiten am Tier erst durchgeführt wer- 
den, wenn keine Bewegungen des Tieres mehr wahrzu- 
nehmen sind. 

Zur Vermeidung unbilliger Härten werden für besfimmte 
Vorschriften Übergangsfristen und ein gestaffeltes In- 
krafttreten vorgesehen. Hiermit soll dem Rechtsunter- 
worfenen die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die 
Anforderungen der Verordnung einzustellen. 

Darüber hinaus schreibt die nationale Tierschutz- 
Schlachtverordnung für größere Schlachtbetriebe spe- 
zielle Protokollcomputer vor, die die für eine tierschutz- 
gerechte Elektrobetäubung wichtigen Parameter elektro- 
nisch aufzeichnen, so daß jederzeit kontrolliert werden 
kann, ob beispielsweise die erforderliche Mindeststrom- 
stärke innerhalb der ersten Sekunde erreicht wurde. 

Der Bundesrat hat am 6. November 1998 einer Verord- 
nungsinitiative, die von Baden- Württemberg eingebracht 
wurde, zugestimmt. Mit dieser Änderungsverordnung 
sollen die in § 4 der Tierschutz-Schlachtverordnung 
enthaltene Sachkunderegelung für das berufsmäßige 
Schlachten von Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen, 
Kaninchen und Geflügel flexibilisiert sowie Fehlverwei- 
sungen korrigiert werden. 


3 Regulieren von Wirbeltierpopulationen 

Von zahlreichen Betroffenen wird die Verminderung 
bestimmter überhöhter Wirbeltierbestände gefordert, 
insbesondere wenn diese die Gesundheit des Menschen 
oder seiner Nutztiere gefährden, wirtschaftliche Schäden 
verursachen, die Sicherheit von Verkehrsanlagen bedro- 
hen, als Schädlinge oder Lästlinge im Siedlungsbereich 
auftreten oder Verminderungsmaßnahmen aus Gründen 
des Artenschutzes für erforderlich gehalten werden, ein 
vernünftiger Grund für die Tötung also in der Regel 
vorliegt. In jedem Fall muß die Person, die Wirbeltiere 
tötet, sachkundig sein. Darüber hinaus bedarf derjenige, 
der gewerbsmäßig Wirbeltiere als Schädlinge bekämpft, 
gemäß § 1 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e der Erlaub- 
nis der zuständigen Behörde. 




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Nach § 13 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes ist es verboten, 
zum Fangen, Femhalten oder Verscheuchen von Wirbel- 
tieren Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden, wenn 
damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder 
Schäden für Wirbeltiere verbunden ist; dies gilt nicht für 
die Anwendung von Vorrichtungen oder Stoffen, die 
aufgrund anderer Rechtsvorschriften zugelassen sind. 
Vorschriften des Jagd-, Naturschutz-, Pflanzenschutz- 
und Seuchenrechts bleiben von dieser Bestimmung un- 
berührt. Hierbei wird von der Einheit der Rechtsordnung 
ausgegangen: was aufgrund der genannten Rechtsvor- 
schriften zugelassen ist, kann nicht generell durch das 
Tierschutzgesetz verboten werden. Die Belange des 
Tierschutzes sind jedoch angemessen zu berücksichti- 
gen. Gegebenenfalls müssen bereits zugelassene Metho- 
den oder Verfahren überprüft und geändert werden; dies 
ist eine Daueraufgabe. 

Die Auslegung dieser Vorschrift bei der Planung und 
Durchführung bestandsvermindemder Maßnahmen ge- 
staltet sich oft schwierig. Denn hier muß im Einzelfall 
beurteilt werden, ob bei der Durchführung der jeweiligen 
Maßnahme die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden 
oder Schäden für Wirbeltiere besteht. Zusätzlich muß 
geprüft werden, ob hierfür ein vernünftiger Grund vor- 
liegt. Dies wird immer dann zu bejahen sein, wenn 
wichtige Rechtsgüter gefährdet werden und das Mittel 
angewandt wird, das den betroffenen Tieren die gering- 
sten Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt. Zur Klä- 
rung strittiger Fragen hat BML das Gutachten über 
„Maßnahmen zur Verminderung überhandnehmender 


XIII. Fangen von Fischen 

Während die Hochsee- und Küstenfischerei zur kon- 
kurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehört, wird 
die Binnenfischerei - zu der auch die Teichwirtschaft 
gehört - in den Fischereigesetzen und -Verordnungen der 
Länder geregelt. 

Die Fischereigesetze und -Verordnungen der Länder 
enthalten, wenn auch nicht einheitlich, zahlreiche 
Vorschriften, die auch dem Tierschutz dienen. So ist 
beispielsweise durchgehend das Angeln unter Zuhil- 
fenahme künstlicher Lichtquellen, die Verwendung 
explodierender, betäubender oder giftiger Mittel ver- 
boten. Der Elektrofischerei wird besondere Aufmerk- 
samkeit entgegengebracht: in den Ländern besteht hier 
ein Erlaubnisvorbehalt. Die Erlaubnis für den Fang 
mit Elektrofischereigeräten darf nur unter sehr ein- 
schränkenden Voraussetzungen erteilt werden, zum 
Beispiel wenn sie zur nachhaltigen Bewirtschaftung 
eines Fischgewässers oder für Zwecke der Forschung 
erforderlich ist. 

Die fischereirechtlichen Landesvorschriften können dazu 
beitragen, die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes zu 
konkretisieren. 


freilebender Säugetiere und Vögel. Bestandsaufnahme, 
Berechtigung und tierschutzrechtliche Bewertung“ in 
Auftrag gegeben. Hierin werden diejenigen Tierarten 
beschrieben, die regelmäßig oder in nennenswertem 
Umfang von Verminderungsmethoden betroffen sind 
oder bei denen Verminderungsmaßnahmen erwogen 
werden. Das Gutachten ist in der Schriftenreihe des 
Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und 
Forsten, Reihe A: Angewandte Wissenschaft, veröffent- 
licht (Heft 404: Müssen wir Tiere gleich töten?, Land- 
wirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup, 1991). 

Nach den Erfahrungen der Länder stellt die tier- 
schutzgerechte Verminderung überhöhter Populatio- 
nen verwildeter Haustauben und Katzen in Städten ein 
besonderes Problem dar. Das aus wissenschaftlicher 
Sicht geeignetste Mittel - ein generelles Fütterungs- 
verbot - sei unter Praxisbedingungen nur schwer 
durchsetzbar und werde häufig aus falsch verstande- 
ner Tierliebe unterlaufen. 

Um die vor allem in manchen Großstädten der neuen 
Bundesländer vorhandene erhebliche Zahl streunender 
Katzen zu begrenzen, wird insbesondere die Kastration 
dieser Tiere als notwendig angesehen. 

In jüngster Zeit wird der Einsatz von Lasergewehren 
zum Vergrämen von Kormorankolonien diskutiert. Zur 
tierschutzrechtlichen Beurteilung dieser Methoden wird 
derzeit vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Ver- 
braucherschutz und Veterinärmedizin eine Untersuchung 
durchgeführt. 


1 Angelfischerei 

Die Frage, ob und in welchem Umfange Fische Schmer- 
zen empfinden können, ist noch nicht abschließend ge- 
klärt. Nach derzeitigem Wissensstand wird angenom- 
men, daß ihr Schmerzsinn nur schwach ausgeprägt ist. 
Die Leidensfähigkeit von Fischen steht demgegenüber 
außer Zweifel; sie wird durch zahlreiche verhaltenswis- 
senschaftliche und neurologische Untersuchungen be- 
legt. 

Das Fangen von Fischen ist nur dann nicht tierschutz- 
widrig, wenn hierfür ein vernünftiger Grund vorliegt. 
Hierzu gehört insbesondere das Fangen zum Zwecke der 
menschlichen Ernährung oder zum Zwecke der Hege 
und Bewirtschaftung. 

Wettfischveranstaltungen sind grundsätzlich nicht mit 
dem Tierschutzgesetz vereinbar (vgl. Urteil des AG 
Hamm vom 18. April 1988 - 9 Ls 48 Js 1693/86 ). Der 
Verband Deutscher Sportfischer e. V. hat zur Abgren- 
zung zwischen Wettfischveranstaltungen und dem Ge- 
meinschaftsfischen eine Definition erarbeitet, die der 
hierzu ergangenen Rechtsprechung Rechnung trägt. 




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Auch die Praxis, fangreife Fische eigens mit dem Ziel in 
Angelteiche einzusetzen, um sie kurze Zeit später mittels 
Handangel wieder herauszufangen, ist mit dem Tier- 
schutzgesetz nicht vereinbar. Da man die Fische bereits 
nach der Entnahme aus dem Aufzuchtteich zum Zwecke 
des Verzehrs hätte töten können, liegt kein vernünftiger 
Grund für das Angeln vor, das Schmerzen, Leiden oder 
Schäden beim Fisch hervorruft. 

Diese Rechtsauffassung wurde 1993 vom Oberlandes- 
gericht Celle bestätigt; das Gericht stellt fest, daß das 
Angeln von Fischen, die in Angelteiche in ausgemäste- 
tem Zustand kurz zuvor eigens zu diesem Zweck aus- 
gesetzt wurden, einen Verstoß gegen § 17 Nr. 2 Buch- 
stabe b des Tierschutzgesetzes darstelle. 

Das Aussetzen von Fischen in Angelteiche zum Zwecke 
der späteren Entnahme kann aus der Sicht des Tierschut- 
zes allenfalls toleriert werden, wenn die Zeitspanne zwi- 
schen dem Einsetzen der Fische und dem Herausfangen 
so bemessen ist, daß ein Zuwachs oder eine deutliche 
Qualitätsverbesserung erwartet werden kann. Die Länder 
haben daher ihre Behörden angewiesen, bei der Überprü- 
fung sogenannter Angelteiche entsprechend zu verfahren 
oder sogar im jeweiligen Landesfischereirecht das Aus- 
setzen von fangfähigen Fischen zum Zweck des alsbal- 
digen Wiederfanges verboten. 

Das Hähern von Fischen in Setzkeschem stellt ein weite- 
res tierschutzrechtliches Problem dar. Hierbei werden die 
Fische nach dem Angeln nicht unverzüglich getötet, 
sondern vom Angelhaken gelöst und lebend aufbewahrt. 
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat 1993 in einem 
Beschluß unter anderem festgestellt, daß das Aufbewah- 
ren lebender Fische in Setzkeschem zum Zwecke der 
Frischhaltung keinen vernünftigen Grund dafür darstellt, 
den Tieren die damit verbundenen Leiden zuzufügen. 
Grundsäfzlich ist davon auszugehen, daß für den Verzehr 
bestimmfe Fische sofort nach der Anlandung durch den 
Angler weidgerecht getötet und gekühlt bis zum Ab- 
transport in einem isolierten Behälter aufbewahrt werden 
müssen. Die Fische können auch vor Ort ausgenommen 
werden, wenn die Schlachtabfälle vergraben oder mit 
nach Hause genommen werden. 

Bei der Verwendung lebender Köderfische zum Angeln 
werden diesen Leiden und Schäden zugefügt, deshalb 
wurde in den meisten Ländern durch Fischereiverord- 
nung die Verwendung lebender Köderfische verboten, 
stark eingeschränkt oder von einer Erlaubnis abhängig 
gemacht. Ein vernünftiger Gmnd, diese Fangmethode 
unter bestimmten Umständen einzusetzen, kann beste- 
hen, wenn eine Hege oder Bewirtschaftung die Verwen- 
dung lebender Köderfische erfordert; zum Beispiel zur 
Verringemng eines unerwünscht hohen Raubfischbe- 
standes bei extrem starkem Pfianzenbewuchs oder bei 
starken Schlammablagemngen. Bei dieser ausnahms- 
weise zulässigen Verwendung lebender Köderfische ist 
ganz besonders auch auf deren möglichst schonende 
Befestigung zu achten. In einer Reihe von Landesfische- 
reivorschriften sind die genannten Probleme inzwischen 
in einschränkender Weise geregelt. 

Nach § 4 des Strafgesetzbuches gilt das Tierschutzgesetz 
- als Teil des Nebenstrafrechts - unabhängig vom Recht 


des Tatortes auch für Taten, die auf einem Schiff be- 
gangen werden, das berechtigt ist, die Bundesfiagge oder 
das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik 
Deutschland zu führen. Daraus ergibt sich, daß beispiels- 
weise auch beim Hochseeangeln von Schiffen aus, die 
zum Führen der Bundesfiagge befugt sind, die deutschen 
tierschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten sind. 


2 Treibnetzfischerei 

Die Bundesregierung hatte sich schon frühzeitig für ein 
Verbot der großflächigen Treibnetzfischerei ausgespro- 
chen, da sie diese Fangmethode für ökologisch nicht 
vertretbar hält. Sie hat deshalb die entsprechenden Ent- 
schließungen der Vereinten Nationen und die darauf 
gestützte EG- Verordnung aus dem Jahre 1992, die ein 
Verbot der Anwendung von Treibnetzen über 2,5 km 
Länge im EU-Meer und für EU-Schiffe auch darüber 
hinaus vorsieht, mit Nachdruck unterstützt. 

Im Laufe der letzten Jahre stellte sich leider heraus, daß 
trotz des Verbots der großflächigen Treibnetzfischerei 
nach wie vor immer wieder Netze verwendet wurden, die 
länger als 2,5 km waren (meistens bis zu 12 km lang), 
und zwar vor allem im Mittelmeer und in der Biskaya. 
Es wurde zwar versucht, diesen Verstößen durch ver- 
stärkte Kontrollen zu begegnen. Dabei wurde aber deut- 
lich, daß es außerordentlich schwierig und nur unter 
Aufbietung erheblicher zusätzlicher finanzieller, säch- 
licher und personeller Ressourcen möglich ist, die Treib- 
netzfischerei wirksam zu überwachen. Der finanzielle 
Aufwand einer effizienten Kontrolle würde den Ertrag 
aus der Fischerei bei weitem übersteigen. Hinzu kamen 
erhebliche wirtschaftliche Einbußen durch immer wieder 
auffiammende Boykottaufrufe gegen Thunfischprodukte, 
die aus der Treibnetzfischerei stammen. Deshalb kamen 
die Europäische Kommission und die Mehrheit der Mit- 
gliedstaaten (einschließlich Deutschland) zu der Ansicht, 
daß es letztlich ökonomisch vernünftiger ist, den Thun- 
fischfang auf andere Fischereimethoden umzustellen und 
die Treibnetze vollständig zu verbieten. 

Nach langwierigen Verhandlungen und zum Teil hefti- 
gen Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Be- 
fürwortern der kleinen Treibnetzfischerei hat der EU- 
Ministerrat im Juni 1998 ein vollständiges Verbot der 
Treibnetzfischerei ab 1. Januar 2002 in den EU-Gewäs- 
sem (mit Ausnahme der Ostsee) für alle Schiffe (also 
auch für Fahrzeuge aus Drittstaaten) ausgesprochen. Das 
Verbot gilt für EU-Schiffe auch in internationalen und 
Drittlandsgewässem. Während der Übergangszeit bis 
Ende 2001 darf die Treibnetzfischerei von den Fahrzeu- 
gen, die sie bisher ausgeübt haben, nur noch sehr einge- 
schränkt und unter strengen Auflagen und Kontrollbe- 
dingungen fortgesetzt werden. Die betroffenen Fischer 
erhalten finanzielle Hilfen für die Einsfellung der Treib- 
netzfischerei und die mögliche Umstellung auf andere 
Fangmethoden. 

Die Bundesregierung begrüßt diesen Beschluß. Sie hat 
ihn aktiv unterstützt und sieht in ihm ihre bisherige Hal- 
tung und ihr Eintreten für eine ökologisch verträgliche 
Fischerei bestätigt. 




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Beifang von Schweinswalen nnd Seevögeln 

In der Nordsee werden jährlich rund 7 000 Schweins- 
wale unbeabsichtigt mitgefangen und getötet, der größte 
Teil in der dänischen Stellnetzfischerei. Die Bundes- 
regierung tritt mit Nachdruck dafür ein, daß die Europäi- 
sche Kommission sich dieses Problems annimmt und 
Maßnahmen zur Vermeidung oder zumindest Minimie- 
rung der Beifänge im Rahmen der Gemeinsamen Fische- 
reipolitik der EU einleitet. Dabei geht es vor allem dar- 
um, die Schweinswale durch geeignete technische Vor- 
kehrungen (zum Beispiel durch optische oder akustische 
Scheucheinrichtungen) von den Stellnetzen femzuhalten 
oder die Fischerei zu bestimmten Zeiten zu untersagen. 
Auf diesem Gebiet besteht derzeit noch ein erheblicher 
Forschungsbedarf Die Bundesregierung setzt sich dafür 
ein, daß die Europäische Kommission entsprechende 
Forschungsprojekte initiiert und finanziell unterstützt. 


XIV. Walfang 

Im Jahr 1948 wurde die Internationale Walfang- 
Kommission (IWC) mit der Zielsetzung gegründet, die 
Walbestände wirksam zu erhalten, aber auch zu nutzen. 

Aufgrund der dramatisch gesunkenen Bestandszahlen 
wurde im Jahre 1982 ein weltweites Verbot des kom- 
merziellen Walfangs (Moratorium) beschlossen, das 
1986 in Kraft getreten ist. Die vorgesehene Überprüfung 
des Moratoriums konnte bisher nicht abgeschlossen 
werden. Lediglich der Subsistenzwalfang von Eingebo- 
renen, insbesondere in Alaska, Grönland und Sibirien, ist 
weiterhin zugelassen. 

Japan fängt jährlich für wissenschaftliche Zwecke etwa 
400 Zwergwale in antarktischen Gewässern und 100 
Zwergwale im Nordpazifik. Die Mehrheit der Kommis- 
sionsmitglieder hat diese Vorhaben als wissenschaftlich 
nicht ausreichend begründet kritisiert und Japan aufge- 
fordert, Walforschung ausschließlich mit nicht tödlichen 
Methoden zu betreiben. 

Die Walschutzpolitik der IWC hat in der letzten Zeit 
wachsenden Unmut bei denjenigen Nationen geweckt, 
die an einem kommerziellen Walfang stark interessiert 
sind. Es wird angeführt, daß sich die Bestände der 
Zwergwale bereits so weit erholt hätten, daß eine kon- 
trollierte Nutzung den Erhalt der Arten nicht gefährde. 
Diese Sichtweise konnte sich in der IWC bisher nicht 
durchsetzen. Norwegen hat daraufhin im Jahr 1994 den 
kommerziellen Walfang einseitig wieder aufgenommen 
und setzt inzwischen für den Zwergwalbestand im Nord- 


Ein weiteres Problem besteht in der Langleinenfische- 
rei. Bei dieser an sich sehr selektiven Fangmethode 
werden erhebliche Mengen an Seevögeln mitgefangen, 
und zwar dadurch daß sich die Tiere beim Setzen der 
Leinen in die Köder verbeißen und am Haken hängen- 
bleiben. Genaue Zahlen über die Umstände und den 
Umfang des Seevögel-Beifangs sowie die Artenzu- 
sammensetzung der getöteten Tiere gibt es bislang noch 
nicht. Die FAO hat sich des Problems kürzlich ange- 
nommen und einen Workshop zu diesem Thema veran- 
staltet. Dabei wurde vereinbart, daß die betroffenen 
Fischfangnationen einen Aktionsplan verabschieden, 
der zunächst auf die Erstellung einer Datensammlung 
und die Durchführung von Forschungsvorhaben abzielt. 
Die Europäische Kommission wird sich der Angele- 
genheit innerhalb der EU annehmen und entsprechende 
Projekte initiieren. 


Ostatlantik jährlich Fangquoten von 600 bis 700 Walen 
fest. Island und bereits vorher Kanada haben die IWC 
verlassen. 

Norwegen, Island, Grönland und die Färöer haben eine 
alternative Organisation, die Nordatlan-tische Kommis- 
sion für Meeressäugetiere (NAMMCO) gegründet, bei 
der Kanada und Japan als Beobachter vertreten sind. 

Neben artenschutzrechtlichen Bedenken und Erwägun- 
gen sind auch die Methoden des Walfangs aus Tier- 
schutzsicht unbefriedigend. Auf der Jahrestagung 1 995 
hat sich die IWC mit den Problemen des tierschutzge- 
rechten Tötens von Walen befaßt und einen Aktions- 
plan beschlossen. Danach sollen Geräte und Methoden 
verbessert und wissenschaftliche Untersuchungen 
durchgeführt werden, um auf dieser Grundlage scho- 
nend ere Fangmethoden und kürzere Tötungszeiten zu 
erreichen. 

Auf der Jahrestagung 1997 erklärte sich Japan bereit, auf 
den Einsatz der elektrischen Lanze zu verzichten, die bei 
einem nicht sofort tödlichen Schuß mit der explosiven 
Harpune als nachfolgende Tötungsmethode eingesetzt 
worden war. 

Vor der Jahrestagung 1999 wird die IWC erneut einen 
Workshop über Fragen des Tierschutzes beim Fang von 
Walen abhalten, auf dem Sachverständige ihre Erkennt- 
nisse über die Fangmethoden darlegen und Anregungen 
für mögliche Verbesserungen geben werden. 




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XV. Tierversuche sowie Ersatz- und Ergänzungsmethoden 


Obwohl in der biomedizinischen Forschung zunehmend 
mit In-vitro-Methoden gearbeitet wird, kann nach dem 
derzeitigen Stand der Wissenschaft auf Tierversuche 
- das sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchs- 
zwecken, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden ver- 
bunden sein können - nicht generell verzichtet werden. 
Sie sind jedoch auf das unerläßliche Maß zu beschrän- 
ken. Nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes 
dürfen Tierversuche nur durchgefuhrt werden, wenn sie 
für einen der im Gesetz abschließend aufgeführten Ver- 
suchszwecke nach dem aktuellen Wissensstand unerläß- 
lich und im Hinblick auf die angestrebten Ergebnisse 
ethisch vertretbar sind. 

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß es in 
bestimmten Bereichen nicht möglich ist, die häufig kri- 
tisierten, aus rechtlichen Gründen notwendigen Tierver- 
suche vollständig durch Altemativmethoden zu ersetzen. 
Für Erfolge auf diesem Gebiet liefern Wissenschaft und 
Forschung die Basisarbeit. Neu entwickelte tierversuchs- 
ffeie Methoden müssen jedoch experimentell validiert 
werden, um zu erreichen, daß diese Modelle auch von 
den internationalen Institutionen akzeptiert werden, die 
die gesetzlichen Prüfanforderungen maßgeblich beein- 
flussen. Hierbei treten einzelstaatliche Prüfvorschriften 
zunehmend in den Hintergrund. 

Sowohl im Bereich des Chemikalienrechts als auch des 
Arzneimittelrechts konnten in den vergangenen Jahren 
erfreuliche Fortschritte bei der Validierung und Aner- 
kennung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden erzielt 
werden (siehe Abschnitt XV. 5). 

Die Bundesregierung mißt der Entwicklung und Aner- 
kennung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden große 
Bedeutung bei. ln den folgenden Abschnitten finden sich 
entsprechende Beispiele. 


1 Rechtsvorschriften 
1.1 Europarat 

Das vom Europarat im März 1986 verabschiedete Euro- 
päische Übereinkommen zum Schutz der für Versuche 
und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wir- 
beltiere enthält Grundsätze und Detailbestimmungen 
über die Voraussetzungen und die Durchführung von 
Tierversuchen, über Zucht, Pflege und Unterbringung 
von Versuchstieren, über die Versuchseinrichtungen und 
über statistische Informationen in bezug auf Tierver- 
suche. Die Leitlinien in Anhang A konkretisieren die in 
Artikel 5 des Übereinkommens dargelegten allgemei- 
nen Anforderungen an die Haltung von Versuchstieren, 
ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein (siehe Ab- 
schnitt 111.2.10). 

Die Vertragsparteien und Unterzeichnerstaaten des 
Übereinkommens tauschten 1992, 1993 und 1997 im 


Rahmen Multilateraler Konsultationen gemäß Artikel 30 
des Übereinkommens ihre Erfahrungen über die Anwen- 
dung dieser internationalen tierschutzrechtlichen Be- 
stimmungen aus. Im Mittelpunkt der Beratungen standen 
dabei folgende Themen: 

- die Überarbeitung und Konkretisierung der Vor- 
schriften zu den statistischen Erhebungen, 

- die Auslegung des Vertragstextes im Hinblick auf den 
Schutz transgener Tiere und Versuchstiermutanten, 
die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet oder ver- 
wendet werden und infolge der genetischen Modi- 
fikation in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt sind, 

- die Aus -, Fort- und Weiterbildung von Personen, die 
mit Versuchstieren arbeiten, 

- die Überarbeitung der Empfehlungen des Anhangs A 
zur Haltung von Versuchstieren, 

- die Erarbeitung eines Zusatzprotokolls zu dem Über- 
einkommen, um ein vereinfachtes Verfahren zur Än- 
derung der Anhänge zu ermöglichen, 

- der Erwerb und Transport von Versuchstieren. 

Die Vertragsparteien des Übereinkommens einigten sich 
auf das Ziel, ab 1997 statistische Daten über die Ver- 
wendung von Versuchstieren zu erheben, die sich in 
einigen Details von den Tabellen des Anhangs B zu dem 
Übereinkommen unterscheiden. 

Bei der Zucht und Haltung transgener Tiere und Mutan- 
ten, die für Versuchszwecke bestimmt sind, muß deren 
besonderen Ansprüchen Rechnung getragen werden. So 
ist bei der Registrierung der entsprechenden Versuchs- 
tierzuchten sicherzustellen, daß die Einrichtungen über 
die erforderliche sachliche Ausstattung sowie über eine 
verantwortliche Person mit speziellen Kenntnissen der 
tierschutzrelevanten Probleme bei den erbgutveränderten 
Tieren verfügen. Diese Auslegung wurde den Bundes- 
ländern zur Kenntnis gegeben. 

Des weiteren wurden Leitlinien für die Aus-, Fort- und 
Weiterbildung von Personen, die mit Versuchstieren 
umgehen, erarbeitet. Sie richten sich als Verhaltensko- 
dex an alle für diesen Bereich zuständigen Personen und 
Stellen. Der Text dieser Vereinbarung findet sich in 
Anhang 5 des Tierschutzberichtes 1997. 

In der dritten Multilateralen Konsultation 1997 wurde 
sowohl eine Entschließung zur Unterbringung und Pfle- 
ge von Versuchstieren als auch zu deren Erwerb und 
Transport verabschiedet. Beide Texte finden sich in 
Anhang 5. Derzeit wird die Novellierung des Anhangs A 
im Sinne der Entschließung zur Unterbringung und Pfle- 
ge von Versuchstieren in einzelnen Arbeitsgruppen 
fachlich vorbereitet. Aufgrund noch ausstehender wis- 
senschaftlicher Erkenntnisse zu einzelnen Problemberei- 
chen ist mit erheblichem Zeit- und Beratungsbedarf bis 
zum Abschluß der Arbeiten zu rechnen. Das 1997 von 
der Multilateralen Konsultation erarbeitete Zusatzproto- 




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koll wurde bereits im Juni 1998 zur Zeichnung aufge- 
legt. Nach Inkrafttreten dieses Protokolls sind Änderun- 
gen der beiden Anhänge zu dem Übereinkommen nach 
einem vereinfachten Verfahren, das heißt ohne Befas- 
sung nationaler oder internationaler gesetzgebender 
Organe, möglich. Dies ist Voraussetzung für eine zeitge- 
rechte Anpassung der Anhänge an neue Erkenntnisse 
und Gegebenheiten. 


1.2 Europäische Union 

Die Europäische Gemeinschaft hat mit der Richtlinie 
86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur 
Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften 
der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und 
andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere 
(ABI. EG Nr. L 358 S. 1) Regelungen für diejenigen 
Tierversuche getroffen, die im Rahmen der Stoff- und 
Produktentwicklung und -prüfung sowie im Rahmen 
des Umweltschutzes durchgeführt werden. Dabei wur- 
den im wesentlichen die Bestimmungen des Europäi- 
schen Übereinkommens vom 18. März 1986 zum 
Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche 
Zwecke verwendeten Wirbeltiere übernommen. 1998 
hat der Rat die Entscheidung über den Abschluß des 
Europäischen Versuchstierübereinkommens im Namen 
der Gemeinschaft getroffen, so daß diese nunmehr den 
Status einer Vertragspartei des Übereinkommens hat. 
Die Urkunden zur Annahme des Übereinkommens 
durch die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sollen 
vereinbarungsgemäß spätestens am 1. Januar 2000 
hinterlegt werden. 

Die national zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten 
und die zuständige Kommissionsdienststelle beraten in 
regelmäßigen Abständen über Erfahrungen und Proble- 
me im Zusammenhang mit der Richtlinie. Dieses auf 
Einladung der Kommission tagende Gremium hat sich 
bisher vornehmlich mit dem Problem einer EU-weit 
einheitlichen statistischen Erhebung von Daten zu Tier- 
versuchen nach Artikel 13 der Richtlinie beschäftigt. 
1997 hat man sich in Form eines „Gentlemen’s agree- 
ment“ auf eine Liste von Informationen über die Ver- 
wendung von Wirbeltieren zu wissenschaftlichen Zwek- 
ken geeinigt, die die Mitgliedstaaten der Kommission für 
einen aus sage fähigen Bericht über die Situation in der 
Europäischen Union zur Verfügung stellen. Dies war 
notwendig, da die bisher in den einzelnen Mitgliedstaa- 
ten erhobenen Daten weder einen Vergleich auf europäi- 
scher Ebene noch zuverlässige Aussagen im Hinblick auf 
Tendenzen bei der wissenschaftlichen Verwendung von 
Wirbeltieren erlauben. 

Die Vertreter der übrigen Mitgliedstaaten haben zuge- 
sagt, der Kommission die national erhobenen Daten im 
Jahr 2000 in der vereinbarten Tabellenform zur Verfü- 
gung zu sfellen. In Deufschland können die getroffenen 
Vereinbarungen aus rechtlichen Gründen nur durch eine 
Änderung der geltenden Versuchst! ermeldeverordnung 
umgesetzt werden. Wegen des hierfür erforderlichen 
Zeitbedarfs wird Deutschland die gewünschten Informa- 
tionen voraussichtlich erst später als die übrigen Mit- 
gliedstaaten zur Verfügung sfellen können. 


Weiterhin hat das Gremium Richtlinien für die angemes- 
sene Ausbildung von Personen, die mit Versuchstieren 
umgehen, verabschiedet. 

1.3 Bundesrepublik Deutschland 

Durch Artikel 5 des Gesetzes zur Regelung von Fragen 
der Gentechnik vom 20. Juni 1990 (BGBl. I S. 1080) 
wurde die im Tierschutzgesetz festgelegte Definition des 
Begriffes „Tierversuch“ erweitert. 

Damit hat § 7 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes nunmehr 
folgenden Wortlaut: 

„(1) Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Ein- 
griffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken 

1. an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder 
Schäden für diese Tiere oder 

2. am Erbgut von Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Lei- 
den oder Schäden für die erbgufveränderten Tiere 
oder deren Trägertiere 

verbunden sein können.“ 

Diese Formulierung bezweckt eine Klarstellung, daß 
auch Eingriffe am genetischen Material befruchteter 
Eizellen oder Embryonen den rechtlichen Stellenwert 
eines Tierversuchs haben, sofern sie zu Versuchszwek- 
ken durchgeführt werden und bei den an dem Eingriff 
mittelbar oder unmittelbar beteiligten Tieren zu Schmer- 
zen, Leiden oder Schäden führen können. Neben den 
eigentlich erbgutveränderten Tieren werden somit auch 
die „Muttertiere“ den Schutzvorschriften unterstellt. Der 
Begriff „Trägertiere“ wurde gewählt, da es sich in den 
meisten Fällen um Leihtiere, das heißt nicht um die ge- 
netischen Muttertiere, handelt. 

Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind für die tierschutz- 
rechtliche Einordnung von Behandlungen und Eingriffen 
als Tierversuch zwei Kriterien maßgeblich: 

- Die Maßnahme erfolgt zu Versuchszwecken, das 
heißt mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns zu einem 
noch nicht hinreichend gelösten Problem; 

- für die Tiere besteht die Gefahr einer Beeinträchti- 
gung in Form von Schmerzen, Leiden oder Schäden. 

Daher sind von den Tierversuchen insbesondere abzu- 
grenzen: 

- Eingriffe und Behandlungen zu diagnostischen oder 
therapeutischen Zwecken im Rahmen der kurativen 
tierärztlichen Tätigkeit; 

- Entnahmen von Organen oder Geweben für wissen- 
schaftliche Untersuchungen, wenn das Tier vorher im 
Hinblick auf die weiteren Untersuchungen nicht be- 
handelt wurde (siehe Abschnitt IX.); 

- Eingriffe und Behandlungen zu Demonstrationszwek- 
ken bei der Aus-, Fort- oder Weiterbildung (siehe Ab- 
schnitt XVI.); 

- Eingriffe und Behandlungen im Rahmen der Herstel- 
lung und Gewinnung von Produkten, zum Beispiel 
von Immunseren oder der „Aufbewahrung“ von Or- 
ganismen wie Viren, Bakterien oder Parasiten; 

- Entnahme von Organen an zuvor getöteten Tieren 
(siehe Abschnitt XII.). 





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Das novellierte Tierschutzgesetz regelt in einem neu 
eingefügten siebenten Abschnitt nunmehr auch die letzt- 
genannten Sachverhalte. Die Frage der Zulässigkeit der 
Produktion monoklonaler Antikörper in Mäusen mit 
Aszites (Bauchhöhlenwassersucht) wird hiervon jedoch 
nicht berührt. Insoweit ist nach wie vor auf das Ergebnis 
eines Sachverständigengesprächs zu verweisen, das 1989 
auf Einladung von ZEBET zu dieser Thematik stattfand. 
Demnach ist die Produktion monoklonaler Antikörper in 
vivo nur in folgenden Ausnahmefällen als unerläßlich zu 
betrachten: 

1. Gewinnung monoklonaler Antikörper für die Diagno- 
sfik oder Therapie beim Menschen in Noffällen; 

2. „Rettung“ von Hybridomen, wenn diese in der Zell- 
kultur nicht mehr wachsen oder wenn sie infiziert 
sind; 

3. Erarbeitung neuer Fragestellungen. 

Monoklonale Antikörper zur Abgabe an Dritte dürfen 
nur noch in vitro hergestellt werden, da bei der Herstel- 
lung monoklonaler Antikörper die In-vivo-Methode 
nicht mehr dem Stand der wissenschaftlichen Erkennt- 
nisse entspricht. Sofern dennoch das Aszitesverfahren 
angewendet wird, liegt ein Verstoß gegen § 17 Nr. 2 
Buchstabe b oder gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung 
mit § 1 des Tierschutzgesetzes vor. 


2 Die Anwendung tierschutzrechtlicher 
Bestimmungen anhand ausgewählter 
Beispiele 

2.1 Die ethische Abwägung 

bei der Begutachtung von Tierversuchen 

Tierversuche dürfen nach dem Tierschutzgesetz nur 
durchgeführt werden, wenn sie aus gesundheitlichen 
Gründen, zur Erkennung von Umweltgefährdungen oder 
für die Grundlagenforschung unerläßlich sind und der 
verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder 
Verfahren erreicht werden kann. Es ist dabei abzuwägen, 
ob die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden 
der Versuchstiere im Hinblick auf den Versuchszweck 
ethisch vertretbar sind. Versuche mit länger anhaltenden 
oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen, Lei- 
den oder Schäden dürfen nur durchgeführt werden, wenn 
dies für wesentliche Bedürfnisse von Mensch oder Tier 
notwendig ist. Tierversuche zur Entwicklung oder Er- 
probung von Waffen sind verboten. Das Verbot gilt 
grundsätzlich auch für Tierversuche zur Entwicklung 
von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika. 

Die Prüfung der ethischen Vertretbarkeit kann im Einzel- 
fall mit Schwierigkeiten verbunden sein. Die Tierschutz- 
kommission beim BML hat 1990 einstimmig folgendes 
Votum beschlossen: 

„Die Tierschutzkommission bittet den Bundesminister 
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten darauf hin- 
zuwirken, daß in den alten und neuen Bundesländern bei 
der Beratung und Entscheidung über die Genehmigung 
von Tierversuchen neben der wissenschaftlichen Be- 
gründung auch die gesetzlich geforderte ethische Abwä- 


gung (§ 7 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes) in angemesse- 
ner Weise beachtet wird. Um dies zu erreichen, emp- 
fiehlt die Kommission, 

- daß in den beratenden Kommissionen nach § 15 Abs. 1 
und 3 des Tierschutzgesetzes dem ethischen Aspekt die 
notwendige Aufmerksamkeit beigemessen und das ent- 
sprechende Ergebnis im Protokoll festgehalten wird; 
bei der Abwägung ist der Grundsatz anzuwenden: 

je schwerer der Eingriff zu Lasten der Versuchstiere, 
desto größer muß das Gewicht der ihn legitimierenden 
Gründe sein; 

- daß der offenkundig gewordene Informationsbedarf 
der an der Beratung und an der Genehmigung betei- 
ligten Personen durch das Angebot von jährlichen 
Weiterbildungsveranstaltungen seitens des Bundes 
und der Länder befriedigt wird; um diese Anforde- 
rung auch langfristig zu erfüllen isf es erforderlich, 
die entsprechenden Fragen der ethischen Abwägung 
zunehmend in die Ausbildung von Veterinär- und 
Humanmedizin sowie Biologie einzubeziehen.“ 

Auf Initiative des BML bietet die Akademie für tierärzt- 
liche Fortbildung seit einigen Jahren in Kooperation mit 
dem Arbeitskreis der Tierschutzbeauftragten in Bayern 
regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum Themen- 
kreis „TierversucheWersuchstiere“ an. Diese Veranstal- 
tungen stehen Tierschutzbeauftragten und interessierten 
Mitgliedern der Kommissionen nach § 15 des Tier- 
schutzgesetzes ebenso offen wie den mit diesem Auf- 
gabengebiet befaßten Amtstierärzten. Das Themenspek- 
trum dieser Seminare ist breit gefächert und beinhaltet 
regelmäßig Diskussionen ethischer und tierschutzrecht- 
licher Positionen. 

2.2 Tierschutzbeauftragte nach § 8b 
des Tierschutzgesetzes 

Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde der 
Aufgabenbereich des Tierschutzbeauftragten dahin ge- 
hend erweitert, daß sich seine beratende Funktion nun- 
mehr auf alle Eingriffe und Behandlungen an Wirbeltie- 
ren einschließlich ihrer Tötung, die im Zusammenhang 
mit Forschung und Lehre durchgeführt werden, bezieht. 
Vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle beschränkte sich 
die Zuständigkeit des Tierschutzbeauftragten auf den 
Bereich der Tierversuche im Sinne der Definition in § 7 
des Tierschutzgesetzes. Durch die Kompetenzerweite- 
rung des Tierschutzbeauftragten soll die Eigenkontrolle 
in der Wissenschaft weiter verbessert werden. Daher 
sind nach dem geltenden Recht Träger von Einrichtun- 
gen, in denen Wirbeltiere für wissenschaftliche Zwecke 
getötet, für Gewebe- oder Organentnahmen im Sinne des 
§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, für Tierversuche im Sinne des 
§ 7, für Aus-, Fort- oder Weiterbildungszwecke nach 
§10 oder für „Produktionszwecke“ nach § 10a verwen- 
det werden, zur Bestellung eines oder mehrerer fachlich 
qualifizierter Tierschutzbeauftragter verpflichtet. Es ist 
vorgesehen, in der novellierten Fassung der Allgemeinen 
Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tier- 
schutzgesefzes die Anforderungen an die fachliche Qua- 
lifikation, an die innerbetriebliche Stellung sowie das 
Aufgabengebiet dieses Personenkreises zu präzisieren. 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


-63- 


Drucksache 14/600 


Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Tierschutzbeauftrag- 
ten zu einem wichtigen und unverzichtbaren Bindeglied 
zwischen den Behörden einerseits und den Versuchsan- 
stellem andererseits geworden sind. Es steht zu erwarten, 
daß sich die konstruktive Zusammenarbeit künftig auch 
auf die genannten anderen Bereiche der wissenschaft- 
lichen Verwendung von Tieren erstrecken wird. 

Der Aufgabenbereich des Tierschutzbeauftragten erfor- 
dert Fachkenntnisse auf unterschiedlichen Spezialgebie- 
ten, besonders in wissenschaftlichen Einrichtungen, die 
Tiere zur Bearbeitung eines weiten Spektrums wissen- 
schaftlicher Fragestellungen einsetzen. Diese Situation 
und die zum Teil schwierige Mittlerfunktion zwischen 
Anliegen des Tierschutzes und der Wissenschaft hat 
dazu beigetragen, daß sich die Tierschutzbeauftragten 
auf Länderebene zunehmend in Arbeitskreisen organisie- 
ren, um Erfahrungen und Informationen auszutauschen, 
fachliche Stellungnahmen zu bestimmten Problemen zu 
erarbeiten und Fortbildungsveranstaltungen zu organisie- 
ren. 


2.3 Besondere Aspekte bei Genehmigungs- 
und Anzeigeverfahren 

Im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich der 
tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu Tierversuchen 
im fünften Abschnitt des Tierschutzgesetzes stand im 
Berichtszeitraum insbesondere die tierschutzrechtliche 
Bewertung von Klonierungstechniken zur Diskussion. 

Bei der genetisch identischen Vermehrung (Klonen) von 
Tieren ist das Verfahren der Embryonenteilung (Em- 
bryonensplitting) von den Techniken zu differenzieren, 
die auf der Übertragung von Zellkernen aus Embryonal- 
zellen (embryonales Klonen) oder aus Körperzellen 
(adultes Klonen) in entkernte tierische Eizellen beruhen. 
Da das Embryonensplitting bei landwirtschaftlichen 
Nutztieren und Versuchstieren bereits seit langem ange- 
wandt wird, bezog sich die durch eine wissenschaftliche 
Veröffentlichung (Stichwort „Dolly“) ausgelöste öffent- 
liche Diskussion in erster Linie auf die Anwendung von 
Kemtrans fertechniken . 

Im Deutschen Bundestag wurde dieses Thema in engem 
inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der No- 
vellierung des Tierschutzgesetzes beraten. Die Forde- 
rung nach einem Verbot des Klonens von Tieren aus 
tierschutzrechtlichen Gründen führte zu dem Auftrag an 
das Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutschen 
Bundestages, das Themenfeld „Chancen und Risiken der 
Entwicklung und Anwendung des Klonens sowie der 
Gentechnik und der Reproduktionstechnik bei der Züch- 
tung von Tieren für die Forschung, bei der Züchtung von 
Labortieren und bei der Nutztierzucht“ im Rahmen eines 
Projektes zu bearbeiten. Der Abschlußbericht des Pro- 
jekts, an dem Gutachterinnen und Gutachter aus ver- 
schiedenen wissenschaftlichen Disziplinen beteiligt sind, 
wurde für Anfang 1999 in Aussicht gestellt. 

Bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde kein 
gesetzgeberischer Handlungsbedarf für spezielle Rege- 
lungen zum Klonen von Tieren gesehen. Aufgrund der 
Beratungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundes- 


tages ist davon auszugehen, daß nach dem Willen des 
Gesetzgebers § 7 des Tierschutzgesetzes so auszulegen 
ist, daß hiervon auch die Anwendung noch nicht zur 
Praxisreife entwickelter Klonierungstechniken abgedeckt 
wird, das heißt, daß die derzeit noch im Experimental- 
stadium befindlichen Kemtransfertechniken als geneh- 
migungspflichtige Tierversuche einzustufen sind. Dies 
gilt jedoch nicht für die bereits etablierten Verfahren des 
Embryonensplittings. Bei der tierschutzrechtlichen Be- 
wertung ist also der jeweilige Stand von Wissenschaft 
und Technik zu berücksichtigen. 

Dieser Grundsatz ist auch bei der tierschutzrechtlichen 
Bewertung der Erstellung transgener Tierlinien zu beach- 
ten. In Anhang 5 des Tierschutzberichtes 1997 findet sich 
zu diesem Thema ein Informationspapier „Erzeugung und 
Zucht transgener Mäuse und Ratten unter Tierschutzge- 
sichtspunkten“, das auf Vorschlag von BML 1996 von 
einer Sachverständigengruppe erarbeitet wurde. 

Leider ist es nicht möglich, auf alle in dem Zusammen- 
hang auftretenden Fragen umfassende und befriedigende 
Antworten zu geben. Wie auch die internationalen Dis- 
kussionen zeigen, ist hierfür die gezielte Aufarbeitung 
bisheriger Erfahrungen sowie die Durchführung konkre- 
ter Forschungsvorhaben zu tierschutzrelevanten Aspek- 
ten bei der Erzeugung transgener Tiere notwendig. Auch 
infolge der rasch steigenden Zahl transgener Tiermodelle 
wird dieses Thema voraussichtlich auch in den nächsten 
Jahren weiterhin in der Diskussion bleiben. 

2.4 Beratende Kommissionen nach § 15 Abs. 1 
und 3 des Tierschutzgesetzes 

Die Zusammensetzung der Kommissionen aus Veteri- 
närmedizinem, Medizinern, Naturwissenschaftlern und 
Vertretern, die von Tierschutzorganisationen vorge- 
schlagen wurden, ermöglicht eine sachgerechte Unter- 
stützung der Behörde, insbesondere im Hinblick auf die 
Voraussetzungen der wissenschaftlichen und ethischen 
Vertretbarkeit für die Genehmigung von Tierversuchen. 
Die Zusammenarbeit zwischen Tierschutzkommissionen, 
Antragstellern und Behörden verläuft in der Regel kon- 
struktiv und führt im Ergebnis zu einer fundierten Beur- 
teilung der jeweiligen Versuchsvorhaben. Der koopera- 
tive Charakter dieser Zusammenarbeit zeigt sich unter 
anderem darin, daß die Behörden bei ihren Entscheidun- 
gen nur in Ausnahmefällen vom Vorschlag der sie bera- 
tenden Gremien abweichen. Der relativ geringe Anteil 
endgültig abgelehnter Genehmigungsanträge sollte nicht 
vergessen lassen, daß bei den genehmigten Versuchs- 
vorhaben in vielen Fällen durch die intensiven Beratun- 
gen Zahl und Belastung der verwendeten Tiere erheblich 
eingeschränkt und die Genehmigungsbescheide mit 
entsprechenden Nebenbestimmungen versehen werden. 

Versuchsvorhaben im Auftrag des Geschäftsbereiches 
des Bundesministeriums der Verteidigung werden nicht 
nur an eigenen Tieren und in eigenen Dienststellen 
durchgeführt, sondern auch an bundeswehrfremde For- 
schungseinrichtungen vergeben. Für die Genehmigung 
dieser Versuchsvorhaben sind die für den Sifz dieser 
Einrichtung zuständigen Landesbehörden und damit 
auch die diesen angehörigen Kommissionen nach § 15 




Drucksache 14/600 


-64- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Abs. 1 zuständig. Wegen der besonderen Sensibilität der 
Öffentlichkeit gegenüber Tierversuchen der Bundeswehr 
werden alle genehmigungspflichtigen Tierversuche, die 
im Auftrag des Geschäftsbereiches des Bundesministe- 
riums der Verteidigung durchgeführt werden, zusätzlich 
auch der Tierschutzkommission des Bundesministeriums 
der Verteidigung zur Beratung vorgelegt. Damit ist ein 
weiteres Gremium zur Bewertung wehrmedizinischer 
Forschungsvorhaben eingeschaltet, um für die mitunter 
sehr speziellen Fragestellungen ergänzende Hinweise zu 
geben. 

2.5 Tierversuche nach § 15a des 
Tierschutzgesetzes 

Die Bestimmung des § 15a des Tierschutzgesetzes ver- 
pflichtet die nach Landesrecht zuständigen Behörden, 
den Bundesminister über Fälle grundsätzlicher Bedeu- 
tung bei der Genehmigung von Versuchsvorhaben zu 
unterrichten. Die Mitteilungspflicht bezieht sich vorran- 
gig auf Genehmigungsanträge, deren ethische Vertret- 
barkeit von der zuständigen Behörde, der Beratenden 
Kommission oder dem Tierschutzbeauftragten in Zweifel 
gezogen wurde. 

Im Zeitraum dieses Berichtes wurde BML von den Län- 
dern in Zusammenhang mit § 15a über zwei Versuchs- 
anträge informiert, die von den zuständigen Behörden 
mit der Begründung ablehnend beschieden wurden, daß 
das beantragte Vorhaben ethisch nicht vertretbar sei. In 
vier weiteren Fällen wurde eine Genehmigung erteilt, 
obwohl die ethische Vertretbarkeit der beantragten Ver- 
fahren von der Beratenden Kommission oder dem Tier- 
schutzbeauftragten bezweifelt wurde. 


3 Amtliche Daten über die Verwendung 
von Versuchstieren 

3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 

Mit der Verordnung über die Meldung von in Tierversu- 
chen verwendeten Wirbeltieren (Versuchstiermeldever- 
ordnung) vom 1. August 1988 (BGBl. I S. 1213) werden 
Personen und Einrichtungen, die Tierversuche an Wir- 
beltieren durchführen, verpflichtet, regelmäßig Meldun- 
gen über Art und Zahl der für Versuche verwendeten 
Tiere zu erstatten. Diese Daten umfassen alle genehmi- 
gungs- und anzeigepflichtigen Tierversuche im Sinne 
des § 7 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes. Von den Tierver- 
suchen sind insbesondere Eingriffe und Behandlungen 
an Tieren zu Demonstrationszwecken bei der Ausbil- 
dung ausgenommen (siehe Abschnitt XVI). Darüber 
hinaus sind zum Beispiel auch Eingriffe und Behandlun- 
gen an Tieren im Rahmen der Herstellung von Impfstof- 
fen und Sera keine Tierversuche im Sinne des Gesetzes 
(siehe Abschnitt XV. 1.3). 

Das novellierte Tierschutzgesetz enthält eine erweiterte 
Verordnungsermächtigung für diesen Bereich, so daß 
künftig auch Daten zur Verwendung von Wirbeltieren 
für diese Zwecke erhoben werden können. Ein entspre- 
chender Verordnungsentwurf ist in Vorbereitung. Der 


vorgesehene Anwendungsbereich schließt auch zu wis- 
senschaftlichen Zwecken vorgenommene Tiertötungen 
ein. Dies entspricht dem dringenden Anliegen der Tier- 
schutzverbände sowie der interessierten Öffentlichkeit, 
umfassend über alle für wissenschaftliche Zwecke ver- 
wendeten Wirbeltiere informiert zu werden. 

Der noch geltenden Meldeverordnung von 1988 ist als 
Anlage ein Formblatt mit drei Tabellen beigefügt, das 
für die amtlichen Erhebungen zu verwenden ist. Dem- 
nach beziehen sich die zu erhebenden Daten auf folgen- 
de Aspekte: 

- Tabelle 1 gibt Aufschluß über Art und Zahl der ver- 
wendeten Wirbeltiere und berücksichtigt dabei auch 
den Umfang ihrer Mehrfachverwendung in verschie- 
denen voneinander unabhängigen Versuchsvorhaben. 

- Tabelle 2 erfordert eine Zuordnung der verwendeten 
Tiere zu bestimmten selektiv aufgeführten Versuchs- 
zwecken, beispielsweise zur Entwicklung und Prü- 
fung von Stoffen und Produkten wie Arzneimitteln 
oder Pflanzenschutzmitteln oder zur Grundlagenfor- 
schung. 

- Die mit Tabelle 3 erhobenen Angaben ermöglichen 
einen Überblick über die Verwendung der einzelnen 
Tiergruppen in bestimmten Arten von Tierversuchen, 
zum Beispiel in operativen Eingriffen oder Toxizi- 
tätsprüfungen, und liefern Informationen über die 
Dauer der Belastung bei diesen Versuchen. 

Die Verpflichtung zur Erhebung amtlicher Daten ergibt 
sich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus 
der Versuchstierrichtlinie 86/609/EWG. Im Rahmen der 
harmonisierten Anwendung der entsprechenden Be- 
stimmung wurden 1997 Empfehlungen für eine einheit- 
liche Erhebung dieser Daten in den Mitgliedstaaten ver- 
abschiedet. Diesen Empfehlungen soll bei der Neufas- 
sung der Versuchstiermeldeverordnung Rechnung getra- 
gen werden (siehe auch Abschnitt XV. 1.2). 

3.2 Entwicklungen bei der Verwendung 
von Versuchstieren 

Die nachfolgend aufgeführten Tabellen geben einen 
Überblick über die in den Jahren 1996 und 1997 in 
Deutschland für Versuchszwecke verwendeten Wirbel- 
tiere sowie über die Entwicklung der Versuchstierzahlen 
seit 1991. Weitere tabellarische Darstellungen wurden 
aus Gründen besserer Übersichtlichkeit in Anhang 6 
aufgenommen. 

Die Verwendung von Versuchstieren ist seit 1989, dem 
Beginn der amtlichen Datenerhebung, rückläufig. Im 
Zeitraum 199Ü) bis 1997 hat sich die Zahl der ver- 
wendeten Versuchstiere von 2,4 Millionen auf knapp 
1,5 Millionen, das heißt um 37,7 % reduziert. 

Insbesondere im Bereich der Entwicklung und Prüfung 
von Arzneimitteln konnte die Zahl der jährlich benötig- 
ten Versuchstiere kontinuierlich gesenkt werden, obwohl 
die Zahl neu zugelassener innovativer Produkte in den 


In diesem Jahr lagen erstmals auch vollständige Angaben aus den 
neuen Bundesländern vor. 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


-65- 


Drucksache 14/600 


Anzahl der von 1991 bis 1997 verwendeten Versnchstiere*) 
in der Bnndesrepnblik Dentschland 


Art der Versuchstiere 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

1 223 741 

1 064 883 

973 106 

868 312 

821 888 

729 612 

732 742 

Ratten 

611 530 

558 516 

508 769 

459 781 

439 010 

415 766 

401 179 

Meerschweinchen 

101 842 

86 252 

73 905 

68 457 

56 944 

50 059 

52 086 

Andere Nager 

25 905 

21 083 

27 492 

23 985 

25 537 

23 839 

19 354 

Kaninchen 

70 228 

63 210 

52 188 

44 126 

41 565 

38 834 

47 734 

Menschenaffen 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -t- Breitnasenaffen 

1 547 

1 032 

1 172 

1 447 

1 362 

1 364 

1 905 

Halbaffen 

116 

33 

125 

178 

126 

155 

22 

Hunde 

6517 

6 007 

5 551 

6 067 

5 318 

4 515 

4 564 

Katzen 

1 921 

1 725 

1 127 

1 067 

1 037 

1 010 

962 

Andere Fleischfresser 

228 

365 

248 

318 

249 

362 

301 

Pferde, Esel usw 

217 

284 

200 

151 

275 

182 

362 

Schweine 

12 158 

11 239 

10 719 

12 622 

10 518 

9 571 

10 704 

Ziegen und Schafe 

2 690 

2 550 

1 911 

1 964 

2 242 

2 238 

1 851 

Rinder 

3 079 

2 096 

2 910 

2 880 

1 854 

2 035 

3 077 

Andere Säugetiere 

286 

287 

669 

339 

180 

332 

298 

Vögel einschl. Geflügel 

87 621 

85 676 

89 636 

103 973 

89 726 

94 793 

76 377 

Reptilien 

124 

82 

281 

293 

743 

149 

150 

Amphibien 

6 568 

6 705 

10 718 

9 221 

14 882 

14 581 

12 857 

Fische 

246 387 

170 563 

163 494 

153 319 

129 076 

120 222 

129 216 

Gesamt 

2 402 710 

2 082 588 

1 924 221 

1 758 500 

1 642 532 

1 509 619 

1 495 741 

*) Wirbeltiere, die für Tierversuche im 

Sinne des § 7 des Tierschutzgesetzes verwendet wurden 






Anzahl der verwendeten Tiere 

Bundesrepublik Deutschland 1996 



davon 



Gesamt 

in mehreren Versuchen 

in Versuchen, die länger 
als ein Jahr dauern 

Art der Versuchstiere 








Mäuse 


729 

612 

17 340 

13 295 

Ratten 


415 

766 

13 686 

3 406 

Meerschweinchen 


50 

059 

733 


18 

Andere Nager 


23 

839 

894 

394 

Kaninchen 


38 

834 

11 874 

605 

Menschenaffen 



0 


0 


0 

Hunds- und Breitnasenaffen.... 


1 

364 

256 


152 

Halbaffen 



155 


0 


2 

Hunde 


4 

515 

574 


26 

Katzen 


1 

010 


97 


19 

Andere Fleischfresser 



362 


51 


0 

Pferde, Esel usw 



182 


5 


26 

Schweine 


9 

571 

422 


73 

Ziegen und Schafe 


2 

238 


99 


172 

Rinder 


2 

035 

206 


121 

Andere Säugetiere 



332 


98 


128 

Vögel einschließlich Geflügel. 


94 

793 

674 

700 

Reptilien 



149 


65 


0 

Amphibien 


14 

581 

1 444 

649 

Fische 


120 

222 

14 074 

519 

Gesamt 

1 509 619 

62 592 

20 305 






Drucksache 14/600 


- 66 - 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Bundesrepublik Deutschland 1997 

Anzahl der verwendeten Tiere 

Gesamt 

davon 

in mehreren Versuchen 

in Versuchen, die länger 
als ein Jahr dauern 

Art der Versuchstiere 




Mäuse 

732 742 

20 072 

19 183 

Ratten 

401 179 

15 877 

6 670 

Meerschweinchen 

52 086 

1 559 

21 

Andere Nager 

19 354 

1 950 

570 

Kaninchen 

47 734 

8 672 

564 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

Hunds- und Breitnasenaffen 

1 905 

248 

176 

Halbaffen 

22 

3 

0 

Hunde 

4 564 

511 

84 

Katzen 

962 

94 

6 

Andere Fleischfresser 

301 

46 

12 

Pferde, Esel usw 

362 

36 

48 

Schweine 

10 704 

432 

73 

Ziegen und Schafe 

1 851 

166 

364 

Rinder 

3 077 

103 

122 

Andere Säugetiere 

298 

19 

24 

Vögel einschließlich Geflügel 

76 377 

2 045 

114 

Reptilien 

150 

0 

65 

Amphibien 

12 857 

599 

419 

Fische 

129 216 

15 745 

1 059 

Gesamt 

1 495 741 

68 177 

29 574 


vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist. Im Vergleich 
zu 1991 ging der Bedarf an Versuchstieren in diesem 
Bereich um 43,6 % zurück. Dies dürfte zu einem großen 
Teil auf den zunehmenden Einsatz von In-vitro- 
Methoden bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe zurück- 
zuführen sein. Bei der Prüfung zur Erkennung von Um- 
weltgefahrdungen zeigt ein Vergleich der amtlichen 
Zahlen von 1991 und 1997 sogar einen Rückgang um 
65 %, jedoch sind hier - ebenso wie bei der Verwendung 
von Tieren für gesefzlich vorgeschriebene Prüfungen im 
Zusammenhang mit der Anmeldung und Zulassung von 
Stoffen oder Produkten - erhebliche jährliche Schwan- 
kungen festzustellen. Annähernd konstant blieb die Zahl 
der im Rahmen der Grundlagenforschung benötigten 
Tiere. 

Die zum Redaktionsschluß dieses Berichts aktuellen 
amtlichen Zahlen beziehen sich auf das Jahr 1997. In 
diesem Berichtszeitraum reduzierte sich die Zahl der 
Versuchstiere im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 
13 900 Tiere auf 1,496 Millionen. Mit 0,9 % ist der jähr- 
liche Rückgang deutlich geringer ausgefallen als in den 
Vorjahren. 

Die Tendenz bei der Verwendung von Tieren der einzel- 
nen Kategorien ist dabei unterschiedlich; Abnahmen 
betreffen 1997 im Vergleich zum Vorjahr vor allem 
Ratten, Halbaffen und Vögel einschließlich Geflügel 
sowie Amphibien. Ein Anstieg der Zahlen ist insbeson- 
dere bei der Verwendung von Kaninchen, von Hunds- 


und Breitnasenaffen sowie von Schweinen, Rindern und 
Fischen festzustellen. Die Zahl der verwendeten Hunde 
und Katzen (5 526 Tiere) ist im Vergleich zum Voijahr 
weitgehend konstant geblieben. Der Einsatz von Men- 
schenaffen war 1997 nicht erforderlich; die letzte Ver- 
wendung dieser Tiere für Versuchszwecke in Deutsch- 
land datiert aus dem Jahr 1991. 

Nach den bisherigen Erfahrungen erlauben die jährlich 
erhobenen Zahlen - und somit auch der 1997 festge- 
stellte Anstieg bei der Verwendung von Hunds- und 
Breitnasenaffen - keine Prognose im Hinblick auf künf- 
tige Entwicklungen beim Einsatz von Primaten; da pro 
Jahr nur relativ wenige Tiere für Versuchszwecke einge- 
setzt werden, spiegeln sich einzelne Forschungsvorhaben 
besonders deutlich in der Statistik wider. Im Bereich der 
Grundlagenforschung wurden beispielsweise 1997 deut- 
lich weniger Primaten als in den Vorjahren eingesetzt. 
Demgegenüber ist im selben Berichtsjahr die Zahl der 
Hunds- und Breitnasenaffen, die für die Entwicklung 
und Prüfung von Arzneimitteln verwendet wurden, im 
Vergleich zu 1996 um etwa 500 Tiere gestiegen. 

Bei 1,2 Millionen der 1997 verwendeten Tiere handelte 
es sich um Nager wie beispielsweise Mäuse, Ratten und 
Meerschweinchen. Dies entspricht einem Prozentsatz 
von über 80 %. In der Häufigkeit der Verwendung fol- 
gen Fische mit 8,6 %,Vögel einschließlich Geflügel mit 
5,1 % sowie Kaninchen mit 3,2 %. Auf jede andere Tier- 
art entfällt weniger als 1 % der Gesamtsumme. 





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Etwa 49 % der eingesetzten Versuchstiere wurden 1997 
zur Entwicklung oder Prüfung von Arzneimitteln heran- 
gezogen. Die Zahl der eingesetzten Tiere ging in den 
letzten Jahren kontinuierlich zurück, 1997 um 22 600 
Tiere, 1996 sogar um über 100 000 Tiere gegenüber dem 
Vorjahr. Für alle anderen in den amtlichen Meldungen 
erfaßten Versuchszwecke wurden 1997 mehr Tiere als 
im Vorjahr herangezogen. 21,3 % aller Tiere wurden für 
Versuchsvorhaben im Bereich der Grundlagenforschung 
eingesetzt, 17,5 % für die Erforschung oder Erprobung 
von Methoden zur Diagnostik, Prophylaxe oder Therapie 
von Erkrankungen. 5,6 % der Versuchstiere dienten der 
Erkennung von Umweltgefährdungen. Mehr als ein 
Drittel aller Versuchstiere wurde aufgrund gesetzlich 
erforderlicher Prüfungen für die Anwendung oder Zulas- 
sung von Stoffen oder Produkten verwendet. 

Der Prozentsatz der in mehreren voneinander unabhän- 
gigen Versuchen verwendeten Wirbeltiere betrug 1997 
4,6 %, der höchste Wert der letzten sieben Jahre wurde 
1993 mit 5,5 % erzielt. 

Die nach Tabelle 3 der Versuchst! ermeldeverordnung 
erhobenen Angaben zeigen, daß auch 1997 die meisten 
Tiere für „Applikationen und Punktionen ohne Erzielen 
von Krankheitszuständen“ verwendet wurden (354 000 
Tiere). Für Toxizitätsuntersuchungen wurden 274 000 
Tiere, für Infektionsversuche 225 000 Tiere eingesetzt. 
An 258 000 Tieren wurden operative Eingriffe vorge- 
nommen, wobei etwa die Hälfte der Operationen als 
Finalversuche, das heißt ohne Wiedererwachen der Tiere 
aus der Narkose, durchgeführt wurde. Leider ist die 
Aussagefahigkeit dieser tabellarischen Auflistungen 
beschränkt, da unter der Rubrik „Andere Eingriffe und 
Behandlungen“ ebenfalls relativ hohe Tierzahlen 
(288 000 Tiere) gemeldet wurden. 

Die Dauer der versuchsbedingten Belastung betrug nach 
den Angaben unter der Tabelle 3 bei etwa einem Drittel 
der eingesetzten Versuchstiere weniger als einen Tag, 
bei etwa einem Fünftel mehr als 30 Tage. 


4 Maßnahmen zur Verringerung von 

Tierversuchen in den einzeinen Rechts- 
bereichen, Zweitanmeiderregeiung 

Die einzelnen Rechtsvorschriften, die Tierversuche zur 
Folge haben, sind in Fehler! Verweisquelle konnte nicht 
gefunden werden, aufgelistet. 

Nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes sind 
Tierversuche auf das unerläßliche Maß zu beschränken; 
sie dürfen insbesondere nicht durchgeführt werden, wenn 
der verfolgte Zweck durch andere Methoden oder Ver- 
fahren erreicht werden kann. Die Bundesregierung prüft 
entsprechend den Zielen des Tierschutzgesetzes und 
neuen Erkenntnissen fortlaufend alle einschlägigen 
Rechtsvorschriften auf Möglichkeiten, Tierversuche 
durch Versuche an schmerzfreier Materie zu ersetzen 
oder, falls dies nicht möglich ist, die Anzahl der Ver- 
suchstiere zu verringern oder deren Belastung zu ver- 
mindern. Sie schlägt gegebenenfalls entsprechende Än- 
derungen der gesetzlichen Bestimmungen vor; dies ist 


und bleibt eine Daueraufgabe, die in Anbetracht des 
zunehmenden Umfangs an supranationalen Sicherheits- 
bestimmungen zum Schutz des Menschen und der Um- 
welt nicht leichter wird. 

Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die 
Bemühungen zur Einschränkung von Tierversuchen auf 
EU-Ebene: 

Die Richtlinie des Rates vom 24. November 1986 zur 
Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften 
der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und 
andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere 
(86/609/EWG) schreibt die Einschränkung von Tierver- 
suchen vor (siehe Seite 61). 

Nach Artikel 7 Abs. 2 darf 

„ein Versuch nicht vorgenommen werden, wenn zur 
Erreichung des angestrebten Ergebnisses eine wissen- 
schaftlich zufriedenstellende, vertretbare und prakti- 
kable Alternative zur Verfügung steht, bei der kein 
Tier verwendet werden muß.“ 

Artikel 22 schreibt vor: 

„(1) Um unnötige Doppelausführungen von Versu- 
chen zur Einhaltung einzelstaatlicher oder gemein- 
schaftlicher Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften 
zu vermeiden, erkennen die Mitgliedstaaten die Gül- 
tigkeit der Ergebnisse von Versuchen, die auf dem 
Gebiet eines anderen Mitgliedstaates durchgeführt 
wurden, soweit wie möglich an, es sei denn, daß zu- 
sätzliche Versuche zum Schutz der Volksgesundheit 
und öffentlichen Sicherheit notwendig sind. 

(2) Zu diesem Zweck informieren die Mitgliedstaa- 
ten - soweit durchführbar und unbeschadet der Be- 
stimmungen bestehender Richtlinien der Gemeinschaft 
- die Kommission über ihre Rechtsvorschriften und 
Verwaltungsverfahren betreffend Tierversuche ein- 
schließlich der vor dem Inverkehrbringen von Pro- 
dukten zu erfüllenden Anforderungen. Sie übermitteln 
ihr ferner Sachauskünfte über auf ihrem Gebiet durch- 
geführte Versuche sowie über Genehmigungen oder 
sonstige verwaltungstechnische Einzelheiten im Zu- 
sammenhang mit diesen Versuchen. 

(3) Die Kommission setzt einen Ständigen Beraten- 
den Ausschuß ein, in dem die Mitgliedstaaten vertreten 
sind und der die Kommission bei der Durchführung des 
Austauschs geeigneter Informationen unter Wahrung 
der Erfordernisse der Geheimhaltung unterstützt und die 
Kommission auch in allen anderen Fragen im Zusam- 
menhang mit der Anwendung dieser Richtlinie berät.“ 

Auf diese Richtlinie wird in fast allen EG-Richtlinien 
oder Richtlinienvorschlägen zur Änderung bereits beste- 
hender Richtlinien, soweit sie Tierversuche vorschrei- 
ben, Bezug genommen. 

Für Arzneimittel werden in der Richtlinie 65/65/EWG in 
der derzeit geltenden Fassung zusätzlich die Fälle be- 
schrieben, in denen die Vorlagepflicht pharmakologisch/ 
toxikologischer Versuchsergebnisse generell entfällt 
(siehe Artikel 4 Abs. 8 (a) i, ii, iii). 

Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren bei der 
Überarbeitung von Richtlinien konkrete Festlegungen 
zur Vermeidung von Mehrfachversuchen aufgenommen. 




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Deutschland hat analog zum Pflanzenschutz- und zum 
Chemikaliengesetz eine Zweitanmelderregelung für 
Tierversuche vorgeschlagen, wenn Stoffe oder Verfahren 
zugelassen oder angemeldet werden müssen (siehe Ab- 
schnitt XV.4.4 und 4.8). 

Folgende Grundsätze dieser Zweitanmelderregelung 
wurden in die meisten seit 1989 erarbeiteten EG- 
Richtlinien oder Richtlinienvorschläge aufgenommen: 

1. der Anmelder eines Stoffes muß sich vor der Durch- 
führung von Tierversuchen erkundigen, 

- ob der Stoff, den er anmelden will, bereits ange- 
meldet ist sowie 

- Namen und Anschrift des Erstanmelders in Erfah- 
rung bringen. 

2. Sofern der angemeldete Stoff bereits angemeldet ist, 
kann der Zweitanmelder auf vom Erstanmelder mit- 
geteilte Ergebnisse der Prüfungen oder Untersuchun- 
gen verweisen. Der Erstanmelder muß dazu jedoch 
seine schriftliche Zustimmung geben. 

3. Damit Mehrfachversuche mit Wirbeltieren vermieden 
werden, sollen Erstanmelder und Zweitanmelder alles 
unternehmen, um zu einer gemeinsamen Nutzung der 
Informationen zu kommen. 

4. Für den Fall, daß sich Erstanmelder und Zweitanmel- 
der nicht über die gemeinsame Nutzung der Informa- 
tionen einigen können, können die Mitgliedstaaten die 
in ihrem Gebiet niedergelassenen Erstanmelder und 
Zweitanmelder durch nationale Bestimmungen ver- 
pflichten, sich die Informationen zur Vermeidung von 
Mehrfachversuchen an Wirbeltieren unter angemesse- 
nem Interessenausgleich zur Verfügung zu stellen. 

Weitere Einzelheiten finden sich in Anhang 5. 

4.1 Abwasserabgabengesetz 
und Wasserhaushaltsgesetz 

Sowohl das Abwasserabgabengesetz in der Fassung der 
Bekanntmachung vom 3. November 1994 (BGBl. I 

5. 3370) als auch die Verordnung über Anforderungen 
an das Einleiten von Abwasser in Gewässer und zur An- 
passung der Anlage des Abwasserabgabengesetzes in der 
Bekanntmachung vom 21. März 1997 (BAnz. Nr. 150 a 
vom 14. August 1997) zu § 7a des Wasserhaushaltsge- 
setzes sehen die Durchführung des Fischtests vor. Dieses 
normierte Testverfahren (DIN 38412-L 31) dient den 
Überwachungsbehörden zur Kontrolle der Fischgiftig- 
keit; es findet auch im Rahmen der Eigenüberwachung 
von Industriebetrieben Anwendung. 

Mit diesem Test wird diejenige Verdünnung des Abwas- 
sers ermittelt, bei der innerhalb von 48 Stunden kein 
Fisch stirbt. Die Regelungen im Abwasserabgabenge- 
setz, in den Verwaltungsvorschriften und in der Abwas- 
serverordnung sind so aufeinander abgestimmt, daß die 
Ergebnisse der durchzuführenden Fischtests für den 
Vollzug aller Regelungen verwendet werden können. 

In der Vergangenheit wurde eine Reihe von Möglich- 
keiten zum Ersatz und zur Ergänzung des Fischtests 
sowie zur Verringerung der Anzahl der Fische in Fisch- 


tests insgesamt geprüft. Als weitere Biotests kommen 
insbesondere der Daphnien-Kurzzeittest, der Algenver- 
mehrungstest, der Leuchtbakterientest und der Genotox- 
zitätstest in Frage. Diese Testverfahren reagieren auf 
eine Reihe von Abwasserinhaltsstoffen empfindlicher als 
Fische. 

Überall dort, wo andere Tests bereits bei gleichen oder 
niedrigeren Schmutzwasserkonzentrationen ansprechen, 
kann auf Fischtests verzichtet werden; dies allerdings 
nur unter zwei Voraussetzungen: 

- Die Tests müssen zur routinemäßigen Anwendung 
ausgereift sein, 

- es muß eine Einigung aller Entscheidungsträger über 
die Änderung der entsprechenden Rechtsvorschriften 
herbeigeführt worden sein. 

Die genannten Biotests wurden mit der Änderungs- 
Verwaltungsvorschrift am 4. März 1992 in die Rahmen- 
Abwasser- Verwaltungsvorschrift und am 21. März 1997 
in die Abwasserverordnung aufgenommen, und es wurde 
damit grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, den Fisch- 
test durch diese Tests zu ersetzen. Dabei soll nur der für 
das Abwasser eines bestimmten Herkunftsbereiches 
empfindlichste Biotest verwendet werden. In diesem Fall 
lassen sich bis zu 90 % der derzeit für den Fischtest 
verwendeten Tiere einsparen. 

In Bayern wurden routinemäßig neben dem Fischtest 
auch Abwasserprüfungen mit Daphnien, Algen und 
Leuchtbakterien durchgeführt. Nach einer mehrjährigen 
Paralleltestung wurde der Fischtest bei allen nicht fisch- 
giftigen Abwässern ersetzt. Dadurch konnte die Zahl der 
im Rahmen des AbwAG und WHG eingesetzten Fische 
um 50 % reduziert werden. Inzwischen wurde in einer 
Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für 
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geprüft und 
bestätigt, daß dieses Verfahren im Abwasserbereich 
angewendet werden kann. Die Landesarbeitsgemein- 
schaft „Wasser“ hat den Ersatz des Fischtests durch 
andere Biotests zur Verminderung der Testfische inzwi- 
schen in die „Liste gleichwertiger Analysenverfahren“ 
aufgenommen. 

Das zunächst erfolgversprechende Verfahren, den 
Fischtest durch einen Fischzellinientest zu ersetzen und 
zu ergänzen, hat sich in der praktischen Prüfung bei 
Abwasseruntersuchungen im Rahmen des § 7a WHG als 
nicht geeignet erwiesen. Der größte Teil nachweislich 
fischgiftiger Abwässer wäre bei der Prüfung mit dem 
Fischzellinientest als „nicht fischtoxisch“ ausgewiesen 
worden. Obwohl der Fischzellinientest grundsätzlich 
standardisierbar ist und reproduzierbare Ergebnisse lie- 
fert, eignet er sich aufgrund seiner Unempfindlichkeit 
weder als Screeningverfahren noch als alternatives Er- 
satzverfahren zum Fischtest. 

Als erfolgversprechende Altemativmethode wurde vom 
Umweltbundesamt der vollständige Ersatz des Fischtests 
im Vollzug der Wassergesetze durch einen „Fischei- 
Test“ vorgeschlagen. Im Rahmen der gemeinsamen 
Bund-Länder-Arbeit wurde inzwischen ein normfähiger 
Verfahrensansatz entwickelt. Hierbei werden frisch be- 
samte Eier des Zebrabärblings (Brachydanio rerio) über 
maximal 48 Stunden den vorgegebenen Abwasserver- 




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dünnungen ausgesetzt. Im Gegensatz zum Zellinientest 
kann der Fischei-Test den zur Zeit vorgeschriebenen 
Test an der Goldorfe vollständig ersetzen. Es handelt 
sich nicht um einen Tierversuch im Sinne der gesetz- 
lichen Definition. Da der Test darüber hinaus nur an 
Fischembryonen in einem frühen Entwicklungsstadium 
durchgeführt wird, handelt es sich auch im weiteren 
Sinne um eine Ersatzmethode. 

Initiiert und gefordert durch das Umweltbundesamt wur- 
de inzwischen unter Beteiligung der ZEBET ein Ring- 
versuch hinsichtlich der Anwendbarkeit des Fischei- 
Tests bei der Chemikalienprüfüng durchgeführt (Ent- 
wicklung von OECD-Testverfahren). Für die Normung 
des Verfahrens als „Biologisches Testverfahren zur Ab- 
wasserüberwachung“ hat das Umweltbundesamt 1997 
einen Normungsarbeitskreis eingerichtet (DIN UA 7 
AK 6). Bei allein praktischen Erprobungen zum Ver- 
gleich des Fischtests mit dem Fischei-Test an realen 
Abwasserproben wurde bisher dieselbe Ansprechemp- 
findlichkeit festgestellt. 

Mit der Vorlage der Test-Norm für den „Fischei-Tesf“ 
kann der Fischtest in der Abwasserverordnung und im 
Abwasserabgabengesetz ersatzlos gestrichen werden. 
Die europäische (EN) und internationale Normung (ISO) 
des Fischei-Tests wird 1999 eingeleitet. 

4.2 Arzneimittelgesetz und 
Medizinproduktegesetz 

Das Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586) sieht 
vor, daß ein Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten 
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse geprüft sein 
muß. Die Maßstäbe, die an die nach dem Arzneimittel- 
gesetz einzureichenden Unterlagen zur Beurteilung der 
Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit anzulegen 
sind, sind in den Arzneimittelprüfrichtlinien festgelegt; 
sie dienen als Entscheidungshilfe für die Zulassungsbe- 
hörde. Nach § 24a des Arzneimittelgesetzes kann ein 
Antragsteller auf Unterlagen eines Vorantragstellers 
während der zehnjährigen Schutzfrist nach der erstmali- 
gen Zulassung des Arzneimittels nur Bezug nehmen, 
sofern er die schriftliche Zustimmung des Vorantrag- 
stellers vorlegt. In einer gemeinsamen Publikation haben 
ZEBET, BfArM und PEI die Möglichkeit des Einsatzes 
von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch 
bei der Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln 
dargestellt^). 

Arzneimittelprüfrichtlinien 

Die Arzneimittelprüfrichtlinien wurden durch die All- 
gemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der 
Arzneimittelprüffichtlinien vom 5. Mai 1995 (Bundesan- 
zeiger Nr. 96 a vom 20. Mai 1995) bekanntgemacht. So- 
weit die Arzneimittelprüfrichtlinien die Durchführung 
von Tierversuchen vorsehen, sind diese genehmigungs- 
ffei im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 Buchstabe b des Tier- 
schutzgesetzes. Diese Versuche sind anzeigepflichtig 


Spielmann et al. (1998), Bundesgesetzblatt 10/98. 


nach § 8a des Tierschutzgesetzes, und zwar unabhängig 
davon, ob für die zu prüfenden Arzneimittel schließlich 
ein Zulassungsantrag gestellt wird. 

Die Behörden haben auch bei der Prüfung von anzeige- 
pflichtigen Tierversuchen einen umfangreichen Krite- 
rienkatalog zu berücksichtigen, um über die Zulässigkeit 
des geplanten Versuchsvorhabens entscheiden zu kön- 
nen. 

Da die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwen- 
dung der Arzneimittelprüfrichtlinien für die pharmako- 
dynamischen Untersuchungen keine detaillierten Prüf- 
methoden vorschreibt, wurde eine Lösung der in diesem 
Bereich noch offenen Fragen in Form einer „Empfehlung 
zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen von den 
anzeigepflichtigen Tierversuchen zur Ermittlung phar- 
makologischer Daten (sogenannte Screening- Versuche)“ 
mit Vertretern des BMG, des BML, des damaligen BGA 
und der Länder erarbeitet. Der Text dieser Empfehlung 
ist Bestandteil von Fehler! Verweisquelle konnte nicht 
gefunden werden, des Tierschutzberichtes 1997. 

1992 wurde von der Bundesregierung mit Zustimmung 
des Bundesrates die Allgemeine Verwaltungsvorschrift 
zur Registrierung homöopathischer Arzneimittel erlassen 
(BAnz. S. 9704), die für diese Präparate keine pharma- 
kologisch-toxikologischen Prüfungen an Tieren vorsieht. 

Arzneibuch 

Das Arzneibuch ist eine Sammlung anerkannter pharma- 
zeutischer Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, 
Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln und bei 
ihrer Herstellung verwendeter Stoffe. Die Regeln des 
Arzneibuchs (Monographien und andere Texte) werden 
von der Deutschen Arzneibuch-Kommission, der Euro- 
päischen Arzneibuch-Kommission beim Europarat in 
Straßburg oder der Deutschen Homöopathischen Arz- 
neibuch-Kommission beschlossen und vom Bundesmini- 
sterium für Gesundheit bekanntgemacht. 

Prüfungen, die den Einsatz von Tieren erfordern, werden 
fast ausschließlich in Monographien des Europäischen 
Arzneibuchs vorgeschrieben. Im Deutschen Arzneibuch 
kommen derartige Prüfungen nur ausnahmsweise vor. 
Insgesamt werden Tierversuche nur dann vorgeschrie- 
ben, wenn die Qualität eines Arzneimittels mit anderen 
Methoden nicht angemessen kontrolliert werden kann. 
Dies ist insbesondere bei biologischen Stoffen, Blutpro- 
dukten sowie Sera und Impfstoffen für Menschen und 
Tiere der Fall. 

Damit Fortschritte von Wissenschaft und Technik unver- 
züglich wirksam werden können, sehen die allgemeinen 
Vorschriften des Europäischen und des Deutschen Arz- 
neibuchs vor, daß bei der Prüfung von Arzneimitteln 
auch andere Methoden als die vorgeschriebenen verwen- 
det werden können, vorausgesetzt, daß die verwendeten 
Methoden eine ebenso eindeutige Entscheidung hin- 
sichtlich der Erfüllung der Anforderungen ermöglichen 
wie die vorgeschriebenen Methoden. Damit ist es jeder- 
zeit möglich, unnötige Tierversuche durch alternative 
Methoden zu ersetzen, wenn die wissenschaftlichen und 
technischen Voraussetzungen gegeben sind. 




Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat die Entwicklung und 
Evaluierung von Ersatzmethoden zu Tierversuchen bei 
der Prüfung immunologischer Arzneimittel verstärkt 
fortgesetzt. 

Im Berichtszeitraum wurden für den Bereich Humanme- 
dizin folgende Projekte aufgenommen bzw. fortgeführt: 

• Prävalidierung eines Pyrogentests mit menschlichem 
Vollblut für biologische Arzneimittel"^). 

• Ersatz des Neuroviruslenztests an Primaten für Po- 
liomyelitisimpfstoffe^). 

• /«-vüro-Methoden zum Ersatz des Affenhaut-Trans- 
plantationstests bei der Prüfung von Antilympho- 
zytenseren^). 

• Serologische Methoden zur Wirksamkeitsbestimmung 
von Tetanus-Immunglobulinen (in Zusammenarbeit 
mit dem Istituto Superiore di Sanita, Rom)^). 

• /«-vüro-Kultivierungsverfahren für Toxoplasma- 
Tachyzoiten^). 

Die aktuellen Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten wur- 
den im Juni 1998 in einem zweitägigen Seminar des 
Paul-Ehrlich-Instituts vorgestellt. Die Beiträge sind im 
Supplementband 1998 der Zeitschrift ALTEX erschie- 
nen. 

Der Abschlußbericht der vom BMBF geforderten Unter- 
suchung zu Tierschutzaspekten bei der Qualitätskontrolle 
von Immunologischen Arzneimitteln konnte mit Unter- 
stützung von ECVAM und FRAME in englischer Spra- 
che herausgegeben werden^). Das Buch hat international 
große Beachtung gefunden. 

Angaben zu Veterinärimpfstoffen befinden sich im Ab- 
schnitt XV. 4. 9. 

Standardzulassung 

Mit der Verordnung über Standardzulassungen von Arz- 
neimitteln vom 3. Dezember 1982 (BGBl. I S. 1601), 
zuletzt geändert durch die Verordnung vom 22. Januar 
1996 (BGBl. I S. 101), können Arzneimittel von dem 
Erfordernis der Einzelzulassung freigestellt werden. Das 
bedeutet, daß für diese Arzneimittel keine neuen phar- 
makologisch-toxikologischen Prüfungen, also auch keine 
Tierversuche, durchgeführt werden müssen. Diese Ver- 
ordnung wird fortlaufend durch Monographien weiterer 
Arzneimittel ergänzt. 

Die Prüfung von Tierarzneimitteln 

Tierarzneimittel müssen wie Humanarzneimittel nach 
dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen 
Erkenntnisse geprüft sein. Die Prüfung der Unbedenk- 
lichkeit umfaßt bei Tierarzneimitteln jedoch nicht nur die 
Unbedenklichkeit für das Zieltier, den Anwender und die 
Umwelt, sondern auch die Unbedenklichkeit im Sinne 
des Verbraucherschutzes. Letzteres bedeutet unter ande- 
rem, daß ab Januar 2000 nur noch solche Tierarzneimit- 


b Mit finanzieller Unterstützung durch das BMBF. 

Mit finanzieller Unterstützung durch die EU-Kommission/ECVAM. 
U K. Weißer und U. tiechler (1997): Animal Welfare Aspects in the 
Quality Control of Immunobiologicals, FRAME, Nottingham. 


tel zur Anwendung bei lebensmittelliefemden Tieren 
zugelassen sind, deren pharmakologisch wirksame In- 
haltsstoffe in einem der Anhänge I, II oder III der Ver- 
ordnung (EWG) Nr. 2377/90 aufgeführt sind oder für die 
bis zum 1. Januar 1996 ein pharmazeutisches Unterneh- 
men einen Antrag auf Klassifizierung der arzneilich 
wirksamen Rückstände im Sinne der genannten Verord- 
nung gestellt hat. Die Anforderungen an die nach dem 
Arzneimittelgesetz und der o. g. Ratsverordnung vorzu- 
legenden Unterlagen sind in den Tierarzneimittel- 
prüfrichtlinien niedergelegt. 

Die Tierarzneimittelprüfrichtlinien wurden durch die 
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der 
Tierarzneimittelprüfrichtlinien vom 20. März 1995 be- 
kanntgemacht und am 9. April 1995 in Kraft gesetzt. Mit 
dieser Verwaltungsvorschrift wird der Anhang der 
Richtlinie 92/18/EWG zur Änderung des Anhangs der 
Richtlinie 81/852/EWG direkt in deutsches Recht umge- 
setzt. Die Anforderungen an Tierversuche sind durch den 
genannten Anhang in den europäischen Mitgliedstaaten 
harmonisiert. Eine internationale Harmonisierung wird 
über die Internationale Konferenz über Harmonisierung 
im Veterinärbereich (VICH) angestrebt. Eine erste Kon- 
ferenz hat 1996 stattgefunden. 

In der Richtlinie 81/85/EWG ist festgelegt, daß ein 
Antragsteller nicht verpflichtet ist, die Ergebnisse toxi- 
kologisch-pharmakologischer Versuche und klinischer 
Untersuchungen anzugeben, wenn er nachweist, daß 
das Tierarzneimittel grundsätzlich einem Erzeugnis 
vergleichbar ist, das in dem mit dem Antrag befaßten 
Mitgliedstaat zugelassen ist. Dafür muß sich die für die 
ursprüngliche Zulassung veranfwortliche Person ein- 
versfanden erklären, daß zur Prüfung die ursprüng- 
lichen Ergebnisse zugrunde gelegt werden. Dies darf 
jedoch nicht zur Benachteiligung innovativer Firmen 
führen. 


Medizinprodukte 

Nach dem Medizinproduktrecht ist der Hersteller ver- 
pflichtet, bei zur klinischen Prüfung bestimmten Medi- 
zinprodukten vor Aufnahme dieser Prüfung alle Vor- 
sichtsmaßnahmen zum Schutze der Gesundheit und der 
Sicherheit des Patienten und alle Vorkehrungen im Sinne 
der ethischen Grundsätze der Deklaration des Weltärzte- 
kongresses von Helsinki zu treffen und alle diesbezüg- 
lichen Prüfungen durchzuführen. Dazu gehören unter 
Umständen auch Tierversuche, soweit keine Altemativ- 
methoden zur Verfügung sfehen. 

Die Regelungen dazu befinden sich in § 12 der Medizin- 
produkte- Verordnung vom 17. Dezember 1997 (BGBl. I 
S. 3138, 1998 I S. 515). Die Definition des Medizinpro- 
duktegesetzes folgt der gleichen Zielstellung wie die des 
Arzneimittelgesetzes. Wegen der mit der Allgemeinen 
Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimit- 
telprüfrichtlinien vergleichbaren Prüfziele wurde auch 
eine entsprechende Regelung in Verbindung mit dem 
Medizinproduktegesetz getroffen. Die einschlägigen in 
Verbindung mit dem Medizinproduktegesetz harmoni- 
sierten Normen schreiben vor, daß jeweils zu prüfen ist, 
ob Altemativmethoden zu den in den Normen vorge- 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


scheuen Tierversuchen bestehen^). Bei der Durchführung 
dieser Prüfungen am Tier müssen die Prinzipien des 
Tierschutzes hinsichtlich Minimierung der Belastung des 
Versuchstieres berücksichtigt werden. Die Vorschriften 
des Tierschutzgesetzes bleiben vom Medizinproduktege- 
setz unberührt. 

4.3 Bundes-Seuchengesetz 

Bei der Diagnostik übertragbarer Krankheiten und bei 
der Prüfung von Desinfektionsmitteln und Schädlings- 
bekämpfungsmitteln nach dem Bundes-Seuchengesetz in 
der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 
1979 (BGBl. I S. 2262, 1980 I S. 151), zuletzt geändert 
durch Artikel 17 des Gesetzes vom 24. März 1997 
(BGBl. I S. 594), kann gegenwärtig noch nicht ganz auf 
den Einsatz von Tieren verzichtet werden. Möglichkeiten 
der weiteren Verwendung von Ersatz- und Ergänzungs- 
methoden in diesen Bereichen werden geprüft und gege- 
benenfalls genutzt. 

Völlig überflüssig wurde der Nachweis überlebender 
Tuberkuloseerreger an Versuchstieren mit der Heraus- 
gabe der neuen Richtlinie zur Prüfung der Wirksamkeit 
von Flächendesinfektionsmitteln bei Tuberkulose (Bun- 
desgesundheitsbl. 37 (1994) S. 274 bis 278). Laut dieser 
Richtlinie dient als Testkeim ein apathogener Mykobak- 
terien-Stamm (M. terrae), für dessen Aufzucht und 
Nachweis ausschließlich synthetische Nährmedien in 
Frage kommen. 

Angaben zu Impfstoffen befinden sich im Abschnitt 
XV.4.2. 

4.4 Chemikaliengesetz 

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Chemika- 
liengesetzes vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1689) ist das 
Chemikaliengesetz grundlegend überarbeitet worden. 
Mit der Novelle, die am 1. August 1994 in Kraft getreten 
ist, hat die Bundesregierung die Richtlinie 92/32/EWG 
des Rates vom 30. April 1992 zur siebten Änderung der 
Richtlinie 67/548/EWG zur Angleichung der Rechts- 
und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Ver- 
packung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABI. 
EG Nr. L 154 S. 1) umgesetzt. Bereits bei der ersten 
Änderung des Chemikaliengesetzes 1990 wurden mit 
den Vorschriften zur Anwendung der Guten Laborpraxis 
(GLP) und zur Zweitanmelderfrage wesentliche Neue- 
rungen aufgenommen, die zur Verbesserung des Tier- 
schutzes beitrugen. 

Das Gesetz enthält die grundsätzliche Verpflichtung, 
nichtklinische, experimentelle Prüfungen von Stoffen 
oder Zubereitungen unter Einhaltung der Grundsätze der 
Guten Laborpraxis durchzuführen. Diese Grundsäfze 
bestimmen, wie Laboruntersuchungen geplant, durchge- 
führt, überwacht und dokumentiert werden sollen, so daß 
diese im Falle einer Überprüfung mittels der Aufzeich- 


’) Möglichkeiten zur Anwendung von In-vitro-Tests zur sicherheits- 
toxikologischen Prüfling von Medizinprodukten werden 1998 in ei- 
ner Publikation von ZEBET vorgestellt. Zamow und Spielmann 
(1998), ALTEX 15,3/98. 


nungen und der Rohdaten lückenlos nachvollzogen wer- 
den können. Sie dienen dazu, die Qualität von Prüfungs- 
ergebnissen sicherzustellen; dies ist eine wichtige Vor- 
aussetzung dafür, daß Prüfungsergebnisse weltweit, 
insbesondere aber innerhalb der EU bei stofflichen An- 
melde-, Mitteilungs- und Zulassungsverfahren anerkannt 
werden können. Die Grundsätze der Guten Laborpraxis 
sind dem Gesetz als Anhang I angefügt. 

Mit der ersten Novellierung des Chemikaliengesetzes 
wurde in Anlehnung an die im Pfianzenschutzgesetz 
entwickelte Lösung eine neue Zweitanmelderregelung 
getroffen, die dazu beiträgt, Tierversuche auf das uner- 
läßliche Maß einzuschränken. Die Regelung basiert auf 
dem Gedanken, daß es für die Verwertung eines der 
Behörde bereits vorliegenden Prüfnachweises eines 
Dritten, der Tierversuche erfordert, einer Zustimmung 
des Dritten nicht bedarf Es gilt jedoch die Einschrän- 
kung, daß der Dritte dafür die Möglichkeit erhält, 

- von demjenigen, zu dessen Gunsten die Verwertung 
seines Prüfnachweises erfolgt, eine angemessene Aus- 
gleichszahlung zu verlangen und 

- durch einen Widerspruch gegen die sofortige Verwer- 
tung des Prüfnachweises zu erreichen, daß der andere 
dadurch, daß er selbst keinen Prüfnachweis erstellen 
muß, keinen wettbewerblich relevanten Zeitgewinn 
erlangt. 

Ob und welche Prüfnachweise eines Dritten verwertet 
werden können, entscheidet allein die Behörde. 

Darüber hinaus besteht seit dem 1. August 1994 für 
diejenigen, die Tierversuche zur Vorbereitung einer 
Anmeldung durchführen wollen, eine Voranfragepfiicht 
(§ 20a Abs. 2 Satz 1 des Chemikaliengesetzes). Diese 
Ergänzung der Regelung zur Vermeidung doppelter 
Tierversuche geht auf die 7. Änderungsrichtlinie zurück, 
die in Art. 15 erstmals eine EU-weite Regelung für ver- 
fahrensrechtliche Vorkehrungen zur Vermeidung dop- 
pelter Tierversuche aufgenommen hat. Die EG-Regelung 
verpflichtet den Anmelder zur Voranfrage bei der An- 
meldestelle, ob dieser verwertbare Prüfhachweise vorlie- 
gen. Ist das der Fall, wird eine Kontaktaufnahme der 
betroffenen Anmelder hergestellt, so daß diese gegebe- 
nenfalls eine Bezugnahmeregelung vereinbaren können. 
Darüber hinaus räumt die EG-Regelung den Mitglied- 
staaten die Möglichkeit ein, im Falle des Vorliegens 
verwertbarer Prüfnachweise ein Verfahren der obligato- 
rischen Verwertung im Sinne der schon bisher in § 20a 
getroffenen Regelung festzulegen (§ 20a des Chemika- 
liengesetzes und Begründung des Regierungsentwurfes, 
Drucksache 12/7136, S. 44). 

Die durch das Chemikaliengesetz vorgeschriebenen 
Prüfungen beruhen auf EG-Recht und entsprechenden 
OECD-Beschlüssen. Soweit mit den Prüfungen keine 
physikalischen Daten ermittelt werden, sind nach dem 
heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse 
Versuche mit Tieren vielfach noch nicht zu ersetzen. 

§ 20 Abs. 4 des Chemikaliengesetzes sieht die Möglich- 
keit vor, auf die Vorlage von Prüfungen zu verzichten, 
falls dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Er- 
kenntnisse nicht erforderlich ist. Gedacht ist hier unter 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


anderem an den Verzicht auf die Überprüfung haut- und 
augenreizender bzw. ätzender Eigenschaften bei stark 
sauren oder basischen Stoffen. Welche sonstigen Aus- 
schlußkriterien für toxikologische Prüfungen gelten 
sollen, wird fortlaufend von der Unterarbeitsgruppe 
„Prüfstrategien“ der Arbeitsgruppe „Fortentwicklung 
toxikologischer Prüfmethoden im Rahmen des Che- 
mikaliengesetzes“ des BgVV erarbeitet, in der auch 
ZEBET vertreten ist. 

Art und Umfang der vorzulegenden Prüfnachweise sind 
in der Prüfnachweisverordnung vom 1. August 1994 
(BGBl. I S. 1877) im einzelnen festgelegt und insbeson- 
dere aus Gründen des Tierschutzes auf das unbedingt 
erforderliche Maß beschränkt. Es ist vorgesehen, daß die 
Prüfungen auch nach international anerkannten Verfah- 
ren durchgeführt werden dürfen, die von den im Anhang 
V zur Richtlinie 67/548/EWG beschriebenen Methoden 
abweichen, falls diese Verfahren mit einer geringeren 
Anzahl von Versuchstieren oder mit einer geringeren 
Belastung der Tiere zu gleichwertigen Ergebnissen wie 
die in der Richtlinie genannten Prüfmethoden führen. 
Behördlich können als Altemativmethoden ausschließ- 
lich international akzeptierte Verfahren Anwendung 
finden, denn nur so isf eine internationale Anerkennung 
der Prüfergebnisse gewährleistet, und es werden unnö- 
tige Tierversuche vermieden. Bei gleichwertigen Prüf- 
methoden ist jeweils diejenige anzuwenden, die einen 
Verzicht auf Tierversuche zuläßt oder, falls dies nicht 
möglich ist, die geringstmögliche Anzahl von Versuchs- 
tieren erfordert oder bei der die geringste Belastung der 
Versuchstiere auftritt. In den Fällen, in denen die EG- 
Regelung mehrere gleichwertige Prüfmethoden zur Wahl 
vorsieht, soll das jeweils schonendere Verfahren zur 
Anwendung kommen. 

Einen besonderen Fortschritt bei den Bemühungen zur 
weiteren Einschränkung von Tierversuchen stellen die 
Festlegungen in der Zweiten Verordnung zur Änderung 
der Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen 
vom 19. September 1994 (BGBl. I S. 2557) für die toxi- 
kologische Prüfung und Bewertung gefährlicher Zube- 
reitungen dar. In Anhang II zur Gefahrstoffverordnung 
wird neben den toxikologischen Prüfungen an Versuchs- 
tieren die Anwendung der sogenannten konventionellen, 
das heißt rechnerischen Methode gefordert. Die relativ 
leichte Anwendung dieser Methode reduziert die Zahl 
der benötigten Versuchstiere erheblich. Eine besondere 
Erwähnung verdienen auch die Festlegungen zur toxi- 
kologischen Bewertung krebserzeugender, erbgutverän- 
demder und fortpflanzungsgefährdender Eigenschaften 
von Zubereitungen in dieser Verordnung; diese sind 
nach der rechnerischen Methode vorzunehmen. 

Die Bundesregierung ist bemüht, weitere Möglichkeiten 
zur Verringerung der Zahl von Tierversuchen zu er- 
schließen. Die beteiligten Bundesbehörden vergeben 
Forschungsaufträge, um Methoden zu entwickeln und zu 
validieren, in denen weniger Tiere verwendet oder Tier- 
versuche durch Versuche an schmerzfreier Materie er- 
setzt werden. Insbesondere bei den Prüfungen zur akuten 
Toxizität, zur ätzenden, reizenden sowie sensibilisieren- 
den Wirkung von Stoffen bestehen Ansätze dazu. In der 
Arbeitsgruppe „Fortentwicklung toxikologischer Prüf- 


methoden im Rahmen des Chemikaliengesetzes“ beim 
BgVV ist die Frage der Einsparung von Tierversuchen 
und der Reduzierung der Tierzahlen ein zentrales The- 
ma. 

1996 haben die OECD und die EU die unter Federfüh- 
rung des BgVV mit Förderung des BMBF in Deutsch- 
land entwickelte und validierte „Acute-Toxic-Class- 
Method“ (ATC) als Prüfmethode zur Bestimmung der 
akuten oralen Toxizität offiziell anerkannt (siehe auch 
Abschnitt XV.5.1). 

Die entsprechende inhalative ATC-Methode ist bereits 
publiziert und bei der OECD mit dem Ziel der Anerken- 
nung als offizielle Prüffichtlinie eingereicht; die dermale 
ATC-Methode befindet sich in der Phase der Publika- 
tion. 

Zur Einführung der unter Leitung bzw. Mitarbeit der 
ZEBET, gefördert durch BMBF, entwickelten Altema- 
tivmethoden zum Ersatz der Draize-Tests an Haut und 
Augen von Kaninchen (Tests auf Ätz- oder starke 
Reizwirkungen) wurden im BgVV schrittweise Test- 
strategien entwickelt. Diese Teststrategien konnten in 
das von der OECD erarbeitete weltweit harmonisierte 
System zur Klassifiziemng toxischer Wirkungen inte- 
griert und dort fest verankert werden. Sie geben eine 
Anleitung, wie EDV-gestützte theoretische Wirkungsab- 
schätzungen und Ergebnisse von Altemativmethoden im 
Rahmen der Bewertung lokaler Reiz- und Ätzwirkungen 
so eingesetzt werden können, daß Tierversuche auf ein 
Minimum zu reduzieren sind - Tierversuche dienen dann 
nur noch zur Bestätigung der gesundheitlichen Unbe- 
denklichkeit einer Substanz. Ein in diesen Zusammen- 
hängen für die Zwecke der gesetzlichen Chemikalienbe- 
wertung benutzbares EDV-gestütztes Beratungssystem 
ist im BgVV mit Fördemng des BMBF fertiggestellt 
worden und soll voraussichtlich 1999 in die Testphase 
eintreten. 

4.5 Futtermittelgesetz 

Für die emähmngsphysiologische Bewertung und die 
Zulassung von Futtermitteln und Futtermittelzusatzstof- 
fen sowie für die Festlegung von Höchstgehalten an 
unerwünschten Stoffen sind nach dem heutigen Stand 
der Erkenntnisse Versuche mit Tieren erforderlich. 

Bei den zur emähmngsphysiologischen Bewertung von 
Futtermitteln erforderlichen Versuchen handelt es sich in 
der Regel um Versuchsfüttemngen, die nicht als Tierver- 
suche angesehen werden, da sie nicht mit Schmerzen, 
Leiden oder Schäden verbunden sind. Zur Untersuchung 
einzelner Verdauungs Vorgänge werden jedoch auch 
Tierversuche im Sinne des Tierschutzgesetzes (zum 
Beispiel Messung der Abbauraten oder der Absorption 
im Pansen oder Darm) benötigt. 

Zur Erarbeitung von Unterlagen nach den EG-einheit- 
lichen Leitlinien für die Zulassung von Bioprofeinen 
(Hefen, Bakterien) und Zusatzstoffen müssen Fütte- 
mngsversuche und Versuche mit Labortieren durchge- 
führt werden. Diese Versuche sollen insbesondere toxi- 
kologische Fragen beantworten. Die EG-einheitlichen 
Leitlinien haben dazu beigetragen, daß die Antragsteller 




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umfassend darüber informiert sind, welche Untersu- 
chungen für die Zulassung eines Stoffes erforderlich 
sind. Dadurch können unnötige Tierversuche vermieden 
werden. Die EU-Kommission ist beauftragt, die Ent- 
wicklung auf dem Gebiet der Ersatz- und Ergänzungs- 
methoden aufmerksam zu verfolgen und eine Anpassung 
der Leitlinien zu betreiben, wenn die Möglichkeit der 
Anwendung von Methoden besteht, durch die Tierversu- 
che ersetzt werden können. 

Hinsichtlich der Einschränkung der Toxizitätstests in 
Tierversuchen gelten die Aussagen, die im Abschnitt 
XV. 4. 2 über das Arzneimittelgesetz gemacht worden 
sind. 

In die Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der 
Tieremährung wurden detaillierte Bestimmungen mit 
dem Ziel, die Wiederholung toxikologischer Versuche 
an Wirbeltieren zu vermeiden, mit der Ändemngs- 
richtlinie 96/51/EG des Rates vom 23. Juli 1996 (ABI. 
EG Nr. L 235, S. 39) aufgenommen. 

In den Erwägungsgründen zur Richtlinie 87/153/EWG 
des Rates vom 16. Febmar 1987 zur Festlegung von 
Leitlinien zur Beurteilung von Zusatzstoffen in der Tier- 
emähmng (ABI. EG Nr. L 64, S. 19) wird ausgeführt, 
daß Verfahren, in denen Versuchstiere zu Versuchen und 
anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden, 
soweit wie möglich eingeschränkt werden müssen. Au- 
ßerdem sind bei der Prüfung der Zusatzstoffe die Gmnd- 
sätze der Guten Laborpraxis anzuwenden. 


4.6 Gentechnikgesetz 

Der Entwicklung der Gentechnologie mit neuen Möglich- 
keiten, das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Mikroorga- 
nismen gezielt zu verändern, trägt das Gesetz zur Rege- 
lung von Fragen der Gentechnik (Gentechnik-Gesetz) in 
der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 
1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Artikel 4 
des Gesetzes vom 21. September 1997 (BGBl. I S. 2390), 
Rechnung. Zweck des Gesetzes ist es, Leben und Gesund- 
heit von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie die sonstige 
Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge und Sachgüter vor 
möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Pro- 
dukte zu schützen, dem Entstehen solcher Gefahren vor- 
zubeugen und den rechtlichen Rahmen für die Erfor- 
schung, Entwicklung, Nutzung und Fördemng der wis- 
senschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Mög- 
lichkeiten der Gentechnik zu schaffen. 

Das Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen sehen 
nach Risikostufen gestaffelte Anmelde- und Genehmi- 
gungsverfahren vor für 

- gentechnische Anlagen und gentechnische Arbeiten in 
Forschung und Produktion 

sowie Genehmigungsverfahren für 

- die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen 
und 

- das Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch 
veränderte Organismen sind oder enthalten. 


Mit dem Gentechnikgesetz sind die beiden EG- 
Richtlinien 

- 90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die 
Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen 
im geschlossenen System (ABI. EG Nr. L 117 S. 1), 
geändert durch Richtlinie 98/81/EG des Rates vom 
26. Oktober 1998 (ABI. EG Nr. L 330 S. 13), 

- 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die 
absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Orga- 
nismen in die Umwelt (ABI. EG Nr. L 117 S. 15), ge- 
ändert durch Richtlinie 97/35/EG des Rates vom 
18. Juni 1997 (ABI. EG Nr. L 169 S. 72), 

in nationales Recht umgesetzt worden. 

Aus den Änderungsrichtlinien ergibt sich noch Umset- 
zungsbedarf 

Von besonderer Bedeutung für den Tierschutz ist die in 
§17 des Gesetzes festgelegte Regelung der Zweitanmel- 
der- oder Zweitantragstellerfrage; sie entspricht der mo- 
dellhaften Zweitanmelderregelung in § 13 des Pflanzen- 
schutzgesetzes und in § 20a des Chemikaliengesetzes. 

4.7 Lebensmittel- und Bedarfsgegen- 
ständegesetz 

Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz in der 
Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1997 
(BGBl. I S. 2296), zuletzt geändert durch Artikel 5 des 
Gesetzes vom 25. Februar 1998 (BGBl. I S. 374), fordert 
die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmitteln 
(einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen), kosmetischen 
Mitteln und Bedarfsgegenständen. Um diese Unbedenk- 
lichkeit nachzuweisen, kann auf Tierversuche nicht voll- 
ständig verzichtet werden; sie werden jedoch, wo immer 
es möglich ist, durch andere Methoden ersetzt. So kann 
die Prüfung auf Bakterientoxine, die zu Lebensmittelinto- 
xikationen führen können, inzwischen mittels molekular- 
biologischer Techniken an Bakterienkolonien durchge- 
führt werden. Dadurch ist es möglich, auf entsprechende 
Tierversuche an Kaninchen zu verzichten. 

Zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen und Kosmetika 
dürfen aufgrund des § 7 Abs. 5 des Tierschutzgesetzes 
grundsätzlich keine Tierversuche durchgeführt werden. 
Das Verbot bezieht sich sowohl auf die Prüfung eines 
Rohstoffes, der zur ausschließlichen Verwendung für 
eines der genannten Produkte bestimmt ist, als auch auf 
die Prüfung von Fertigprodukten, bevor diese in den 
Verkehr gebracht werden. Ausnahmen durch Rechtsver- 
ordnung nach § 7 Abs. 5 Satz 2 des Tierschutzgesetzes 
sind bisher nicht erlassen worden. 

Bei kosmetischen Fertigprodukten steht die Prüfung auf 
Haut- und Schleimhautverträglichkeit im Vordergrund. 
Dabei haben die forschenden Firmen der deutschen kos- 
metischen Industrie produktbezogene Altemativmetho- 
den entwickelt, so daß Tierversuche nicht mehr durchge- 
führt werden müssen (siehe Abschnitt XV. 5. 5). 

Grundlage gesundheitlicher Bewertungen von Inhalts- 
stoffen kosmetischer Mittel sind die Ergebnisse von 
Untersuchungen, die nach dem aktuellen Stand wissen- 
schaftlicher Erkenntnisse erzielt worden sind. Das deut- 





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sehe Tierschutzgesetz verbietet grundsätzlich Tierversu- 
che zur Entwicklung kosmetischer Mittel. Darüber hinaus 
legte die 6. Richtlinie zur Änderung der Kosmetikricht- 
linie vom 14. Juni 1993 (ABI. EG Nr. L 151 S. 33) ein 
generelles Verbot des Inverkehrbringens von kosmeti- 
schen Mitteln fest, bei denen Bestandteile oder Kombi- 
nationen von Bestandteilen zur Einhaltung der Bestim- 
mungen der Kosmetikrichtlinie ab dem 1. Januar 1998 
im Tierversuch geprüft worden sind. 

Jedoch sieht diese Richtlinie die Möglichkeit vor, das 
Datum für das Inkrafttreten des Verbotes im Ausschuß- 
verfahren nach Anhörung des Wissenschaftlichen Kos- 
metikausschusses auf einen späteren Zeitpunkt zu ver- 
schieben, sofern „nur unzureichende Fortschritte bei der 
Entwicklung zufriedenstellender Methoden als Ersatz für 
Tierversuche erzielt worden [sind] und insbesondere in 
bestimmten Fällen alternative Versuchsmethoden trotz 
aller vernünftigen Bemühungen nicht wissenschaftlich 
validiert werden [konnten], so daß unter Berücksichti- 
gung der OECD-Leitlinien für Toxizifäfsversuche ein 
gleichwertiges Schutzniveau für den Verbraucher ge- 
währleistet ist.“ 

Diese Situation ist eingetreten; mit der Richtlinie 
97/18/EG der Kommission vom 17. April 1997 (Abi. EG 
Nr. L 1 14 S. 43) wurde der Termin, von dem an Tierver- 
suche für Bestandteile oder Kombinationen von Be- 
standteilen kosmetischer Mittel untersagt sind, auf den 
30. Juni 2000 verschoben. Zur Begründung wird darge- 
legt, daß bei der Erforschung alternativer Versuchsme- 
thoden Fortschritte erzielt worden seien, insbesondere 
bei der perkutanen Resorption und den Schädigungen 
von Augen und Haut. Dennoch habe noch keine alterna- 
tive Versuchsmethode wissenschaftlich validiert werden 
können; die OECD habe noch keine Leitlinien für ein- 
schlägige Toxizifätstesfs im Bereich der alternativen 
Versuchsmethoden verabschiedet. 

Die Situation hat sich seitdem geändert. Der unter der 
Leitung von ZEBET seit 1992 in einem internationalen 
Validierungsprojekt geprüfte 3T3-NRU-Phototoxizitäts- 
test*), bei dem eine Fibroblastenzellinie der Maus be- 
nutzt wird, ist 1997 und 1998 offiziell von der EU als 
valide für die behördliche Prüfung auf phofotoxische 
Eigenschaften von Chemikalien (1997) und Kosmetika 
(1998) akzeptiert worden. 

Außerdem hat die Europäische Kommission im Septem- 
ber 1998 offiziell bei der OECD den Entwurf einer 
OECD-Prüfrichtlinie für die Prüfung auf phototoxische 
Eigenschaften mit Hilfe des In-vitro-3T3-NRU-Tests 
eingereicht. Falls dieser Test akzeptiert wird, wäre es der 
erste toxikologische In-vitro-Test, der von der OECD 
weltweit akzeptiert wird. 

Die EU-Kommission hat darüber hinaus dem Europäi- 
schen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über 
die Fortschritte bei der Entwicklung, Validierung und 
rechtlichen Anerkennung von Methoden zum Ersatz von 
Tierversuchen vorzulegen. In ihrem Bericht für 1996 
kommt sie zu folgendem Ergebnis: 


*) Finanzielle Förderung durch die EU-Kommission und ZEBET. 


Es sind zwei Ziele zu verfolgen: die Sicherheit der Ver- 
braucher, die die Kommission unter allen Umständen 
gewahrt sehen will, und die Beendigung bzw. Minde- 
rung des Leidens der Tiere. 

- Ein Verbot neuer Bestandteile würde Tierversuche 
nicht überflüssig machen, da die Unschädlichkeit der 
Bestandteile nach Maßgabe neuer wissenschaftlicher 
Erkenntnisse immer wieder überprüft werden muß. Im 
übrigen könnte die Unterbindung jeglicher Innovation 
den Konkurs von Unternehmen nach sich ziehen, vor 
allem von kleinen und mittleren Unternehmen, die für 
die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig sind. Her- 
vorzuheben ist ferner, daß unter den Begriff der kos- 
metischen Mittel auch Körperpfiegemittel, Mittel zur 
Säuglingspflege usw. fallen, nicht nur die sogenann- 
ten dekorativen Kosmetika. 

- Die Beendigung des Leidens von Tieren muß im 
Bereich der kosmetischen Mittel vorrangig betrieben 
werden, auch wenn die Tests in diesem Bereich nur 
0,03 % sämtlicher Tierversuche ausmachen. 

Es hat sich jedoch herausgestellt, daß der Validierungs- 
prozeß komplizierter ist als vorausgesehen. Nach Auf- 
fassung des Wissenschaftlichen Kosmetikausschusses ist 
vor allem bei der Heranziehung freiwilliger Ver- 
suchspersonen mit größter Vorsicht vorzugehen; sie darf 
keinesfalls als einfache Methode zum Ersatz von Tier- 
versuchen betrachtet werden. 

Darüber hinaus muß die Einhaltung der Regeln des in- 
ternationalen Handels, insbesondere der Welthandels- 
organisation (WTO), berücksichtigt werden. Denn jede 
Maßnahme, die zur Folge hätte, daß Erzeugnisse aus 
Drittstaaten verboten werden, weil sie im Tierversuch 
getestet wurden, wirft Probleme hinsichtlich ihrer Ver- 
einbarkeit mit den Regeln des internationalen Handels 
auf 

Die EU-Kommission beabsichtigt daher, mit einem Vor- 
schlag für eine 7. Änderungsrichtlinie zur Kosme- 
tikrichtlinie zur Lösung dieser Probleme beizutragen. 

4.8 Pflanzenschutzgesetz 

Das Pfianzenschutzgesetz in der Fassung vom 14. Mai 
1998 (BGBl. I S. 971) sieht vor, daß Pflanzenschutzmit- 
tel nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie 
von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und 
Forstwirtschaft (BBA) geprüft und zugelassen sind. Mit 
dem Pfianzenschutzgesetz wurde die Richtlinie 91/414/ 
EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehr- 
bringen von Pflanzenschutzmitteln (Abi. EG Nr. L 230 
S. 1) in nationales Recht umgesetzt. Durch die Richtlinie 
91/414/EWG wurde eine gemeinschaftsweite Harmoni- 
sierung des Zulassungsverfahrens für Pfianzenschufz- 
mittel erreicht. Die Anhänge II und III dieser Richtlinie 
spezifizieren die Anforderungen an die durchzuführen- 
den Untersuchungen und die Unterlagen für den Antrag 
auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels. Diese An- 
hänge werden durch die Pfianzenschutzmittelverordnung 
in der Fassung vom 17. August 1998 (BGBl. I S. 2161) 
in nationales Recht umgesetzt. Danach müssen den vor- 
geschriebenen Untersuchungen Tierversuche zugrunde 




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liegen, sofern nach Anhang II oder III der Richtlinie 
91/414/EWG und nach dem Stand der wissenschaft- 
lichen Erkenntnisse und der Technik das Vorliegen der 
Zulassungsvoraussetzungen im Einzelfall nur durch 
Tierversuche nachgewiesen werden kann. 

Durch die im Artikel 13 Abs. 2 bis 7 der Richtlinie 
91/414/EWG vorgesehene und durch §§ 14, 14a und 14b 
im Pflanzenschutzgesetz umgesetzte Zweitanmelderre- 
gelung wird ermöglicht, daß unter bestimmten Voraus- 
setzungen auf Unterlagen eines Vorantragstellers ohne 
dessen Zustimmung zurückgegriffen werden kann. Da- 
mit wird die Zahl der Tierversuche auf das unvermeid- 
liche Mindestmaß eingeschränkt. 

Die bisherigen Erfahrungen der BBA zeigen, daß viele 
Zulassungsinhaber nach Ablauf einer Zulassung für ein 
Pflanzenschutzmittel aufgrund der nach dem Pflanzen- 
schutzgesetz gestiegenen Anforderungen an vorzulegen- 
de Unterlagen darauf verzichten, einen Antrag auf eine 
erneute Zulassung zu stellen. Dadurch entfallen die Tier- 
versuche, deren Ergebnisse für die Zulassung notwendig 
gewesen wären. 

Zur Bekämpfung von Wirbeltieren werden Vorgaben in 
der Richtlinie 91/414/EWG in Artikel 4 Abs. 1 Buchsta- 
be B Nr. III gemacht, die im § 15 des Pflanzenschutz- 
gesetzes umgesetzt wurden. Danach läßt die BBA ein 
Pflanzenschutzmittel zu, wenn die Prüfung des Pflanzen- 
schutzmittels ergibt, daß das Pflanzenschutzmittel nach 
dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der 
Technik bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter 
Anwendung oder als Folge einer solchen Anwendung 
bei Wirbeltieren, zu deren Bekämpfung das Pflanzen- 
schutzmittel vorgesehen ist, keine vermeidbaren Leiden 
und Schmerzen verursacht. Somit ist der Schutz der 
Tiere vor vermeidbaren Leiden und Schmerzen als neues 
Zulassungskriterium für Pflanzenschutzmittel gemein- 
schaftsweit eingeführt worden. 

Die Notwendigkeit der Prüfung von Pflanzenschutzmit- 
teln am Hund wird kritisch in einer Studie von ZEBET 
untersucht’). Die Ergebnisse lassen erwarten, daß sich 
die Zahl der Prüfungen am Hund als zusätzliche Spezies 
auf ein Minimum reduzieren läßt. 

4.9 Tierseuchengesetz 

Im Rahmen der Tierseuchendiagnostik sind Tierversuche 
zur Zeit noch in den Fällen nicht völlig entbehrlich, in 
denen die Diagnose nur durch den direkten Erreger- 
nachweis gestellt werden kann. 

Die Bundesregierung ist bemüht, diese durch andere 
Methoden zu ersetzen. So wurden inzwischen Tierversu- 
che im Rahmen der Psittakose- und Tollwutdiagnostik 
weitestgehend durch Zellkulturverfahren ersetzt. 

Für die Untersuchung auf Q-Fieber stehen heute immu- 
nologische Verfahren zur Verfügung; Tierversuche sind 
nur noch in wenigen Einzelfällen erforderlich. Ebenfalls 
deutlich reduziert wurde der Versuchstiereinsatz in der 
Listeriendiagnostik. Die Förderung der Entwicklung 
hochempfindlicher molekularbiologischer Nachweisme- 


‘^) Gerbracht und Spielmann, Arch Toxicol. (1998) 72:319-329, Finan- 
zierung durch die Stiftung set. 


thoden wird es in Zukunft erlauben, in der Regel Erreger 
direkt in Probenmaterial von Tieren nachzuweisen, ohne 
daß eine Anzüchtung in Versuchstieren oder Zellkultu- 
ren notwendig ist. 

Bei der Prüfung veterinärmedizinischer Sera und Impf- 
stoffe wurden und werden Methoden zum Ersatz von 
Tierversuchen, teilweise mit Förderung des BMBF, 
entwickelt. Bei den Maul- und Klauenseuche-Impfstoffen 
wurden Vergleichsuntersuchungen durchgeführt, die 
gezeigt haben, daß die Wirksamkeitsprüfung durch Bela- 
stungsinfektion von Rindern in vielen Fällen durch eine 
In-vitro-Methode ersetzt werden kann. Bei der Diagno- 
stik von Maul- und Klauenseuche wird bereits auf den 
Einsatz von Mäusen verzichtet und ausschließlich mit 
Zellkulturen gearbeitet. 

Für die Wirksamkeitsprüfting von Rotlauf- und Rhinitis- 
atrophicans-Impfstoffen wurden serologische Testmetho- 
den zum Ersatz von Infektionsversuchen entwickelt. Die 
Ergebnisse liegen der Europäischen Arzneibuch-Kom- 
mission vor. Die Testentwicklung für die Wirksamkeits- 
prüfting von Clostridium-perfringens-lmpfsioffen verläuft 
erfolgversprechend. Im Februar 1997 wurden die bereits 
vorliegenden Ergebnisse anläßlich eines Workshops der 
Europäischen Arzneibuch-Kommission vorgestellt. 

Eine mit Förderung des BMBF durchgeführte Untersu- 
chung zur Notwendigkeit der Prüfung auf anomale Toxi- 
zität bei veferinärmedizinischen Seren und Impfstoffen hat 
gezeigt, daß diese Prüfüng wenig aussagekräftig ist. In den 
Neufassungen der Monographien „Impfstoffe für Tiere“ 
und „Immunseren für Tiere“ wird diese Prüfung daher 
nicht mehr verlangt (siehe auch Abschnitt XV. 4. 2). 

Die Entwicklung von Ersatzmethoden bei der Prüfung 
veterinärmedizinischer Impfstoffe am Paul-Ehrlich- 
Institut wurden in folgenden Bereichen fortgeführt bzw. 
neu aufgenommen: 

• /«-v/tro-Methoden zum Fremdvirusausschluß bei 
Kleinti erimp fsto ffen ’ ’) . 

• Inaktivierungsnachweis bei Tollwutimpfstoffen mit- 
tels Zellkultur^). 

• Reduzierung der Tierzahlen bei der Prüfung von 
Impfstoffen gegen die aviäre Enzephalomyelitis der 
Hühner^). 

• Relevanz der Prüfung auf spezifische Unschädlichkeit 
an der Zieltierart^). 

• Festlegung tierschutzkonformer Endotoxingrenzwerte 
bei Schweineimpfstoffen (in Zusammenarbeit mit 
dem BgVV und dem Institut für Viruskrankheiten und 
Immunprophylaxe, CH-Mittelhäusem)’ *). 

• Serologische Methoden zur Wirksamkeitsprüfting von 
Rinderleptospiroseimpfstoffen (in Zusammenarbeit 
mit dem BgVV und dem Central Veterinary Laborato- 
ry, Addlestone)*^). 

• Klinische Endpunkte bei Infektionsversuchen zur 
Wirksamkeitsprüfung (in Zusammenarbeit mit dem 
RIVM und der Universität Birmingham)*. 


'“) Finanzielle Förderung durch das BMBF. 

") Finanzielle Förderung durch die Stiftung Forschung 3R, Münsin- 
gen, Schweiz. 

'^) Finanzielle Förderung durch die EU-Kommission, ECVAM. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Die am Paul-Ehrlich-Institut entwickelten serologischen 
Prüfverfahren für Clostridium perfringens-Impfstoffe 
wurden inzwischen erfolgreich einer Prävalidierung 
unterzogen. Die Methodik erfüllt die Anforderungen für 
einen Entwurf der überarbeiteten Monographie. 

Die neuesten Entwicklungen bei der Entwicklung von 
Ersatzmethoden bei Rotlauf-Immunpräparaten wurden 
auf einem internationalen Symposium am 28. April 1998 
im Paul-Ehrlich-Institut vorgestellt. Auch hier werden 
alle Tierversuche der Impfstoffmonographie derzeit einer 
Überprüfung unterzogen. Die Tagungsbeiträge werden 
Anfang 1999 in einer Ausgabe von PHARMEUROPA 
BIO erscheinen. 

Die Monographie „Tollwutimpfstoff (inaktiviert) für 
Tiere“ wurde grundlegend überarbeitet. Hierbei wurden 
weltweit erstmals Ersatzmethoden für den Mäuseinfek- 
tionsversuch zur Wirksamkeitsprüfung aufgenommen. 
Auch bei den Monographieentwürfen zu Clostridien- 
impfstoffen werden Ersatzmethoden für die Belastungs- 
versuche Eingang finden. 

4.10 Wasch- und Reinigungsmittelgesetz 

Nach dem Wasch- und Reinigungsmittelgesetz in der 
Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I 
S. 875) dürfen Wasch- und Reinigungsmittel nur so in den 
Verkehr gebracht werden, daß nach ihrem Gebrauch jede 
vermeidbare Beeinträchtigung der Beschaffenheit der 
Gewässer, insbesondere im Hinblick auf den Naturhaus- 
halt und die Trinkwasserversorgung sowie eine Beein- 
trächtigung des Betriebs von Abwasseranlagen, unter- 
bleibt. 

Mit dem Gesetz wurden EG-Regelungen, insbesondere 
die Richtlinie 73/404/EWG des Rates vom 22. Novem- 
ber 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der 
Mitgliedstaaten über Detergentien (ABI. EG Nr. L 347 
S. 51) umgesetzt. Danach darf die Verwendung grenzflä- 
chenaktiver Substanzen in Wasch- und Reinigungsmit- 
teln die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefähr- 
den. 

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Tierschutzgesetzes sind Tier- 
versuche zur Entwicklung von Waschmitteln grundsätz- 
lich verboten. Das Verbot gilt auch für Rohstoffe, die 
ausschließlich in Waschmitteln verwendet werden. Es 
besteht nach den bisher vorliegenden Erfahrungen keine 
Notwendigkeit, in einer Rechtsverordnung nach § 7 
Abs. 5 Satz 2 des Tierschutzgesetzes Ausnahmen von 
diesem grundsätzlichen Verbot zuzulassen. 


5 Erforschung, Entwicklung und 
Anerkennung von Ersatz- 
und Ergänzungsmethoden 

Bei der Definition von „Ersatz- und Ergänzungsmetho- 
den“ bzw. „Altemativmethoden“ wird aufgrund eines 
breiten internationalen Konsenses das Konzept von 
Russell und Burch zugrunde gelegt, das auf den drei 
Postulaten „Replacement, Reduction, Refinement“ auf- 
baut. „Replacement“ bezieht sich auf den Ersatz leben- 


der Tiere durch beispielsweise In-vitro-Techniken oder 
Computersimulationen; „reduction“ bedeutet die Reduk- 
tion der für einen bestimmten Versuch erforderlichen 
Tierzahlen; unter „refinement“ sind alle Maßnahmen zu 
verstehen, die zu einer verminderten Belastung bei den 
Versuchstieren führen. Hierzu gehören Aspekte der Tier- 
haltung ebenso wie Verbesserungen bei den experimen- 
tellen Techniken und Anästhesieverfahren. 

5.1 Organisation für wirtschaftliche 

Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 

Die gegenseitige Anerkennung von Versuchsergebnissen 
auf internationaler Ebene setzt voraus, daß die Prüfungen 
nach anerkannten Methoden durchgeführt wurden. Die- 
ser Grundsatz gilt für Tierversuche ebenso wie für ande- 
re Tesfverfahren. 

Die OECD bemüht sich seit Beginn der 80er Jahre er- 
folgreich um eine internationale Harmonisierung von 
Prüfmethoden im Bereich der chemischen Toxikologie. 

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammen- 
hang: 

- der Beschluß des Rates der OECD über die gegensei- 
tige Annahme von Daten für die Bewertung chemi- 
scher Stoffe, 1981; 

- die OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis, 1982 
(siehe auch Abschnitt XV. 4.4); 

- die OECD-Richtlinie zur Entwicklung neuer Testme- 
thoden „OECD Environment Monographs No. 76 
(1993)“; 

- der Abschlußbericht des OECD-Workshops über die 
Harmonisierung der Validierungs- und Akzeptanz- 
kriterien von alternativen toxikologischen Testmetho- 
den (1996)'^). 

Die OECD-Prüfrichtlinien werden in der Gruppe „Che- 
mikalien“ der OECD erarbeitet. 1988 beschloß die 
Gruppe, alle Prüfrichtlinien - ausgehend von neuen Er- 
kenntnissen - unter besonderer Berücksichtigung von 
Tierschutzgesichtspunkten regelmäßig zu überprüfen 
und bei erforderlichen Überarbeitungen die Aufnahme 
alternativer Methoden zu unterstützen. Die im Entwurf 
vorliegende Richtlinie „Entwicklung von Altemativme- 
thoden - Möglichkeiten und Grenzen“ legt die dazu 
erforderlichen Rahmenbedingungen fest. So soll die 
Einstufung von Stoffen, die in einem In-vitro-Test- 
verfahren eine positive Reaktion zeigen, möglich sein. 
Bei einem negativen Ergebnis darf jedoch nicht, wie 
beim Tierversuch, auf die weitere Testung verzichtet 
werden. Nach diesem kombinierten In-vitro-/In-vivo- 
Prüfschema können Tierversuche mit besonders bela- 
stenden Stoffen vermieden werden. 

1996 haben sich die zuständigen Experten der OECD auf 
einem Workshop in Solna, Schweden, auf ein abge- 
stimmtes Konzept zur Validiemng tierversuchsfreier 
toxikologischer Methoden geeinigt. Voraussichtlich wird 
die OECD auf der Basis dieses Konzeptes in Kürze den 
ersten In-vitro-Test als Ersatz für einen Tierversuch 


”) Quelle: Dokument ENV/MC/CHEM/TG (96) 9. 




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akzeptieren; es handelt sich hierbei um die Prüfung auf 
phototoxische Eigenschaften. Gleichzeitig wurden kom- 
binierte Teststrategien für die Prüfung auf haut - und 
augenreizende Stoffe verabschiedet, bei denen tierver- 
suchsfreie Verfahren den eventuell noch erforderlichen 
Tierversuchen vorgeschaltet werden. 

Mittlerweile wurden zur Prüfung auf akute orale Toxizität 
die „Fixed-Dose-Procedure“ (FDP-Methode) und die 
„Acute-Toxic-Class-Method“ (ATC-Methode) als dem 
klassischen LDso-Test gleichwertige Verfahren von der 
OECD anerkannt (siehe auch Abschnitt XV.4.4, 5.5.1). 
Durch beide Prüfmethoden werden Leiden (FDP- 
Methode) oder Anzahl der Versuchstiere (ATC-Methode) 
im Vergleich zum LDso-Test reduziert. Die Europäische 
Union bemüht sich derzeit um die Abschaffung des klas- 
sischen \Ä)^Q-Tests in den OECD-Richtlinien. 

Zur Prüfung auf sensibilisierende Eigenschaften wurde 
der im Vereinigten Königreich entwickelte isolierte 
Lymphknoten-Test (isolated lymph node assay - ILNA) 
von der OECD 1994 akzeptiert, der weniger belastend für 
die Tiere isf als die bisher üblichen Tierversuche am 
Meerschweinchen, wie zum Beispiel der Bühler-Tesf und 
der Maximierungsfest nach Magnusson und Kligmann. 

1998 hat die OECD die Klassifizierungskriterien für 
augenreizende Eigenschaften harmonisiert und auf zwei 
Reizstufen reduziert. Es gelten deshalb für alle Anwen- 
dungsbereiche chemischer Stoffe zur Einstufung und 
Kennzeichnung der augenreizenden Eigenschaften die- 
selben Kriterien. Damit wurde eine wesentliche Voraus- 
setzung für die Validierung und Akzeptanz von In-vitro- 
Methoden zur Einstufung und Kennzeichnung augen- 
reizender Stoffe geschaffen. 

5.2 Internationale Konferenz 
über Harmonisierung 

Die Internationale Konferenz über Harmonisierung 
(ICH) hat die Aufgabe übernommen, gemeinsame Emp- 
fehlungen für die Regionen USA, Japan und Europa zur 
Prüfung der Qualitäf, Sicherheit und Wirksamkeit von 
Arzneimitteln zu erarbeiten. Ziel ist die Angleichung 
unterschiedlicher fachlicher Anforderungen. Aufgrund 
der derzeit bestehenden Unterschiede sind Unternehmen 
unter Umständen gezwungen, Prüfungen zu wiederholen 
oder Daten in unterschiedlichen Formaten vorzulegen, 
um den Anforderungen der jeweiligen Gesundheitsbe- 
hörden gerecht zu werden. Unter Wahrung der Ver- 
pflichtung der Gesetzgeber zum Schutz der öffentlichen 
Gesundheit will die ICH Übereinstimmung über die 
Erarbeitung von Leitlinien erreichen. 

Für den Bereich der Toxikologie steht das Ziel, Unter- 
schiede in den Prüfanforderungen zu vermeiden bzw. 
auszuräumen, in engem Zusammenhang mit der Redu- 
zierung von Tierversuchen. 

Erste Übereinkünfte konnten 1991 bei der ICH- 
Konferenz in Brüssel erzielt werden’"^). Sie betrafen die 
Prüfung der Notwendigkeit von Tierversuchen und die 


'■*) D’Arcy PF, Harron DWG (Hrsg.) Proceedings of the First Interna- 
tional Conference on Harmonisation Brüssel 1991, Greystone 
Books Ltd., Northern Ireland, 1992. 


Vermeidung von Wiederholungsversuchen. Die Auswir- 
kungen finden zunehmend in den Zulassungsunterlagen 
Berücksichtigung. Vereinbarungen, die in den nachfol- 
genden Konferenzen 1993 in Orlando (USA) und 1995 
in Yokohama (Japan) getroffen wurden, werden zukünf- 
tig zu einer weiteren Reduzierung von Tierversuchen 
beitragen'^), ''’). 

Im einzelnen können folgende Bereiche der Harmonisie- 
rung toxikologischer Prüfungen im Zusammenhang mit 
der Reduzierung von Tierversuchen beschrieben werden: 

- Toxizität nach einmaliger Verabreichung (Akute To- 
xizität): 

In den USA, in Japan und Europa wird im Bereich der 
präklinischen Arzneimittelprüftmg nicht mehr aus- 
schließlich die experimentelle, sondern auch eine appro- 
ximative Ermittlung der LD 50 akzeptiert. Hierdurch kön- 
nen 50 bis 75 % der Versuchstiere eingespart werden. 

- Toxizität nach mehrmaliger Verabreichung: 

Für die Toxizitätsprüfung nach wiederholter Gabe 
wurde 1991 vereinbart, daß bei Nagetieren Langzeit- 
untersuchungen generell von zwölf auf sechs Monate 
reduziert werden können. Harmonisierungsbedarf be- 
steht dagegen weiterhin für die Prüfung auf chroni- 
sche Toxizifät beim Nicht-Nager. Die maximale Prü- 
fungsdauer beträgt zwölf Monate in den USA, in Ja- 
pan und Europa dagegen sechs Monate. 

- Kanzerogenitätsstudien: 

Die Harmonisierungsbemühungen gliedern sich auf 
diesem umfangreichen Gebiet in drei Bereiche: 

1. Wahl der Dosierungen 

2. Voraussetzungen für die Durchführung der Studien 

3. Notwendigkeit/Ersatz der zweiten Tierart 

Zu 1: 

In der Vergangenheit gab es weltweit große Unterschie- 
de bei der Festlegung der Höchstdosis für Kanzerogeni- 
tätsstudien. In nicht wenigen Fällen mußten daher Unter- 
suchungen wiederholt werden. Ende 1994 wurde eine 
gemeinsame verbindliche Prüfvorschrift abgefaßt, die 
eine differenzierte Ermittlung der höchsten Dosis er- 
laubt. Die Forderung nach Festlegung der höchsten Do- 
sis anhand der „maximal tolerierbaren Dosis“ (USA) und 
als das „mindestens lOOfache der therapeutischen Dosis“ 
(Europa und Japan) wurde abgeschafft. Die Wahl der 
höchsten Dosis kann nach den neuen Prüffegeln nach 
toxikologischen, pharmakodynamischen und pharmako- 
kinetischen Endpunkten sowie anhand der „oberen limi- 
tierten Dosis“ erfolgen. 

Zu 2: 

Die unterschiedlichen Anforderungen in den Regionen 
bezüglich der Notwendigkeit von Kanzerogenitätsstu- 


'^) D’Arcy PF, Harron DWG (Hrsg.) Proceedings of the Second 
International Conference on Harmonisation orlando 1991, Greysto- 
ne Books Ltd., Northern Ireland, 1994. 

'*’) D’Arcy PF, Harron DWG (Hrsg.) Proceedings of the Third Inter- 
national Conference on Harmonisation Y okohama 1991, Greystone 
Books Ltd., Northern Ireland, 1996. 




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dien sowie das Bestreben bei der pharmazeutischen In- 
dustrie, eine Versagung der Zulassung auf jeden Fall zu 
vermeiden, führten teilweise zu unnötigen Tierversu- 
chen. 

Es ist daher zu begrüßen, daß im November 1995 eine 
gemeinsame Prüfrichtlinie von der ICH-Konferenz ver- 
abschiedet wurde. Diese stellt einen Bezug zwischen der 
Dauer der klinischen Behandlung mit dem potentiellen 
neuen Arzneimittel und der Notwendigkeit von Kanze- 
rogenitätsstudien her. Des weiteren einigte man sich, 
eindeutig genotoxische Substanzen (zum Beispiel Zyto- 
statika) zunächst ohne weitere Untersuchungen als Kan- 
zerogene für Tier und Mensch einzustufen. Sind eindeu- 
tig genotoxische Substanzen zur Langzeitanwendung 
beim Menschen vorgesehen, kann das kanzerogene 
Potential durch eine Prüfung auf chronische Toxizität 
abgeklärt werden, die weniger Versuchstiere erfordert als 
eine vollständige Kanzerogenitätsstudie. 

Bereits auf Kanzerogenität geprüfte Substanzen, die in 
abgewandelter Form wie Salze, Säuren, Basen oder Kom- 
plexe als Arzneimittel entwickelt werden, sind üblicher- 
weise nicht erneut in Kanzerogenitätsstudien zu testen. 

Zu 3: 

Die Prüfregel „Notwendigkeit/Ersatz der zweiten Tier- 
art“ befindet sich in Vorbereitung. Nach dem aktuellen 
Beratungsstand wird der Verzicht auf Kanzerogenitäts- 
studien an einer zweiten Tierart und damit eine Reduzie- 
rung von Tierversuchen angestrebt. 

- Reproduktionstoxikologie 

Die bereits im September 1993 erarbeitete ICH- 
Prüfanforderung ist international akzeptiert. Wieder- 
holungsstudien, die für die einzelnen Regionen auf- 
grund von unterschiedlichen Anforderungen zu den 
sogenannten Segment-1-, -2- und -3-Studien stattfan- 
den, sind zunehmend seltener. 

- Genotoxizität 

In einer Mitte 1995 von der ICH-Konferenz verab- 
schiedeten Leitlinie zu spezifischen Aspekten der 
Genotoxizitätsprüfung wurden Bedingungen für die 
Akzeptanz von In-vivo-Prüfungen an verschiedenen 
Zielorganen (Knochenmark, Leber) niedergelegt. Da- 
durch werden unnötige In-vivo-Prüfungen, zum Bei- 
spiel mit nicht-resorbierbaren Substanzen, weitgehend 
vermieden. 

Eine zweite, noch in der Diskussion befindliche Leit- 
linie zu geeigneten Testkombinationen wird mög- 
licherweise die Option für eine ausschließliche In- 
vitro-Prüfung bestimmter Arzneistoffe öffnen. 

- Toxikokinetik / Pharmakokinetik 

Toxikokinetische Untersuchungen, die begleitend zu 
toxikologischen Versuchen (zum Beispiel Kanzeroge- 
nitätsstudien) durchgeführt werden, können für diesen 
spezifischen Bereich eine erhöhte Anzahl an Tieren 
erforderlich machen. Jedoch können Ergebnisse aus 
der Toxikokinetik beispielsweise bei der Ermittlung 
geeigneter Dosierungen, bei der Wahl der Spezies und 
der Interpretation der toxikologischen Befunde hilf- 
reich sein und so zur Vermeidung von Tierversuchen 


beitragen. Die toxikokinetischen und pharmakokineti- 
schen Prüfregeln wurden 1994 verabschiedet. Da die 
pharmazeutische Industrie bereits vor Verabschiedung 
dieser Prüffegeln von den Behörden aufgefordert 
wurde, entsprechende Unterlagen vorzulegen, sind 
zum derzeitigen Zeitpunkt toxikokinetische Unter- 
lagen üblicherweise in den Zulassungen enthalten. 

- Nicht klinische Anforderungen an biotechnologische 
Produkte 

Für die zunehmende Anzahl biotechnologisch herge- 
stellter Arzneimittel ist eine spezifische Prüfregel in 
Vorbereitung. Auch hier zeichnet sich eine Reduzie- 
rung von Tierversuchen ab. 

5.3 Europarat 

Im Rahmen des Europarats werden die Monographien 
für das Europäische Arzneibuch erarbeitet. Diese werden 
nach dem Übereinkommen über die Ausarbeitung eines 
Europäischen Arzneibuchs in nationale Normen über- 
führt. 

Technische Fortschritte hinsichtlich der Herstellung sehr 
reiner Arzneimittel können zum Ersatz von Tierver- 
suchen durch physikalisch-chemische Methoden oder 
zu deren ersatzloser Streichung führen. Beispielsweise 
konnten in den Monographien zu Insulin, Humaninsulin 
und Somatotropin Tierversuche durch chromatographi- 
sche Verfahren ersetzt werden, weil die Technik zur 
Reinigung dieser Arzneimittel wesentlich verbessert 
wurde und biotechnologische Produktionsverfahren 
(r-DNA-Technik) die Herstellung sehr reiner Arzneimittel 
ermöglichen. In ähnlich gelagerten Fällen verfährt die 
Europäische Arzneibuch-Kommission in gleicher Weise. 

Beispiele für die ersatzlose Streichung von Tierversu- 
chen in bestimmten Monographien sind die Prüfungen 
auf anomale Toxizität (siehe auch Abschnitt XV. 5. 5.1) 
und auf blutdrucksenkende Substanzen. Auch diese Prü- 
fungen werden zunehmend entbehrlich, weil technische 
Fortschritte die Herstellung von Arzneimitteln ohne 
Verunreinigungen erlauben, die anomale Toxizität oder 
unerwünschte Blutdrucksenkung auslösen. Dennoch 
müssen die Europäische Arzneibuch-Kommission oder 
deren zuständige Expertengruppen grundsätzlich in je- 
dem Einzelfall prüfen, ob die Prüfung bei einer be- 
stimmten Substanz oder Zubereitung entfallen kann. 
Darüber hinaus hat die Kommission aufgrund einer In- 
itiative des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI)’’) im November 
1995 einer weiteren weitgehenden Einschränkung dieser 
Tierversuche zugestimmt. 

Folgende Regelungen traten zum 1. Januar 1997 in Kraft: 

• Abschaffung des Tests auf anomale Toxizität für alle 
veterinärmedizinischen Impfstoffe und Sera. 

• Abschaffung des Tests auf anomale Toxizität für alle 
Immunsera im Bereich der Humanmedizin. Dies be- 
trifft auch sämtliche Immunglobuline. 


”) Die entsprechende Arbeitsgruppe im PEI wurde im November 1996 
für ihre Arbeit auf diesem Gebiet mit dem Tierschutz- 
Forschungspreis der Internationalen Stiftung für Altemativmetho- 
den zum Tierversuch (F.I.S.E.A.) ausgezeichnet. 





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• Im Humanbereich Abschaffung des Tests auf anomale 
Toxizität für Impfstoffe gegen Diphtherie, Tetanus 
und Keuchhusten sowie Kombinationspräparate. 

• Für alle anderen Impfstoffe im Humanbereich, für die 
der Test bisher vorgeschrieben war, wird dieser vor- 
erst nicht mehr am Endprodukt durchgeführt, sondern 
in den Produktionsbereich verlegt. Bleibt eine ausrei- 
chende Zahl von aufeinanderfolgenden Chargen ohne 
Befund, kann der Test auch für diese Präparate weg- 
fallen. 

Kontrollbehörden wie das Paul-Ehrlich-Institut müssen 
den Test grundsätzlich nicht mehr durchführen. Allein in 
Deutschland führen diese Maßnahmen bei Herstellern 
und Kontrollbehörden (PEI) voraussichtlich zu einer 
jährlichen Einsparung von rund 20 000 Mäusen und 
Meerschweinchen. 

In anderen Fällen werden Tierversuche durch In-vitro- 
Methoden ersetzt. Ein Beispiel hierfür ist der weitgehen- 
de Ersatz der ,, Prüfung auf Pyrogene“ an Kaninchen 
durch die „Prüfung auf Bakterien-Endotoxine“, die im 
Reagenzglas mit Bestandteilen der Blutzellen des Pfeil- 
schwanzkrebses (Limulus polyphemus) durchgefuhrt 
wird (LAL-Test). Als biologische Qualitätskontrolle 
kann der LAL-Test den Pyrogentest am Kaninchen in 
den meisten Fällen ersetzen. Nur in seltenen Fällen, 
wenn zum Beispiel die zu prüfenden Arzneimittel mit 
dem LAL-Test keine ausreichenden Ergebnisse liefern 
oder wenn auf fiebererregende Verunreinigungen geprüft 
werden muß, die nicht auf Bakterien-Endotoxine zurück- 
zuführen sind, muß weiterhin der Pyrogentest am Kanin- 
chen durchgeführt werden. 

Um international die Bemühungen um den Ersatz von 
Tierversuchen in den Arzneibüchern zu verstärken, hat 
die deutsche Delegation in den Sitzungen der Europäi- 
schen Arzneibuch-Kommission mit Nachdruck auf die 
Dringlichkeit dieses Anliegens hingewiesen. Auf der 
ersten internationalen Konferenz über Harmonisierung 
der Arzneimittel-Richtlinien, die 1991 in Brüssel ge- 
meinsam mit der EU, der US-amerikanischen Arznei- 
mittelbehörde FDA und dem japanischen Ministerium 
für Gesundheit und Soziales veranstaltet wurde, wurde 
eine internationale Empfehlung zur Harmonisierung der 
Arzneibuch-Monographien verabschiedet (siehe auch 
Abschnitt XV.4.2). 

5.4 Europäische Union 

Die Rechtsharmonisierung innerhalb der EU über die 
Zulassung und das Inverkehrbringen von Stoffen und 
Produkten ist im Bereich der Chemikalien, der Arz- 
neispezialitäten, der Pflanzenschutzmittel, der Futter- 
mittel und Futtermittelzusatzstoffe weitgehend abge- 
schlossen. Für den Bereich der Lebensmittel, einschließ- 
lich der Lebensmittelzusatzstoffe, gilt dies erst für Teil- 
bereiche. 

Die 7. Änderungsrichtlinie zur Richtlinie 67/548/EWG 
des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der 
Rechts- und Verwaltungsvorschriflen für die Einstufung, 
Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe 
(ABI. EG Nr. L 196 S. 1) wurde am 30. April 1992 ver- 


abschiedet. Sie enthielt jedoch keine Aktualisierung der 
in Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG vorgeschriebe- 
nen Tierversuche. 

Die EU-Mitgliedstaaten sehen es als dringend notwendig 
an, die Einstufungssysteme für die verschiedenen Zwecke 
oder Kategorien innerhalb eines Landes, zwischen ver- 
schiedenen Ländern sowie zwischen internationalen Gre- 
mien zu harmonisieren. In diesem Bereich ist das Bun- 
desinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und 
Veterinärmedizin intensiv tätig. Aufgrund der biometri- 
schen Grundlagen der in Deutschland mit Förderung des 
BMBF entwickelten ATC-Methode zur akuten oralen To- 
xizitätsprüfung (siehe Abschnitt XV.4.4) sollen dabei die 
Tierzahlen bei der akuten dermalen und inhalativen Toxi- 
zitätsprüfung in den EG-Richtlinien vermindert werden. 

Das Europäische Zentrum zur Validierung von Al- 
ternativmethoden (ECVAM) wurde 1992 im europäi- 
schen Forschungszentrum IRC (Joint Research Center) 
in Ispra (Italien) gegründet. ECVAM wird durch einen 
wissenschaftlichen Beirat unterstützt (Scientific Adviso- 
ry Committee; ESAC), in dem Sachverständige aus In- 
dustrie, Tierschutz und Wissenschaft vertreten sind. Der 
offizielle Vertreter Deutschlands in diesem Gremium ist 
der Leiter von ZEBET. ECVAM koordiniert die natio- 
nalen Aktivitäten zur Entwicklung und Validierung toxi- 
kologischer Prüfmethoden innerhalb der EU und setzt 
sich für die Anerkennung der neuen Methoden außerhalb 
der EU ein, insbesondere in den USA und Japan. Unter 
Federführung von ECVAM wurden in der EU Regeln für 
die experimentelle Validierung behördlicher, toxikologi- 
scher Prüfmethoden erarbeitet und publiziert. Diese 
Grundsätze (guidelines) für die experimentelle Validie- 
rung wurden inzwischen von den Behörden der USA und 
Japans in ähnlicher Weise übernommen und von der 
OECD harmonisiert. 

ECVAM hat seit 1994 zur Identifizierung des For- 
schungs- und Entwicklungsbedarfes auf dem Gebiet der 
Altemativmethoden zu Tierversuchen 38 „Workshops“ 
veranstaltet. Die Empfehlungen dieser Workshops haben 
bei der Schwerpunktsetzung für die Forschungsförde- 
rung seitens des Wissenschaftlichen Beirats höchste 
Priorität. Die ECVAM Forschungsprojekte werden im 
Amtsblatt der EG öffentlich ausgeschrieben. Bei den 
geförderten Projekten wird eine finanzielle Eigenbeteili- 
gung erwartet. 

Experimentelle Validierung 

Zu Beginn der 90er Jahre gab es keine international 
verbindlichen Richtlinien zur experimentellen Validie- 
rung toxikologischer Prüfmethoden. Deshalb haben 
ECVAM und ZEBET in Europa maßgeblich die Erar- 
beitung von Richtlinien zur Validierung behördlich vor- 
geschriebener toxikologischer Prüfverfahren vorange- 
trieben und die Diskussion mit Wissenschaftlern der 
zuständigen Behörden in Japan und den USA in Gang 
gesetzt. Validierung wird danach nicht nur als die expe- 
rimentelle Überprüfung der Reproduzierbarkeit eines 
Tests in verschiedenen Laboratorien definiert, sondern 
erfordert außerdem den Nachweis der Relevanz des 
Tests für ein spezielles Gebief der Toxikologie. Dieser 




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Nachweis wird üblicherweise mit einem biometrisch 
fundierten Prädiktionsmodell geführt, mit dessen Hilfe 
die Korrelation der In-vitro-Daten mit den in vivo an 
Mensch oder Tier beobachteten toxischen Effekten be- 
legt wird. Ein weiteres wesentliches Element der Vali- 
dierung ist die Phase der Prävalidierung, in der das Test- 
protokoll und seine Anwendung optimiert werden. 

1996 haben sich Experten aller OECD Mitgliedstaaten 
auf gemeinsame wissenschaftliche Grundsätze zur Vali- 
dierung und behördlichen Akzeptierung von tierver- 
suchsfreien toxikologischen Testmethoden geeinigt. 
Nach dem Grundsatz der „mutual acceptance of data“ 
müssen in Zukunft alle OECD Mitgliedstaaten Zulas- 
sungsunterlagen von Chemikalien akzeptieren, deren 
toxikologische Daten mit /«-vüro-Methoden erzielt wur- 
den, die nach den Empfehlungen der OECD validiert 
wurden. 

Anerkennung validierter In-vitro-Methoden 
für behördliche Zwecke 

Seit 1997 ist in der EU für die formale Anerkennung 
experimentell validierter toxikologischer Prüfmethoden 
der Wissenschaftliche Beirat von ECVAM zuständig. 
Wenn eine neue Methode von diesem Gremium akzep- 
tiert wurde, muß sie in den EU-Mitgliedstaaten bei si- 
cherheitstoxikologischen Prüfungen grundsätzlich ange- 
wendet werden. Allerdings entscheidet die Europäische 
Kommission aufgrund des Spektrums der in der Validie- 
rungsstudie geprüften Stoffe, ob die neue Methode für 
die Einstufung und Kennzeichnung uneingeschränkt 
oder nur in Kombination mit anderen Prüfmethoden 
eingesetzt werden kann. Bisher wurden vom Wissen- 
schaftlichen Beirat von ECVAM /«-vitro-Tests für die 
Photofoxizifätsprüfung und für die Einstufung von Stof- 
fen mit ätzender Wirkung auf der Haut akzeptiert. 

5.5 Bundesrepublik Deutschland 

5.5.1 BMBF-Förderschwerpunkt 

„Ersatzmethoden zum Tierversuch“ 

Zielsetzung 

Im Programm „Biotechnologie 2000“ werden in dem 
speziellen Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum 
Tierversuch“ Forschungsvorhaben gefördert, deren zen- 
trale Zielsetzung es ist, Methoden zum Ersatz und zur 
Reduktion von Tierversuchen sowie zur Verminderung 
der versuchsbedingten Belastung der eingesetzten Tiere 
zu erarbeiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf 
der Entwicklung von Ersatzmethoden für gesefzlich vor- 
geschriebene Tierversuche und internationalen Erforder- 
nissen entsprechenden Validierungen (Nachweis von 
Relevanz und Reproduzierbarkeit in verschiedenen La- 
bors) bereits erfolgreich entwickelter Altemativmetho- 
den. Die Förderung erfolgt im Sinne des 3-R-Konzeptes: 
Replacement (Ersatz), Reduction (Reduktion), Refine- 
ment (Verringerung der Belastung für die eingesetzten 
Versuchstiere). Grundlage dieser Förderaktivität ist zur 
Zeit die Bekanntmachung der Förderrichtlinien „Ersatz- 
methoden zum Tierversuch“ vom 17. Juni 1998 (BAnz. 
Nr. 117 vom 30. Juni 1998). 


Die geförderten Vorhaben nutzen ein breites Spektrum 
moderner Methoden und Verfahren aus verschiedenen 
biomedizinischen und mathematisch-naturwissenschaft- 
lichen Disziplinen. Von besonderer Bedeutung ist der 
Einsatz von Kulturen tierischer und menschlicher Zellen, 
biochemischer, immunologischer, molekularbiologischer 
und physiko-chemischer Methoden sowie computerge- 
stützter und biometrischer Verfahren. 

Der Förderschwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierver- 
such“ ist in seiner Art weltweit einzigartig und die auf- 
wendigste staatliche Fördermaßnahme mit dieser Ziel- 
setzung. Von 1980 bis Ende 1997 wurden vom BMBF 
126,8 Millionen DM an Fördermitteln eingesetzt. Insge- 
samt wurden bis Ende 1998 221 Forschungsvorhaben 
bewilligt. Für die Jahre 1999 und 2000 stehen pro Jahr 
etwa 9,5 Millionen DM zur Verfügung (mittelfristige 
Finanzplanung). 

Durch die geförderten Vorhaben wurden bereits auf vie- 
len Gebieten Grundlagen für eine erhebliche Einsparung 
an Versuchsfieren erarbeitet. Es ist zu erwarten, daß sich 
die positiven Auswirkungen längerfristig durch eine 
breitere Umsetzung der Ergebnisse noch wesentlich 
verstärken werden. 

Struktur der Förderung 

Die Förderung zielt auf eine konkrete Umsetzung der 
Forschungsergebnisse in die Praxis ab. Deshalb sind 
Forschungsvorhaben so zu strukturieren, daß deren Er- 
gebnisse bei potentiellen Anwendern insbesondere aus 
der Industrie eingesetzt werden können und damit zu 
einer deutlichen Reduktion von Tierversuchen beitragen. 
Die Vorhaben werden daher in der Regel in Kooperation 
mit Anwendern aus der Industrie in Form von Verbund- 
vorhaben und, soweit gesetzlich geforderte Tierversuche 
betroffen sind, in Kooperation oder Abstimmung mit den 
zuständigen deutschen und internationalen Zulassungs- 
behörden und anderen relevanten Gremien (zum Beispiel 
der Arzneibuchkommission) durchgeführt. 

Enge Koordination besteht mit den für relevante Rechts- 
bereiche zuständigen Bundesbehörden sowie mit ZEBET, 
der Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von 
Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch. 
ZEBET arbeitet ihrerseits eng mit dem Europäischen 
Zentrum für die Validierung von Altemativmethoden 
(ECVAM) zusammen. Diese Maßnahmen zielen darauf 
ab, den Informationsaustausch national und international 
zu verbessern und den Transfer der Ergebnisse zu opti- 
mieren. 

Ergebnisse und Erfolge bisher geförderter BMBF-Projekte 

Die bisher durchgeführten Vorhaben lieferten Beiträge 
zur Entwicklung, Erprobung und Validierung von Er- 
satzmethoden unter anderem für folgende Einsafzgebiefe 

- pharmakologisch/toxikologisches Wirkstoff-Screening, 

- Prüfung chemischer Substanzen auf toxische, erbgut- 
verändemde und fruchtschädigende Wirkungen, 

- Untersuchung des Metabolismus und der Wirkungs- 
mechanismen von Pharmaka, 




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- Wirksamkeitsprüfung und Qualitätskontrolle von 
Impfstoffen und biologischen Arzneimitteln wie Im- 
munseren, 

- Herstellung polyklonaler und monoklonaler Anti- 
körper. 

Eine entsprechende Anerkennung von Altemativmetho- 
den ist in einigen Fällen bereits erfolgt. 

Die Ergebnisse des vom PEI durchgeführten Projekts 
„Tierschutzaspekte bei der Prüfung von Immunpräpara- 
ten“, die 1997 in englischer Sprache publiziert wurden, 
lassen erwarten, daß die aufgezeigten Möglichkeiten für 
tierschutzrelevante Verbesserungen der entsprechenden 
Monographien zu einer erheblichen Einsparung von 
Tierversuchen bzw. einer Belastungsverminderung für 
die eingesetzten Versuchstiere führen. 

Das seit 1992 in zwei Phasen geförderte Kooperations- 
vorhaben zur Standardisierung und Validierung eines 
Zellkulturtests als Ersatzmethode zu dem im Was- 
serhaushaltsgesetz vorgeschriebenen Fischtest nach 
DIN 38412, Teil 31 konnte abgeschlossen werden. Die 
wesentlichen Resultate können wie folgt zusammenge- 
faßt werden: Es stellte sich heraus, daß der Zellkultur- 
test mit der RTG-2-Zellinie (Fischzellen) gegenüber 
dem Fischtest eine niedrigere Empfindlichkeit aufweist. 
Tests, die wie der RTG-2-Test eine zu geringe Sensi- 
tivität, aber eine sehr hohe Spezifität aufweisen (das 
heißt in diesem Fall: deutliche Zytotoxizität bedeutete 
immer Fisch toxizität), sind jedoch allein nicht zum 
vollständigen Ersatz eines Tierversuches geeignet; sie 
müßten in Teststrategien eingebaut werden (siehe auch 
Abschnitt XV.4.1). 

Das 1996 angelaufene umfangreiche Verbundvorhaben 
zur „Nutzung hepatischer Funktionen für In-vitro-Ver- 
fahren zur Prüfung von Stoffen mit dem Ziel der Einspa- 
rung von Tierversuchen“ wird seit März 1998 in einer 
zweiten Phase gefördert. Die langfristige Zielsetzung ist 
dabei, in enger Kooperation zwischen Arbeitsgruppen 
aus nicht industriellen Forschungseinrichtungen und 
Industrieunternehmen geeignete In-vitro-Systeme, die 
leberspezifische Funktionen abbilden, im Hinblick auf 
den industriellen Einsatz zu optimieren, zu standardisie- 
ren, für anwendungsbezogene Fragesfellungen zu adap- 
tieren und zu validieren. Gegebenenfalls kann damit 
auch die Basis zur Änderung von Prüffichtlinien im 
gesetzlichen Bereich geschaffen werden. Es zeichnet 
sich schon jetzt ab, daß hierdurch langfristig bei der 
industriellen Substanzentwicklung und -prüfung eine 
erhebliche Einsparung von Tierversuchen möglich sein 
wird. 

Die Auswirkungen des Förderschwerpunktes „Ersatz- 
methoden zum Tierversuch“ auf die Reduktion von Tier- 
versuchen bzw. die Verminderung der Belastung von 
Tieren in Versuchen geht weit über die bei den beteilig- 
ten Arbeitsgruppen unmittelbar erzielten Erfolge hinaus, 
da die Ergebnisse allgemein zugänglich sind und von 
allen potentiellen Anwendern genutzt werden können. 
Eine unmittelbare direkte Nutzung ist in den Bereichen 
möglich, in denen nicht gesetzlich vorgeschriebene Tier- 
versuche betroffen sind, zum Beispiel im pharmakologi- 
schen Wirkstoffscreening. 


Der Förderschwerpunkt leistet zusätzlich auch dadurch 
einen wesentlichen Beitrag im Sinne des Tierschutzes, 
daß er bei den forschenden Institutionen das Bewußtsein 
für diese Zielsefzung versfärkt und entsprechende Akti- 
vitäten initiiert, auch im internationalen Bereich. Einige 
Vorhaben leisteten inzwischen bereits wesentliche An- 
stöße zur Bearbeitung von Validierungsvorhaben und zur 
Durchführung von Workshops, insbesondere auf euro- 
päischer Ebene. In diesem Zusammenhang wurde bereifs 
frühzeitig die Bedeutung biometrischer Verfahren für 
Ringversuche und Validierungs Studien erkannt und in 
die Förderung einbezogen. 

5.5.2 Förderung aus anderen Mitteln 

BMG schreibt seit 1981 jährlich einen Forschungspreis 
zur Förderung methodischer Arbeiten mit dem Ziel der 
Einschränkung und des Ersatzes von Tierversuchen aus. 
Der Preis ist mit 30 000 DM dotiert und wird für wissen- 
schaftliche Arbeiten zur Weiterentwicklung pharmako- 
logisch-toxikologischer Untersuchungsverfahren verge- 
ben, wie zum Beispiel zur Bestimmung der akuten, sub- 
chronischen und chronischen Toxizität, der erbgutverän- 
demden, tumorerzeugenden, fruchtbarkeits- und frucht- 
schädigenden Eigenschaften sowie für solche Arbeiten, 
die der Verminderung von Tierversuchen dienen. 

Forschungspreise mit ähnlichen Zielen wie denjenigen des 
Forschungspreises des BMG werden in der Bundesrepu- 
blik Deutschland von folgenden Institutionen vergeben: 

- Ema-Graff- Stiftung für Tierschuf z, 

- Felix-Wankel-Stiflung (Vergabe durch das Dekanat 
der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians- 
Universität in München), 

- Verband der Niedersächsischen Tierschutzvereine 
(Ilse-Richter-Preis), 

- Freunde und Förderer der Veterinärmedizin an der 
Freien Universität Berlin e. V. (Wilma-von-Düring- 
Forschungspreis), 

- Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche e. V.“, Frank- 
furt, und „Bürger gegen Tierversuche Hamburg e. V.“ 
(Herb ert- Sti ller-Prei s) , 

- Forschungspreis des Landes Nordrhein-Westfalen 
(Vergabe durch die Rheinisch- Westfälische Akademie 
der Wissenschaften), 

- Hans-Theo- Schreurs-Gedächtnispreis (Industrie ver- 

band Körperpflege und Waschmittel e. V. [IKW]), 

- Tierschutz-Forschungspreis des Deutschen Tier- 
schutzbundes (Deutscher Tierschutzbund). 

Ergänzend zu diesen und anderen Aktivitäten hat die Bun- 
desregierung 1986 zusammen mit Verbänden der Industrie 
und des Tierschutzes die „Stiftung zur Förderung der Erfor- 
schung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Ein- 
schränkung von Tierversuchen (SET)“ ins Leben gerufen. 

Von den über 100 Anträgen, die bei der Stiftung einge- 
gangen sind, konnten 41 Forschungsvorhaben und ande- 
re Projekte wie Kurse, Symposien, Workshops und 
Doktorandenarbeiten finanziell unterstützt werden. Bei 
der Vergabe der Mittel setzt die Stiftung ihre Förderung 
vornehmlich dort an, wo nicht auf öffentliche Mittel 
zurückgegriffen werden kann. 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Ein besonderes Anliegen der Stiftung ist die Verbreitung 
der Kenntnisse und Anwendung von Altemativmethoden 
in Labors der Industrie und Wissenschaft. Deshalb unter- 
stützt und ermutigt sie auch derartige Weiterbildungs- 
maßnahmen, wie zum Beispiel die 1998 mehrfach von 
der Medizinischen Universitätsklinik in Tübingen ange- 
botenen und durchgeführten Kurse über „Humane Ge- 
faßwandzellen in Mono- und Co-Kulturen für pharma- 
kologische Prescreening- Verfahren in der Arteriosklero- 
seforschung“. Auch die Fachzeitschrift ALTEX, die sich 
auf die Verbreitung von Altemativmethoden konzen- 
triert, wird von der Stiftung nachdrücklich gefordert. 

Mit ihren Bemühungen hat die Stiftung maßgeblich dazu 
beigetragen, daß schon zu Beginn eines in Industrie und 
Wissenschaft geplanten Forschungsvorhabens die Frage 
nach der möglichen Vermeidung oder Verringemng von 
Tierversuchen Berücksichtigung findet. 

Die Stiftung hat in den letzten acht Jahren ca. 3,7 Millio- 
nen DM für die Fördemng der verschiedenen Projekte 
aufgewendet. Die Mittel wurden im wesentlichen von 
den Verbänden der Chemischen Industrie, des Verbandes 
der Forschenden Arzneimittelhersteller, des Industrie- 
verbandes Körperpflege - und Waschmittel und des 
Verbandes der Agrarindustrie zur Verfügung gesfellt. 

Über die Vergabe der Mittel entscheidet der Stiftungsrat, 
der sich paritätisch aus Vertretern des Tierschutzes und 
der Industrie zusammensetzt. 

Der größte Teil der von der Stiftung bereitgestellten 
Mittel wird für Forschungsvorhaben im universitären 
Bereich vergeben. Nachdem anfangs kaum Anträge aus 
den neuen Bundesländern eingingen, steht die Stiftung 
heute mit den Universitäten aller deutscher Bundesländer 
gleichermaßen in Verbindung. Hier verfolgt die Stiftung 
das Ziel, durch neue Ansätze nicht nur im speziellen 
Einzelfall, sondern generell eine Vermindemng von 
Tierversuchen zu erreichen. 

Die Bundesregiemng hat mehrfach die erfolgreiche Zu- 
sammenarbeit von Industrie und Tierschutzorganisationen 
in der Stiftung gewürdigt und auf eine verstärkte Bereit- 
stellung von Mitteln durch die Industrie hingewirkt. Ihre 
Mitarbeit ist durch Vertreter der Bundesministerien für 
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Gesundheit 
sowie für Bildung und Forschung im Kuratorium der 
Stiftung gewährleistet. Auch die Bundesländer sind in 
diesem Gremium durch einen Repräsentanten vertreten. 

Die Landesregierung Baden- Württemberg hat 1989 das 
spezielle Förderprogramm „Entwicklung von Altema- 
tivmethoden zur Vermeidung von Tierversuchen“ einge- 
richtet. Seit Bestehen dieses Förderprogrammes wurden 
36 Forschungsprojekte mit einer Gesamtsumme von 
rand 4,5 Millionen DM gefördert. Auch für die kom- 
menden Jahre ist hierfür ein jährlicher Mittelansatz von 
500 000 DM vorgesehen. 

Unter anderem haben die Ergebnisse von Projekten bereits 
Eingang in internationale Validierungsvorhaben gefunden. 
Die Ergebnisse von sechs weiteren Projekten werden auch 
international zur Reduzierang der Anzahl der eingesetzten 
Versuchstiere angewandt. Die Ergebnisse anderer Projekte 
finden bundesweit oder in bestimmten Einrichtungen 
Anwendung. Alle diese Projekte haben in unterschied- 


licher Größenordnung zur Reduzierang der benötigten 
Versuchstiere geführt. Beispielsweise können durch den 
Einsatz einer der entwickelten Methoden in einem Groß- 
unternehmen der pharmazeutischen Industrie Tausende 
von Versuchstieren eingespart werden. 

Rheinland-Pfalz fördert seit 1992 Forschungsvorhaben 
zur Entwicklung von Ersatzmethoden zu Tierversuchen. 
Die Ausschreibung richtet sich an in diesem Bundesland 
tätige Wissenschaftler. 

5.5.3 Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung 
von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum 
Tierversuch (ZEBET) 

Die 1989 gegründete „Zentralstelle zur Erfassung und 
Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum 
Tierversuch (ZEBET)“ im BgVV hat die behördliche 
Aufgabe, Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierver- 
suchen zu erfassen, zu bewerten und ihre Anerkennung 
zu erreichen. Darüber hinaus ist ZEBET im Rahmen des 
Vollzuges des Tierschutzgesetzes als Auskunftsstelle für 
Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen tätig. 
Eine weitere Aufgabe ist die wissenschaftliche Validie- 
rung tierversuchsfreier Methoden, um ihre Aufnahme in 
internationale sicherheitstoxikologische Prüfrichtlinien 
zu erreichen. ZEBET nimmt als staatliche Einrichtung 
international eine Sonderstellung ein, da ähnliche Insti- 
tutionen im Ausland nur über Spenden oder von Tier- 
schutzorganisationen der Industrie finanziert werden. 

Seit 1994 wird die Arbeit von ZEBET von einer Kom- 
mission begleitet, deren Mitglieder vom BMG berufen 
werden. Die Kommission setzt sich zusammen aus Wis- 
senschaftlern der chemisch-pharmazeutischen Industrie, 
Vertretern von Tierschutzorganisationen sowie eines 
Vertreters der Länderbehörden, die für die Genehmigung 
von Tierversuchsvorhaben zusfändig sind. 

Die Aufgabe von ZEBET umfaßt die drei Arbeitsgebiete 
„Dokumentation“, „Bewertung/Validierung“ und „For- 
schung“. Dem entspricht die Gliederung in die Fachge- 
biete ZEBET 1, 2 und 3. 1995 wurde das Fachgebiet 
„Spezielle Fragen des Tierschutzes“ ZEBET zugeordnet. 

Bei ZEBET 1 (DOKUMENTATION) werden Ersatz- 
und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen in einer 
Datenbank dokumentiert. Für den Informationsdienst 
nutzt ZEBET diese Datenbank und führt über DIMDI 
Recherchen in internationalen Literatur- und Fakten- 
datenbanken durch. 1996 bis 1998 wurden mit Mitteln 
des BMG die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die 
ZEBET-Datenbank künftig über DIMDI „online“ in 
englischer Sprache angeboten werden kann. 

ZEBET 2 (BEWERTUNG und VALIDIERUNG) ist 

gutachterlich tätig und hat die Aufgabe, Validierungs- 
projekte international in Kooperation mit ECVAM, dem 
BMBF-Schwerpunkt „Ersatzmethoden zum Tierver- 
such“ und der „Stiftung zur Förderung der Erforschung 
von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschrän- 
kung von Tierversuchen“ (SET), dem Deutschen Tier- 
schutzbund, den zuständigen Bundesministerien und der 
chemisch-pharmazeutischen Industrie zu initiieren und 
zu koordinieren. Seit 1992 hat ZEBET erfolgreich in 
Kooperation mit den europäischen Verbänden der phar- 




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mazeutisch-chemischen und kosmetischen Industrie 
internationale Valdierungsstudien konzipiert und sich 
experimentell an diesen Studien beteiligt. Dafür wurden 
von ZEBET 1997 und 1998 wiederum Drittmittel von 
mehr als 3 Millionen DM eingeworben, von denen ein 
großer Teil in Form von Unterverträgen an die beteilig- 
ten Industrielaboratorien weitergegeben wurde. 

ZEBET 3 (FORSCHUNG) verfügt seit 1990 über einen 
eigenen Etat zur Vergabe von Forschungsmitteln für die 
wissenschaftliche Erarbeitung von Ersatzmethoden zu 
Tierversuchen in Deutschland. Die Forderungssumme 
stieg von 1990 bis 1998 kontinuierlich von 400 TDM/ 
Jahr auf 668 TDM/Jahr an. Bis 1998 wurden 53 Projekte 
mit recht unterschiedlichen Summen gefördert, von 
denen mehrere national und international mit Tierschutz- 
forschungspreisen ausgezeichnet wurden. 

ZEBET selbst wurde 1997 für die erfolgreiche Ent- 
wicklung des Embryonalen Stammzelltests - eines In- 
vitro-Embryotoxizitätstests - und für den erfolgreichen 
Abschluß einer internationalen Validierungsstudie von 
/«-vitro-Phototoxizitätstests mit zwei renommierten, 
internationalen Forschungspreisen ausgezeichnet, dem 
,, Rüssel and Burch Award“ der Humane Society in den 
USA und dem Europäischen Tierschutzforschungspreis 
der Internationalen Stiftung zur Abschaffung der Tier- 
versuche, FISEA, in Luxemburg. 

5.5. 3.1 Dokumentation und Information 
Dokumentation 

Die ZEBET -Datenbank wird in Abschnitt XV. 6 aus- 
führlich beschrieben. 

Informationsdienst 

Im Rahmen des Vollzuges des Tierschutzgesefzes nimmt 
ZEBET auf Anfragen von Länderbehörden zu Anträgen 


auf Genehmigung oder Anzeigen von Versuchsvorhaben 
gutachterlich Stellung und fertigt auf dem Wege der 
Amtshilfe in strittigen Fällen Gutachten an. Darüber 
hinaus beantwortet ZEBET auch Anfragen von Wissen- 
schaftlern, Tierschutzbeauftragten und anderen Interes- 
sierten zur Anwendung von Ersatz- und Ergänzungsme- 
thoden zu Tierversuchen. Außerdem ist ZEBET in die 
wissenschaftliche Begutachtung von nationalen und 
internationalen Forschungsprojekten und von Tierschutz- 
Forschungspreisen eingebunden, die die Entwicklung 
oder Validierung von Altemativmethoden zum Ziel 
haben. Die Beratung von Behörden bei der Erfüllung 
tierschutzrechtlicher Vorschriften besitzt für ZEBET die 
höchste Priorität. 

ZEBET nutzt für den Informationsdiensf 

• die eigene ZEBET-Dafenbank über Ersatz- und Er- 
gänzungsmethoden (siehe Abschnitt 6), 

• Berichte, Protokolle und Literatur, über die ZEBET 
aufgrund der Tätigkeit in nationalen und internatio- 
nalen Validierungsprojekten, in Normenausschüssen 
und anderen Arbeitsgruppen verfügt, 

• Recherchen in nationalen und internationalen biome- 
dizinischen Literatur- und Faktendatenbanken über 
DIMDI. 

In der Zeit von 1990 bis 1998 wurden von ZEBET insge- 
samt 1 768 Anfragen beantwortet. Die Abbildung zeigt 
für 1998 die prozentualen Anteile einzelner Institutionen 
an den insgesamt 448 Anfragen. Die Hälfte der Anfragen 
kam aus der Industrie, von Universitäten und Forschungs- 
zentren, das heißt dem experimentellen Bereich. Die An- 
zahl der Anfragen von Laboratorien zu methodischen 
Details, die neue Methoden etablieren möchten, ist ange- 
stiegen. Der Grund für diese Entwicklung ist die zuneh- 
mende Anzahl von sicherheitstoxikologischen In-vitro- 
Prüfmethoden, deren experimentelle Validierung von 
ZEBET im Auftrag der EU koordiniert wurde. 


Abbildung 

ZEBET Informationsdienst 
Anzahl der Anfragen 1998 insgesamt 448 





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5.5. 3.2 Bewertung und Validierung 

Empfehlungen zur Anwendung 

von Alternativmethoden für hehördliche Zwecke 

ZEBET beteiligt sich innerhalb der Nachfolgeinstitute 
des BGA bei der Vorbereitung neuer Rechtsvorschriften, 
bei denen die Tierversuchsproblematik berührt wird, 
durch Stellungnahmen und koordinierende Tätigkeiten 
(zum Beispiel Novellierungen der EU-Richtlinien für 
kosmetische Mittel, für Arzneimittel, für Biozide und 
beim Tierschutzgesefz). 

Auf drei wichtigen Gebieten hat ZEBET in Kooperation 
mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden Gutachten 
und Empfehlungen zur Anwendung von Altemativme- 
thoden für behördliche Zwecke publiziert, nämlich zur 
Notwendigkeit von Hundeversuchen bei der Zulassung 
von Pflanzenschutzmitteln**) sowie zum Ersatz von Tier- 
versuchen bei sicherheitstoxikologischen Prüfungen von 
Arzneimitteln und Medizinprodukten. 

Von besonderer Bedeutung ist auch die in Kooperation 
mit dem BfArM und dem PEI erarbeitete und 1998 im 
Bundesgesundheitsblatt publizierte Empfehlung „Mög- 
lichkeiten des Einsatzes von Ersatz- und Ergänzungs- 
methoden zum Tierversuch bei der Entwicklung und 
Zulassung von Arzneimitteln“’^). 

Außerdem wurden bei ZEBET im Berichtszeitraum im 
Rahmen einer Promotion die Möglichkeiten zum Ersatz 
von Tierversuchen bei der sicherheitstoxikologischen 
Prüfung von Medizinprodukten untersucht. Tierversuche 
auf diesem Gebiet sind national in DIN-Normen und 
international in EN- und ISO-Normen festge schrieben. 
Die Ergebnisse der Untersuchung mit Vorschlägen zum 
Ersatz eines großen Teils der bisher üblichen Tierver- 
suche wurden ebenfalls veröffentlicht^**). 

Beteiligung an nationalen und internationalen 
Validierungsprojekten zu Alternativmethoden 

Im Rahmen der behördlichen Aufgabe, Ersatz- und Er- 
gänzungsmethoden zu Tierversuchen, insbesondere für 
behördlich vorgeschriebene Tierversuche, zu enfwickeln, 
war ZEBET im Berichtszeitraum wiederum in die Koor- 
dinierung nationaler und internationaler Validierungs- 
projekte eingebunden. Nach dem derzeitigen wissen- 
schaftlichen Konzept für die Akzeptierung von Ersatz- 
methoden zu Tierversuchen müssen diese unter Routine- 
bedingungen in verschiedenen Labors dieselben Ergeb- 
nisse erbringen. Außerdem müssen die Ergebnisse in 
ähnlicher Weise wie die bisherigen Tierversuche die 
toxischen Eigenschaften chemischer Stoffe so erfassen, 
daß diese behördlich eingestuft und gekennzeichnet 
werden können. Aufgrund des aktuell geltenden EG- 
Rechts sollen im Bereich der Entwicklung von Kosme- 
tika vom 1. Juli 2000 an keine Tierversuche mehr durch- 
geführt werden. Deswegen steht die Validierung von 
Ersatzmethoden für lokale Wirkung an Haut und Augen 
im Vordergrund der Bemühungen um den Ersatz von 
Tierversuchen in Europa. ZEBET hat seit der Gründung 


'*) Gerbracht, Spielmann, Arch Toxical (1998) 72:319-329. 
Bundesgesundheitsblatt 10/98. 

Zamow, Spielmann, ALTEX 15, 3/98. 


1989 eng mit der deutschen und europäischen Kosmetik- 
industrie sowie mit der chemisch-pharmazeutischen In- 
dustrie bei der Validierung tierversuchsfreier toxikologi- 
schen Prüfmethoden kooperiert. Im Berichtszeitraum hat 
ZEBET die folgenden Validierungsstudien konzipiert 
und sich an deren Management und Durchführung betei- 
ligt: 

• Validierungsprojekt „/«-vüra-Phototoxizität“ 

ZEBET koordiniert seit 1992 für die DG XI der Euro- 
päischen Kommission bzw. für ECVAM sowie für 
den europäischen Kosmefikverband COLIPA eine 
Validierungsstudie von /«-vitro-Methoden zur Erfas- 
sung phototoxischer Eigenschaften chemischer Stoffe. 
In dieser Validierungs Studie zeigte als einziger In- 
vitro-Phototoxizitätstest der bei ZEBET entwickelte 
3T3 NRU PT gute Reproduzierbarkeit und Korrela- 
tion mit den in vivo ermittelten bekannten phototoxi- 
schen Eigenschaften der 30 Prüfsubstanzen. 

Aufgrund dieses positiven Ergebnisses haben am 
1. Oktober 1997 ECVAM und sein wissenschaftlicher 
Beirat empfohlen, daß dieser /«-vitro-Phototoxizitäts- 
test zur Prüfung von Stoffen auf ihr phototoxisches 
Potential uneingeschränkt in EU-Mitgliedstaaten ein- 
gesetzt werden kann. Inzwischen haben auch die 
Dienststellen der Kommission, die für die Zulassung 
bzw. Vermarktung pharmazeutischer und kosmeti- 
scher Präparate sowie für die toxikologische Beurtei- 
lung chemischer Stoffe zuständig sind, den 3T3- 
NRU-PT-Test als offizielle EU-Prüfmethode aner- 
kannt. Voraussetzung hierfür war der erfolgreiche 
Abschluß einer zusäfzlichen Studie mit zehn UV- 
Filterstoffen, die mit dem neuen Testverfahren auf 
ihre phototoxischen Eigenschaften zu überprüfen wa- 
ren^’). 

Die Europäische Kommission hat im September 1998 
den Entwurf einer Prüfrichtlinie zur Prüfung auf 
phototoxische Eigenschaften bei der OECD einge- 
reicht, die auf dem 3T3-NRU-PT-Test basiert. Wenn 
die OECD diese Prüfrichtlinie akzeptiert, ist der 3T3- 
NRU-PT-Test der erste erfolgreich experimentell va- 
lidierte /«-vitro-Toxizitätstest, der in die offizielle 
Sammlung der OECD-Prüfrichtlinien aufgenommen 
und auf diese Weise weltweit anerkannt wird. 

• Validierung von /«-v/fra-Tests zur Prüfung auf 
ätzende Wirkung an der Haut 

Nach Abschluß des internationalen Prävalidierungs- 
projekts zur Erfassung ätzender Eigenschaften von 
chemischen Stoffen und Zubereitungen an der Haut 
wurde Anfang 1996 eine von ECVAM finanzierte 
formale Validierungsstudie mit vier Testsystemen be- 
gonnen. In dieser Validierungsstudie war ZEBET im 
Management-Team vertreten und nahm gleichzeitig 
als sog. „leading laboratory“ für den Tesf mit künstli- 
cher menschlicher Haut teil. 

Der experimentelle Teil der Validierungs Studie um- 
faßte vier /«-vitro-Testsysteme, und zwar den „rat 
skin Transcutaneous Electrical Resistance (TER)“- 
Test, CORROSITEX, einen Test mit dem künstlichen 


^‘) Spielmann et al, ATLA 26, 679-708, 1998. 





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menschlichen Hautmodell (Skin^ ZK 1350) und einen 
Test mit künstlicher menschlicher Epidermis (EPIS- 
KIN). Das Ergebnis der Studie läßt sich wie folgt kurz 
zusammenfassen: Alle vier /«-vüro-Testsysteme zeig- 
ten eine ausreichende bis hervorragende Reproduzier- 
barkeit, jedoch erfüllten nur zwei Testsysteme die 
Akzeptanzkriterien für die notwendige Korrelation 
mit den /«-vivo-Daten (TER-Test, EPISKIN). 

Das ECVAM Scientific Advisory Committee (ESAC) 
hat sich der positiven Bewertung des TER und EPIS- 
KIN als wissenschaftlich validierte Tests angeschlos- 
sen und diese für die regulatorische Anwendung emp- 
fohlen. Die zuständigen Dienststellen der Kommis- 
sion haben gleichlautende Stellungnahmen zur Vali- 
dität der Tests abgegeben. 

In einer abschließenden, von ECVAM initiierten 
Evaluierungsstudie, an der sich ZEBET auch be- 
teiligt hat^^), wurden alle Informationen über die 
60 Stoffe zusammengetragen, die nach dem gegen- 
wärtigen von der OECD verabschiedeten Stufen- 
schema zur Klassifizierung ätzender Eigenschaften 
verwendet werden können (Struktur-Wirkungs-Be- 
ziehung, pH-Wert, Säure- und Basenstärke, vali- 
dierte In-vitro-Tests und schließlich der Test am 
Kaninchen). Die Studie ergab, daß der Test am 
Kaninchen für die Vorhersage ätzender Eigenschaf- 
ten von Stoffen nicht mehr nötig ist. 

• Prävalidierung und Validierung von drei In-vitro- 
Embryotoxizitätstests 

1997 wurde unter der Federführung von ZEBET mit 
einer von ECVAM finanzierten Studie zur Prävali- 
dierung und Validierung von drei In-vitro- 
Embryotoxizitätstests begonnen. Bei den Tests han- 
delt es sich um die /«-vitro-Kultur ganzer Rattenem- 
bryonen (WEC = whole embryo culture), um die 
Kultur von Zellen aus den Extremitätenknospen von 
Rattenembryonen (MM = Micromass) und um den 
embryonalen Stammzelltest (EST), in dem embryo- 
nale, totipotente Stammzellen (ES-Zellen) verwendet 
werden. 

ZEBET führte als leitendes Labor den embryonalen 
Stammzelltest (EST) durch. 

Eine Unterscheidung zwischen zytotoxischen und dif- 
ferenzierungsabhängigen Effekten war nur mit diesem 
Test möglich. Mit Hilfe des Prädiktionsmodells für 
den EST wurden unter bestimmten Bedingungen alle 
fünf Substanzen korrekt eingestuft. 

Die Studie wird 1998 bis 1999 mit der formalen 
Validierung der drei Tests fortgesetzt. Hierfür steht 
ein Etat von 900 000 ECU für einen Zeitraum von 
mindestens zwei Jahren zur Verfügung. An der Vali- 
dierung werden insgesamt zwölf Laboratorien betei- 
ligt sein; es sind jeweils vier Labors für jede Test- 
methode vorgesehen. Nach Verbesserung der Test- 
protokolle (SOPs) und Prädiktionsmodelle sollen 
20 Testsubstanzen unter blinden Bedingungen gete- 
stet werden. 


Worth et. al., ATLA 26, 709-720, 1998. 


5.5.3.3 Forschung 

• Vergabe von Forscbungsmitteln für die wissen- 
schaftliche Erarbeitnng von Tierversnchsersatz- 
methoden 

Die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von 
Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch 
(ZEBET) hat neben der systematischen Erfassung be- 
reits veröffentlichter Methoden die Entwicklung von 
Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch zu 
evaluieren. Hohe Priorität hat der Ersatz von Tierver- 
suchen in behördlichen Anmelde- und Zulassungsver- 
fahren, wie zum Beispiel in OECD-Richtlinien und im 
Europäischen Arzneibuch, in denen Tierversuche vor- 
geschrieben sind. Der Einsatz neuer Methoden in der 
Zell- und Gewebekultur, Immunologie, Analytik oder 
der Computersimulation wird dabei angestrebt. Es ist 
das vorrangige Ziel, die /«-vitro-Methoden soweit zu 
entwickeln, daß sie in internationalen Ringversuchen 
validiert werden können. 

1997 und 1998 wurden 15 Forschungsprojekte geför- 
dert sowie zwei Werkverträge im Rahmen der Be- 
wertung von Altemativmethoden vergeben, dafür 
standen in den beiden Haushaltsjahren jeweils Förde- 
rungsmittel in Höhe von 656 000 DM zur Verfügung. 
Die Vergabe der Forschungsmitfel für die wissen- 
schaftliche Erarbeitung von Tierversuchsersatzmetho- 
den berücksichtigt die Forschungsförderung des Eu- 
ropäischen Zentrums für die Validierung von Alter- 
nativmethoden (ECVAM), des Bundesministeriums 
für Bildung und Forschung (BMBF), der Stiftung zur 
Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergän- 
zungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen 
(SET) sowie die Mittelvergabe einiger Bundesländer. 
ZEBET fördert vor allem die Entwicklung neuer In- 
vitro-Methoden, die den Ersatz behördlich vorge- 
schriebener Tierversuche versprechen. Die Aus- 
schreibung erfolgt dabei öffentlich. Die Förderung er- 
folgt durchschnittlich über zwei Jahre, und es werden 
Projekte bevorzugt, die den Ersatz von stark belasten- 
den Tierversuchen zum Ziel haben. Im Idealfall kann 
eine Methode durch die ZEBET-Förderung soweit 
standardisiert werden, daß sie anschließend direkt in 
einer Validierungsstudie des Bundesforschungsmini- 
steriums BMBF oder der EU auf ihre Einsatzmög- 
lichkeit im toxikologischen Routinelabor experimen- 
tell geprüft werden kann. Viele der von ZEBET ge- 
förderten Projekte waren so erfolgreich, daß sie mit 
internationalen Preisen ausgezeichnet wurden. Die 
Publikation der Ergebnisse erfolgt üblicherweise in 
der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur. 

ZEBET fördert auch die gutachterliche Bewertung to- 
xikologischer Daten aus Industrie und Zulassungsbe- 
hörden, um vielfach geäußerte Vorschläge zum Ver- 
zicht auf bestimmte behördlich vorgeschriebene Tier- 
versuche wissenschaftlich zu analysieren, wie zum 
Beispiel toxikologische Studien an Hunden. Industrie 
und Behörden sind derzeit auf internationaler Ebene 
nur bereit, Tierversuche durch tierversuchsfreie Me- 
thoden zu ersetzen, wenn mit biostatistischen Metho- 
den die Gleichwertigkeit der neuen Methoden mit 
Tierversuchen nachgewiesen wird. Zur statistischen 




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Absicherung der Korrelation von In-vitro- und In- 
vivo-Daten müssen biometrische Verfahren entwickelt 
und verbessert werden. Deshalb fordert ZEBET bei 
der Entwicklung und Validierung tierversuchsfreier 
Methoden insbesondere biometrische Studien, um die 
behördliche Akzeptierung der neuen Methoden zu be- 
schleunigen. 

Im Berichtszeitraum wurden im Gegensatz zu den 
vorangehenden Jahren erstmals zwei Dienstleistungs- 
verträge zur Anpassung der ZEBET -Datenbank an die 
formalen Vorgaben von DIMDI (Datenbank des 
Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation 
und Information) vergeben. Dazu gehört auch die Er- 
stellung der ZEBET-Methoden in englischer Sprache. 
Diese Anpassung ist die Voraussetzung dafür, daß die 
ZEBET-Datenbank in Zukunft weltweit in englischer 
Sprache online über DIMDI angeboten werden kann. 

• Forschungsaktivitäten 

Entwicklung und Standardisierung des embryonalen 
Stammzelltests (EST) 

Im ZEBET-Forschungslabor wurde ein In-vitro- 
Embryotoxizitätest entwickelt, in dem der Einfluß von 
Prüfsubstanzen auf die Differenzierung embryonaler 
Stammzellen (ES) der Maus geprüft wird. Der em- 
bryonale Stammzelltest (EST), in dem eine perma- 
nente Zellinie benutzt wird, ist der einzige etablierte 
/«-vitro-Embryotoxizitätstest, bei dem zur Gewinnung 
der embryonalen Zellen keine trächtigen Tiere getötet 
werden müssen. Im Jahr 1997 wurde ZEBET für die 
Entwicklung des EST mit dem Europäischen Tier- 
schutzforschungspreis der FISEA in Luxemburg aus- 
gezeichnet. Aufgrund der vielversprechenden Ergeb- 
nisse wird der EST 1998 bis 1999 zusammen mit drei 
anderen /«-vüro-Embryotoxizitätstest in einem 
ECVAM-Validierungsprojekt auf seine Reproduzier- 
barkeit unter blinden Bedingungen geprüft. 

Entwicklung eines Keimzellgenotoxizitätstests mit 
embryonalen Stammzellen 

Die Wirkung genotoxischer Effekte auf die Stamm- 
zellen männlicher und weiblicher Keimzellen kann 
beim Säugetier bisher nur in sehr aufwendigen Mäu- 
sefellfleckentests untersucht werden, die sich über 
mehrere Generationen erstrecken und den Einsatz von 
mehr als 1 000 Mäusen erforderlich machen. Auf- 
grund der Erfahrungen mit der schwierigen In-vitro- 
Kultur embryonaler Stammzellen (ES) der Maus führt 
ZEBET seit 1998 mit Unterstützung des BMBF ein 
Projekt zur Etablierung von ES-Zellinien der Maus 
mit den Eigenschaften männlicher und weiblicher 
Keimzellen durch. Die Isolierung, Klonierung und 
Kultur der ersten ES-Zellinien von Keimzellen ist be- 
reits gelungen. Diese werden jetzt für ihre Eignung 
zum Einsatz in einem Genotoxizitätstest geprüft. 

6 Datenbanken 

Zu den Möglichkeiten, die Durchführung unnötiger 

Tierversuche zu vermeiden, zählten neben der Einfüh- 
rung entsprechender Zweitanmelderregelungen in den 

einschlägigen Rechtsvorschriften (siehe Abschnitt 


XV. 4. 2, 4.4, 4.6 und 4.8) der Ausbau und die verbesserte 
Nutzung vorhandener Datenbanken. Eine besondere 
Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Deutsche 
Institut für Medizinische Dokumenfation und Informa- 
tion (DIMDI) in Köln. Das Institut stellt ein umfangrei- 
ches Angebot an Literatur- und Faktendatenbanken mit 
tierschutzrelevanten Informationen bereit. Dieses Infor- 
mationsangebot steht jedermann im In- und Ausland zur 
Verfügung. 


ZEBET-Datenbank 

Die ZEBET-Datenbank, die voraussichtlich ab 1999 
über DIMDI online in englischer Sprache angeboten 
wird, stellt Informationen über Ersatz- und Ergänzungs- 
methoden und die Möglichkeiten ihrer Anwendung zur 
Verfügung. Es sind Informationen, die beispielsweise 
von Wissenschaftlern, Tierschulzbeauftragten und den 
Vertretern der für die Genehmigung und Anzeige zu- 
ständigen Länderbehörden zur Vorbereitung bzw. Be- 
gutachtung wissenschaftlicher Versuchsvorhaben genutzt 
werden können. 

Die Voraussetzung für den Online-Anschluß der ZEBET- 
Datenbank ist die Bereitstellung wissenschaftlich be- 
werteter Informationen. Das entscheidende Kriterium zur 
Aufnahme einer Methode in die ZEBET-Datenbank ist 
dabei, ob durch die Anwendung der Methode das Leiden 
der Tiere vermindert (Refinement) und die Anzahl der 
Versuchstiere reduziert (Reduction) wird oder Tierver- 
suche ersetzt (Replacement) werden. Darüber hinaus 
wird auch der Entwicklungsstand der jeweiligen Me- 
thode bewertet. Dazu wird zwischen Entwicklung 
(Development), Validierung (Validation) und Anerken- 
nung (Acceptance) einer Methode unterschieden. Um 
Tierversuche entsprechend dem 3R-Konzept von Rüssel 
und Burch (1959) zu reduzieren oder zu ersetzen, ist der 
experimentelle wissenschaftliche Nachweis zu führen, 
daß die neue Methode tatsächlich in der Lage ist, den 
bestehenden Versuch zu ersetzen. Dieses als experimen- 
telle Validierung bezeichnete Verfahren wurde für Al- 
temativmethoden in der Toxikologie entwickelt und 
publiziert. Die ZEBET-Datenbank hat die Kriterien der 
Validierung in der Toxikologie zur Bewertung des Ent- 
wicklungsstandes von Ersatz- und Ergänzungsmethoden 
auch anderer Fachgebiete übernommen. Mit Hilfe dieser 
Bewertung werden den Nutzem der ZEBET-Datenbank 
Informationen über die tatsächlichen Möglichkeiten des 
Einsatzes von Altemativmethoden zu spezifischen Tier- 
versuchen zur Verfügung gestellt. Die Bewertung der 
Methoden für die ZEBET-Datenbank erfolgt durch Wis- 
senschaftler anhand der verfügbaren Publikationen zu 
den Methoden. 

Die Informationen der ZEBET-Datenbank betreffen die 
verschiedensten Fachgebiete, wie zum Beispiel Pharma- 
kologie, Toxikologie, Bakteriologie, Virologie, Parasi- 
tologie, Immunologie, Neurologie, Krebsforschung und 
Tierzucht. Es handelt sich um Ersatz- und Ergänzungs- 
methoden, die in der Forschung, aber auch im Rahmen 
des Gesetzesvollzuges verwandt werden. In der ZEBET- 
Datenbank wird für jede Ersafz- und Ergänzungsmetho- 
de ein Dokument in englischer Sprache verwaltet. Die 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


-87- 


Drucksache 14/600 


Dokumente enthalten in einzelnen Datenfeldern folgende 
Informationen: 

• Bezeichnung der Methode; 

• Schlagwörter zur Methode, die die Methode als Al- 
temativmethode, das entsprechende Anwendungsge- 
biet und das Untersuchungsverfahren beschreiben; 

• Zusammenfassung: Beschreibung des Einsatzgebietes 
der Methode einschließlich wichtiger Informationen 
zum gesetzlichen Rahmen und der bisher angewen- 
deten Untersuchungsmethoden; Beschreibung des 
Prinzips der Methode sowie der Begründung für die 
nachfolgende Bewertung der Methode; 

• Bewertung der Methode: Werden durch die Anwen- 
dung der Methode Tierversuche ersetzt, die Anzahl 
der Versuchstiere reduziert und/oder das Leiden der 
Tiere im Experiment vermindert? Welchen Entwick- 
lungsstand hat eine Methode erreicht? Es wird zwi- 
schen der Entwicklung, Validierung oder Akzeptanz 
einer Methode unterschieden; 

• Vorschriften zur Anwendung von Ersatz- und Ergän- 
zungsmethoden: Ist eine Ersatz- und Ergänzungsme- 
thode bereits akzeptiert und ihre Anwendung durch 
ein Gesetz, eine Verordnung oder Norm vorgeschrie- 
ben, wird diese Vorschrift bei ZEBET dokumentiert; 

• Literatur zur Methode: Zur Anfertigung eines Doku- 
mentes wird die aktuelle wissenschaftliche Literatur 
zur Methode ausgewertet und dokumentiert. 

Die ZEBET-Datenbank enthält Unterlagen zu ca. 300 
Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen in 
der experimentellen Biomedizin. 

Für ca. 100 Methoden liegen vollständig bearbeitete 
Dokumente vor. Die Bearbeitung der restlichen Metho- 
den ist noch nicht abgeschlossen. Teilweise ließ die 
Bewertung der Unterlagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt 
die Einschätzung der Methode als Altemativmethode im 
Sinne der 3R nicht zu. Diese bewertende Arbeit muß 
kontinuierlich weitergeführt werden. 

ZEBET ist beratend tätig für die Informationsprojekte 
von ECVAM und des Johns Hopkins Center for Alter- 
natives to Animal Testing (CAAT, USA). 

Das wissenschaftliche Informationssystem 
von ECVAM 

Das ECVAM-Scientific Information System (SIS) wird 
zukünftig über Internet folgende Datenbanken anbieten: 

- Datenbank für internationale Validierungsstudien zu 
Altemativmethoden, 

- Datenbank für Altemativmethoden, 

- Protokolle über toxikologische /«-vitro-Methoden 
(INVITTOX-Datenbank), 

- Datenbanken über wissenschaftliche Institutionen, 
Literatur, chemische Stoffe, Workshops u. a. 


Die Datenbank für Validierangs Studien hat die Aufgabe, 
internationale Validiemngsstudien zu unterstützen, die 
von ECVAM koordiniert werden. Es sollen die zur Vali- 
diemng erforderlichen Informationen und Daten doku- 
mentiert werden und den Teilnehmern von Validierungs- 
studien Möglichkeiten der Kommunikation eingerichtet 
werden. Die INVITTOX Datenbank, die von FRAME 
und der European Group for Alternatives in Toxicity 
Testing (ERGATT) aufgebaut wurde, wird von ECVAM 
in Zusammenarbeit mit FRAME und ERGATT weiter- 
geführt. 

AltWeh Site des Johns Hopkins Center 
for Alternatives to Animal Testing (CAAT) 

Johns Hopkins University, USA 

Seit 1997 bietet das US-amerikanische Zentrum für 
Altemativmethoden (CAAT) auf seiner Web Site Infor- 
mationen zum Thema Altemativmethoden über Internet 
an. Es handelt sich dabei um Informationen über rele- 
vante Publikationen, aktuelle Entwicklungen des Tier- 
schutzgesetzes, Meetings, Preise, wichtige Datenbanken 
oder andere Web Sites. Gleichzeitig ist die Web Site ein 
Diskussionsfomm für Wissenschaftler in den USA. 
AltWeb richtet sich vor allem an Wissenschaftler, die 
experimentell an Universitäten oder in Forschungsein- 
richtungen der Industrie tätig sind. Zu seinen Nutzem 
zählen aber auch Tierschutzorganisationen, Lehrer, Stu- 
denten und Privatpersonen. 

AltWeb bemüht sich sehr intensiv um eine Zusammen- 
arbeit mit ECVAM und ZEBET. 

Spezielle Datenhanken zur Vermeidung 
von Doppel- und Wiederholungsversuchen 

In der Vergangenheit wurde immer wieder gefordert, 
eine spezielle Datenbank zur Vermeidung von Doppel- 
und Wiederholungs versuchen einzurichten. Hierzu soll- 
ten Daten über alle den zuständigen Behörden angezeig- 
ten oder von diesen genehmigten Versuchsvorhaben 
bundesweit erfaßt werden. Eine solche Zusammenstel- 
lung kann allerdings nur dann zum Ziel führen, wenn die 
Daten über die einzelnen Versuchsvorhaben sehr detail- 
liert erfaßt und darüber hinaus kontinuierlich aktualisiert 
werden. In intensiven Beratungen ist man zu der Auffas- 
sung gelangt, daß der zu erwartende Erfolg unverhält- 
nismäßig ist, da hiermit - gemessen an der Gesamtzahl 
der Tierversuche - Einspareffekte nur in äußerst gerin- 
gem Umfang erzielt werden können. Rechtliche Proble- 
me ergäben sich zudem aus der Tatsache, daß in solch 
einer Datenbank Versuchsergebnisse mit dem Zweck der 
Weitergabe an Dritte gespeichert werden müßten. Hier- 
mit wäre eine weitgehende Entwertung des Patentschut- 
zes für Erfindungen verbunden, denen Tierversuche 
zugrunde liegen. Da sich wissenschaftliche Forschung 
zudem in infemationalem Rahmen abspielt, ist das Kon- 
zept einer Erfassung nationaler Daten nicht mehr zeit- 
gemäß. Dies belegen auch die obigen Ausführungen zu 
Dafenbanken über Ersatz- und Ergänzungsmethoden. 




Drucksache 14/600 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


XVI. Eingriffe und Behandiungen an Tieren im Rahmen 
der Aus-, Fort- oder Weiterbiidung 


Im Europäischen Übereinkommen vom 18. März 1986 
zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaft- 
liche Zwecke verwendeten Wirbeltiere werden auch 
Regelungen über Eingriffe und Behandlungen an Tieren 
im Rahmen der Lehre und Ausbildung getroffen. 

Da die EG auf dem Gebiet der Ausbildung nicht über 
Rechtsetzungskompetenzen verfügt, enthält die Richt- 
linie 86/609/EWG keine Regelungen hierzu. Um je- 
doch auch in diesem Bereich eine gewisse Harmonisie- 
rung innerhalb der EU zu erreichen, haben sich die im 
Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mit- 
gliedstaaten in der Entschließung 86/C 331/01 vom 
24. November 1986 (ABI. EG Nr. C 331 S. 1) ver- 
pflichtet, die Anforderungen auch für diesen Bereich 
den sonstigen Bestimmungen der Richtlinie anzupas- 
sen. Für die Lehre und Ausbildung sollen hiernach 
Eingriffe und Behandlungen an Tieren grundsätzlich 
nur an Hochschulen und anderen Einrichtungen glei- 
cher Stufe zulässig sein. 

Das Tierschutzgesetz unterscheidet definitionsmäßig 
zwischen Tierversuchen und Eingriffen und Behandlun- 
gen an Tieren, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden 
verbunden sind und die im Rahmen der Aus-, Fort- oder 
Weiterbildung durchgeführt werden. Zweck der Eingrif- 
fe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Aus-, 
Fort- oder Weiterbildung ist die Demonstration eines 
bekannten Effekts bzw. das Erlernen bestimmter Techni- 
ken für Eingriffe und Behandlungen, während beim 
Tierversuch in der Regel eine offene wissenschaftliche 
Frage bearbeitet wird. 

Diese Eingriffe und Behandlungen dürfen nur vorge- 
nommen werden, soweit ihr Zweck nicht auf andere 
Weise erreicht werden kann; sie müssen vor Aufnahme 
in das Lehrprogramm der zuständigen Behörde angezeigt 
werden (§ 10 des Tierschutzgesetzes). 

Zu der Frage, inwieweit sich die Bestimmungen des § 10 
des Tierschutzgesetzes nur auf Maßnahmen an lebenden 
Tieren beziehen, hat sich das Bundesverwaltungsgericht 
in einem Urteil vom 18. Juni 1997 geäußert (BVerwGE 
105, 73, 82; vgl. dazu auch Seite 15). Nach Auffassung 
dieses Gerichts ist die Tötung eines Tieres der mit dem 
schwersten Schaden verbundene Eingriff Wenn die 
Tiere allein zu dem Zweck getötet würden, sie später zu 
Versuchszwecken in den zoologischen Praktika zu ver- 
wenden, so sei die Tötung ein „Eingriff zur Aus-, Fort- 
und Weiterbildung“. Diese Auslegung steht allerdings 
im Widerspruch zu der bisherigen Rechtsanwendung. 
Hierbei wurde davon ausgegangen, daß sich die Be- 


stimmungen des § 10 des Tierschutzgesetzes nur auf 
lebende Tiere beziehen und somit für Tiertötungen, die 
der Gewinnung von Demonstrationsmaterial für Lehr- 
zwecke dienen, allein § 1 des Tierschutzgesetzes (Vor- 
liegen eines vernünftigen Grundes) in Verbindung mit 
§ 4 maßgeblich ist. 

Die tierschutzrechtlichen Regelungen über die Verwen- 
dung von Tieren zu Ausbildungszwecken waren bereits 
mehrfach Gegenstand von Gerichtsverfahren, in denen 
verfassungsrechtliche Fragen im Mittelpunkt standen. 
Zum einen betreffen die Entscheidungen die Frage, ob 
die zuständige Behörde nach einer Anzeige gemäß § 10 
des Tierschutzgesetzes die Durchführung der betreffen- 
den Lehrveranstaltung mit der Begründung versagen 
darf, der Zweck sei auch durch andere Lehrmethoden zu 
erreichen. In diesen Fällen geht es um das Spannungs- 
verhältnis zwischen der durch Artikel 5 des Grundgeset- 
zes geschützten Freiheit der Lehre und den Belangen des 
Tierschutzes. Zum anderen hatten die Gerichte schon bei 
Interessenkollisionen zwischen der Freiheit der Lehre 
einerseits und der ebenfalls verfassungsrechtlich garan- 
tierten Gewissensfreiheit zu entscheiden. Auf dieses 
Grundrecht berufen sich Studenten, die sich aus Gewis- 
sensgründen weigern, an Praktika teilzunehmen, für 
deren Durchführung Eingriffe oder Behandlungen an 
Tieren notwendig sind. 

Während bei der direkten Kollision zwischen der Lehr- 
freiheit und dem Tierschutz dem vorbehaltlos gewährten 
Grundrecht des Artikel 5 Abs. 3 GG Vorrang eingeräumt 
wird, wird in den Fällen, in denen das Tierschutzanlie- 
gen zur grundrechtlich geschützten Gewissensentschei- 
dung erhoben wird, eine Abwägung im Einzelfall vorge- 
nommen. Diese Abwägung kann zur Verpflichtung des 
Lehrenden führen, alternative Lehrmethoden anzubieten, 
um die Gewissensentscheidung des Studierenden gegen 
die Verwendung von Tieren als Lehrobjekte zu schützen. 
Allerdings wurden vom Bundesverwaltungsgericht 
(BVerwGE 105, 73 ff) hohe Anforderungen an den 
Nachweis gestellt, daß tatsächlich alternative Lehrme- 
thoden zu Verfügung stehen und diese ebenso geeignet 
zum Erreichen des Lehrziels sind wie die vorgesehenen 
Eingriffe und Behandlungen an Tieren. Dieser Nachweis 
ist vom Studierenden zu führen, der sich auf seine Ge- 
wissensentscheidung beruft. 

Zu dem Spannungsverhältnis zwischen der Wissen- 
schaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 GG und 
dem Tierschutz wird auch auf die Ausführungen in Ab- 
schnitt II.4 dieses Berichtes verwiesen. 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


-89- 


Drucksache 14/600 


Anhang 1 

Strafverfolgnngsstatistik 1987 bis 1996 

Abgeurteilte und Verurteilte wegen Straftat nach dem Tierschutzgesetz, 
aufgegliedert nach Altersgruppen und Art der Entscheidung 



Abgeurteilte*) 

Verurteilte 

Personen mit anderen Entscheidungen 








Heranwachsende 


Nach allgemei- 
nem Strafrecht 

Nach Jugendstrafrecht 

Jahr 

Insge- 

Ju- 

gend- 

liche 

Heran- 

wach- 

sende 

Er- 

wach- 

Insge- 

Ju- 

gend- 

liche 


Verurteilt nach 

Er- 

wach- 

sene 

Einstei- 

lung 

des 

Verfah- 

rens 

ohne 


Ent- 

schei- 

dung 

ausge- 

setzt 

nach 

Einstellung 
des Verfahrens 



samt 

(14 bis 
unter 
18) 

(18 bis 
unter 
21) 

sene 
(21 und 
älter) 

samt 

Zusam- 

men 

Allge- 

meinem 

Ju- 

gend 

Frei- 

spruch 

Insge- 

Davon 

nach 

Frei- 

spruch 











samt 

§47 

JGG 










Strafrecht 


Maß- 

regeln 


§27 

JGG 


1987 

männlich 

568 

16 

25 

527 

372 

10 

13 

7 

6 

349 

140 

44 

0 

11 

11 

1 

weiblich 

71 

0 

7 

64 

50 

0 

4 

3 

1 

46 

16 

3 

0 

2 

0 

0 

insgesamt 

639 

16 

32 

591 

422 

10 

17 

10 

7 

395 

156 

47 

0 

13 

11 

1 

1988 

männlich 

507 

20 

19 

468 

321 

10 

16 

9 

7 

295 

126 

47 

1 

11 

11 

1 

weiblich 

68 

0 

6 

62 

39 

0 

5 

3 

2 

34 

22 

6 

0 

1 

1 

0 

insgesamt 

575 

20 

25 

530 

360 

10 

21 

12 

9 

329 

148 

53 

1 

12 

12 

1 

1989 

männlich 

537 

35 

10 

492 

334 

6 

10 

5 

5 

318 

139 

40 

0 

23 

20 

1 

weiblich 

94 

6 

0 

88 

57 

0 

2 

0 

2 

55 

29 

3 

0 

3 

3 

1 

insgesamt 

631 

41 

10 

580 

391 

6 

12 

5 

7 

373 

168 

43 

0 

26 

23 

2 

1990 

männlich 

526 

28 

7 

491 

329 

11 

12 

5 

7 

306 

141 

46 

0 

7 

6 

3 

weiblich 

98 

4 

7 

87 

68 

0 

5 

4 

1 

63 

17 

10 

0 

3 

3 

0 

insgesamt 

624 

32 

14 

578 

397 

11 

17 

9 

8 

369 

158 

56 

0 

10 

9 

3 

1991 

männlich 

496 

12 

18 

466 

326 

10 

8 

4 

4 

308 

121 

42 

1 

5 

4 

1 

weiblich 

75 

0 

4 

71 

51 

0 

2 

0 

2 

49 

19 

3 

0 

2 

1 

0 

insgesamt 

571 

12 

22 

537 

377 

10 

10 

4 

6 

357 

140 

45 

1 

7 

5 

1 

1992 

männlich 

555 

16 

14 

525 

351 

10 

7 

1 

6 

334 

158 

37 

0 

10 

8 

1 

weiblich 

76 

4 

6 

66 

52 

3 

3 

3 

0 

46 

15 

5 

0 

2 

2 

0 

insgesamt 

631 

20 

20 

591 

403 

13 

10 

4 

6 

380 

173 

42 

0 

12 

10 

1 

1993 

männlich 

506 

14 

10 

482 

346 

8 

5 

2 

3 

333 

115 

38 

0 

9 

7 

0 

weiblich 

82 

0 

1 

81 

56 

0 

0 

0 

0 

56 

21 

2 

0 

1 

0 

0 

insgesamt 

588 

14 

11 

563 

402 

8 

5 

2 

3 

389 

136 

40 

0 

10 

7 

0 

1994 

männlich 

515 

20 

12 

483 

327 

6 

7 

6 

1 

314 

129 

42 

0 

12 

11 

6 

weiblich 

96 

3 

6 

87 

62 

2 

4 

3 

1 

56 

19 

7 

0 

2 

1 

0 

insgesamt 

611 

23 

18 

570 

389 

8 

11 

9 

2 

370 

148 

55 

0 

14 

12 

6 

1995 

männlich 

482 

22 

11 

459 

343 

11 

8 

8 

2 

324 

107 

28 

0 

11 

11 

2 

weiblich 

76 

0 

7 

80 

61 

0 

3 

0 

0 

56 

20 

3 

0 

2 

1 

0 

insgesamt 

577 

22 

18 

539 

404 

11 

11 

8 

2 

382 

127 

31 

0 

13 

12 

2 

1996 

männlich 

475 

19 

9 

447 

342 

13 

6 

4 

2 

323 

84 

31 

1 

6 

6 

2 

weiblich 

70 

1 

3 

66 

49 

0 

2 

1 

1 

47 

35 

1 

0 

1 

1 

0 

insgesamt 

545 

20 

12 

513 

391 

13 

8 

5 

3 

370 

119 

32 

1 

7 

7 

2 


*) Angeklagte, gegen die Strafbefehle erlassen wurden bzw. Strafverfahren nach Einleitung des Hauptverfahrens durch Urteil oder Einstellungs- 
beschluß rechtskräftig abgeschlossen worden sind. 

1989 wurde in einem Fall „von Strafe abgesehen“. 

Quelle: Statistisches Bundesamt 

Strafverfolgung 1987, 1988, 1989, 1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996 
Arbeitsunterlage, Wiesbaden, 1989, 1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996 und 1997 





Drucksache 14/600 


-90- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anhang 2 

Bestimmungen über Tierversuche für das Inverkehrbringen von Stoffen und Produkten 


1. Organisation für wirtschaftliche Znsammenarheit 
nnd Entwicklnng (OECD) 

OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP) 

- in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 
1983 (BAnz. Nr. 42 a vom 2. März 1983) 

- Anhang 1 des Gesetzes zum Schutz vor gefährlichen 
Stoffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 
25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1703) 

- Allgemeine Verwaltungs Vorschrift zum Verfahren der 
behördlichen Überwachung der Einhaltung der 
Grundsätze der Guten Laborpraxis (ChemVwV-GLP) 
vom 29. Oktober 1990 (BAnz. Nr. 204 a vom 31. 
Oktober 1990) 

OECD-Richtlinie für die Testung chemischer Stoffe 

- in der Fassung von 1981, 1987, 1990 


2. Europarat 

Europäisches Arzneibuch 

Übereinkommen über die Ausarbeitung eines Europäi- 
schen Arzneibuches vom 22. Juli 1964, revidiert durch 
das Protokoll vom 16. November 1993 (BGBl. 1993 II 
S. 15), dem die Bundesrepublik Deutschland beigetreten 
ist (Gesetz vom 4. Juli 1973 (BGBl. 1973 II S. 701)) 


3. Rechtsvorschriften der Europäischen 
Gemeinschaften, die direkt oder indirekt 
Tierversuche vorschreihen (Die Genehmigungs- 
pflicht dieser Tierversuche entfällt nur dann, 
wenn die Voraussetzungen des § 8 Ahs. 7 des 
Tierschutzgesetzes erfüllt sind) 


Richtlinien gegliedert nach Sach- Art des Vor- 
bereichen Schreibens: 

3.1 Handelsverkehr mit Rindern direkt 

und Schweinen 

Richtlinie 64/432/EWG des Rates 
vom 26. Juni 1964 zur Regelung 
viehseuchenrechtlicher Fragen 
beim innergemeinschaftlichen Han- 
delsverkehr mit Rindern und 
Schweinen (ABI. EG Nr. L 121 
S. 1977), zuletzt geändert durch 
Richtlinie 98/46/EG des Rates 
vom 24. Juni 1998 


3.2 Erzeugnisse fiir die Tierernährung 

Richtlinie 82/471/EWG des Rates 
vom 30. Juni 1982 über bestimmte 
Erzeugnisse in der Tieremährung 
(ABI. EG Nr. 213 S. 8), zuletzt 
geändert durch Richtlinie 96/25/EG 
des Rates vom 23. April 1996, 
in Verbindung mit 

Richtlinie 83/228/EWG des Rates direkt 
vom 18. April 1983 über Leitlinien 
zur Beurteilung bestimmter 
Erzeugnisse für die Tieremährung 
(ABI. EG Nr. L 126 S. 23) 

Richtlinie 70/524/EWG des Rates 
vom 23. November 1970 über 
Zusatzstoffe in der Tieremähmng 
(ABI. EG Nr. L 270 S. 1), zuletzt 
geändert durch die Richtlinie 96/51/EG 
des Rates vom 23. Juli 1996 (ABI. EG 
Nr. L 235 S. 39) in Verbindung mit 

Richtlinie 87/153/EWG des Rates direkt 
vom 16. Febmar 1987 zur Festlegung 
von Leitlinien zur Beurteilung von 
Zusatzstoffen in der Tieremähmng 
(ABI. EG Nr. L 64 S. 19), zuletzt 
geändert durch die Richtlinie 95/11/EG 
der Kommission vom 4. Mai 1995 
(ABI. EG Nr. L 106 S. 23) 


3.3 Tierarzneimittel 

Richtlinie 81/85 1/EWG des Rates indirekt in den 
vom 28. September 1981 zur Sicherheitshin- 

Angleichung der Rechtsvorschriften weisen 
der Mitgliedstaaten über Tierarznei- 
mittel (ABI. EG Nr. L 317 S. 1), 
zuletzt geändert durch die Richtlinie 
93/40/EWG des Rates vom 14. Juni 
1990 (ABI. EG Nr. L 373 S. 15) 

Richtlinie 81/852/EWG des Rates direkt 

vom 28. September 1981 über die 
analytischen, toxikologisch- 
pharmakologischen und tierärztlichen 
oder klinischen Vorschriften und 
Nachweise über Tierversuche mit 
Tierarzneimitteln (ABI. EG Nr. L 317 
S. 16), zuletzt geändert durch 
Richtlinie 93/40/EWG des Rates vom 
14. Juni 1993, zuvor geändert durch 

- Richtlinie 87/20/EWG des Rates direkt 
vom 22. Dezember 1986 
(ABI. EG 1987 Nr. L 15 S. 34) 




Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


- Richtlinie 92/1 8/EWG der 
Kommission vom 20. März 1992 
(ABI. EG 1992 Nr. L 97 S. 1) 

3.4 Arzneispezialitäten 

Richtlinie 65/65/EWG des Rates 
vom 26. Januar 1965 zur Angleichung 
der Rechts- und Verwaltungs- 
vorschriften über Arzneispezialitäten 
(ABI. EG Nr. 22 S. 369) 

und 

- Änderungsrichtlinie 83/570/EWG 
des Rates vom 26. Oktober 1983 
(ABI. EG Nr. L 332 S. 1) 

zuletzt geändert durch 

- Richtlinie 87/21/EWG des Rates 
vom 22. Dezember 1986 

(ABI. EG 1987 Nr. L 15 S. 36) 

Richtlinie 75/318/EWG des Rates 
vom 20. Mai 1975 zur Angleichung 
der Rechts- und Verwaltungs- 
vorschriften der Mitgliedstaaten über 
die analytischen, toxikologisch- 
pharmakologischen und ärztlichen 
oder klinischen Vorschriften und 
Nachweise über Versuche mit Arznei- 
mittelspezialitäten (ABI. EG Nr. L 147 
S. 1), zuletzt geändert durch Richtlinie 
93/39/EWG des Rates vom 
14. Juli 1993, zuvor geändert durch 

- Richtlinie 83/570/EWG des Rates 
vom 26. Oktober 1983 

(ABI. EG Nr. L 332 S. 1) 

- Richtlinie 87/19/EWG des Rates 
vom 22. Dezember 1986 

(ABI. EG 1987 Nr. L 15 S. 31) 

- Richtlinie 91/507/EWG der 
Kommission vom 19. Juli 1991 
(ABI. EG Nr. L 270 S. 32) 

Empfehlung 83/571/EWG des Rates 
vom 26. Oktober 1983 zu den 
Versuchen mit Arzneispezialitäten 
im Hinblick auf deren Inverkehrbrin- 
gen (ABI. EG Nr. L 332 S. 11) 

Empfehlung 87/176/EWG des Rates 
vom 9. Februar 1987 zu den Versu- 
chen mit Arzneimittelspezialitäten im 
Hinblick auf deren Inverkehrbringen 
(ABI. EG Nr. L 73 S. I) 

3.5 Einstufung, Verpackung und 
Kennzeichnung gefährlicher Stoffe 

Richtlinie 67/548/EWG des Rates 
vom 27. Juni 1967 zur Angleichung 
der Rechts- und Verwaltungs- 
vorschriften für die Einstufung, 
Verpackung und Kennzeichnung 
gefährlicher Stoffe 


direkt 


indirekt 


(ABI. EG Nr. L 196 S. 1), zuletzt 
geändert durch Richtlinie 98/98/EG 
der Kommission vom 15. Dezember 
1998, zuvor geändert durch 

- Änderungsrichtlinie 79/831/EWG direkt 
des Rates vom 18. September 1979 
(ABI. EG Nr. L 259 S. 10), geändert 
durch Richtlinie 88/302/EWG der 
Kommission vom 18. November 
1987 (ABI. EG 1988 Nr. L 133 S. 1) 


direkt 


indirekt in den 
Sicherheitshin- 
weisen 
indirekt 


3. 6 Einstufung, Verpackung und 
Kennzeichnung gefährlicher 
Zubereitungen 

Richtlinie 78/63 1/EWG des Rates direkt 
vom 26. Juni 1978 zur Angleichung 
der Rechtsvorschriften der Mitglied- 
staaten für die Einstufung, Verpackung 
und Kennzeichnung gefährlicher 
Zubereitungen (Schädlingsbekämp- 
fungsmittel) (ABI. EG Nr. L 206 S. 13) 
zuletzt geändert durch 
Richtlinie 92/32/EWG des Rates 
vom 30. April 1992 


direkt 


direkt 


3 . 7 Lebensmittelzusatzstoffe 

Beschluß der EG-Kommission von indirekt 
1989: „Vorlage eines Antrages auf 
Sicherheitsbewertung von Lebens- 
mittelzusatzstoffen im Hinblick auf 
ihre Genehmigung“ 

(EG-Katalog Nr. CB-57-89-370-C; 

ISBN-92 826 0135-8) 


indirekt 


direkt 


direkt 


indirekt in den 
Einstufungs- 
und Kenn- 
zeichnungsvor- 
schriflen 


3.8 Kosmetische Mittel 


Richtlinie 76/768/EWG des Rates indirekt 
vom 27. Juli 1976 zur Angleichung 
der Rechtsvorschriften der Mitglied- 
staaten über kosmetische Mittel 
(ABI. EG Nr. L 262 S. 169), zuletzt 
geändert durch Richtlinie 98/62/EG 
der Kommission 
vom 3. September 1998 


Beschluß 78/45/EWG der 
Kommission vom 19. Dezem- 
ber 1977 zur Einsetzung des wissen- 
schaftlichen Ausschusses 
für Kosmetologie 
(ABI. EG 1978 Nr. L 13 S. 24) 


indirekt 

direkt in den 
Leitlinien’) 
des wiss. Aus- 
schusses für 
Kosmetologie 


') Berichte des Wissenschaftlichen Ausschusses für Kosmetologie 
(Dritte Serie) „Notes of Guidance for the Toxicity Testing of Cos- 
metic Ingredients“ (Leitlinien für Toxizitäts versuche bei kosme- 
tischen Bestandteilen) veröffentlicht in EEC-Environment and Qua- 
lity of Life (1983) (EWG - Umwelt und Lebensqualität). 





Drucksache 14/600 


-92- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


3.9 Medizinprodukte 

Richtlinie des Rates 90/385/EWG indirekt 
vom 20. Juni 1990 über aktive 
implantierbare medizinische Geräte 
(ABI. EG Nr. L 189 S. 17) 

Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom indirekt 
14. Juni 1993 über Medizinprodukte 
(ABI. EG Nr. L 169 S. 1) 

3.10 Pflanzenschutzmittel 

Richtlinie 91/414/EWG des Rates direkt in den 
vom 15. Juli 1991 über das Inverkehr- Anhängen 
bringen von Pflanzenschutzmitteln 
(ABI. EG Nr. L 230 S. 1), 

zuletzt geändert durch 

Richtlinie 96/46/EG der Kommission 

vom 16. Juli 1996 

(ABI. EG Nr. L 214 S. 18) 

3.11 Produkte, die gentechnisch 
veränderte Organismen sind 
oder enthalten 

Richtlinie 90/220/EWG des Rates indirekt 
vom 23. April 1990 über die absicht- 
liche Freisetzung genetisch veränderter 
Organismen in die Umwelt 
(ABI. EG 1990 Nr. L 117 S. 15) 


4. Bundesrepublik Deutschland 

4. 1 Bundesrechtliche Vorschriften, die Tierversuche 
ausdrücklich vorschreiben: 

- Abwasserabgabengesetz in der Fassung der Be- 
kanntmachung vom 3. November 1994 (BGBl. I 
S. 3370), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes 
vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2455); 

- Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwen- 
dung der Arzneimitte Iprüffichtlinien vom 5. Mai 
1995 (BAnz. Nr. 96 a vom 20. Mai 1995); 

- Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen 
(Gefahrstoffverordnung) vom 26. Oktober 1993 
(BGBl. I S. 1783), zuletzt geändert durch Arti- 
kel 2 der Verordnung vom 27. Januar 1999 
(BGBl. I S. 50); 

- Verordnung über Pflanzenschutzmittel und 
Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelver- 
ordnung) in der Fassung der Bekanntmachung 
vom 17. August 1998 (BGBl. I S. 2161); 

- Verordnung über Prüfnachweise und sonstige 
Anmelde- und Mitteilungsunterlagen nach dem 
Chemikaliengesetz (Prüfnachweisverordnung) 
vom 1. August 1994 (BGBl. I S. 1877). 


4.2 Bundesgesetze, die Tierversuche zwar nicht 
ausdrücklich vorschreiben, aber Vorschriften 
oder Ermächtigungen zum Erlaß von Rechts- 
oder Verwaltungsvorschriften enthalten, 
die nach dem heutigen Stand der Wissenschaft 
zu Tierversuchen führen 

- Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586); 

- Bundes-Seuchengesetz in der Fassung der Be- 
kanntmachung vom 18. Dezember 1979 (BGBl. I 
S. 2262; 1980 I S. 151), zuletzt geändert durch 
Artikel 17 des Gesetzes vom 24. März 1997 
(BGBl. I S. 594); 

- Futtermittelgesetz in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1850); 

- Gesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für 
Sera und Impfstoffe vom 7. Juli 1972 (BGBl. I 
S. 1163), zulefzt geändert gemäß Artikel 4 der Ver- 
ordnung vom 26. Februar 1993 (BGBl. I S. 278); 

- Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen 
(Chemikaliengesetz) in der Fassung der Be- 
kanntmachung vom 25. Juli 1994 (BGBl. I 
S. 1703), zuletzt geändert durch Artikel 2 des 
Gesetzes vom 14. Mai 1998 (BGBl. I S. 950); 

- Gesetz zur Regelung der Gentechnik in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 

1993 (BGBl. I S. 2066), geändert durch Artikel 4 
der Verordnung vom 21. September 1997 (BGBl. I 
S. 2390); 

- Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz in 
der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Sep- 
tember 1997 (BGBl. I S. 2296), zuletzt geändert 
durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25. Februar 
1998 (BGBl. I S. 374); 

- Gesetz über Medizinprodukte vom 2. August 

1994 (BGBl. I S. 1963), zuletzt geändert durch 
Artikel 1 des Gesetzes vom 6. August 1998 
(BGBl. I S. 2005); 

- Gesetz über die Neuordnung zentraler Einrich- 
tungen des Gesundheitswesens - Gesundheitsein- 
richtungen-Neuordnungs-Gesetz (GNG) vom 
24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1416); 

- Pflanzenschutzgesetz in der Fassung der Bekannt- 
machung vom 14. Mai 1998 (BGBl. I S. 971); 

- Tierseuchengesetz in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 20. Dezember 1995 (BGBl. I S. 2038), 
zuletzt geändert durch Artikel 2 § 24 des Gesetzes 
vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224); 

- Wasch- und Reinigungsmittelgesetz in der Fassung 
der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I 
S. 875), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Ge- 
setzes vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1440); 

- Wasserhaushaltsgesetz in der Fassung der Be- 
kanntmachung vom 12. November 1996 (BGBl. I 
S. 1695), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Ge- 
setzes vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2455). 





Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Anhang 3 


Übersicht über die Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Tierschutzes 


1. Europarat 

1. 1 Vertmgsgesetze 

- Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 13. Dezember 1968 über den Schutz von Tie- 
ren beim internationalen Transport vom 12. Juli 
1973 (BGBl. 1973 IIS. 721); 

- Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in 
landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 25. Ja- 
nuar 1978 (BGBl. 1978 II S. 113); 

- Gesetz zu dem Zusatzprotokoll vom 10. Mai 1979 
zum Europäischen Übereinkommen über den 
Schutz von Tieren beim internationalen Transport 
vom 28. August 1980 (BGBl. 1980 II S. 1153); 

- Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlacht- 
tieren vom 9. Dezember 1983 (BGBl. 1983 II 
S. 770); 

- Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche 
und andere wissenschaftliche Zwecke verwende- 
ten Wirbeltiere vom 11. Dezember 1990 (BGBl. 
1990 IIS. 1486); 

- Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen 
vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtie- 
ren vom 1. Februar 1991 (BGBl. 1991 II S. 402); 

- Gesetz zum Änderungsprotokoll vom 6. Februar 
1992 zu dem Europäischen Übereinkommen zum 
Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tier- 
haltungen vom 23. August 1994 (BGBl. 1994 II 
S. 1350). 

1.2 Empfehlungen 

Beim Europarat wurden auf der Grundlage der unter 

1.1 genannten Europäischen Übereinkommen völ- 
kerrechtlich verbindliche Empfehlungen 

- für das Halten von Hühnern, Schweinen, Rindern, 
Pelztieren, Schafen und Ziegen, 

- für den Transport von Pferden, Schweinen, Rin- 
dern, Schafen, Ziegen und Geflügel sowie 

- für die Betäubung von Schlachttieren 

erarbeitet. 


2. Europäische Union 

2. 1 Verordnungen und Richtlinien 

- Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. No- 
vember 1986 zur Annäherung der Rechts- und 
Verwaltungsvorschriflen der Mitgliedstaaten zum 
Schutz der für Versuche und andere wissen- 
schaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABI. EG 
Nr. L 358 S. 1) 


- Richtlinie 88/166/EWG des Rates vom 7. März 
1988 betreffend das Urteil des Gerichtshofes in der 
Rechtssache 131/86 (Nichtigerklärung der Richt- 
linie 86/113/EWG des Rates vom 25. März 1986 
zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum 
Schutz von Legehennen in Käfigbatteriehaltung) 
(ABI. EG Nr. L 74 S. 83) 

- Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. No- 
vember 1991 über den Schutz von Tieren beim 
Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/ 
425/EWG und 91/496/EWG (ABI. EG Nr. L 340 
S. 17), geändert durch Richtlinie 95/29/EG des 
Rates vom 29. Juni 1995 zur Änderung der Richt- 
linie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren 
beim Transport (ABI. EG Nr. L 148 S. 52) 

- Verordnung (EG) Nr. 1255/97 des Rates vom 
25. Juni 1997 zur Festlegung gemeinschaftlicher 
Anforderungen für Aufenthaltsorte und zur Anpas- 
sung des im Anhang der Richtlinie 91/628/EWG 
vorgesehenen Transportplans (ABI. EG Nr. L 174 
S. 1) 

- Richtlinie 91/629/EWG des Rates vom 19. No- 
vember 1991 über Mindestanforderungen für 
den Schufz von Kälbern (ABI. EG Nr. L 340 
S. 28), geändert durch Richtlinie 97/2/EG des 
Rates vom 20. Januar 1997 zur Änderung der 
Richtlinie 91/629/EWG über Mindestanforde- 
rungen für den Schutz von Kälbern (ABI. EG 
Nr. L 25 S. 24) sowie 97/182/EG: Entscheidung 
der Kommission vom 24. Februar 1997 (ABI. EG 
Nr. L 76 S. 30) 

- Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. No- 
vember 1991 über Mindestanforderungen für den 
Schufz von Schweinen (ABI. EG Nr. L 340 S. 33) 

- Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 

4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in 
der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und 
Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, 
die Tellereisen oder den internationalen humanen 
Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden 
anwenden (ABI. EG Nr. L 308 S. 1) 

- Richtlinie 93/1 19/EG des Rates vom 22. Dezember 
1993 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt 
der Schlachtung oder Tötung (ABI. EG Nr. L 340 

5. 21) 

- Verordnung (EG) Nr. 411/98 des Rates vom 16. Fe- 
bruar 1998 mit zusätzlichen Tierschutzvorschriften 
für Straßenfahrzeuge zur Beförderung von Tieren 
während mehr als acht Stunden (ABI. Nr. L 52 S. 8) 

- Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 
über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere 
(ABI. EG Nr. L 221 S. 23) 




Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


2.2 Vorschriften in Vorbereitung 

In Vorbereitung befinden sich insbesondere weitere 
tierschutzrechtliche Vorschriften für die Haltung 
landwirtschaftlicher Nutztiere. 


3. Bundesrepublik Deutschland 

3.1 Gesetze 

Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tie- 
res im bürgerlichen Recht vom 20. August 1990 
(BGBl. I S. 1762); 

Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntma- 
chung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818) 

3.2 Rechtsverordnungen und sonstige Vorschriften 

- Verordnung über das Halten von Hunden im 
Freien vom 6. Juni 1974 (BGBl. I S. 1265), geän- 
dert durch Artikel 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 
12. August 1986 (BGBl. I S. 1309); 

- Verordnung über die Tierschutzkommission beim 
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft 
und Forsten (Tierschutzkommissions- Verord- 
nung) vom 23. Juni 1987 (BGBl. I S. 1557); 

- Verordnung zum Schutz von Legehennen bei 
Käfighaltung (Hennenhaltungsverordnung) vom 
10. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2622); 


- Verordnung über Aufzeichnungen über Versuchs- 
tiere und deren Kennzeichnung vom 20. Mai 1988 
(BGBl. I S. 639); 

- Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchfüh- 
rung des Tierschutzgesetzes vom 28. Juli 1987, 
abgelöst durch die Allgemeine Verwaltungs Vor- 
schrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes 
vom 1. Juli 1988 (BAnz. Nr. 139 a vom 29. Juli 
1988); 

- Verordnung über die Meldung von in Tierversu- 
chen verwendeten Wirbeltieren (Versuchstier- 
meldeverordnung) vom 1. August 1988 (BGBl. I 
S. 1213); 

- Verordnung zum Schutz von Kälbern bei Stall- 
haltung (Kälberhaltungsverordnung) vom 1. De- 
zember 1992 (BGBl. I S. 1977); 

- Verordnung zum Schutz von Schweinen bei 
Stallhaltung (Schweinehaltungsverordnung) in 
der Fassung vom 18. Februar 1994 (BGBl. I 
S. 312), geändert durch die zweite Verordnung 
zur Änderung der Schweinehaltungsverordnung 
vom 2. August 1995 (BGBl. I S. 1016); 

- Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport 
(Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV)) vom 
25. Februar 1997; 

- Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusam- 
menhang mit der Schlachtung oder Tötung (Tier- 
schutz-Schlachtverordnung) vom 3. März 1997 
(BGBl. I S. 405) 





Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


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Drucksache 14/600 


Anhang 4 


Im Auftrag des BML erarbeitete Gutachten und Leitlinien 


1. Gutachten 

Gutachten tierschutzgerechte Haltung von Damwild in 
Gehegen zum Zwecke der Fleischproduktion einschließ- 
lich der Gewinnung von Nebenprodukten (Nutztierartige 
Damwildhaltung) vom 2. November 1979 

Gutachten über den tierschutzgerechten Transport von 
Tieren auf dem Luftwege vom 11. Dezember 1979 

Gutachten über den tierschutzgerechten Transport von 
Tieren auf dem Seewege vom 11. Dezember 1979 

Gutachten über tierschutzgerechte Hälterung und tier- 
schutzgerechten Transport von Fischen - überarbeitete 
Fassung vom 19. Juni 1980 - 

Gutachten zur tierschutzgerechten Haltung und Tötung 
von Pelztieren in Farmen vom 26. September 1986 

Maßnahmen zur Verminderung überhandnehmender 
freilebender Säugetiere und Vögel. Bestandsaufnahme, 
Berechtigung und tierschutzrechtliche Bewertung (1991) 

Stellungnahme und Empfehlungen der Sachverständi- 
gengruppe des BML „Artgemäße und verhaltensgerechte 
Geflügelmast“ vom April 1993 

Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvö- 
geln, außer Kiwis, vom 10. Juni 1994 (in der ergänzten 
Fassung vom 10. September 1996) 


Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln 
und Eulen vom 10. Januar 1995 

Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien 
vom 10. Januar 1995 

Mindestanforderungen an die tierschutzgerechte Haltung 
von Säugetieren vom 10. Juni 1996 

Mindestanforderungen an die Haltung von Kleinvögeln 
(Teil 1: Kömerfresser) vom 10. Juli 1996 

Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien vom 
10. Januar 1997 


2. Leitlinien 

Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von 
Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen 
vom 15. Oktober 1990 

Leitlinien Tierschutz im Pferdesport vom 1. November 
1992 

Leitlinien für eine tierschutzgerechte Haltung von Wild 
in Gehegen vom 27. Mai 1995 

Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter 
Tierschutzgesichtspunkten vom 10. November 1995 




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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anhang 5 

Spezielle Informations- und Empfehlungspapiere zum Themenbereich „Tierversuche“ 

1. EG-Richtlinien mit Zweitanmelderregelungen 

2. Anhang IV des Berichts über die Multilaterale Konsultation der Vertragsparteien 
zum Europäischen Versuchstierübereinkommen vom 27.-30. Mai 1997 in Straßburg 


1. EG-Richtlinien mit Zweitanmelderregelnngen 

Die Zweitanmelderregelung betrifft die 

- Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juni 1991 
über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln 
(siehe Abschnitt XV. 4. 8) sowie die 

- Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 30. April 1992 
zur siebenten Änderung der Richtlinie 67/548/EWG 
zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungs Vor- 
schriften für die Einstufung, Verpackung, Kennzeich- 
nung gefährlicher Stoffe (siehe Abschnitt XV. 4. 4). 

Folgende Rechtsakte der EG enthalten aus fachlichen 
Gründen andere Regelungen zur Vermeidung unnötiger 
Tierversuche: 

- Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 
über die absichtliche Freisetzung gentechnisch verän- 
derter Mikroorganismen in die Umwelt 

Artikel 5 Abs. 4 und Artikel 11 Abs. 3 enthalten An- 
sätze für eine Zweitanmelderregelung, die durch eine 
Erklärung im Ratsprotokoll unterstützt wird: 

„In der Anmeldung sind auch Daten oder Ergebnis- 
se der gleichen gentechnisch veränderten Organis- 
men (GVO) oder GVO-Kombination mitzuteilen, 
die der Anmelder früher innerhalb oder außerhalb 
der Gemeinschaft angemeldet und/oder vorgenom- 
men hat bzw. gegenwärtig anmeldet und/oder vor- 
nimmt. 

Der Anmelder kann auch auf Daten oder Ergebnisse 
früherer Anmeldungen durch andere Anmelder Be- 
zug nehmen, sofern diese hierzu ihre schriftliche 
Zustimmung erteilt haben.“ 

- Verordnung (EWG) Nr. 713/93 des Rates vom 
23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der 
Umweltrisiken chemischer Altstoffe (ABI. EG Nr. 84 
S. 1) 

Nach Artikel 3 und 4 dieser Verordnung ist grundsätz- 
lich jeder Hersteller oder Importeur solcher alter Stoffe, 
die jährlich in bestimmten Mengen in Verkehr gebracht 
werden, zur Übermittlung bestimmter, im Anhang III der 
Verordnung im einzelnen aufgeführter Informationen 
verpflichtet. Sofern diese Informationen jedoch nicht 
schon vorliegen, sind die Vorlagepflichtigen nicht ge- 
halten, hierzu zusätzliche Tierversuche durchzuführen 
(siehe Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 und Artikel 4 Abs. 2 
Satz 2 der Verordnung). Sofern im weiteren Verfahren 
zusätzliche Angaben oder Prüfungen gefordert werden, 
ist zu ermitteln, ob Prüfungen, die Versuche an Wirbel- 
tieren erfordern und von anderen Herstellern oder Im- 
porteuren bereits vorgelegt worden sind, auch zugunsten 


Dritter verwertet werden können. Sind danach Versuche 
unerläßlich, muß geprüft werden, ob Tierversuche durch 
Altemativverfahren ersetzt oder eingeschränkt werden 
können (siehe Artikel 10 Abs. 5 der Verordnung). 

- Richtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 
zur sechsten Änderung der Richtlinie 76/768/EWG 
zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglied- 
staaten über kosmetische Mittel (siehe Abschnitt 
XV.4.7) 

Nach dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten das 
Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln zu untersa- 
gen, wenn sie Bestandteile oder Kombinationen von 
Bestandteilen enthalten, die ab dem 1. Januar 1998 zur 
Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie im Tier- 
versuch überprüft worden sind. Das Datum für die An- 
wendung dieser Bestimmung kann nach den Maßgaben 
der Richtlinie verschoben werden, wenn nur unzurei- 
chende Fortschritte bei der Entwicklung zufriedenstel- 
lender Methoden als Ersatz für Tierversuche erzielt wur- 
den und insbesondere in bestimmten Fällen alternative 
Versuchsmethoden trotz aller vernünftigen Bemühungen 
nicht wissenschaftlich validiert werden konnten, so daß 
unter Berücksichtigung der OECD-Leitlinien für Toxi- 
zitätsversuche ein gleichwertiges Schutzniveau für den 
Verbraucher nicht gewährleistet ist. 


2. Anhang IV des Berichts über die Mnltilaterale 
Konsnltation der Vertragsparteien znm 
Enropäischen Versnchstierühereinkommen 
vom 27.-30. Mai 1997 in Straßhnrg 

Entschließnng znr Unterhringnng nnd Pflege 
von Versnchstieren^) 

Die Vertragsparteien des Übereinkommens zum Schutz 
der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke 
verwendeten Wirbeltiere, auf Grund des Artikels 30; 

in der Erkenntnis, daß die Bestimmungen dieses Artikels 
die Überwachung der Umsetzung der Bestimmungen, 
die Anpassung des Übereinkommens an sich ändernde 
Bedingungen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse 
sowie die Entwicklung gemeinsamer und koordinierter 
Programme im Anwendungsbereich des Übereinkom- 
mens umfassen; 

im Hinblick darauf, daß sich die in Anhang A des Über- 
einkommens dargelegten „Leitlinien für die Unterbrin- 


') Der Begriff „Versuchstiere“ bezieht sich in dieser Übersetzung auf 
alle in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallenden 
Tiere. 




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gung und Pflege von Tieren“ als sehr nützlich erwiesen 
haben und breite Anwendung Anden; 

in dem Bewußtsein jedoch, daß sich die wissenschaft- 
lichen Kenntnisse und Erfahrungen seit 1986 und dem 
Inkrafttreten des Übereinkommens erweitert haben; 

bestrebt, die Umsetzung des Übereinkommens unter 
Berücksichtigung der Entwicklungen der Kenntnisse 
über die biologischen Bedürfnisse der Tiere, einschließ- 
lich ihrer ethologischen Bedürfnisse, zu verbessern; 

eingedenk dessen, daß Artikel 5 des Übereinkommens 
verlangt, daß die Tiere in einer ihrer Gesundheit und 
ihrem Wohlergehen entsprechenden Weise untergebracht 
und gepflegt werden; 

unter Hinweis darauf, daß die Bestimmungen in Artikel 5 
Absatz 1 des Übereinkommens verlangen, daß „die Mög- 
lichkeiten eines Tieres, seine physiologischen und etholo- 
gischen Bedürfnisse zu befriedigen, nicht mehr als nötig 
eingeschränkt werden dürfen“; 

unter Berücksichtigung des Berichts des Internationalen 
Workshops über den Schutz von Versuchstieren, der im 
Mai 1993 in Berlin stattgefunden hat (Berlin-Bericht), 
und der in seinen Schlußfolgerungen dargelegten Emp- 
fehlungen; 

in Anerkennung, daß die Empfehlungen dieses Berichts 
den Schutz der Versuchstiere verbessern werden; 

in der Erwägung, daß eine Vereinbarung über gemein- 
same Grundsätze, die sich auf diese Empfehlungen stüt- 
zen und die in Anhang A des Übereinkommens darge- 
legten Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von 
Tieren ergänzen, die Umsetzung des Artikels 5 des 
Übereinkommens erleichtern und harmonisieren wird; 

bestrebt, weitere Forschung im Zusammenhang mit den 
im Berlin-Bericht aufgeworfenen, aus wissenschaftlicher 
Sicht noch offenen Fragen zu unterstützen, 

verabschieden folgende Entschließung: 

Es liegt in der Verantwortung der Einrichtung und Per- 
sonen, die wissenschaftliche Verfahren an Tieren durch- 
führen, das allgemeine Wohlbefinden der „Tiere“ als 
„Individuen“ und als „Gruppe“ zu maximieren, mit dem 
3R-Prinzip (Replacement, Reduction, Reflnement) als 
ständigem Anliegen und in dem Wissen, daß aussagefä- 
hige wissenschaftliche Ergebnisse von hoher Qualität die 
Anwendung dieses Grundsatzes erleichtern. 

Anreicherung („enrichment“) der Umwelt 

Bei der Anreicherung der Umwelt ist den Bedürfnissen 
der jeweiligen Art besondere Bedeutung beizumessen: 

- soziale Interaktion 

- aktivitätsbezogene Nutzung des Raumes 

- geeignete Stimuli und Materialien. 

Daher ist bei allen normalerweise in Sozialverbänden 
lebenden Arten der Gruppenhaltung, selbst der Paarhal- 
tung, Vorzug gegenüber der Einzelhaltung zu geben, 
solange die Gruppen stabil und harmonisch sind. Ist 
wegen des Verhaltens der Tiere oder unausweichlicher 


Erfordernisse eines wissenschaftlichen Versuchsplans 
die Gruppenhaltung nicht möglich, sollte erwogen wer- 
den, Artgenossen so unterzubringen, daß sie einander 
sehen, hören oder riechen können. 

Initiativen, den Tieren geeignete Stimuli und Materialien 
anzubieten und den Käflgraum so zu strukturieren, daß 
eine aktivitätsbezogene Nutzung möglich ist, sollen 
gefördert werden; dabei muß jedoch sorgfältig darauf 
geachtet werden, daß diese Initiativen keine schädlichen 
Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Tiere haben. 
Da auch die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Ar- 
ten und Stämme zu berücksichtigen sind, soll die An- 
wendung von Leitlinien nie als Ersatz für die genaue 
Beobachtung der betroffenen Tiere während ihrer ge- 
samten Lebensspanne dienen. 

Eine in bezug auf alle Arten und Stämme erschöpfende 
Forschung ist schwierig zu realisieren. Diese Tatsache 
soll jedoch nicht Initiativen vor Ort zur Verbesserung der 
Haltungsbedingungen hemmen oder verhindern. 


Allgemeine Empfehlungen und Anmerkungen 

Belüftung 

- Die Luftaustauschrate im Tierraum soll der Bele- 
gungsdichte und dem Gesamtkalorienverbrauch der 
Tiere angemessen sein. Zusätzliche Aufmerksamkeit 
ist bei den verschiedenen Käfigsystemen der Belüf- 
tung innerhalb des Käfigs zu schenken. 

Kontakt 

- Die Tiere sollen regelmäßig direkten Umgang 
(„handling“) oder sozialen Kontakt mit Menschen ha- 
ben, wobei der Sozialisierungsperiode bei Arten wie 
Hunden und Katzen besondere Aufmerksamkeit zu 
schenken ist. 


Empfehlungen und Anmerkungen zu einzelnen 

Artengruppen: 

Folgende Empfehlungen und Anmerkungen sind in be- 
zug auf einzelne Arten(gruppen) zu berücksichtigen: 

Nager 

- Nager, mit Ausnahme von Meerschweinchen, sollen 
vorzugsweise in Käfigen, nicht in Boxen^), gehalten 
werden. Die Käfige sollen aus leicht zu reinigendem 
Material und so beschaffen sein, daß die Tiere kon- 
trolliert werden können, ohne daß sie unnötigerweise 
gestört werden. 

- Die Käfige sollen - mit Ausnahme besonderer Gege- 
benheiten - anstatt eines Gitterbodens einen festen 
Boden mit Einstreu haben. 


Nach Anhang A zum Übereinkommen bezeichnet „Box“ eine bei- 
spielsweise durch Wände, Stäbe oder Maschendraht abgegrenzte 
Fläche, auf der ein oder mehrere Tiere gehalten werden; je nach 
Größe des umgrenzten Bereiches und Belegungsdichte ist die Bewe- 
gungsfreiheit der Tiere in der Regel weniger eingeschränkt als in 
einem Käfig. 




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- In Sozialverbänden lebende Arten sollen in Gruppen 
gehalten werden, solange diese stabil und harmonisch 
sind. Bei männlichen Ratten und Mäusen sowie bei 
weiblichen Hamstern ist dies schwierig zu erreichen. 
Ist eine Gruppenhaltung wegen des Versuchsvorha- 
bens oder aus Gründen des Tierschutzes nicht mög- 
lich, ist in Erwägung zu ziehen. Artgenossen so unter- 
zubringen, daß sie einander sehen, hören oder riechen 
können. 

- Initiativen, den Käfigraum durch Plazierung von Ge- 
genständen wie Plattformen, Röhren, Schachteln etc. 
zu strukturieren, sollen gefördert werden. Außerdem 
sollen Bemühungen unternommen werden, die Um- 
welt der Tiere mit Gegenständen zum Erforschen, 
Tragen oder „Bearbeiten“ anzureichem, es sei denn, 
daß negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden der 
Tiere oder auf die beabsichtigte wissenschaftliche 
Verwendung beobachtet werden. 

- Hohe Hygienestandards sollen gewahrt werden. Es 
kann jedoch ratsam sein, von den Tieren (in der Ein- 
streu) abgesetzte Duftmarken (bei der Käfigreinigung) 
nicht vollständig zu entfernen. 

- Besonders ist darauf zu achten und sicherzustellen, 
daß die Lichtintensität, vor allem in der obersten Kä- 
figreihe, nicht zu stark ist. Die maximale Lichtinten- 
sität soll, bei Messung in Höhe eines Meters über dem 
Boden, 350 Lux nicht übersteigen. Innerhalb des Kä- 
figs sollen Schattenbereiche vorhanden sein, damit 
sich die Tiere zurückziehen können. 

Kaninchen 

- Junge sowie weibliche Kaninchen sollen in sozial 
harmonischen Gruppen gehalten werden, es sei denn, 
dies ist wegen des Versuchsvorhabens oder aus Grün- 
den des Tierschutzes nicht möglich. 

- Drahtgitterböden ohne eine mit festem Boden verse- 
hene Ruhefiäche sollen für Kaninchen nicht verwen- 
det werden. Materialien, Gestaltung und Konstruktion 
der Spalten- oder perforierten Böden sollen so be- 
schaffen sein, daß sie das Wohlbefinden der Tiere 
nicht beeinträchtigen. 

- Boxen sowie Käfige sollen Materialien zur Anreiche- 
rung der Umwelt wie beispielsweise Rauhfutter, Na- 
gehölzer, Nistmaterial und einen Rückzugsbereich 
enthalten. 

Katzen 

- Katzen sollen in sozial harmonischen Gruppen in 
Boxen gehalten werden, es sei denn, dies ist wegen 
des Versuchs Vorhabens oder aus Gründen des Tier- 
schutzes nicht möglich. Bei Gruppenhaltung soll die 
Grundfläche pro Katze nach dem Absetzen (minde- 
stens) 0,8 m^ betragen. Die Boxen sollen eine Min- 
desthöhe von 1,5 m haben und so ausgestattet sein, 
daß eine Nutzung aller drei Raumdimensionen mög- 
lich ist. 

- Die Boxen sollen halb geschlossene Rückzugsberei- 
che, Gegenstände zum Krallenschärfen und zum 
Spielen sowie ausreichend Plätze zum Fressen, Trin- 


ken, Kot- und Urinabsatz sowie zum Hinlegen bieten, 
damit Konkurrenzverhalten vermieden wird. 

- Wenn Käfige verwendet werden müssen und aufgrund 
des Versuchsvorhabens kein Auslauf gewährt werden 
kann, soll die Käfighöhe dem Tier erlauben, voll aus- 
gestreckt zu stehen. 

Hunde 

- Hunde sollen in sozial harmonischen Gruppen gehal- 
ten werden, es sei denn, dies ist wegen des Versuchs- 
vorhabens oder aus Gründen des Tierschutzes nicht 
möglich. 

- Hunde sollen mindestens täglich Auslauf erhalten. 
Unter keinen Umständen sollen Hunde länger als 
14 Tage ohne Auslauf in Käfigen gehalten werden. 
Vorzugsweise sollen mehrere Hunde gemeinsam 
Auslauf erhalten. 

- Hundeboxen sollen den Tieren Rückzugsmöglichkei- 
ten bieten. Sie sollen Spielzeug und Elemente zur 
Raumstrukturierung, einschließlich erhöhter Plattfor- 
men, enthalten. 

- Hunde sollen auf festen Böden gehalten werden. Ma- 
terial, Gestaltung und Konstruktion von Spalten- und 
perforierten Böden sollen eine Oberfläche ergeben, 
die das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigt 
und ihnen einen Ruheplatz mit festem Boden bietet. 

Schweine (einschließlich Minipigs) 

- Schweine, mit Ausnahme ausgewachsener Eber, sol- 
len in stabilen, sozial harmonischen Gruppen gehalten 
werden. 

- Die Gruppen sollen vorzugsweise in Boxen gehalten 
werden, es sei denn, dies ist wegen des Versuchsvor- 
habens oder aus Gründen des Tierschutzes nicht 
möglich. 

- Die Umwelt der Tiere soll beispielsweise durch Stroh, 
Ketten, Bälle etc. angereichert werden. 

Geflügel 

- Die Käfige und Boxen sollen verschiedene strukturie- 
rende Elemente wie Sitzstangen und Nistplätze sowie 
eine Möglichkeit zum Staubbaden bieten, wann im- 
mer dies möglich und angemessen ist. 

Primaten 

- Das Käfigvolumen (Grundfläche, Höhe) soll den 
spezifischen Anforderungen der verschiedenen Arten, 
der sozialen Zusammensetzung der Gruppe, dem Al- 
ter der einzelnen Tiere, der Verwendung der Tiere 
(Zucht, Vorratshaltung, Forschung sowie Art und 
Dauer des wissenschaftlichen Verfahrens) sowie dem 
Bedarf an Anreicherung Rechnung tragen. 

- Primatenkäfige sollen eine angereicherte Umwelt 
bieten. 

- Primaten sollen in stabilen sozialen Gruppen verträg- 
licher Tiere gehalten werden, wobei die speziesab- 





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hängige Verschiedenheit der sozialen Strukturen zu 
berücksichtigen sind. Die Haltung in Einzelkäfigen ist 
mit Ausnahme wissenschaftlich besonders begründe- 
ter Fälle zu vermeiden. 

Forschung 

- Forschung ist in den Bereichen anzuregen und zu 
unterstützen, wo wissenschaftliche Erkenntnisse über 
die biologischen Bedürfnisse der Tiere noch ausstehen 
- hierbei sind auch Veränderungen und Entwicklun- 
gen bei der Verwendung von Tieren für wissenschaft- 
liche Zwecke zu berücksichtigen. Um die verfügbaren 
Ressourcen zur Bestimmung optimaler Haltungsbe- 
dingungen für Versuchstiere unter Berücksichtigung 
von Arten und Stämmen (einerseits) und den derzeiti- 
gen und künftigen Bedürfnissen der Forschung (ande- 
rerseits) bestmöglich zu nutzen, haben folgende Be- 
reiche Vorrang: 

- die wissenschaftliche Validierung von Mindestkäfig- 
größen für Nager, einschließlich des Mindestraumbe- 
darfs für das Einzeltier, unter Berücksichtigung so- 
zialer Strukturen und Rollen (Geschlecht, Alter, Hier- 
archie ...) sowie der Käfiggestaltung usw.; 


- die wissenschaftliche Validierung der Bodenfiächen 
und Höhen für Primatenkäfige unter besonderer Be- 
rücksichtigung des Haltungszwecks (Zucht, Vorrats- 
haltung, Verwendung im Versuch) und der biologi- 
schen und sozialen Unterschiede zwischen den ein- 
zelnen Arten; 

- (die Bewertung der) Auswirkungen auf das Wohlbe- 
finden der Tiere, die sich bei der Gruppenhaltung im 
Vergleich zur Einzelhaltung ergeben, sowie der Re- 
aktionen der Gruppe, wenn nach einer bestimmten 
Zeit versuchsbedingt einzelne Tiere aus der Gruppe 
entfernt werden müssen oder die Gruppe aufgeteilt 
werden muß; 

- (die Bewertung der) Auswirkungen, die verschiedene 
Käfigstrukturen auf das Wohlbefinden von Nagern 
und Primaten haben; 

- (die Bewertung der) Auswirkungen, die das Angebot 
von Objekten und strukturierenden Elementen im 
Rahmen angereicherter Haltungsbedingungen in Kä- 
figen verursacht; 

- (die Bewertung des) Raumbedarfs von Hunden und 
ihrer Bedürfnisse hinsichtlich einer angereicherten 
Umwelt. 





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Anhang 6 

Ergänzende Tabellen zn den Versnchstierzahlen 

zu Tabelle 1 der Versuchstiermelde Verordnung 

Zahlenmäßige Entwicklnng der Versnchstierarten 



J. 12.^741 


J.dClBBJ 


ITttM?: 


E 1^6^ 






EOiöRfi 


t HLOTfi 


^(1^5LS^iS 




1 10:222 


LliLlLü 


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ÜSSnRii 

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1 


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Zahlenmäßige Entwicklung der Versuchstier arten 



MticKt:- -t 


A.mlire 

IrtKiLT 


Aialire 

liüuff- 


liitr]. lutvt 



I.Sil 

0 


Ü 

1.]75 

0 

J.44T 

Ü 

1..W5 

0 

i.26i 

0 

i.yüS 





































































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zu Tabelle 2 

der Versuchstiermeldeverordnung 

Anzahl der Versuchstiere, 

aufgegliedert nach Art der Versuchstiere und nach hestimmten Versuchszwecken 


Art der Versuchstiere 

1. Erforschung oder Erprobung von Methoden zur Diagnostik, Prophylaxe oder Therapie 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

192 923 

161 196 

139 459 

108 515 

135 176 

118 396 

132 098 

Ratten 

66 946 

62 610 

78 593 

45 185 

55 843 

65 907 

52 234 

Meerschweinchen 

14 281 

7 404 

8 112 

6 588 

3 913 

4 111 

4 561 

andere Nager 

4 190 

7 821 

5 422 

5 669 

6 378 

5 263 

5 049 

Kaninchen 

8 676 

4 907 

5 175 

8 542 

6 594 

4 719 

9 591 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -t- Breitnasenaffen 

208 

138 

169 

163 

202 

188 

294 

Halbaffen 

3 

0 

4 

0 

33 

16 

9 

Hunde 

830 

842 

797 

699 

723 

552 

752 

Katzen 

159 

332 

18 

82 

50 

106 

119 

andere Fleischfresser ... 

76 

37 

19 

48 

57 

71 

23 

Pferde, Esel, usw 

44 

40 

109 

113 

159 

88 

124 

Schweine 

4 684 

5 107 

2 892 

2911 

2 651 

2 473 

3 710 

Ziegen und Schafe 

1 238 

1 571 

866 

711 

1 032 

926 

1 093 

Rinder 

1 078 

373 

391 

634 

169 

398 

642 

andere Säugetiere 

35 

4 

64 

18 

7 

16 

61 

Vögel, einschl. Geflügel 

36 649 

49 835 

41 328 

39 258 

35 534 

41 944 

42 737 

Reptilien 

0 

0 

20 

30 

37 

37 

8 

Amphibien 

121 

260 

81 

47 

121 

971 

4 844 

Fische 

929 

1 814 

1 063 

1 553 

1 501 

1 271 

979 

Gesamt 

333 070 

304 291 

284 582 

220 766 

250 180 

247 453 

258 928 


Art der Versuchstiere 

2 . Entwicklung oder Prüfung von Arzneimitteln nach § 2 des Arzneimittelgesetzes 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

753 699 

667 685 

603 492 

537 626 

470 613 

409 630 

389 131 

Ratten 

352 742 

352 918 

278 477 

266 881 

259 725 

229 576 

226 792 

Meerschweinchen 

64 412 

60 495 

49 003 

40 024 

38 566 

32 562 

33 791 

andere Nager 

11 691 

9 925 

12 900 

10 256 

12 613 

12 673 

7 911 

Kaninchen 

43 663 

46 262 

36 782 

22 822 

26 309 

22 594 

33 666 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- + Breitnasenaffen 

903 

686 

653 

940 

877 

991 

1 497 

Halbaffen 

103 

25 

97 

144 

25 

136 

5 

Hunde 

4 604 

4 436 

3 889 

4 333 

3 840 

3 441 

3 270 

Katzen 

977 

710 

554 

483 

443 

324 

343 

andere Fleischfresser ... 

110 

247 

48 

90 

89 

256 

221 

Pferde, Esel, usw 

90 

122 

41 

6 

30 

72 

161 

Schweine 

3 150 

2 807 

2 718 

4 092 

4218 

3 063 

3 090 

Ziegen und Schafe 

582 

281 

480 

538 

626 

283 

176 

Rinder 

1 014 

1 020 

1 428 

1 454 

1 143 

1 167 

1 430 

andere Säugetiere 

23 

20 

18 

15 

0 

0 

51 

Vögel, einschl. Geflügel 

33 036 

22 362 

24 603 

35 366 

26 652 

23 008 

15 214 

Reptilien 

0 

0 

0 

0 

15 

0 

0 

Amphibien 

25 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Fische 

794 

775 

1 159 

1 183 

689 

172 

625 

Gesamt 

1 271 618 

1 170 776 

1 016 342 

926 253 

846 473 

739 948 

717 374 












Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 103 - 


Drucksache 14/600 


Anzahl der Versuchstiere, 

aufgegliedert nach Art der Versuchstiere und nach hestimmten Versuchszwecken 


Art der Versuchstiere 

3. Entwicklung oder Priifnng von Pflanzenschutzmitteln nach § 2 Abs. 1 Nr . 9 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

5 127 

5 616 

4 406 

10 106 

7 449 

5 014 

4 597 

Ratten 

26 874 

23 629 

21 488 

31 180 

15 433 

15 850 

19 376 

Meerschweinchen 

3 724 

2 900 

2 486 

3 616 

1 765 

2 117 

2 381 

andere Nager 

0 

57 

28 

0 

10 

4 

30 

Kaninchen 

1 625 

1 049 

1 488 

1 183 

832 

779 

607 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -I- Breitnasenaffen 

20 

0 

0 

5 

3 

0 

0 

Halbaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunde 

184 

402 

389 

568 

359 

286 

326 

Katzen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

andere Fleischfresser ... 

6 

0 

0 

0 

30 

0 

0 

Pferde, Esel, usw 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

Schweine 

0 

0 

0 

408 

0 

0 

0 

Ziegen und Schafe 

1 

4 

0 

0 

8 

6 

2 

Rinder 

2 

12 

0 

12 

0 

0 

12 

andere Säugetiere 

0 

0 

0 

50 

0 

12 

0 

Vögel, einschl. Geflügel 

1 842 

2 647 

3 648 

3 442 

3 664 

3 372 

2 938 

Reptilien 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Amphibien 

0 

20 

10 

10 

0 

0 

0 

Fische 

11 682 

20 048 

10 358 

10 517 

12 072 

14 463 

13 994 

Gesamt 

51 087 

56 384 

44 301 

61 097 

41 625 

41 903 

44 267 


Art der Versuchstiere 

4. Prüfung anderer Stoffe oder Produkte als Arzneimittel oder Pflanzenschutzmittel 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

14 892 

10 778 

12 310 

6 137 

5 666 

5 762 

8 116 

Ratten 

27 470 

14 735 

15 384 

11 488 

9 489 

14 056 

18 092 

Meerschweinchen 

5 220 

5 905 

5 654 

6 181 

5 607 

4 973 

7 090 

andere Nager 

560 

386 

267 

36 

0 

128 

25 

Kaninchen 

1 472 

1 548 

2 016 

2 243 

1 471 

1 729 

1 995 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- Breitnasenaffen 

0 

0 

10 

10 

0 

0 

0 

Halbaffen 

0 

0 

0 

0 

32 

0 

0 

Hunde 

34 

42 

178 

44 

36 

45 

40 

Katzen 

0 

0 

0 

0 

0 

29 

21 

andere Fleischfresser ... 

0 

68 

0 

0 

0 

0 

0 

Pferde, Esel, usw 

0 

0 

0 

0 

3 

0 

0 

Schweine 

1 155 

322 

664 

661 

502 

666 

716 

Ziegen und Schafe 

99 

81 

2 

25 

28 

64 

24 

Rinder 

54 

42 

267 

116 

123 

29 

268 

andere Säugetiere 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Vögel, einschl. Geflügel 

4 483 

4418 

6 294 

13 409 

14 227 

19 149 

9 666 

Reptilien 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Amphibien 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Fische 

15 017 

22 279 

14 365 

26 986 

13 729 

11 787 

14 254 

Gesamt 

70 456 

60 604 

57411 

67 336 

50 913 

58 417 

60 307 












Drucksache 14/600 


- 104- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anzahl der Versuchstiere, 

aufgegliedert nach Art der Versuchstiere und nach hestimmten Versuchszwecken 


Art der Versuchstiere 

5. Prüfung zur Erkennung von Umweltgefährdungen 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

28 092 

24 682 

21 879 

114 966 

9 027 

1 186 

713 

Ratten 

8 800 

6 461 

6 092 

6 633 

9 350 

4 626 

3 740 

Meerschweinchen 

1 476 

1 613 

2 071 

1 352 

1 144 

771 

1 195 

andere Nager 

171 

482 

812 

304 

458 

28 

96 

Kaninchen 

126 

98 

70 

52 

206 

310 

213 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- Breitnasenaffen 

0 

0 

0 

0 

6 

12 

0 

Halbaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunde 

35 

0 

0 

0 

2 

0 

0 

Katzen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

andere Fleischfresser ... 

21 

0 

116 

58 

4 

4 

28 

Pferde, Esel, usw 

0 

0 

0 

0 

8 

0 

0 

Schweine 

51 

10 

20 

24 

5 

0 

0 

Ziegen und Schafe 

7 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Rinder 

12 

10 

34 

23 

52 

0 

0 

andere Säugetiere 

11 

25 

2 

0 

0 

0 

9 

Vögel, einschl. Geflügel 

2 105 

281 

0 

173 

0 

240 

20 

Reptilien 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Amphibien 

80 

320 

0 

0 

2 114 

0 

0 

Fische 

194 927 

96 483 

97 423 

90 550 

79 680 

73 640 

76 100 

Gesamt 

235 914 

130 465 

128 519 

214 135 

102 056 

80 817 

82 114 


Art der Versuchstiere 

6. von 1-5 : Gesetzlich erforderliche Prüfungen für die Anmeldung oder Znlassnng von Stoffen oder Prodnkten 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

479 064 

367 466 

407 269 

230 882 

339 992 

270 473 

283 687 

Ratten 

206 713 

178 382 

194 351 

175 331 

176 631 

173 141 

172 799 

Meerschweinchen 

37 820 

26 294 

20 599 

19 241 

15 795 

16 910 

22 449 

andere Nager 

8 300 

5 174 

5 651 

6 037 

8 925 

8 100 

7 562 

Kaninchen 

27 016 

15 485 

22 088 

13 331 

13 059 

13 429 

21 081 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- Breitnasenaffen 

773 

616 

711 

913 

911 

385 

1 433 

Halbaffen 

91 

25 

97 

144 

57 

10 

5 

Hunde 

3 066 

2 751 

2 998 

3 082 

3 525 

2 944 

3 022 

Katzen 

628 

684 

280 

156 

197 

210 

187 

andere Fleischfresser ... 

33 

57 

33 

24 

13 

114 

0 

Pferde, Esel, usw 

57 

50 

39 

0 

0 

0 

20 

Schweine 

1 502 

995 

1 209 

1 861 

1 222 

1 617 

2 185 

Ziegen und Schafe 

107 

191 

247 

42 

263 

62 

35 

Rinder 

374 

672 

944 

561 

408 

528 

841 

andere Säugetiere 

0 

15 

0 

0 

0 

0 

0 

Vögel, einschl. Geflügel 

6 021 

10 340 

15 232 

9 764 

4 927 

11 058 

7 574 

Reptilien 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Amphibien 

80 

20 

10 

10 

20 

20 

20 

Fische 

70 071 

56 569 

43 159 

49 719 

37 620 

44 379 

42 429 

Gesamt 

841 716 

665 786 

714 917 

511 098 

603 565 

543 380 

565 329 












Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 105- 


Drucksache 14/600 


Anzahl der Versuchstiere, 

aufgegliedert nach Art der Versuchstiere und nach hestimmten Versuchszwecken 


Art der Versuchstiere 

7. Grundlagenforschung 

1991 

1992 

1993 

1994 

1995 

1996 

1997 

Mäuse 

154 983 

154 650 

168 099 

154 705 

172 027 

176 871 

188 419 

Ratten 

111 733 

87 807 

98 632 

86 514 

79 074 

78 525 

76 861 

Meerschweinchen 

4 830 

2 656 

2 608 

3 182 

3 244 

2 525 

1 979 

andere Nager 

5 041 

5 809 

8 169 

5 198 

8 571 

4 470 

6 198 

Kaninchen 

7 246 

5 895 

4 353 

5 345 

5 128 

4 215 

4 573 

Menschenaffen 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -I- Breitnasenaffen 

460 

226 

344 

360 

282 

235 

174 

Halbaffen 

16 

16 

31 

41 

42 

13 

13 

Hunde 

473 

355 

337 

312 

265 

215 

113 

Katzen 

773 

617 

557 

483 

526 

546 

443 

andere Fleischfresser ... 

21 

10 

65 

112 

69 

35 

29 

Pferde, Esel, usw 

54 

74 

43 

42 

59 

26 

67 

Schweine 

2 747 

3 192 

3 743 

3 318 

2 400 

2 868 

2 159 

Ziegen und Schafe 

809 

739 

484 

566 

436 

871 

455 

Rinder 

805 

460 

573 

456 

337 

404 

711 

andere Säugetiere 

187 

210 

587 

256 

154 

304 

177 

Vögel, einschl. Geflügel 

6 657 

5 116 

10 336 

7 117 

7 459 

4 285 

4 260 

Reptilien 

74 

82 

246 

248 

691 

112 

142 

Amphibien 

6 217 

6 180 

10 537 

9 129 

12 640 

13 606 

8 042 

Fische 

12 322 

26 450 

37 679 

21 362 

19 051 

18 443 

19 967 

Gesamt 

315 453 

300 544 

347 423 

298 746 

312 455 

308 569 

314 782 








Drucksache 14/600 


- 106- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anzahl der Versuchstiere, 

aufgegliedert nach hestiuimten Verwendungszwecken 


1. 400.0® 


1 . 200.000 


l.ÜOO.fflJO 


SOO.OOO 


600.0® 


400.0® 


200.®0 


:1I1D 


in 


It 


rnrhrn nrnm 




1 


u - 


2 




6 

7 i 




51J087 

70.456 

285214 

341.716 

815.453 1 
1 




50.334 



665.786 

3CK3.544 ! 

D19Q0 

284.582 

I.OIfl.342 

44501 

57.411 

128.519 

714217 

347.423 ! 

01934 

220.7&B 

926253 

61®7 

67530 

214.135 

511J09S 

2S8.746 i 

>1996 

250 180 

846.473 

41J625 

50213 

102.056 

603.566 

812.455 1 

D1®6 

247.453 

739.048 

41J9Ö3 

58.417 

80.817 

5437380 


>1997 

25852a 

717.374 

44257 

ß0J07 

89. 1 14 

565.309 

8i4jse i 


1. Erforschung der Erprobung von Methoden zur Dia- 
gnostik, Prophylaxe oder Therapie 

2. Entwicklung oder Prüfung von Arzneimitteln nach 
§ 2 des Arzneimittelgesetzes 

3. Entwicklung oder Prüfung von Pflanzenschutzmitteln 
nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 des Pflanzenschutzgesetzes 

4. Prüfung anderer Stoffe oder Produkte als Arzneimittel 
oder Pflanzenschutzmittel 

5. Prüfung zur Erkennung von Umweltgefahrdungen 

6. Von 1.-5.: Gesetzlich erforderliche Prüfungen für die 
Anmeldung oder Zulassung von Stoffen oder Pro- 
dukten 


7. Grundlagenforschung 


























Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 107- 


Drucksache 14/600 


zu Tabelle 3 

der Versuchstiermeldeverordnung 


Anzahl der Versuchstiere, aufgegliedert nach der Dauer der Versuche 1996 


Art der Versuchstiere 

Dauer der Versuche 

< 1 Tag 

1-7 Tage 

8-30 Tage 

> 30 Tage 

Mäuse 

278 971 

194 938 

177 521 

114 131 

Ratten 

184 481 

93 772 

92 023 

59 021 

Meerschweinchen 

13 493 

11 427 

12 893 

13 039 

andere Nager 

8 598 

2 702 

8 402 

6 913 

Kaninchen 

23 363 

5 668 

7 173 

6 125 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- Breitnasenaffen 

313 

170 

397 

613 

Halbaffen 

11 

8 

132 

14 

Hunde 

1 415 

511 

1 115 

1 721 

Katzen 

404 

298 

186 

183 

andere Fleischfresser 

48 

66 

198 

84 

Pferde 

29 

59 

69 

93 

Schweine 

4 735 

800 

1 759 

2 310 

Ziegen/Schafe 

749 

264 

182 

1 043 

Rinder 

245 

137 

580 

1 129 

andere Säugetiere 

57 

18 

73 

172 

Vögel, einschl. Geflügel 

36 524 

7 948 

17 984 

32 376 

Reptilien 

80 

23 

11 

35 

Amphibien 

5 540 

2 046 

2 160 

5 863 

Fische 

10 301 

81 152 

16 912 

10 098 

Gesamt 

569 357 

402 007 

339 770 

254 963 





Drucksache 14/600 


- 108- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anzahl der Versuchstiere, aufgegliedert nach der Art der Versuche 1996 







Art der Versuche 





Art der Versuchstiere 

Applikationen und 
Punktionen ohne Erzielen 
von Krankheitszuständen 

Infektionsversuche 

Operative Eingriffe 
unter Narkose 
ohne Wiedererwachen 

Operative Eingriffe 
mit Betäubung 

Operative Eingriffe 
ohne Betäubung 

Physikalische Einwirkungen 

Schmerzerzeugung 

Toxizitätsuntersuchungen 

Verhaltensbeeinträchtigungen 

Andere Eingriffe 
oder Behandlungen 

Mäuse 

198 470 

188 386 

15 437 

33 229 

1 803 

12 618 

14 284 

51 514 

38 686 

211 134 

Ratten 

92 624 

8 253 

64 005 

62 016 

25 

5 264 

6 673 

74 571 

13 069 

102 797 

Meerschweinchen 

14 966 

6 669 

7 132 

861 

0 

144 

48 

9 564 

548 

10 920 

andere Nager 

4 837 

8 393 

4 478 

4 498 

9 

12 

108 

129 

2 048 

2 103 

Kaninchen 

25 275 

1 141 

4 426 

2 255 

98 

117 

0 

5 566 

129 

3 322 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- 

Breitnasenaffen 

222 

219 

117 

55 

0 

0 

0 

626 

11 

243 

Halbaffen 

0 

8 

0 

29 

0 

0 

0 

118 

0 

10 

Hunde 

852 

222 

845 

570 

0 

3 

3 

1 889 

171 

207 

Katzen 

186 

85 

438 

157 

0 

0 

0 

74 

0 

131 

andere Fleischfresser 

218 

80 

16 

13 

0 

0 

0 

16 

12 

41 

Pferde 

139 

12 

10 

16 

0 

0 

0 

73 

0 

0 

Schweine 

2 906 

625 

2 947 

1 613 

82 

70 

0 

306 

151 

904 

Ziegen/Schafe 

863 

193 

89 

528 

0 

3 

3 

20 

14 

525 

Rinder 

912 

498 

18 

81 

0 

0 

0 

76 

0 

506 

andere Säugetiere 

37 

0 

7 

82 

0 

2 

0 

0 

37 

155 

Vögel, einschl. Geflügel.. 

18 008 

30 821 

28 013 

526 

0 

189 

0 

3 775 

211 

13 289 

Reptilien 

11 

37 

1 

65 

0 

0 

0 

0 

0 

35 

Amphibien 

912 

22 

1 003 

823 

40 

0 

0 

2 900 

5 032 

4 877 

Fische 

1 939 

1 991 

189 

712 

3 

768 

0 

98 293 

2 792 

11 776 

Gesamt 

363 377 

247 655 

129 171 

108 129 

2 060 

19 190 

21 119 

249 510 

62 911 

362 975 






Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 109- 


Drucksache 14/600 


Anzahl der Versuchstiere, aufgegliedert nach der Dauer der Versuche 1997 


Art der Versuchstiere 

Dauer der Versuche 

< 1 Tag 

1-7 Tage 

8-30 Tage 

> 30 Tage 

Mäuse 

261 412 

178 923 

158 923 

157 000 

Ratten 

176 374 

85 618 

83 108 

67 401 

Meerschweinchen 

10 187 

10 328 

15 782 

15 322 

andere Nager 

9 152 

3 819 

4 478 

6 325 

Kaninchen 

25 865 

12 325 

6 675 

6 768 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -t- Breitnasenaffen 

154 

127 

602 

1 065 

Halbaffen 

6 

4 

3 

14 

Hunde 

1 183 

439 

1 168 

1 876 

Katzen 

358 

249 

226 

134 

andere Fleischfresser 

36 

126 

84 

25 

Pferde 

41 

93 

170 

78 

Schweine 

3 942 

1 250 

2 649 

2 935 

Ziegen/Schafe 

537 

148 

428 

800 

Rinder 

502 

515 

994 

1 066 

andere Säugetiere 

166 

5 

70 

57 

Vögel, einschl. Geflügel 

33 657 

6 658 

17 169 

19 247 

Reptilien 

13 

20 

0 

70 

Amphibien 

6 086 

1 026 

5 040 

1 362 

Fische 

7 146 

85 028 

16 771 

13 956 

Gesamt 

536 817 

386 701 

314 340 

295 501 





Drucksache 14/600 


-HO- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


Anzahl der Versuchstiere, aufgegliedert nach der Art der Versuche 1997 







Art der Versuche 





Art der Versuchstiere 

Applikationen und 
Punktionen ohne Erzielen 
von Krankheitszuständen 

Infektionsversuche 

Operative Eingriffe 
unter Narkose 
ohne Wiedererwachen 

Operative Eingriffe 
mit Betäubung 

Operative Eingriffe 
ohne Betäubung 

Physikalische Einwirkungen 

Schmerzerzeugung 

Toxizitätsuntersuchungen 

Verhaltensbeeinträchtigungen 

Andere Eingriffe 
oder Behandlungen 

Mäuse 

206 000 

173 964 

20 152 

39 489 

3 524 

18 733 

29 166 

60 988 

39 314 

164 928 

Ratten 

75 578 

8 444 

60 634 

64 538 

52 

5 722 

11 735 

81 972 

20 710 

83 116 

Meerschweinchen 

14 797 

2 926 

12 177 

658 

0 

148 

76 

11 668 

900 

8 269 

andere Nager 

6 060 

5 410 

3 935 

3 971 

0 

39 

20 

1 572 

852 

1 915 

Kaninchen 

26 937 

1 072 

4 732 

3 494 

36 

85 

9 

4 068 

1 009 

10 191 

Menschenaffen 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Hunds- -1- 

Breitnasenaffen 

156 

292 

70 

52 

0 

0 

9 

1 225 

56 

88 

Halbaffen 

9 

4 

0 

6 

0 

0 

0 

8 

0 

0 

Hunde 

942 

119 

704 

469 

1 

0 

0 

2 249 

11 

171 

Katzen 

189 

92 

423 

149 

0 

0 

0 

89 

9 

16 

andere Fleischfresser 

85 

23 

28 

3 

0 

0 

0 

17 

49 

66 

Pferde 

237 

2 

0 

16 

0 

12 

0 

102 

0 

13 

Schweine 

3 742 

786 

2 713 

1 943 

46 

83 

0 

275 

160 

1 028 

Ziegen/Schafe 

607 

295 

186 

512 

0 

4 

0 

6 

16 

287 

Rinder 

1 633 

673 

0 

263 

15 

0 

0 

64 

0 

429 

andere Säugetiere 

105 

8 

4 

44 

0 

0 

0 

51 

6 

80 

Vögel, einschl. Geflügel.. 

12 286 

26 250 

27 829 

421 

0 

179 

35 

3 289 

698 

5 744 

Reptilien 

15 

0 

18 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

70 

Amphibien 

1 200 

2 

279 

1 263 

437 

0 

600 

244 

30 

9 459 

Fische 

3 652 

5 098 

917 

901 

605 

1 636 

750 

106 486 

838 

2018 

Gesamt 

354 230 

225 460 

134 801 

118 192 

4 716 

26 641 

42 400 

274 373 

64 658 

287 888 


Anzahl der Versuchstiere in Einrichtungen der Bundeswehr 


Jahr 

Gesamt 

Hunde 

Schafe/ 

Ziegen 

Meer- 

schwein- 

chen 

Kanin- 

chen 

Ratten/ 

Mäuse 

Gänse/ 

Hühner 

Fische 


6 429 

12 


1 298 

344 

4 609 

97 

0 

IH 

4 826 

16 


1 608 

308 

2 744 

56 

0 


4 720 

0 

32 

1 193 

414 

3 149 

32 

0 

1987 

2 857 

0 

40 

597 

326 

1 868 

26 

0 

1988 

1 471 

0 

64 

504 

342 

558 

3 

0 

1989 

1 459 

0 

15 

276 

96 

1 072 

0 

0 

1990 

1 130 

0 

27 

213 

106 

784 

0 

0 

1991 

3 325 

0 

29 

375 

93 

1 048 

0 


1992 

2 643 

0 

0 

34 

52 

456 

0 


1993 

1 487 

4 

4 

330 

37 

452 

0 

660 

1994 

2 056 

0 

0 

254 

51 

211 

0 

1 540 

1995 

695 

0 

0 

11 

44 

110 

0 

530 

1996 

74 

0 

0 

0 

22 

12 

0 

40 

1997 

1 083 

0 

0 

0 

22 

311 

0 

750 




















Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 111 - 


Drucksache 14/600 


Anhang 7 

Tierschntzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818) 

Bundesgesetzblatt " 

Teil I G 5702 

1998 Ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1998 Nr. 30 


Bekanntmachung 

der Neufassung des Tierschutzgesetzes 

Vom 25. Mai 1998 


Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes 
vom 25. Mai 1998 (BGBl, l S. 1094) wird nachstehend der Wortlaut des Tier- 
schutzgesetzes in der ab 1. Juni 1998 geltenden Fassung bekanntgemacht. 
Die Neufassung berücksichtigt; 

1. die Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 17. Februar 1993 
(BGBl. I S. 254), 

2. den am 13. März 1993 in Kraft getretenen Artikel 48 der Verordnung vom 

26. Februar 1993 (BGBl, l S. 278), 

3. den am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Artikel 86 des Gesetzes vom 

27. April 1993 (BGBl. I S. 512, 2436), 

4. den am 1. April 1997 in Kraft getretenen § 16 Nr. 3 Buchstabe b der Ver- 
ordnung vom 3. März 1997 (BGBl. I S. 405), 

5. den am 1 . Januar 1998 in Kraft getretenen Artikel 2 § 27 des Gesetzes vom 
22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224), 

6. den teils am 1. Juni 1998, teils am-l. November 1998, teils am 1. Mai 2000 
in Kraft tretenden Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1 998 (BGBl. I S. 1 094). 


Bonn, den 25. Mai 1998 


Der Bundesminister 

für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 
Jochen Borchert 


Drucksache 14/600 


- 112- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


1106 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1 998 


Tierschutzgesetz 


Erster Abschnitt 
Grundsatz 

§1 

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung 
des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben 
und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier 
ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schä- 
den zufügen. 

Zweiter Abschnitt 
Tierhaltung 

§2 

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 

1. muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen 
entsprechend angemessen ernähren, pflegen und 
verhaltensgerecht unterbringen, 

2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewe- 
gung nicht so einschränken, daß ihm Schmerzen oder 
vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, 

3. muß über die für eine angemessene Ernährung, Pflege 
und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres 
erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. 

§2a 

(1) Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirt- 
schaft und Forsten (Bundesministerium) wird ermächtigt, 
durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes- 
rates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die 
Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 näher 
zu bestimmen und dabei insbesondere Vorschriften zu 
erlassen über Anforderungen 

1. hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit oder der 
Gemeinschaftsbedürfnisse der Tiere, 

2. an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige 
Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren sowie an 
die Beschaffenheit von Anbinde-, Fütterungs- und 
Tränkvorrichtungen, 

3. hinsichtlich der Lichtverhältnisse und des Raumklimas 
bei der Unterbringung der Tiere, 

4. an die Pflege einschließlich der Überwachung der 
Tiere; hierbei kann das Bundesministerium auch ver- 
schreiben, daß Aufzeichnungen über die Ergebnisse 
der Überwachung zu machen, aufzubewahren und der 
zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen sind, 

5. an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die Tiere 
halten, betreuen oder zu betreuen haben und an den 
Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten bei Per- 
sonen, die gewerbsmäßig Tiere halten, betreuen oder 
zu betreuen haben. 

(1a) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, 
soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, Anforde- 
rungen an Ziele, Mittel und Methoden bei der Ausbildung, 
bei der Erziehung oder beim Training von Tieren festzu- 
legen. 


(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Ein- 
vernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, 
soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, ihre Be- 
förderung zu regeln. Es kann hierbei insbesondere 

1 . Anforderungen 

a) hinsichtlich der T ransportfähigkeit von Tieren, 

b) an Transportmittel für Tiere 
festlegen, 

1a. bestimmte Transportmittel und Versendungsarten 
für die Beförderung bestimmter Tiere, insbesondere 
die Versendung als Nachnahme, verbieten oder be- 
schränken, 

2. bestimmte Transportmittel und Versendungsarten 
für die Beförderung bestimmter Tiere vorschreiben, 

3. vorschreiben, daß bestimmte Tiere bei der Beförde- 
rung von einem Betreuer begleitet werden müssen, 

3a. vorschreiben, daß Personen, die Tiertransporte 
durchführen oder hierbei mitwirken, bestimmte 
Kenntnisse und Fähigkeiten haben und diese nach- 
weisen müssen, 

4. Vorschriften über das Verladen, Entladen, Unterbrin- 
gen, Ernähren und Pflegen der Tiere erlassen, 

5. als Voraussetzung für die Durchführung von Tier- 
transporten bestimmte Bescheinigungen, Erklä- 
rungen oder Meldungen vorschreiben sowie deren 
Ausstellung und Aufbewahrung regeln, 

6. vorschreiben, daß, wer gewerbsmäßig Tiertransporte 
durchführt, einer Erlaubnis der zuständigen Behörde 
bedarf oder bei der zuständigen Behörde registriert 
sein muß, sowie die Voraussetzungen und das Ver- 
fahren bei der Erteilung der Erlaubnis und bei der 
Registrierung regeln, 

7. vorschreiben, daß, wer Tiere während des Transports 
in einer Einrichtung oder einem Betrieb ernähren, 
pflegen oder unterbringen will, einer Erlaubnis der 
zuständigen Behörde bedarf, und die Voraussetzun- 
gen und das Verfahren der Erteilung der Erlaubnis 
regeln, soweit dies zur Durchführung von Rechts- 
akten der Europäischen Gemeinschaft erforderlich ist. 

§3 

Es ist verboten, 

1. einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuver- 
langen, denen es wegen seines Zustandes offen- 
sichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich 
seine Kräfte übersteigen, 

la. einem Tier, an dem Eingriffe und Behandlungen 
vorgenommen worden sind, die einen leistungs- 
mindernden körperlichen Zustand verdecken, Lei- 
stungen abzuverlangen, denen es wegen seines 
körperlichen Zustandes nicht gewachsen ist, 

lb. an einem Tier im Training oder bei sportlichen Wett- 
kämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maß- 
nahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden 
oder Schäden verbunden sind und die die Leistungs- 


Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


- 113- 


Drucksache 14/600 


Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1 998 1107 


fähigkeit von Tieren beeinflussen können, sowie an 
einem Tier bei sportlichen Wettkämpfen oder ähn- 
lichen Veranstaltungen Dopingmittel anzuwenden, 

2. ein gebrechliches, krankes, abgetriebenes oder 
altes, im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des 
Menschen gehaltenes Tier, für das ein Weiterleben 
mit nicht behebbaren Schmerzen oder Leiden 
verbunden ist, zu einem anderen Zweck als zur 
unverzüglichen schmerzlosen Tötung zu veräußern 
oder zu erwerben; dies gilt nicht für die unmittelbare 
Abgabe eines kranken Tieres an eine Person oder 
Einrichtung, der eine Genehmigung nach § 8 und, 
wenn es sich um ein Wirbeltier handelt, erforder- 
lichenfalls eine Ausnahmegenehmigung nach § 9 
Abs. 2 Nr. 7 Satz 2 für Versuche an solchen Tieren 
erteilt worden ist, 

3. ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des 
Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es 
zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder 
sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen, 

4. ein gezüchtetes oder aufgezogenes Tier einer wild- 
lebenden Art in der freien Natur auszusetzen oder 
anzusiedeln, das nicht auf die zum Überleben in dem 
vorgesehenen Lebensraum erforderliche artgemäße 
Nahrungsaufnahme vorbereitet und an das Klima 
angepaßt ist; die Vorschriften des Jagdrechts und 
des Naturschutzrechts bleiben unberührt, 

5. ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit 
erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das 
Tier verbunden sind, 

6. ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Wer- 
bung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, 
sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für 
das Tier verbunden sind, 

7. ein Tier an einem anderen lebenden Tier auf Schärfe 
abzurichten oder zu prüfen, 

8. ein Tier auf ein anderes Tier zu hetzen, soweit dies 
nicht die Grundsätze weidgerechter Jagdausübung 
erfordern, 

8a. ein Tier zu einem derartig aggressiven Verhalten 
auszubilden oder abzurichten, daß dieses Verhalten 

a) bei ihm selbst zu Schmerzen, Leiden oder Schä- 
den führt oder 

b) im Rahmen jeglichen artgemäßen Kontaktes mit 
Artgenossen bei ihm selbst oder einem Art- 
genossen zu Schmerzen oder vermeidbaren 
Leiden oder Schäden führt oder 

c) seine Haltung nur unter Bedingungen zuläßt, die 
bei ihm zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden 
oder Schäden führen, 

9. einem Tier durch Anwendung von Zwang Futter ein- 
zuverleiben, sofern dies nicht aus gesundheitlichen 
Gründen erforderlich ist, 

1 0. einem Tier Futter darzureichen, das dem Tier erheb- 
liche Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet, 

11. ein Gerät zu verwenden, das durch direkte Strom- 
einwirkung das artgemäße Verhalten eines Tieres, 
insbesondere seine Bewegung, erheblich ein- 
schränkt oder es zur Bewegung zwingt und dem Tier 
dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, Leiden oder 
Schäden zufügt, soweit dies nicht nach bundes- 
oder landesrechtlichen Vorschriften zulässig ist. 


Dritter Abschnitt 
Töten von Tieren 

§4 

(1) Ein Wirbeltier darf nur unter Betäubung oder 
sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, 
nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. 
Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im 
Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder auf 
Grund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt 
sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaß- 
nahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, 
wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen 
entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu 
notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. 

(1a) Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regel- 
mäßig Wirbeltiere betäuben oder töten, haben gegenüber 
der zuständigen Behörde einen Sachkundenachweis zu 
erbringen. Wird im Rahmen einer Tätigkeit nach Satz 1 
Geflügel in Anwesenheit einer Aufsichtsperson betäubt 
oder getötet, so hat außer der Person, die die Tiere 
betäubt oder tötet, auch die Aufsichtsperson den Sach- 
kundenachweis zu erbringen. Werden im Rahmen einer 
Tätigkeit nach Satz 1 Fische in Anwesenheit einer Auf- 
sichtsperson betäubt oder getötet, so genügt es, wenn 
diese den Sachkundenachweis erbringt. ”) 

(2) Für das Schlachten eines warmblütigen Tieres gilt 
§4a. 

(3) Für das Töten von Wirbeltieren zu wissenschaft- 
lichen Zwecken gelten die §§ 8b, 9 Abs. 2 Satz 2, im Falle 
von Hunden, Katzen, Affen und Halbaffen außerdem § 9 
Abs. 2 Nr. 7 entsprechend. 

§4a 

(1) Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, 
wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist. 

(2) Abweichend von Absatz 1 bedarf es keiner Be- 
täubung, wenn 

1. sie bei Notschlachtungen nach den gegebenen Um- 
ständen nicht möglich ist, 

2. die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung 
für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt 
hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit 
erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von 
Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im 
Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, 
denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemein- 
schaft das Schächten vorschreiben oder den Genuß 
von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen oder 

3. dies als Ausnahme durch Rechtsverordnung nach § 4b 
Nr. 3 bestimmt ist. 

§4b 

Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechts- 
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates 

1. a) das Schlachten von Fischen und anderen kalt- 
blütigen Tieren zu regeln, 

b) bestimmte Tötungsarten und Betäubungsverfahren 
näher zu regeln, vorzuschreiben, zuzulassen oder 
zu verbieten, 


1 . § 4 Abs. 1 a erhält folgende Fußnote: 

㤠4 Abs. 1a gilt nach Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a in Verbin- 
Berichtigung der Bekanntmachung der Neufassung des düng mit Artikel 3 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 

Tierschutzgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1 818) 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1094) ab dem 1. November 1998.“ 


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1108 

c) die Voraussetzungen näher zu regeln, unter denen 
Schlachtungen im Sinne des § 4a Abs. 2 Nr. 2 vor- 
genommen werden dürfen, 

d) nähere Vorschriften über Art und Umfang der zum 
Betäuben oder Töten von Wirbeltieren erforder- 
lichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie über das 
Verfahren zu deren Nachweis zu erlassen, 

e) nicht gewerbliche Tätigkeiten zu bestimmen, die 
den Erwerb des Sachkundenachweises zum Töten 
von Wirbeltieren erfordern, 

um sicherzustellen, daß den Tieren nicht mehr als 
unvermeidbare Schmerzen zugefügt werden, 

2. das Schlachten von Tieren im Rahmen der Bestimmun- 
gen des Europäischen Übereinkommens vom 10. Mai 
1 979 über den Schutz von Schlachttieren (BGBl. 1 983 II 
S. 770) näher zu regeln, 

3. für das Schlachten von Geflügel Ausnahmen von der 
Betäubungspflicht zu bestimmen. 

Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b und d 
bedürfen, soweit sie das Betäuben oder Töten mittels 
gefährlicher Stoffe oder Zubereitungen im Sinne des 
Chemikaliengesetzes oder darauf bezogene Voraus- 
setzungen für den Erwerb eines Sachkundenachweises 
betreffen, des Einvernehmens der Bundesministerien für 
Arbeit und Sozialordnung, für Gesundheit sowie für 
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 

Vierter Abschnitt 
Eingriffe an Tieren 

§5 

(1) An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit 
Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen 
werden. Die Betäubung warmblütiger Wirbeltiere sowie 
von Amphibien und Reptilien ist von einem Tierarzt vor- 
zunehmen. Für die Betäubung mit Betäubungspatronen 
kann die zuständige Behörde Ausnahmen von Satz 2 
zulassen, sofern ein berechtigter Grund nachgewiesen 
wird. Ist nach den Absätzen 2, 3 und 4 Nr. 1 eine Be- 
täubung nicht erforderlich, sind alle Möglichkeiten 
auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere 
zu vermindern. 

(2) Eine Betäubung ist nicht erforderlich, 

1 . wenn bei vergleichbaren Eingriffen am Menschen eine 
Betäubung in der Regel unterbleibt oder der mit dem 
Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die 
mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des 
Befindens des Tieres, 

2. wenn die Betäubung im Einzelfall nach tierärztlichem 
Urteil nicht durchführbar erscheint. 

(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 

1 . für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männ- 
lichen Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen sofern 
kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit 
abweichender Befund vorliegt, 

2. für das Enthornen oder das Verhindern des Horn- 
wachstums bei unter sechs Wochen alten Rindern, 

3. für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage 
alten Ferkeln sowie von unter acht Tage alten 
Lämmern, 


4. für das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage 
alten Lämmern mittels elastischer Ringe, 

5. für das Abschleifen der Eckzähne von Ferkeln, sofern 
dies zum Schutz des Muttertieres oder der Wurf- 
geschwister unerläßlich ist, 

6. für das Absetzen des krallentragenden letzten 
Zehengliedes bei Masthahnenküken, die als Zucht- 
hähne Verwendung finden sollen, während des ersten 
Lebenstages, 

7. für die Kennzeichnung von Schweinen, Schafen, 
Ziegen und Kaninchen durch Ohrtätowierung, für die 
Kennzeichnung anderer Säugetiere innerhalb der 
ersten zwei Lebenswochen durch Ohr- und Schenkel- 
tätowierung sowie die Kennzeichnung landwirt- 
schaftlicher Nutztiere einschließlich der Pferde durch 
Ohrmarke, Flügelmarke, injektierten Mikrochip, aus- 
genommen bei Geflügel, durch Schlagstempel beim 
Schwein und durch Schenkelbrand beim Pferd. 

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 

1. über Absatz 3 hinaus weitere Maßnahmen von der 
Betäubungspflicht auszunehmen, soweit dies mit § 1 
vereinbar ist, 

2. Verfahren und Methoden zur Durchführung von Maß- 
nahmen nach Absatz 3 sowie auf Grund einer Rechts- 
verordnung nach Nummer 1 bestimmter Maßnahmen 
vorzuschreiben, zuzulassen oder zu verbieten, soweit 
dies zum Schutz der Tiere erforderlich ist. 

§6 

(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Am- 
putieren von Körperteilen oder das vollständige oder 
teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder 
Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn 

1 . der Eingriff im Einzelfall 

a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist oder 

b) bei jagdlich zu führenden Hunden für die vor- 
gesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und 
tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen, 

2. ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 1 oder 7 vorliegt, 

3. ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 vorliegt und der 
Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des 
Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer 
Tiere unerläßlich ist, 

4. das vollständige oder teilweise Entnehmen von Orga- 
nen oder Geweben zum Zwecke der Transplantation 
oder des Anlegens von Kulturen oder der Unter- 
suchung isolierter Organe, Gewebe oder Zellen er- 
forderlich ist, 

5. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung 
oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegen- 
stehen -zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres 
eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird. 

Eingriffe nach Satz 2 Nr. 1 und 5 sind durch einen Tierarzt 
vorzunehmen; Eingriffe nach Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie 
Absatz 3 dürfen auch durch eine andere Person vorge- 
nommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse 
und Fähigkeiten hat. Für die Eingriffe nach Satz 2 Nr. 4 
gelten die §§ 8b, 9 Abs. 1 Satz 1 , 3 und 4, Abs. 2 mit Aus- 
nahme des Satzes 3 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 sowie § 9a ent- 
sprechend. Die Eingriffe sind spätestens zwei Wochen vor 


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Beginn der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Frist 
braucht nicht eingehalten zu werden, wenn in Notfällen 
eine sofortige Durchführung des Eingriffes erforderlich ist; 
die Anzeige ist unverzüglich nachzuholen. Die in Satz 5 
genannte Frist kann von der zuständigen Behörde bei 
Bedarf auf bis zu vier Wochen verlängert werden. In der 
Anzeige sind anzugeben; 

1 . der Zweck des Eingriffs, 

2. die Art und die Zahl der für den Eingriff vorgesehenen 
Tiere, 

3. die Art und die Durchführung des Eingriffs einschließ- 
lich der Betäubung, 

4. Ort, Beginn und voraussichtliche Dauer des Vor- 
habens, 

5. Name, Anschrift und Fachkenntnisse des verantwort- 
lichen Leiters des Vorhabens und seines Stellvertreters 
sowie der durchführenden Person und die für die 
Nachbehandlung in Frage kommenden Personen, 

6. die Begründung für den Eingriff. 

(2) Verboten ist, beim Amputieren oder Kastrieren 
elastische Ringe zu verwenden; dies gilt nicht im Falle des 
§ 5 Abs. 3 Nr. 4 oder des § 6 Abs. 3 Nr. 2. 

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 kann die zu- 
ständige Behörde 

1 . das Kürzen der Schnabelspitze bei Nutzgeflügel, 

2. das Kürzen des bindegewebigen Endstückes des 
Schwanzes von unter drei Monate alten männlichen 
Kälbern mittels elastischer Ringe 

erlauben. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn 
glaubhaft dargelegt wird, daß der Eingriff im Hinblick 
auf die vorgesehene Nutzung zum Schutz der Tiere 
unerläßlich ist. Die Erlaubnis ist zu befristen und hat im 
Falle der Nummer 1 Bestimmungen über Art, Umfang und 
Zeitpunkt des Eingriffs und die durchführende Person zu 
enthalten. 

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die 
dauerhafte Kennzeichnung von Tieren, an denen nicht 
offensichtlich erkennbare Eingriffe vorgenommen worden 
sind, vorzuschreiben, wenn dies zum Schutz der Tiere 
erforderlich ist. 

(5) Der zuständigen Behörde ist im Falle des Absatzes 1 
Satz 2 Nr. 3 auf Verlangen glaubhaft darzulegen, daß der 
Eingriff für die vorgesehene Nutzung unerläßlich ist. 

§6a 

Die Vorschriften dieses Abschnittes gelten nicht für 
Tierversuche, für Eingriffe zur Aus-, Fort- oder Weiter- 
bildung und für Eingriffe zur Herstellung, Gewinnung, Auf- 
bewahrung oder Vermehrung von Stoffen, Produkten oder 
Organismen. 

Fünfter Abschnitt 
Tierversuche 
§7 

(1) Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Eingriffe 
oder Behandlungen zu Versuchszwecken 

1. an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder 
Schäden für diese Tiere oder 


2. am Erbgut von Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden 
oder Schäden für die erbgutveränderten Tiere oder 
deren Trägertiere verbunden sein können. 

(2) Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, so- 
weit sie zu einem der folgenden Zwecke unerläßlich sind: 

1. Vorbeugen, Erkennen oder Behandeln von Krank- 
heiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen 
Beschwerden oder Erkennen oder Beeinflussen 
physiologischer Zustände oder Funktionen bei Mensch 
oder Tier, 

2. Erkennen von Umweltgefährdungen, 

3. Prüfung von Stoffen oder Produkten auf ihre Unbe- 
denklichkeit für die Gesundheit von Mensch oder Tier 
oder auf ihre Wirksamkeit gegen tierische Schädlinge, 

4. Grundlagenforschung. 

Bei der Entscheidung, ob Tierversuche unerläßlich sind, 
ist insbesondere der jeweilige Stand der wissenschaft- 
lichen Erkenntnisse zugrunde zu legen und zu prüfen, ob 
der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder 
Verfahren erreicht werden kann. 

(3) Versuche an Wirbeltieren dürfen nur durchgeführt 
werden, wenn die zu erwartenden Schmerzen, Leiden 
oder Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf den Ver- 
suchszweck ethisch vertretbar sind. Versuche an Wirbel- 
tieren, die zu länger anhaltenden oder sich wiederholen- 
den erheblichen Schmerzen oder Leiden führen, dürfen 
nur durchgeführt werden, wenn die angestrebten Ergeb- 
nisse vermuten lassen, daß sie für wesentliche Bedürfnis- 
se von Mensch oder Tier einschließlich der Lösung wis- 
senschaftlicher Probleme von hervorragender Bedeutung 
sein werden, 

(4) Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von 
Waffen, Munition und dazugehörigem Gerät sind ver- 
boten. 

(5) Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeug- 
nissen, Waschmitteln und Kosmetika sind grundsätzlich 
verboten. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, im 
Falle von Kosmetika im Einvernehmen mit dem Bundes- 
ministerium für Gesundheit, Ausnahmen zu bestimmen, 
soweit es erforderlich ist, um 

1 . konkrete Gesundheitsgefährdungen abzuwehren, und 
die notwendigen neuen Erkenntnisse nicht auf andere 
Weise erlangt werden können, oder 

2. Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft durch- 
zuführen. 

§8 

(1) Wer Versuche an Wirbeltieren durchführen will, 
bedarf der Genehmigung des Versuchsvorhabens durch 
die zuständige Behörde. 

(2) Der Antrag auf Genehmigung eines Versuchs- 
vorhabens ist schriftlich bei der zuständigen Behörde 
einzureichen. In dem Antrag ist 

1. wissenschaftlich begründet darzulegen, daß die Vor- 
aussetzungen des Absatzes 3 Nr. 1 vorliegen, 

2. nachzuweisen, daß die Voraussetzungen des Ab- 
satzes 3 Nr. 2 bis 4 vorliegen, 

3. darzulegen, daß die Voraussetzungen des Absatzes 3 
Nr. 5 vorliegen. 


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Der Antrag muß ferner die Angaben nach § 8a Abs. 2 
Nr. 1 bis 5 enthalten. 

(3) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn 

1 . wissenschaftlich begründet dargelegt ist, daß 

a) die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 und 3 vor- 
liegen, 

b) das angestrebte Versuchsergebnis trotz Ausschöp- 
fung der zugänglichen Informationsmöglichkeiten 
nicht hinreichend bekannt ist oder die Überprüfung 
eines hinreichend bekannten Ergebnisses durch 
einen Doppel- oder Wiederholungsversuch un- 
erläßlich ist; 

2. der verantwortliche Leiter des Versuchsvorhabens und 
sein Stellvertreter die erforderliche fachliche Eignung 
insbesondere hinsichtlich der Überwachung der Tier- 
versuche haben und keine Tatsachen vorliegen, aus 
denen sich Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit 
ergeben; 

3. die erforderlichen Anlagen, Geräte und anderen sach- 
lichen Mittel vorhanden sowie die personellen und 
organisatorischen Voraussetzungen für die Durch- 
führung der Tierversuche einschließlich der Tätigkeit 
des Tierschutzbeauftragten gegeben sind; 

4. eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Unter- 
bringung und Pflege einschließlich der Betreuung 
der Tiere sowie ihre medizinische Versorgung sicher- 
gestellt ist und 

5. die Einhaltung der Vorschriften des § 9 Abs. 1 und 2 
und des § 9a erwartet werden kann. 

(4) In dem Genehmigungsbescheid sind der Leiter 
des Versuchsvorhabens und sein Stellvertreter anzu- 
geben. Wechselt der Leiter eines Versuchsvorhabens 
oder sein Stellvertreter, so hat der Genehmigungsinhaber 
diese Änderung der zuständigen Behörde unverzüglich 
anzuzeigen; die Genehmigung gilt weiter, wenn sie nicht 
innerhalb eines Monats widerrufen wird. 

(5) Die Genehmigung ist zu befristen. Im Falle des 
Absatzes 5a Satz 1 gilt die im Antrag genannte voraus- 
sichtliche Dauer des Versuchsvorhabens. 

(5a) Hat die Behörde über den Antrag nicht innerhalb 
einer Frist von drei Monaten, im Falle von Versuchen 
an betäubten Tieren, die noch unter dieser Betäubung 
getötet werden, nicht innerhalb einer Frist von zwei 
Monaten, schriftlich entschieden, so gilt die Genehmigung 
als erteilt. Die Frist von zwei Monaten kann von der 
zuständigen Behörde bei Bedarf nach Anhörung des 
Antragstellers auf bis zu drei Monate verlängert werden. 
Bei der Berechnung der Frist bleiben die Zeiten unberück- 
sichtigt, während derer der Antragsteller trotz schriftlicher 
Aufforderung der Behörde den Anforderungen nach 
Absatz 2 nicht nachgekommen ist. Die Genehmigung 
nach Satz 1 kann nachträglich mit Auflagen versehen 
werden, soweit dies zur Erfüllung der Voraussetzungen 
des Absatzes 3 erforderlich ist. 

(6) Wird die Genehmigung einer Hochschule oder 
anderen Einrichtung erteilt, so müssen die Personen, 
welche die Tierversuche durchführen, bei der Einrichtung 
beschäftigt oder mit Zustimmung des verantwortlichen 
Leiters zur Benutzung der Einrichtung befugt sein. 


(7) Der Genehmigung bedürfen nicht Versuchsvor- 
haben, 

1 . deren Durchführung ausdrücklich 

a) durch Gesetz, Rechtsverordnung oder durch das 
Arzneibuch oder durch unmittelbar anwendbaren 
Rechtsakt eines Organs der Europäischen Gemein- 
schaften vorgeschrieben, 

b) in einer von der Bundesregierung oder einem 
Bundesministerium mit Zustimmung des Bundes- 
rates im Einklang mit § 7 Abs. 2 und 3 erlassenen 
allgemeinen Verwaltungsvorschrift vorgesehen 
oder 

c) auf Grund eines Gesetzes oder einer Rechtsver- 
ordnung oder eines unmittelbar anwendbaren 
Rechtsaktes eines Organs der Europäischen 
Gemeinschaften von einem Richter oder einer 
Behörde angeordnet oder im Einzelfall als Vor- 
aussetzung für den Erlaß eines Verwaltungsaktes 
gefordert 

ist; 

2. die als Impfungen, Blutentnahmen oder sonstige 
diagnostische Maßnahmen nach bereits erprobten 
Verfahren an Tieren vorgenommen werden und 

a) der Erkennung insbesondere von Krankheiten, 
Leiden, Körperschäden oder körperlichen Be- 
schwerden bei Mensch oder Tier oder 

b) der Prüfung von Seren, Blutzubereitungen, Impf- 
stoffen, Antigenen oder Testallergenen im Rahmen 
von Zulassungsverfahren oder Chargenprüfungen 
dienen. 

Der Genehmigung bedürfen ferner nicht Änderungen 
genehmigter Versuchsvorhaben, sofern 

1 . der Zweck des Versuchsvorhabens beibehalten wird, 

2. bei den Versuchstieren keine stärkeren Schmerzen, 
Leiden oder Schäden entstehen, 

3. die Zahl der Versuchstiere nicht wesentlich erhöht wird 
und 

4. diese Änderungen vorher der zuständigen Behörde 
angezeigt worden sind; § 8a Abs. 2 und 5 gilt ent- 
sprechend. 

§8a 

(1) Wer Tierversuche an Wirbeltieren, die nicht der 
Genehmigung bedürfen, oder an Cephalopoden oder 
Dekapoden durchführen will, hat das Versuchsvorhaben 
spätestens zwei Wochen vor Beginn der zuständigen 
Behörde anzuzeigen. Die Frist braucht nicht eingehalten 
zu werden, wenn in Notfällen eine sofortige Durchführung 
des Tierversuchs erforderlich ist; die Anzeige ist unver- 
züglich nachzuholen. Die in Satz 1 genannte Frist kann 
von der zuständigen Behörde bei Bedarf auf bis zu vier 
Wochen verlängert werden. 

(2) In derAnzeige sind anzugeben: 

1 . der Zweck des Versuchsvorhabens, 

2. die Art und bei Wirbeltieren zusätzlich die Zahl der für 
das Versuchsvorhaben vorgesehenen Tiere, 

3. die Art und die Durchführung der beabsichtigten Tier- 
versuche einschließlich der Betäubung, 

4. Ort, Beginn und voraussichtliche Dauer des Versuchs- 
vorhabens, 


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5. Name, Anschrift und Fachkenntnisse des verantwort- 
lichen Leiters des Versuchsvorhabens und seines Stell- 
vertreters sowie der durchführenden Person und die für 
die Nachbehandlung in Frage kommenden Personen, 

6. bei Versuchsvorhaben nach § 8 Abs. 7 Nr. 1 der 
Rechtsgrund der Genehmigungsfreiheit. 

(3) Ist die Durchführung mehrerer gleichartiger Ver- 
suchsvorhaben beabsichtigt, so genügt die Anzeige des 
ersten Versuchsvorhabens, wenn in der Anzeige zusätz- 
lich die voraussichtliche Zahl der Versuchsvorhaben 
angegeben wird. Am Ende eines jeden Jahres ist der 
zuständigen Behörde die Zahl der durchgeführten Ver- 
suchsvorhaben sowie bei Wirbeltieren Art und Zahl der 
insgesamt verwendeten Tiere anzugeben. 

(4) Ändern sich nach Absatz 2 angegebene Sach- 
verhalte während des Versuchsvorhabens, so sind diese 
Änderungen unverzüglich der zuständigen Behörde 
anzuzeigen, es sei denn, daß die Änderung für die 
Überwachung des Versuchsvorhabens ohne Bedeutung 
ist. 

(5) Die zuständige Behörde hat Tierversuche zu unter- 
sagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß 
die Einhaltung der Vorschriften des § 7 Abs. 2 oder 3, des 
§ 8b Abs. 1 , 2, 4, 5 oder 6 oder des § 9 Abs. 1 oder 2 nicht 
sichergestellt ist, und diesem Mangel nicht innerhalb einer 
von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen 
worden ist. 

(6) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die 
Anzeigepflicht nach Absatz 1 auf Versuche an sonstigen 
wirbellosen Tieren auszudehnen, soweit dies zum Schutz 
von Tieren, die auf einer den Wirbeltieren entsprechenden 
sinnesphysiologischen Entwicklungsstufe stehen, erfor- 
derlich ist. 

§8b 

(1) Träger von Einrichtungen, in denen Tierversuche 
an Wirbeltieren durchgeführt werden, haben einen oder 
mehrere Tierschutzbeauftragte zu bestellen und die 
Bestellung der zuständigen Behörde anzuzeigen. In der 
Anzeige sind auch die Stellung und die Befugnisse des 
Tierschutzbeauftragten nach Absatz 6 Satz 3 anzugeben. 

(2) Zum Tierschutzbeauftragten können nur Personen 
mit abgeschlossenem Hochschulstudium der Veterinär- 
medizin, Medizin oder Biologie - Fachrichtung Zoologie - 
bestellt werden. Sie müssen die für die Durchführung 
ihrer Aufgaben erforderlichen Fachkenntnisse und die 
hierfür erforderliche Zuverlässigkeit haben. Die zuständige 
Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von Satz 1 
zulassen. 

(3) Der Tierschutzbeauftragte ist verpflichtet, 

1 . auf die Einhaltung von Vorschriften, Bedingungen und 
Auflagen im Interesse des Tierschutzes zu achten, 

2. die Einrichtung und die mit den Tierversuchen und mit 
der Haltung der Versuchstiere befaßten Personen zu 
beraten, 

3. zu jedem Antrag auf Genehmigung eines Tierversuchs 
Stellung zu nehmen, 

4. innerbetrieblich auf die Entwicklung und Einführung 
von Verfahren und Mitteln zur Vermeidung oder Be- 
schränkung von Tierversuchen hinzuwirken. 


(4) Führt der Tierschutzbeauftragte selbst ein Ver- 
suchsvorhaben durch, so muß für dieses Versuchs- 
vorhaben ein anderer Tierschutzbeauftragter tätig sein. 

(5) Die Einrichtung hat den Tierschutzbeauftragten 
bei der Erfüllung seiner Aufgaben so zu unterstützen und 
von allen Versuchsvorhaben zu unterrichten, daß er seine 
Aufgaben uneingeschränkt wahrnehmen kann. 

(6) Der Tierschutzbeauftragte ist bei der Erfüllung sei- 
ner Aufgaben weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung 
seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden. Seine Stel- 
lung und seine Befugnisse sind durch Satzung, innerbe- 
triebliche Anweisung oder in ähnlicher Form zu regeln. 
Dabei ist sicherzusteilen, daß der Tierschutzbeauftragte 
seine Vorschläge oder Bedenken unmittelbar der in der 
Einrichtung entscheidenden Stelle vortragen kann. Wer- 
den mehrere Tierschutzbeauftragte bestellt, so sind ihre 
Aufgabenbereiche festzulegen. 

§9 

(1) Tierversuche dürfen nur von Personen durchgeführt 
werden, die die dafür erforderlichen Fachkenntnisse 
haben. Tierversuche an Wirbeltieren, ausgenommen Ver- 
suche nach § 8 Abs. 7 Nr. 2, dürfen darüber hinaus nur 
von Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium 
der Veterinärmedizin oder der Medizin oder von Personen 
mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Hoch- 
schulstudium oder von Personen, die auf Grund einer 
abgeschlossenen Berufsausbildung nachweislich die er- 
forderlichen Fachkenntnisse haben, durchgeführt werden. 
Tierversuche mit operativen Eingriffen an Wirbeltieren 
dürfen nur von Personen mit abgeschlossenem Hoch- 
schulstudium 

1 . der Veterinärmedizin oder Medizin oder 

2. der Biologie - Fachrichtung Zoologie -, wenn diese 
Personen an Hochschulen oder anderen wissenschaft- 
lichen Einrichtungen tätig sind, 

durchgeführt werden. Die zuständige Behörde läßt Aus- 
nahmen von den Sätzen 2 und 3 zu, wenn der Nachweis 
der erforderlichen Fachkenntnisse auf andere Weise 
erbracht ist. 

(2) Tierversuche sind auf das unerläßliche Maß zu 
beschränken. Bei der Durchführung ist der Stand der 
wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Im 
einzelnen gilt für die Durchführung folgendes: 

1. Versuche an .sinnesphysiologisch höher entwickelten 
Tieren, insbesondere warmblütigen Tieren, dürfen nur 
durchgeführt werden, soweit Versuche an sinnes- 
physioiogisch niedriger entwickelten Tieren für den 
verfolgten Zweck nicht ausreichen. Versuche an Tie- 
ren, die aus der Natur entnommen worden sind, dürfen 
nur durchgeführt werden, soweit Versuche an anderen 
Tieren für den verfolgten Zweck nicht ausreichen. 

2. Für den Tierversuch dürfen nicht mehr Tiere verwendet 
werden, als für den verfolgten Zweck erforderlich ist. 

3. Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen den Tieren 
nur in dem Maße zugefügt werden, als es für den 
verfolgten Zweck unerläßlich ist; insbesondere dürfen 
sie nicht aus Gründen der Arbeite-, Zeit- oder Kosten- 
ersparnis zugefügt werden. 

4. Versuche an Wirbeltieren dürfen vorbehaltlich des 
Satzes 4 nur unter Betäubung vorgenommen werden. 
Die Betäubung darf nur von einer Person, die die 


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1112 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr, 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1 998 


Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 und 2 erfüllt, 
oder unter ihrer Aufsicht vorgenommen werden. Ist bei 
einem betäubten Wirbeltier damit zu rechnen, daß mit 
Abklingen der Betäubung erhebliche Schmerzen auf- 
treten, so muß das Tier rechtzeitig mit schmerzlindern- 
den Mitteln behandelt werden, es sei denn, daß dies 
mit dem Zweck des Tierversuchs nicht vereinbar ist. An 
einem nicht betäubten Wirbeltier darf 

a) kein Eingriff vorgenommen werden, der zu schwe- 
ren Verletzungen führt, 

b) ein Eingriff nur vorgenommen werden, wenn der 
mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger 
ist als die mit einer Betäubung verbundene Be- 
einträchtigung des Befindens des Versuchstieres 
oder der Zweck des Tierversuchs eine Betäubung 
ausschließt. 

An einem nicht betäubten Wirbeltier darf nur einmal ein 
erheblich schmerzhafter Eingriff oder eine erheblich 
schmerzhafte Behandlung durchgeführt werden, es sei 
denn, daß der Zweck des Tierversuchs anders nicht 
erreicht werden kann. Bei einem nicht betäubten 
Wirbeltier dürfen keine Mittel angewandt werden, 
durch die die Äußerung von Schmerzen verhindert 
oder eingeschränkt wird. 

5. Wird bei einem Wirbeltier ein schwerer operativer 
Eingriff vorgenommen oder ist das Tier in einem mit 
erheblichen oder länger anhaltenden Schmerzen oder 
Leiden oder mit erheblichen Schäden verbundenen 
Tierversuch verwendet worden, so darf es nicht für ein 
weiteres Versuchsvorhaben verwendet werden, es sei 
denn, sein allgemeiner Gesundheitszustand und sein 
Wohlbefinden sind vollständig wiederhergestellt und 
der weitere Tierversuch 

a) ist nicht mit Leiden oder Schäden und nur mit un- 
erheblichen Schmerzen verbunden oder 

b) wird unter Betäubung vorgenommen und das Tier 
wird unter dieser Betäubung getötet. 

6. Bei Tierversuchen zur Ermittlung der tödlichen Dosis 
oder tödlichen Konzentration eines Stoffes ist das 
Tier schmerzlos zu töten, sobald erkennbar ist, daß es 
infolge der Wirkung des Stoffes stirbt. 

7. Wirbeltiere, mit Ausnahme der Pferde, Rinder, 
Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner, Tauben, Puten, 
Enten, Gänse und Fische, dürfen für Tierversuche nur 
verwendet werden, wenn sie für einen solchen Zweck 
gezüchtet worden sind. Die zuständige Behörde kann, 
soweit es mit dem Schutz der Tiere vereinbar ist, Aus- 
nahmen hiervon zulassen, wenn für Versuchszwecke 
gezüchtete Tiere der betreffenden Art nicht zur Ver- 
fügung stehen oder der Zweck des Tierversuchs die 
Verwendung von Tieren anderer Herkunft erforderlich 
macht. 

8. Nach Abschluß eines Tierversuchs ist jeder ver- 
wendete und überlebende Affe, Halbaffe, Einhufer, 
Paarhufer, Hund, Hamster sowie jede verwendete und 
überlebende Katze und jedes verwendete und über- 
lebende Kaninchen und Meerschweinchen unverzüg- 
lich einem Tierarzt zur Untersuchung vorzustellen. 
Kann das Tier nach dem Urteil des Tierarztes nur unter 
Schmerzen oder Leiden weiterleben, so muß es un- 
verzüglich schmerzlos getötet werden. Andere als in 
Satz 1 bezeichnete Tiere sind gleichfalls unverzüglich 
schmerzlos zu töten, wenn dies nach dem Urteil der 


Person, die den Tierversuch durchgeführt hat, erfor- 
derlich ist. Soll ein Tier am Ende eines Tierversuchs am 
Leben erhalten werden, so muß es seinem Gesund- 
heitszustand entsprechend gepflegt und dabei von 
einem Tierarzt oder einer anderen befähigten Person 
beobachtet und erforderlichenfalls medizinisch ver- 
sorgt werden. 

(3) Für die Einhaltung der Vorschriften der Absätze 1 
und 2 ist der Leiter des Versuchsvorhabens oder sein 
Stellvertreter verantwortlich. Das Gleiche gilt für die Erfül- 
lung von Auflagen, die mit einer Genehmigung nach § 8 
verbunden sind. 

§9a 

Über die Tierversuche sind Aufzeichnungen zu machen. 
Die Aufzeichnungen müssen für jedes Versuchsvorhaben 
den mit ihm verfolgten Zweck, insbesondere die Gründe 
für nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 erlaubte Versuche an sinnes- 
physiologisch höher entwickelten Tieren, sowie die Zahl 
und Bezeichnung der verwendeten Tiere und die Art und 
Ausführung der Versuche angeben. Werden Wirbeltiere 
verwendet, so ist auch ihre Herkunft einschließlich des 
Namens und der Anschrift des Vorbesitzers anzugeben; 
bei Hunden und Katzen sind zusätzlich Geschlecht und 
Rasse sowie Art und Zeichnung des Fells und eine an dem 
Tier vorgenommene Kennzeichnung anzugeben. Die Auf- 
zeichnungen sind von den Personen, die die Versuche 
durchgeführt haben, und von dem Leiter des Versuchs- 
vorhabens zu unterzeichnen; der Unterschrift bedarf es 
nicht, wenn die Aufzeichnungen mit Hilfe automatischer 
Einrichtungen erstellt werden. Die Aufzeichnungen sind 
drei Jahre lang nach Abschluß des Versuchsvorhabens 
aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Ver- 
langen zur Einsichtnahme vorzulegen. 

Sechster Abschnitt 

Eingriffe und Behandlungen 
zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung 

§10 

(1) Zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung dürfen Eingriffe 
oder Behandlungen an Tieren, die mit Schmerzen, Leiden 
oder Schäden verbunden sind, nur durchgeführt werden 

1. an einer Hochschule, einer anderen wissenschaft- 
lichen Einrichtung oder einem Krankenhaus oder 

2. im Rahmen einer Aus-, Fort- oder Weiterbildung für 
Heilhilfsberufe oder naturwissenschaftliche Hilfsberufe. 

Sie dürfen nur vorgenommen werden, soweit ihr Zweck 
nicht auf andere Weise, insbesondere durch filmische 
Darstellungen, erreicht werden kann. Der zuständigen 
Behörde ist auf Verlangen zu begründen, warum der 
Zweck der Eingriffe oder Behandlungen nicht auf andere 
Weise erreicht werden kann. 

(2) Auf Eingriffe oder Behandlungen zur Aus-, Fort- oder 
Weiterbildung sind die §§ 8a, 8b, 9 Abs. 1 und 2 und § 9a 
entsprechend anzuwenden. § 8a Abs. 1 Satz 1 ist mit der 
Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß die Eingriffe 
oder Behandlungen vor Aufnahme in das Lehrprogramm 
oder vor Änderung des Lehrprogramms anzuzeigen sind. 
§ 9 Abs. 1 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwen- 
den, daß die Eingriffe und Behandlungen nur durch die 


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dort genannten Personen, in deren Anwesenheit und unter 
deren Aufsicht oder in Anwesenheit und unter Aufsicht 
einer anderen von der Leitung der jeweiligen Veranstal- 
tung hierzu beauftragten sachkundigen Person durch- 
geführt werden dürfen. 

(3) Für die Einhaltung der Vorschriften der Absätze 1 
und 2 ist der Leiter der Aus-, Fort- oder Weiterbildung oder 
sein Stellvertreter verantwortlich. 


Siebenter Abschnitt 

Eingriffe und Behandlungen zur Herstellung, 
Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung 
von Stoffen, Produkten oder Organismen 

§10a 

Zur Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Ver- 
mehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen dürfen 
Eingriffe oder Behandlungen an Wirbeltieren, die mit 
Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein kön- 
nen, nur vorgenommen werden, wenn die Voraussetzun- 
gen des § 7 Abs. 2 und 3 vorliegen. Wer Eingriffe oder 
Behandlungen vornehmen will, hat diese spätestens zwei 
Wochen vor Beginn der zuständigen Behörde anzuzeigen. 
Die Behörde kann die Frist auf Antrag verkürzen. § 8a 
Abs. 2 bis 5, die §§ 8b, 9 Abs. 1 Satz 1 , Abs. 2, 3 Satz 1 und 
§ 9a gelten entsprechend. 

Achter Abschnitt 

Zucht, Halten von Tieren, Handel mit Tieren 
§11 

(1) Wer 

1 . Wirbeltiere 

a) nach § 9 Abs. 2 Nr. 7 zu Versuchszwecken oder 
zu den in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10 Abs. 1 oder 
§ 1 0a genannten Zwecken oder 

b) nach § 4 Abs. 3 zu dem dort genannten Zweck 
züchten oder halten, 

2. Tiere für andere in einem Tierheim oder in einer ähn- 
lichen Einrichtung halten, 

2a. Tiere in einem Zoologischen Garten oder einer ande- 
ren Einrichtung, in der Tiere gehalten und zur Schau 
gestellt werden, halten, 

2b. für Dritte Hunde zu Schutzzwecken ausbilden oder 
hierfür Einrichtungen unterhalten, 

2c. Tierbörsen zum Zwecke des Tausches oder Verkau- 
fes von Tieren durch Dritte durchführen oder 

3. gewerbsmäßig 

a) Wirbeltiere, außer landwirtschaftliche Nutztiere, 
züchten oder halten, 

b) mit Wirbeltieren handeln, 

c) einen Reit- oder Fährbetrieb unterhalten, 

d) Tiere zur Schau stellen oder für solche Zwecke zur 
Verfügung stellen oder 

e) Wirbeltiere als Schädlinge bekämpfen 

will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. 


1113 

In dem Antrag auf Erteilung der Erlaubnis sind anzugeben: 

1 . die Art der betroffenen Tiere, 

2. die für die Tätigkeit verantwortliche Person, 

3. in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 bis 3 Buchstaben a 
bis d die Räume und Einrichtungen und im Falle des 
Satzes 1 Nr. 3 Buchstabe e die Vorrichtungen sowie die 
Stoffe und Zubereitungen, die für die Tätigkeit bestimmt 
sind. 

Dem Antrag sind Nachweise über die Sachkunde im Sinne 
des Absatzes 2 Nr. 1 beizufügen. 

(2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn 

1 . mit Ausnahme der Fälle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2c, 
die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund 
ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder 
sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit 
erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten 
hat; der Nachweis hierüber ist auf Verlangen in einem 
Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen, 

2. die für die Tätigkeit verantwortliche Person die erfor- 
derliche Zuverlässigkeit hat, 

3. die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen 
eine den Anforderungen des § 2 entsprechende 
Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere er- 
möglichen und 

4. in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e 
die zur Verwendung vorgesehenen Vorrichtungen und 
Stoffe oder Zubereitungen für eine tierschutzgerechte 
Bekämpfung der betroffenen Wirbeltierarten geeignet 
sind; dies gilt nicht für Vorrichtungen, Stoffe oder 
Zubereitungen, die nach anderen Vorschriften zu 
diesem Zweck zugelassen oder vorgeschrieben sind. 

(2a) Die Erlaubnis kann, soweit es zum Schutz der Tiere 
erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und 
Auflagen erteilt werden. Insbesondere kann angeordnet 
werden 

1 . die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Tiere sowie 
zur Führung eines Tierbestandsbuches, 

2. eine Beschränkung der Tiere nach Art, Gattung oder 
Zahl, 

3. die regelmäßige Fort- und Weiterbildung, 

4. das Verbot, Tiere zum Betteln zu verwenden, 

5. bei Einrichtungen mit wechselnden Standorten die 
unverzügliche Meldung bei der für den Tätigkeitsort 
zuständigen Behörde, 

6. die Fortpflanzung der Tiere zu verhindern. 

(3) Mit der Ausübung der Tätigkeit nach Absatz 1 Satzl 
darf erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden. 
Die zuständige Behörde soll demjenigen die Ausübung 
der Tätigkeit untersagen, der die Erlaubnis nicht hat. 

(4) Die Ausübung der nach Absatz 3 Satz 2 untersagten 
Tätigkeit kann von der zuständigen Behörde auch durch 
Schließung der Betriebs- oder Geschäftsräume verhindert 
werden. 

(5) Wer gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handelt, hat 
sicherzustellen, daß die für ihn im Verkauf tätigen Per- 
sonen, mit Ausnahme der Auszubildenden, ihm gegen- 
über vor Aufnahme dieser Tätigkeit den Nachweis ihrer 
Sachkunde auf Grund ihrer Ausbildung, ihres bisherigen 
beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren oder ihrer 
entsprechenden Unterrichtung erbracht haben. 


2. § 1 1 Abs. 5 erhält folgende Fußnote: 

㤠11 Abs. 5 gilt nach Artikel 1 Nr. 19 Buchstabe e in 
Verbindung mit Artikel 3 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 
25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1094) ab dem 1. Mai 2000.“ 


Berichtigung der Bekanntmachung der Neufassung des 
Tierschutzgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1818) 


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§11a 

(1) Wer Wirbeltiere 

1 . nach § 9 Abs. 2 Nr. 7 zu Versuchszwecken oder zu den 
in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10 Abs. 1 oder § 10a 
genannten Zwecken oder 

2. nach § 4 Abs. 3 zu dem dort genannten Zweck 

züchtet oder hält oder mit solchen Wirbeltieren handelt, 
hat über die Herkunft und den Verbleib der Tiere Aufzeich- 
nungen zu machen und die Aufzeichnungen drei Jahre 
lang aufzubewahren. Dies gilt nicht, soweit für Wirbeltiere 
wildlebender Arten eine entsprechende Aufzeichnungs- 
pflicht auf Grund jagdrechtlicher oder naturschutzrecht- 
licher Vorschriften besteht. 

(2) Wer Hunde oder Katzen zur Abgabe oder Verwen- 
dung zu einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Zwecke 
züchtet, hat sie, bevor sie vom Muttertier abgesetzt 
werden, dauerhaft so zu kennzeichnen, daß ihre Identität 
festgestellt werden kann; Affen oder Halbaffen müssen 
nach dem Absetzen oder dem Entfernen aus dem Sozial- 
verband entsprechend dauerhaft gekennzeichnet werden. 
Wer nicht gekennzeichnete Hunde, Katzen, Affen oder 
Halbaffen zur Abgabe oder Verwendung zu einem der in 
Absatz 1 Satz 1 genannten Zwecke erwirbt, hat den Nach- 
weis zu erbringen, daß es sich um für solche Zwecke 
gezüchtete Tiere handelt und deren Kennzeichnung nach 
Satz 1 unverzüglich vorzunehmen. 

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 
Vorschriften über Art und Umfang der Aufzeichnungen 
und der Kennzeichnung zu erlassen. Es kann dabei vor- 
sehen, daß Aufzeichnungen auf Grund anderer Rechts- 
vorschriften als Aufzeichnungen nach Satz 1 gelten. 

(4) Wer Wirbeltiere zur Verwendung als Versuchstiere 
oder zu den in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 1 0 Abs. 1 oder 
§ 10a genannten Zwecken oder Wirbeltiere nach § 4 
Abs. 3 zu dem dort genannten Zweck aus Drittländern ein- 
führen will, bedarf der Genehmigung durch die zuständige 
Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn nach- 
gewiesen wird, daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 
Nr. 7 erfüllt sind. 

§11b 

(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch 
bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn 
damit gerechnet werden muß, daß bei der Nachzucht, den 
bio- oder gentechnisch veränderten Tieren selbst oder 
deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder 
Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder un- 
tauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, 
Leiden oder Schäden auftreten. 

(2) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch 
bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn 
damit gerechnet werden muß, daß bei den Nachkommen 

a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltens- 
störungen oder mit Leiden verbundene erblich be- 
dingte Aggressionssteigerungen auftreten oder 

b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen 
selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder 
vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder 

c) deren Haltung nur unter Bedingungen möglich ist, die 
bei ihnen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden 
oder Schäden führen. 


(3) Die zuständige Behörde kann das Unfruchtbar- 
machen von Wirbeltieren anordnen, wenn damit gerech- 
net werden muß, daß deren Nachkommen Störungen oder 
Veränderungen im Sinne des Absatzes 1 oder 2 zeigen. 

(4) Die Absätze 1 , 2 und 3 gelten nicht für durch Züch- 
tung oder bio- oder gentechnische Maßnahmen veränder- 
te Wirbeltiere, die für wissenschaftliche Zwecke notwen- 
dig sind. 

(5) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, 
soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die erblich 
bedingten Veränderungen, Verhaltensstörungen und 
Aggressionssteigerungen nach den Absätzen 1 und 2 
näher zu bestimmen und dabei insbesondere bestimmte 
Zuchtformen und Rassemerkmale zu verbieten oder zu 
beschränken. 

§11c 

Ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten dürfen 
Wirbeltiere an Kinder oder Jugendliche bis zum vollende- 
ten 1 6. Lebensjahr nicht abgegeben werden. 

Neunter Abschnitt 

Verbringungs-, Verkehrs- und Haltungsverbot 
§12 

(1) Wirbeltiere, an denen Schäden feststellbar sind, von 
denen anzunehmen ist, daß sie durch tierschutzwidrige 
Handlungen verursacht worden sind, dürfen nicht ge- 
halten oder ausgestellt werden; das Nähere wird durch 
Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 oder 5 
geregelt. 

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, 
soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, 

1. das Verbringen von Tieren oder Erzeugnissen tieri- 
scher Herkunft aus einem Staat, der nicht der Euro- 
päischen Gemeinschaft angehört, in das Inland (Ein- 
fuhr) von der Einhaltung von Mindestanforderungen 
hinsichtlich der Tierhaltung oder des Tötens von Tieren 
und von einer entsprechenden Bescheinigung abhän- 
gig zu machen sowie deren Inhalt, Form, Ausstellung 
und Aufbewahrung zu regeln, 

2. die Einfuhr bestimmter Tiere von einer Genehmigung 
abhängig zu machen, 

3. das Verbringen bestimmter Tiere aus dem Inland in 
einen anderen Staat zu verbieten, 

4. das Verbringen von Wirbeltieren in das Inland oder das 
Halten, insbesondere das Ausstellen von Wirbeltieren 
im Inland zu verbieten, wenn an den Tieren zum Er- 
reichen bestimmter Rassemerkmale tierschutzwidrige 
Handlungen vorgenommen worden sind, 

5. das Halten von Wirbeltieren, an denen Schäden fest- 
stellbar sind, von denen anzunehmen ist, daß sie den 
Tieren durch tierschutzwidrige Handlungen zugefügt 
worden sind, zu verbieten, wenn das Weiterleben der 
Tiere nur unter Leiden möglich ist, 

6. vorzuschreiben, daß Tiere oder Erzeugnisse tierischer 
Herkunft nur über bestimmte Zollsteilen mit zugeord- 
neten Überwachungsstellen eingeführt oder ausge- 


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führt werden dürfen, die das Bundesministerium im 
Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finan- 
zen im Bundesanzeiger bekannt gemacht hat. 

Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 Nr. 1 , 2 oder 3 kann 
nicht erlassen werden, soweit diese nicht zur Durch- 
führung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft 
auf diesem Gebiet erforderlich ist oder völkerrechtliche 
Verpflichtungen entgegenstehen. Eine Rechtsverordnung 
nach Satz 1 Nr. 4 oder 5 kann nicht erlassen werden, 
soweit Gemeinschaftsrecht oder völkerrechtliche Ver- 
pflichtungen entgegenstehen. 


Zehnter Abschnitt 

Sonstige Bestimmungen zum Schutz der Tiere 
§13 

(1) Es ist verboten, zum Fangen, Fernhalten oder 
Verscheuchen von Wirbeltieren Vorrichtungen oder 
Stoffe anzuwenden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer 
Schmerzen, Leiden oder Schäden für Wirbeltiere ver- 
bunden ist; dies gilt nicht für die Anwendung von Vor- 
richtungen oder Stoffen, die auf Grund anderer Rechts- 
vorschriften zugelassen sind. Vorschriften des Jagd- 
rechts, des Naturschutzrechts, des Pflanzenschutzrechts 
und des Seuchenrechts bleiben unberührt. 

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum 
Schutz des Wildes Maßnahmen anzuordnen, die das Wild 
vor vermeidbaren Schmerzen oder Schäden durch land- 
oder forstwirtschaftliche Arbeiten schützen. 

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einver- 
nehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und 
dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und 
Reaktorsicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustim- 
mung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere 
erforderlich ist, das Halten von Tieren wildlebender Arten, 
den Handel mit solchen Tieren sowie ihre Einfuhr oder ihre 
Ausfuhr aus dem Inland in einen Staat, der der Euro- 
päischen Gemeinschaft nicht angehört (Ausfuhr) zu ver- 
bieten, zu beschränken oder von einer Genehmigung 
abhängig zu machen. Ais Genehmigungsvoraussetzung 
kann insbesondere gefordert werden, daß der Antrag- 
steller die für die jeweilige Tätigkeit erforderliche Zuverläs- 
sigkeit und die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und 
Fähigkeiten besitzt und nachweist sowie daß eine den 
Anforderungen des § 2 entsprechende Ernährung, Pflege 
und Unterbringung der Tiere sichergestellt ist. In der 
Rechtsverordnung können ferner Anforderungen an den 
Nachweis der erforderlichen Zuverlässigkeit und der er- 
forderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nach 
Satz 2 festgelegt sowie das Verfahren des Nachweises 
geregelt werden. 

§13a 

Das Bundesministerium wird ermächtigt, zur Verbes- 
serung des Tierschutzes durch Rechtsverordnung mit Zu- 
stimmung des Bundesrates Anforderungen an freiwillige 
Prüfverfahren zu bestimmen, mit denen nachgewiesen 
wird, daß serienmäßig hergestellte Aufstallungssysteme 
und Stalleinrichtungen zum Halten landwirtschaftlicher 
Nutztiere und beim Schlachten verwendete Betäubungs- 
geräte und -anlagen über die Anforderungen dieses 


Gesetzes und die Mindestanforderungen der auf Grund 
dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen hinaus- 
gehen. Es hat hierbei insbesondere Kriterien, Verfahren 
und Umfang der freiwilligen Prüfverfahren sowie Anforde- 
rungen an die Sachkunde der im Rahmen derartiger Prüf- 
verfahren tätigen Gutachter festzulegen. 

Elfter Abschnitt 
Durchführung des Gesetzes 

§14 

(1) Das Bundesministerium der Finanzen und die von 
ihm bestimmten Zollstellen wirken bei der Überwachung 
der Einfuhr und Ausfuhr von Tieren mit. Die genannten 
Behörden können 

1 . Tiere sowie deren Beförderungsmittel, Behälter, Lade- 
und Verpackungsmittel bei der Einfuhr zur Über- 
wachung anhalten, 

2. den Verdacht von Verstößen gegen Verbote und 
Beschränkungen dieses Gesetzes oder der nach die- 
sem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen, der sich 
bei der Abfertigung ergibt, den zuständigen Behörden 
mitteilen, 

3. in den Fällen der Nummer 2 anordnen, daß die Tiere auf 
Kosten und Gefahr des Verfügungsberechtigten der 
zuständigen Behörde vorgeführt werden. 

(2) Das Bundesministerium der Finanzen regelt im 
Einvernehmen mit dem Bundesministerium durch Rechts- 
verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Ein- 
zelheiten des Verfahrens nach Absatz 1 . Es kann dabei 
insbesondere Pflichten zu Anzeigen, Anmeldungen, Aus- 
künften und zur Leistung von Hilfsdiensten sowie zur 
Duldung der Einsichtnahme in Geschäftspapiere und 
sonstige Unterlagen und zur Duldung von Besichtigungen 
vorsehen. 

§15 

(1) Die Durchführung dieses Gesetzes und der auf 
Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen 
obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Die 
nach Landesrecht zuständigen Behörden berufen jeweils 
eine oder mehrere Kommissionen zur Unterstützung der 
zuständigen Behörden bei der Entscheidung über die 
Genehmigung von Tierversuchen. Die Mehrheit der Kom- 
missionsmitglieder muß die für die Beurteilung von Tier- 
versuchen erforderlichen Fachkenntnisse der Veterinär- 
medizin, der Medizin oder einer naturwissenschaftlichen 
Fachrichtung haben. In die Kommissionen sind auch 
Mitglieder zu berufen, die aus Vorschlagslisten der Tier- 
schutzorganisationen ausgewählt worden sind und auf 
Grund ihrer Erfahrungen zur Beurteilung von Tierschutz- 
fragen geeignet sind; die Zahl dieser Mitglieder muß ein 
Drittel der Kommissionsmitglieder betragen. Die zustän- 
dige Behörde unterrichtet unverzüglich die Kommission 
über Anträge auf Genehmigung von Versuchsvorhaben 
und gibt ihr Gelegenheit, in angemessener Frist Stellung 
zu nehmen. 

(2) Die zuständigen Behörden sollen im Rahmen der 
Durchführung dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses 
Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen den beamte- 
ten Tierarzt als Sachverständigen beteiligen. 


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1116 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1 998 


(3) Im Bereich der Bundeswehr obliegt die Durch- 
führung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Ge- 
setzes erlassenen Rechtsvorschriften den zuständigen 
Dienststellen der Bundeswehr. Das Bundesministerium 
der Verteidigung beruft eine Kommission zur Unterstüt- 
zung der zuständigen Dienststellen bei der Entscheidung 
über die Genehmigung von Versuchsvorhaben. Die Mehr- 
heit der Kommissionsmitglieder muß die für die Beurtei- 
lung von Tierversuchen erforderlichen Fachkenntnisse der 
Veterinärmedizin, der Medizin oder einer naturwissen- 
schaftlichen Fachrichtung haben. In die Kommission sol- 
len auch Mitglieder berufen werden, die aus Vorschlags- 
listen der Tierschutzorganisationen ausgewählt worden 
sind und auf Grund ihrer Erfahrungen zur Beurteilung von 
Tierschutzfragen geeignet sind. Die zuständige Dienst- 
stelle unterrichtet unverzüglich die Kommission über 
Anträge auf Genehmigung von Versuchsvorhaben und 
gibt ihr Gelegenheit, in angemessener Frist Stellung zu 
nehmen. Die Sicherheitsbelange der Bundeswehr sind zu 
berücksichtigen. Sollen Tierversuche im Auftrag der Bun- 
deswehr durchgeführt werden, so ist die Kommission 
hiervon ebenfalls zu unterrichten und ihr vor Auftragsertei- 
lung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; Absatz 1 
bleibt unberührt. Die für die Genehmigung des Versuchs- 
vorhabens zuständige Landesbehörde ist davon in Kennt- 
nis zu setzen. Die zuständige Dienststelle der Bundeswehr 
sendet auf Anforderung die Stellungnahme zu. 

§15a 

Die nach Landesrecht zuständigen Behörden unter- 
richten das Bundesministerium über Fälle grundsätzlicher 
Bedeutung bei der Genehmigung von Versuchsvorhaben, 
insbesondere über die Fälle, in denen die Genehmigung 
von Versuchsvorhaben mit der Begründung versagt 
worden ist, daß die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 nicht 
erfüllt waren, oder in denen die Kommission nach § 15 
Abs. 1 oder der Tierschutzbeauftragte Bedenken hinsicht- 
lich des Vorliegens dieser Voraussetzungen erhoben hat. 

§16 

(1) Der Aufsicht durch die zuständige Behörde unter- 
liegen 

1 . Nutztierhaltungen einschließlich Pferdehaltungen, 

2. Einrichtungen, in denen Tiere geschlachtet werden, 

3. Einrichtungen, in denen 

a) Tierversuche durchgeführt werden, 

b) Eingriffe oder Behandlungen an Tieren zur Aus-, 
Fort- oder Weiterbildung vorgenommen werden, 

c) Eingriffe oder Behandlungen an Wirbeltieren zur 
Herstellung, Gewinnung, Aufbewahrung oder Ver- 
mehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen 
vorgenommen werden, 

d) Wirbeltiere zu den in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ge- 
nannten Zwecken verwendet werden oder 

e) Wirbeltiere zu wissenschaftlichen Zwecken oder 
zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung getötet werden, 

4. Betriebe nach § 1 1 Abs. 1 Satz 1 , 

5. Einrichtungen und Betriebe, 

a) die gewerbsmäßig Tiere transportieren, 

b) in denen Tiere während des Transports ernährt, 
gepflegt oder untergebracht werden, 


6. Zirkusbetriebe, die nicht gewerbsmäßig betrieben 
werden, 

7. Tierhaltungen, die auf Grund einer nach § 13 Abs. 3 
erlassenen Rechtsverordnung einer Genehmigung be- 
dürfen. 

(1 a) Wer nach § 1 1 Abs. 1 Nr. 2a und 3 Buchstabe d 
und § 16 Abs. 1 Nr. 6 Tiere an wechselnden Orten zur 
Schau stellt, hat jeden Ortswechsel spätestens beim Ver- 
lassen des bisherigen Aufenthaltsortes der zuständigen 
Behörde des beabsichtigten Aufenthaltsortes nach Maß- 
gabe des Satzes 2 anzuzeigen. Für den Inhalt der Anzeige 
gilt § 1 1 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. 

(2) Natürliche und juristische Personen und nicht 
rechtsfähige Personenvereinigungen haben der zustän- 
digen Behörde auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die 
zur Durchführung der der Behörde durch dieses Gesetz 
übertragenen Aufgaben erforderlich sind. 

(3) Personen, die von der zuständigen Behörde be- 
auftragt sind, sowie in ihrer Begleitung befindliche Sach- 
verständige der Kommission der Europäischen Gemein- 
schaft und anderer Mitgliedstaaten der Europäischen 
Gemeinschaft {Mitgliedstaaten) dürfen im Rahmen des 
Absatzes 2 

1. Grundstücke, Geschäftsräume, Wirtschaftsgebäude 
und Transportmittel des Auskunftspflichtigen während 
der Geschäfts- oder Betriebszeit betreten, 

2. zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche 
Sicherheit und Ordnung 

a) die in Nummer 1 bezeichneten Grundstücke, 
Räume, Gebäude und Transportmittel außerhalb 
der dort genannten Zeiten, 

b) Wohnräume des Auskunftspflichtigen 

betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der 
Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit 
eingeschränkt, 

3. geschäftliche Unterlagen einsehen, 

4. Tiere untersuchen und Proben, insbesondere Blut-, 
Harn-, Kot- und Futterproben, entnehmen, 

5. Verhaltensbeobachtungen an Tieren auch mittels Bild- 
oder Tonaufzeichnungen durchführen. 

Der Auskunftspflichtige hat die mit der Überwachung 
beauftragten Personen zu unterstützen, ihnen auf Ver- 
langen insbesondere die Grundstücke, Räume, Ein- 
richtungen und Transportmittel zu bezeichnen, Räume, 
Behältnisse und Transportmittel zu öffnen, bei der Besich- 
tigung und Untersuchung der einzelnen Tiere Hilfestellung 
zu leisten, die Tiere aus den Transportmitteln zu entladen 
und die geschäftlichen Unterlagen vorzulegen. Der Aus- 
kunftspflichtige hat auf Verlangen der zuständigen Be- 
hörde in Wohnräumen gehaltene Tiere vorzuführen, 
wenn der dringende Verdacht besteht, daß die Tiere 
nicht artgemäß oder verhaltensgerecht gehalten werden 
und ihnen dadurch erhebliche Schmerzen, Leiden oder 
Schäden zugefügt werden und eine Besichtigung der Tier- 
haltung in Wohnräumen nicht gestattet wird. 

(4) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf 
solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst 
oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeß- 
ordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr straf- 
gerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem 
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. 


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Drucksache 14/600 


Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mal 1 998 1117 


(4a) Wer 

1. als Betreiber einer Schlachteinrichtung oder als 
Gewerbetreibender im Durchschnitt wöchentlich 
mindestens 50 Großvieheinheiten schlachtet oder 

2. Arbeitskräfte bereitstellt, die Schlachttiere zuführen, 
betäuben oder entbluten, 

hat der zuständigen Behörde einen weisungsbefugten 
Verantwortlichen für die Einhaltung der Anforderungen 
dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes 
erlassenen Rechtsverordnungen zu benennen. Wer eine 
Tierhaltung, eine Einrichtung oder einen Betrieb nach 
Absatz 1 Nr. 1 , 3, 5 oder 6 betreibt oder führt, kann durch 
die zuständige Behörde im Einzelfall verpflichtet werden, 
einen weisungsbefugten sachkundigen Verantwortlichen 
für die Einhaltung der Anforderungen dieses Gesetzes und 
der darauf beruhenden Verordnungen zu benennen. Dies 
gilt nicht für Betriebe, die der Erlaubnispflicht nach § 11 
Abs. 1 unterliegen. 

(5) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, 
soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Über- 
wachung näher zu regeln. Es kann dabei insbesondere 

1. die Durchführung von Untersuchungen einschließlich 
der Probenahme, 

2. die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn Tier- 
transporte diesem Gesetz oder den auf Grund dieses 
Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht ent- 
sprechen, 

3. Einzelheiten der Duldungs-, Unterstützungs- und Vor- 
lagepflichten, 

4. Pflichten zur Aufzeichnung und zur Aufbewahrung von 
Unterlagen und 

5. die zentrale Erfassung von Tierschauen und Zirkus- 
betrieben mit Tierhaltung, sofern die Tätigkeit an 
wechselnden Standorten ausgeübt wird (Zirkuszentral- 
register), 

regeln. 

(6) Personenbezogene Daten dürfen erhoben werden, 
soweit dies durch dieses Gesetz vorgesehen oder ihre 
Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz 
oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverord- 
nungen für die erhebende Stelle notwendig ist. Das Bun- 
desministerium wird ermächtigt, mit Zustimmung des 
Bundesrates durch Rechtsverordnung die hiernach zu 
erhebenden Daten näher zu bestimmen und dabei auch 
Regelungen zu ihrer Erhebung bei Dritten, Speicherung, 
Veränderung, Nutzung und Übermittlung zu treffen. Im 
übrigen bleiben das Bundesdatenschutzgesetz und die 
Datenschutzgesetze der Länder unberührt. 

(7) Bestehen bei der zuständigen Behörde erhebliche 
Zweifel, ob bei bestimmungsgemäßem Gebrauch serien- 
mäßig hergestellte Aufstallungssysteme und Stallein- 
richtungen zum Halten landwirtschaftlicher Nutztiere und 
beim Schlachten verwendete Betäubungsgeräte und 
-anlagen den Anforderungen dieses Gesetzes sowie der 
auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnun- 
gen entsprechen, kann dem Hersteller oder Anbieter auf- 
gegeben werden, auf seine Kosten eine gutachterliche 
Stellungnahme einer einvernehmlich zu benennenden 
unabhängigen Sachverständigenstelle oder Person beizu- 
bringen, soweit er nicht auf den erfolgreichen Abschluß 
einer freiwilligen Prüfung nach Maßgabe einer nach § 13a 
erlassenen Rechtsverordnung verweisen kann. 


§16a 

Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung 
festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger 
Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbeson- 
dere 

1. im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des 
§ 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen, 

2. ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tier- 
arztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 
erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende 
Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen 
und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich 
unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 
entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter 
sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung 
des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung 
durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen 
des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht 
sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; 
die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter 
Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die 
Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tat- 
sächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier 
nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter 
nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder 
Schäden weiterleben kann, 

3. demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anord- 
nung nach Nummert 1 oder einer Rechtsverordnung 
nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und 
dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren 
erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder 
Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das 
Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten 
oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung 
eines entsprechenden Sachkundenachweises abhän- 
gig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfer- 
tigen, daß er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen 
begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder 
Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der 
Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen 
entfallen ist, 

4. die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne 
die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem 
tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden. 

§16b 

(1) Das Bundesministerium beruft eine Tierschutz- 
kommission zu seiner Unterstützung in Fragen des Tier- 
schutzes. Vordem Erlaß von Rechtsverordnungen und all- 
gemeinen Verwaltungsvorschriften nach diesem Gesetz 
hat das Bundesministerium die Tierschutzkommission 
anzuhören. 

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch 
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates 
das Nähere über Zusammensetzung, Berufung der Mit- 
glieder, Aufgaben und Geschäftsführung der Tierschutz- 
kommission zu regeln. 

§16c 

Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechts- 
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates Personen 
und Einrichtungen, die Tierversuche an Wirbeltieren 
durchführen oder die Wirbeltiere nach § 4 Abs. 3, § 6 


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1118 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil ! Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mai 1 998 


Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10 oder § 10a verwenden, zu 
verpflichten, in bestimmten, regelmäßigen Zeitabständen 
der zuständigen Behörde Angaben über Art, Herkunft 
und Zahl der verwendeten Tiere und über den Zweck und 
die Art der Versuche oder sonstigen Verwendungen zu 
melden und das Melde- und Übermittiungsverfahren zu 
regeln. 

§16d 

Das Bundesministerium erläßt mit Zustimmung des 
Bundesrates die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, 
die zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund 
dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erfor- 
derlich sind. 

§16e 

Die Bundesregierung erstattet dem Deutschen Bundes- 
tag alle zwei Jahre einen Bericht über den Stand der 
Entwicklung des Tierschutzes. 

§16f 

(1) Die zuständigen Behörden 

1 . erteilen der zuständigen Behörde eines anderen Mit- 
gliedstaates auf begründetes Ersuchen Auskünfte und 
übermitteln die erforderlichen Schriftstücke, um ihr die 
Überwachung der Einhaltung tierschutzrechtlicher 
Vorschriften zu ermöglichen, 

2. überprüfen die von der ersuchenden Behörde mit- 
geteilten Sachverhalte und teilen ihr das Ergebnis der 
Prüfung mit. 

(2) Die zuständigen Behörden erteilen der zuständigen 
Behörde eines anderen Mitgliedstaates unter Beifügung 
der erforderlichen Schriftstücke Auskünfte, die für die 
Überwachung in diesem Mitgliedstaat erforderlich sind, 
insbesondere bei Verstößen oder Verdacht auf Verstöße 
gegen tierschutzrechtliche Vorschriften. 

(3) Die zuständigen Behörden können, soweit dies 
zum Schutz der Tiere erforderlich oder durch Rechts- 
akte der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben 
ist, Daten, die sie im Rahmen der Überwachung gewon- 
nen haben, den zuständigen Behörden anderer Länder 
und anderer Mitgliedstaaten, dem Bundesministerium 
und der Kommission der Europäischen Gemeinschaft 
mitteilen. 

§16g 

Der Verkehr mit den zuständigen Behörden anderer 
Mitgliedstaaten und der Kommission der Europäischen 
Gemeinschaft obliegt dem Bundesministerium. Es kann 
diese Befugnis durch Rechtsverordnung mit Zustimmung 
des Bundesrates auf die zuständigen obersten Landes- 
behörden übertragen. Ferner kann es im Einzelfall im 
Benehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde 
dieser die Befugnis übertragen. Die obersten Landes- 
behörden können die Befugnis nach den Sätzen 2 und 3 
auf andere Behörden übertragen. 

§16h 

Die §§ 1 6f und 1 6g gelten entsprechend für Staaten, die 
- ohne Mitgiiedstaaten zu sein - Vertragsstaaten des 
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum 
sind. 


§16i 

(1) Ist eine von der zuständigen Behörde getroffene 
Maßnahme, die sich auf die Durchführung von Tier- 
transporten aus anderen Mitgliedstaaten bezieht, zwi- 
schen ihr und dem Verfügungsberechtigten streitig, so 
können beide Parteien einvernehmlich den Streit durch 
den Schiedsspruch eines Sachverständigen schlichten 
lassen. Die Streitigkeit ist binnen eines Monats nach 
Bekanntgabe der Maßnahme einem Sachverständigen zu 
unterbreiten, der in einem von der Kommission der 
Europäischen Gemeinschaft aufgestellten Verzeichnis 
aufgeführt ist. Der Sachverständige hat das Gutachten 
binnen 72 Stunden zu erstatten. 

(2) Auf den Schiedsvertrag und das schiedsrichterliche 
Verfahren finden die Vorschriften der §§ 1 025 bis 1 065 der 
Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Gericht 
im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zu- 
ständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 
der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwal- 
tungsgericht. Abweichend von § 1 059 Abs. 3 Satz 1 der 
Zivilprozeßordnung muß der Aufhebungsantrag innerhalb 
eines Monats bei Gericht eingereicht werden. 

Zwölfter Abschnitt 
Straf- und Bußgeldvorschriften 

§17 

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe 
wird bestraft, wer 

1 . ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder 

2. einem Wirbeltier 

a) aus Roheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder 

b) länger anhaltende oder sich wiederholende erheb- 
liche Schmerzen oder Leiden 

zufügt. 

§18 

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahr- 
lässig 

1. einem Wirbeltier, das er hält, betreut oder zu be- 
treuen hat, ohne vernünftigen Grund erhebliche 
Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, 

2. einer vollziehbaren Anordnung nach § 8a Abs. 5, 
§ 1 1 Abs. 3 Satz 2 oder § 1 6a Satz 2 Nr. 1 , 3 oder 4 
zuwiderhandelt, 

3. einer 

a) nach § 2a oder 

b) nach den §§ 4b, 5 Abs. 4, § 6 Abs. 4, § 1 1 a Abs. 3 
Satz 1 , § 1 2 Abs. 2, § 1 3 Abs. 2 oder 3, §§ 1 3a, 1 4 
Abs. 2, § 1 6 Abs. 5 Satz 1 oder § 1 6c 

erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, so- 
weit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese 
Bußgeldvorschrift verweist, 

4. einem Verbot nach § 3 zuwiderhandelt, 

5. entgegen § 4 Abs. 1 ein Wirbeltier tötet, 

6. entgegen § 4a Abs. 1 ein warmblütiges Tier schlachtet, 

7. entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1 einen Eingriff ohne Betäu- 
bung vornimmt oder, ohne Tierarzt zu sein, entgegen 
§ 5 Abs. 1 Satz 2 eine Betäubung vornimmt, 


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Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mal 1 998 1119 


8. einem Verbot nach § 6 Abs. 1 Satz 1 zuwiderhandelt 
oder entgegen § 6 Abs. 1 Satz 3 einen Eingriff vor- 
nimmt, 

9. entgegen § 6 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 9 
Abs. 3 Satz 1 nicht für die Einhaltung der Vorschriften 
des § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 4 oder 8 
sorgt, 

9a. entgegen § 6 Abs. 1 Satz 5, 6, 7 oder 8 einen Eingriff 
nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht recht- 
zeitig anzeigt, 

1 0. entgegen § 6 Abs. 2 elastische Ringe verwendet, 

1 1 . entgegen § 7 Abs. 4 oder 5 Satz 1 Tierversuche 
durchführt, 

12. Versuche an Wirbeltieren ohne die nach § 8 Abs. 1 
erforderliche Genehmigung durchführt, 

1 3. entgegen § 8 Abs. 4 Satz 2 eine Änderung nicht oder 
nicht rechtzeitig anzeigt, 

14. entgegen § 8a Abs. 1 , 2 oder 4 ein Vorhaben oder 
eine Änderung nicht, nicht richtig, nicht vollständig 
oder nicht rechtzeitig anzeigt, 

15. entgegen § 8a Abs. 3 Satz 2 die Zahl der Versuchs- 
vorhaben oder die Art oder die Zahl der verwendeten 
Tiere nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig angibt, 

1 6. entgegen § 8b Abs. 1 Satz 1 , auch in Verbindung mit 
§ 4 Abs. 3, keinen Tierschutzbeauftragten bestellt, 

1 7. entgegen § 9 Abs. 3 Satz 1 nicht für die Einhaltung 
der Vorschriften des § 9 Abs. 1 oder 2 oder entgegen 
§ 9 Abs. 3 Satz 2 nicht für die Erfüllung einer voll- 
ziehbaren Auflage sorgt, 

18. entgegen § 9a Aufzeichnungen nicht, nicht richtig 
oder nicht vollständig macht, nicht unterzeichnet, 
nicht aufbewahrt oder nicht vorlegt, 

19. entgegen § 10 Abs. 3 nicht für die Einhaltung der 
Vorschriften des § 1 0 Abs. 1 oder 2 sorgt, 

20. eine Tätigkeit ohne die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 
erforderliche Erlaubnis ausübt oder einer mit einer 
solchen Erlaubnis verbundenen voliziehbaren Auf- 
lage zuwiderhandelt, 

20a. entgegen § 1 1 Abs. 5 nicht sicherstellt, daß eine im 
Verkauf tätige Person den Nachweis ihrer Sach- 
kunde erbracht hat, 

21 . entgegen § 1 1 a Abs. 1 Satz 1 Aufzeichnungen nicht, 
nicht richtig oder nicht vollständig macht oder nicht 
aufbewahrt oder entgegen § 1 1a Abs. 2 Tiere nicht, 
nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht 
rechtzeitig kennzeichnet, 

21 a. ein Wirbeltier ohne Genehmigung nach § 1 1 a Abs. 4 
Satz 1 einführt, 

22. Wirbeltiere entgegen § 11b Abs. 1 oder 2 züchtet 
oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen 
verändert, 

23. entgegen § 11c ein Wirbeltier an Kinder oder 
Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr 
abgibt, 

24. (aufgehoben), 

25. entgegen § 1 3 Abs. 1 Satz 1 eine Vorrichtung oder 
einen Stoff anwendet. 


25a. entgegen § 16 Abs. 1a Satz 1 eine Anzeige nicht, 
nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig 
erstattet, 

26. entgegen § 16 Abs. 2 eine Auskunft nicht, nicht 
richtig oder nicht vollständig erteilt oder einer 
Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 16 Abs. 3 
Satz 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverord- 
nung nach § 1 6 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, zuwiderhandelt 
oder 

27. (aufgehoben). 

(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer, abgesehen von 
den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 , einem Tier ohne vernünf- 
tigen Grund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden 
zufügt. 

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Ab- 
satzes 1 Nr. 1, 2, 3 Buchstabe a, Nr. 4 bis 9, 1 1 , 12, 17, 20, 
22, 25 und 27 und des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis 
zu fünfzigtausend Deutsche Mark, in den übrigen Fällen, 
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend 
Deutsche Mark geahndet werden. 

§19 

Tiere, auf die sich eine Straftat nach § 1 7 oder eine Ord- 
nungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2, Nr. 3, soweit 
die Ordnungswidrigkeit eine Rechtsverordnung nach § 2a 
oder §5 Abs. 4 betrifft, Nr. 4,8, 9, 12, 17, 19,21a, 22, 23, 
24 oder 27 bezieht, können eingezogen werden. 

§20 

(1) Wird jemand wegen einer nach § 17 rechtswidrigen 
Tat verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine 
Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, 
so kann ihm das Gericht das Halten von sowie den Handel 
oder den sonstigen berufsmäßigen Umgang mit Tieren 
jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem 
Jahr bis zu fünf Jahren oder für immer verbieten, wenn die 
Gefahr besteht, daß er weiterhin eine nach § 17 rechts- 
widrige Tat begehen wird. 

(2) Das Verbot wird mit Rechtskraft des Urteils wirk- 
sam. In die Verbotsfrist wird die Zeit, in welcher der Täter 
in einer Anstalt verwahrt wird, nicht eingerechnet. Ergibt 
sich nach der Anordnung des Verbots Grund zu der 
Annahme, daß die Gefahr, der Täter werde nach § 17 
rechtswidrige Taten begehen, nicht mehr besteht, so kann 
das Gericht das Verbot aufheben, wenn es mindestens 
sechs Monate gedauert hat. 

(3) Wer einem Verbot nach Absatz 1 zuwiderhandeit, 
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geld- 
strafe bestraft. 

§20a 

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, 
daß ein Verbot nach § 20 angeordnet werden wird, so 
kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß das 
Halten von sowie den Handel oder den sonstigen berufs- 
mäßigen Umgang mit Tieren jeder oder einer bestimmten 
Art vorläufig verbieten. 

(2) Das vorläufige Verbot nach Absatz 1 ist aufzuheben, 
wenn sein Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht 
im Urteil ein Verbot nach § 20 nicht anordnet. 


3. § 18 Abs. 1 Nr. 20a erhält folgende Fußnote: 

㤠18 Abs. 1 Nr. 20a 01t nach Artikel 1 Nr. 32 Buchstabe e 
Berichtigung der Bekanntmachung der Neufassung des in Verbindung mit Artikel 3 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 

Tierschutzgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1 818) 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1094) ab dem 1. Mai 2000.“ 


Drucksache 14/600 


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Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode 


1120 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1 998 Teil I Nr. 30, ausgegeben zu Bonn am 29. Mal 1 998 


(3) Wer einem Verbot nach Absatz 1 zuwiderhandelt, 
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geld- 
strafe bestraft. 

Dreizehnter Abschnitt 
Übergangs- und Schlußvorschriften 

§21 

Die Erlaubnis nach § 1 1 Abs. 1 Satz 1 gilt demjenigen, 
der am 31. Mal 1998 

1. Wirbeltiere 

a) nach § 9 Abs. 2 Nr. 7 zu den in § 6 Abs. 1 Satz 2 
Nr. 4, § 10 Abs. 1 oder § 10a genannten Zwecken 
oder 

b) nach § 4 Abs. 3 zu dem dort genannten Zweck 
züchtet oder hält, 

2. Tiere in einem Zoologischen Garten oder einer anderen 
Einrichtung, in der Tiere gehalten und zur Schau 
gestellt werden, hält, 

3. für Dritte Hunde zu Schutzzwecken ausbildet oder 
hierfür Einrichtungen unterhält, 

4. mit Wirbeltieren handelt, soweit sie landwirtschaftliche 
Nutztiere sind, 

5. Tiere zum Zweck ihres Zurschaustellens zur Verfügung 
stellt oder 

6. Wirbeltiere als Schädlinge bekämpft, 
vorläufig als erteilt. Die vorläufige Erlaubnis erlischt, 

1 . wenn nicht bis zum 1 . Mai 1 999 die Erteilung einer end- 
gültigen Erlaubnis beantragt wird, 

2. im Falle rechtzeitiger Antragstellung mit Eintritt der 
Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den Antrag. 

§21a 

Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz können auch 
zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen 
Gemeinschaft auf dem Gebiet des Tierschutzes erlassen 
werden. 

§21b 

Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechts- 
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates folgende 
Vorschriften aufzuheben, auch soweit sie durch Landes- 
recht geändert worden sind; 


1. das Gesetz über das Schlachten von Tieren in 
der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum- 
mer 7833-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, 
geändert durch Artikel 216 Abschnitt I des Gesetzes 
vom 2. März 1 974 (BGBl. I S. 469); 

2. die Verordnung über das Schlachten von Tieren in 
der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum- 
mer 7833-2-1 , veröffentlichten bereinigten Fassung; 

3. a) die Verordnung über das Schlachten und Auf- 

bewahren von lebenden Fischen und anderen 
kaltblütigen Tieren in der im Bundesgesetzblatt 
Teil III, Gliederungsnummer 7833-1-3, veröffent- 
lichten bereinigten Fassung, geändert durch § 23 
Satz 2 Nr. 5 dieses Gesetzes, 

b) § 1 8 Abs. 1 Nr. 27 dieses Gesetzes; 

Bayern 

4. die Verordnung Nr. 49 über das Schlachten von Tieren 
in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnum- 
mer 7833-2-2-a, veröffentlichten bereinigten Fassung; 

Hamburg 

5. die Änderung der Verordnung über das Schlachten von 
Tieren in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede- 
rungsnummer 7833-2-1 -a, veröffentlichten bereinigten 
Fassung; 

Hessen 

6. das Gesetz über das Schlachten von Tieren in der im 
Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7833-2-a, 
veröffentlichten bereinigten Fassung; 

Nordrhein-Westfalen 

7. die Verordnung über das Schlachten von Tieren nach 
jüdischem Ritus in der im Bundesgesetzblatt Teil III, 
Gliederungsnummer 7833-2-1 -b, veröffentlichten be- 
reinigten Fassung (Sammlung des bereinigten Landes- 
rechte Nordrhein-Westfalen S. 762) für die ehemalige 
Nord-Rheinprovinz; 

8. die Anordnung über das Tierschlachten auf jüdische 
Weise in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede- 
rungsnummer 7833-2-1 -c, veröffentlichten bereinigten 
Fassung (Sammlung des bereinigten Landesrechte 
Nordrhein-Westfalen S. 762) für die ehemalige Provinz 
Westfalen. 

§22 

(Inkrafttreten) 


Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 

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ISSN 0722-8333